JANUAR 2012
Ich wünsche allen ein wunderschönes Neues Jahr.
2. Seid ihr auch Alle gut im neuen Jahr angekommen? Mein Mann und ich haben den Jahreswechsel mit meinem Bruder Siebenloch und Schwägerin Luzia verbracht. Für das Nachtessen haben wir in einem Restaurant Plätze reserviert. Unser Tisch stand ein wenig abseits von den anderen Tischen in einer heimeligen Nische. Das hat mir sehr gut gefallen. Es macht mir zwar nichts mehr aus, wenn andere zuschauen, wie mir das Essen gereicht wird. Trotzdem ziehe ich es vor, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Das Essen mit dem Dessert war üppig und sehr fein. Und das Personal war sehr freundlich und zuvorkommend. An Unterhaltung hat es auch nicht gemangelt. Die Ein-Mann-Live-Band hat an Lautstärke nicht gespart. Er hat sein Bestes gegeben. Doch als er dann bei Herzilein und Sierra matre del sur angelangt war, haben wir es vorgezogen das Weite zu suchen. Wir sind dann zum Anstossen zu uns nach Hause gefahren. Der Höhepunkt des Abends war das Feuerwerk vom Hotel Burg (Pouletburg) welches wir von der Terrasse aus bewundern durften. Das war wieder mal ein gelungener Einstieg ins neue Jahr.
5. Die besinnlichen Festtage gehen mit dem Morgen stattfindenden Dreikönigstag zu Ende. Die Christbäume werden einer nach dem andern abgeschmückt und die Weihnachtsdekorationen werden entfernt. Was übrig bleibt sind angefangene Pralinenschachteln und Resten von Weihnachtskerzen. Mit der Zeit werden aber auch diese Sachen aufgebraucht sein. Was man jedoch nicht entfernen kann und immer in Erinnerung bleiben wird, sind die schönen, gemütlichen Tage mit der Familie und Freunden.
Da wir wegen den vorgezogenen Weihnachten den Christbaum schon eine Woche früher gestellt hatten, wurde es nun langsam Zeit ihn wieder aus der Stube zu verbannen. Und da der Wetterbericht für heute eine Sturmwarnung durchgegeben hat, haben wir gestern auch gleich die Aussendeko entfernt. Nun steht unser Haus wieder nackt da. Doch bald ist ja wieder die Fasnachtsdeko an der Reihe. Bin schon gespannt, was sich mein Mann diesmal einfallen lässt, um meinen PC zu dekorieren.
Apropos PC. Bevor Peter nach Vancouver flog, hat er uns auf meinem PC Skype eingerichtet. Nun können wir ihn beim Telefonieren live sehen. Ist schon eine tolle Sache.
Heute Nachmittag bekomme ich Besuch von der Firma Activkommunication. Von ihnen habe ich mein Sprach- und Umfeldgerät namens Tobii bezogen. In letzter Zeit hat das Gerät oder ich als Anwender eine Macke. Dem wollen wir heute auf den Grund gehen.
9. Da sich die Sonne schon seit längerem nicht mehr gezeigt hat, bin ich sie am Sonntag suchen gegangen. Mein Mann und ich sind am Morgen Richtung Süden aufgebrochen. In den Tälern links und rechts der Autobahn lag sehr viel Schnee. Und auf der Nordseite und Südseite des Gotthard schneite es immer noch. Doch je weiter wir gegen Süden fuhren, desto besser wurde das Wetter. Die Wolken lösten sich immer mehr auf und der Himmel wurde immer blauer. Und endlich erscheint die Sonne. Herrlich wie sie ihre bereits frühlingshaft, warmen Strahlen auf uns herunter streckt. Auf der Fahrt ins Versasca-Tal steht das Thermometer bereits bei 11°. Wir fahren an uralten, kleinen Steinhäusern mit Steindächern vorbei. Einige davon wurden zu Ferienhäusern umgebaut. Die Häuser wurden so renoviert, dass ihr Charme erhalten blieb und sie sich gekonnt ins Landschaftsbild einfügen. Da das Wetter so wunderbar war, entschlossen wir uns, noch nach Locarno zu fahren um am Seeufer zu flanieren. Später liessen wir uns auf einem Bänkchen nieder und unsere Körper wurden wie Röntgenstrahlen von der Sonne durchströmt. Es dauerte nicht lange und unsere Gesichter bekamen eine gesunde Rötung. Irgendwann mussten wir ans Heimfahren denken. Doch was wäre ein Tessin-Besuch ohne Cappuccino. Also suchten wir uns zum Abschluss ein Strassenkaffee in der Sonne und genossen diesen mit Schaum und Schoggipulver verzierten Kaffee. Dieser Ausflug hat gutgetan und hat bei uns die Vorfreude auf den Frühling geweckt
Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir einen spontanen Trip unternehmen. Tessin, wir kommen wieder.
Wie es scheint, wollte mir die Sonne heute Morgen mit ihrer Anwesenheit eine Freude machen und meine Frühlingsgefühle verlängern. Angesteckt von der Sonne habe ich mich kurzerhand entschlossen am Nachmittag zum Frisör zu gehen. Und nun sitze ich bereits wieder vor dem PC, trinke meinen Kaffee und erfreue mich an meiner Kurzhaar-Frisur.
10. So ein traumhaftes Winterwetter wie heute gibt’s nicht oft. Da muss doch jedem Schneesportler das Herz höherschlagen. In den Bergen liegt massenhaft Schnee, es weht kaum ein Lüftchen und die Temperaturen sind angenehm mild. Wer jetzt nicht auf der Piste steht, ist selber schuld. Mein Sohn wird sich grün und blau ärgern, dass gerade in dem Jahr so viel Schnee in den Bergen liegt,
in dem er sich in Kanada aufhält. Zum Glück muss er nicht ganz aufs Skifahren verzichten. Schliesslich befindet sich in seiner Nähe der berühmte Skiort Whistler Mountain. Den hat er auch schon zweimal aufgesucht. So sind sie halt, die angefressenen Sportler. Mir soll‘s Recht sein. Bewegung an der frischen Luft ist ja bekanntlich gesund.
Bei uns im Tal unten liegt kein Schnee mehr und Draussen ist es trocken. Wahrscheinlich werden deshalb meine Maisen Knödel und das bereitgestellte Vogelfutter kaum angerührt. Die Vögel finden anscheinend noch genügend Futter in der Natur. Seit geraumer Zeit stelle ich fest, dass diesen Winter viel weniger Vögel zu sehen sind als sonst. Heute wollte ich dem ganzen Mal auf den Grund gehen und habe im Internet gegoogelt. Und prompt bin ich auf einen interessanten Artikel in der Sonntags-Zeitung gestossen. Den möchte ich euch nicht vorenthalten.
Weniger gefiederte Wintergäste wegen warmen Wetters in der Schweiz
Vielleicht halten sie sich aber auch nur einfach im Tessin auf, um früher mit dem Turteln anfangen zu können.
Das würde ich ja auch machen, wenn ich Vogel wäre.
13. Als mir die Spitex heute Morgen mitteilte, dass es draussen schneien würde, wollte ich es ihr gar nicht glauben. Also öffnete sie mir die Storen um es mir zu beweisen. Und tatsächlich, die Hausdächer sind wieder weiss und die Landschaft ist mit einem weissen Flaum überzogen. Was für ein wechselhaftes Wetter, was für eine interessante Zeit.Da momentan die kleinen Vögel wegbleiben, machen sich seit dieser Woche die Bergdohlen über meine Meisen-Knödel her. Ich kann sie aus einer Distanz von einem Meter beobachten. Wenn sie auf dem Fenstersims stehen sind sie genau auf meiner Augenhöhe. Sie zu beobachten ist sehr interessant. Ihr schwarzes Gefieder hat einen wunderschönen Glanz. Mit ihren vollständig schwarzen Knopfaugen spähen sie hin und her und sind daher immer auf der Hut. Bei einigen Bergdohlen ist mir aufgefallen, dass die Schnabelspitzen schwarze Streifen aufweisen. Ob sie wohl am Morgen das „Zähne putzen“ ausgelassen haben?
Als mein Mann am Dienstagmittag nach Hause kam, sagte er zu mir, er hätte soeben gesehen, wie meine Besucher die Bergdohlen weggeflogen seien. Er wisse auch warum sie sich so nahe an mich heran trauten. Das läge sicher an meinen dunkel gefärbten Haaren. Die Vögel würden wohl meinen, ich sei eine von ihnen. Was sollte ich da noch erwidern? Schliesslich ist das ein Kompliment für mich. Sollte ich nämlich noch mal auf die Welt dürfen, so möchte ich ein Lebewesen sein, welches fliegen kann. Und diese Flügel werde ich mir dann durch nichts mehr wegnehmen lassen. Lynyrd Skynyrd - Free Bird
14. Ich wohne in einem älteren Wohnquartier. Das Quartier wurde vorwiegend durch Fabrikarbeiter aufgebaut und von dessen Familien bewohnt. Inzwischen sind die meisten Männer dieser Generation gestorben. Die Witfrauen hingegen hielten sich noch lange Jahre tapfer auf den Beinen. Ich sah sie, wie sie den Dorfladen aufsuchten. Oder wenn sie an „meiner“ Strassenkreuzung mit andern ein Schwätzchen hielten. In den letzten Jahren hat sich auch ein Witwenfrauengrüppchen gebildet, welches zusammen Spaziergänge unternahm oder sich im Restaurant zu einem Kaffee traf. Doch seit dem letzten Jahr hat sich etwas geändert. Immer mehr dieser Frauen wurden gebrechlich und waren auf Hilfe angewiesen. So blieb es auch nicht aus, dass immer mehr von meinen lieben Nachbarsfrauen in ein Alters- und Pflegeheim umziehen mussten. Ihre Häuser, ihre Wohnungen werden zwar wieder bewohnt. Doch es braucht Jahre, bis die Bewohner wieder so zusammenwachsen, um ihre eigene Geschichte schreiben zu können.
Und auch dieses Jahr wird höchstwahrscheinlich wieder eine Frau das Quartier verlassen. Meiner lieben Nachbarin wird es langsam zu viel, sich um das Haus und die Umgebung zu kümmern. Mit ihren über 80 Jahren hat sie letztes Jahr noch immer selbst den Rasen gemäht und die ganze Umgebung in Schuss gehalten. Sogar ihre Wildblumenwiese hat sie eigenständig 2 -3 Mal im Jahr mit der Sense geschnitten. Eine echte Powerfrau. Ich mag es ihr ja gönnen, nicht mehr so viel arbeiten zu müssen. Doch ich verliere sie nur ungern. Sie ist mir in den letzten Jahren, doch sehr ans Herz gewachsen. Aber so ist er wohl, der Lauf der Zeit.
15. Gestern haben wir wieder mal mit Peter in Kanada Skype. Wegen der neunstündigen Zeitverschiebung müssen wir diese Anrufe an einem Wochenende tätigen. Es geht ihm in der Ferne sehr gut. In der Schule kommt er gut mit und seine Klasse hat einen guten Zusammenhalt. Vancouver gefällt ihm sehr gut. Dort werde es niemandem langweilig. Es sei immer was los. Und da es gleich mehrere Skigebiete in der Nähe gibt, kommt auch der Sport nicht zu kurz. An das Essen hat er sich auch gewöhnt. Das Angebot an Asien-Foot sei gross. Er esse es fast täglich. Soll ja auch gesund sein. Doch heute will er mal ein Restaurant suchen, in dem er mal wieder so richtig gute Pasta essen könne.
Es gibt schon Sachen, welche er vermisst. Zuoberst steht der Alpkäse. Wir werden ihm deshalb ein Päckchen schicken. Wir wissen aber noch nicht, ob Käse nach Kanada zu schicken erlaubt ist. Muss mich zuerst mal erkundigen.
Ist halt schon ein bisschen grösser als unser kleines Quartier mit den 2 – 3-stöckigen Häuser.
18. Diese Woche fällt es mir schwer, mich zu beschäftigen. Ich glaube, ich habe eine Art Höhlenkoller. Da können auch Besucher keine Abhilfe schaffen. Ich habe das Gefühl von eingesperrt sein. Das Wetter zeigt sich zwar von seiner schönen Seite. Doch für mich ist es Draussen viel zu kalt. Langsam, aber sicher sehne ich den Frühling herbei. Ich vermisse meine Rolliausfahrten. Ich vermisse meine Blumen mit den verschiedenen Düften. Ich vermisse meine Tiere mit ihren Lauten. Ich vermisse die Sonne, die meinen Körper wärmt. Ich vermisse den Wind, der mir die Haare zerzaust. Ich vermisse das Entdecken, das Sehen, das Hören, das Riechen und das Fühlen. Ich vermisse meine Freiheit. Ich vermisse die Welt. Zum Glück gibt es die Musik. Sie stillt immer wieder meine Sehnsucht.
Celtic Music - Wild Flower
19. Viele kennen mich nur mit einem Lächeln im Gesicht. Meistens stimmt dies ja auch mit meinem Innersten überein. Ich bin die meiste Zeit glücklich und zufrieden. Doch manchmal kann ich nicht mehr lachen. Dann, wenn eine tiefe Traurigkeit mein Innerstes erfüllt. Die Gedanken kreisen um all jene Dinge, die ich wegen meiner Krankheit aufgeben musste und verloren habe. Ich möchte noch so vieles machen und sehen. Ich möchte so vieles bewegen. Doch dann sehe ich meine Beine und Füsse, die in klobigen Schuhen stecken, weil die verdrehten Spitzfüsse nicht in grazile Pumps passen. Ich sehe meine Finger, die sich unter die Hand rollen und daher ein schöner Nagellack gar keinen Sinn macht. Ich schaue in den Spiegel und sehe wie sich meine Mundwinkel immer mehr nach unten neigen. Das geschieht, weil ich die Lippen wegen des Speichelflusses vorwiegend geschlossen halten muss. Und dann die Stimme, sie sollte doch weich und fraulich klingen. Doch meine erinnert eher an einen lallenden Alki. Was bleibt denn da noch schönes übrig. Ja ich weiss, man sagt die Schönheit entsteht im Innern. Doch was mach ich, wenn es auch im Innern dunkel wird. Da kann auch das Äussere nicht mehr strahlen. Manchmal kommen einem schon Gedanken, ob es noch Sinn macht hier zu bleiben. Ich frag mich dann, ist für mich mein Leben mit all den Behinderungen noch lebenswert. Bin ich für mein Umfeld nicht eine zu grosse Belastung? Solche Momente mit Tiefpunkt sind bei mir bis jetzt nur von kurzer Dauer. Ansonsten kann ich mir immer noch die lachende Maske überziehen. Merkt ja keiner.
Bis jetzt habe ich immer wieder aus den Tiefen herausgefunden. Und ich habe immer wieder neue Lust aufs Leben.
Unheilig - Dein Clown
20. Hurra, Hurra es bewegt sich was. Die Welt ist erwacht und meldet sich mit Regen und Sturm zurück. Der Wind peitscht die schweren Regentropfen an meine Fensterscheiben. Einige verharren still und leise an der Scheibe als wollten sie eine Weile zu mir hereinschauen. Andere, wahrscheinlich die grösseren und mutigeren, machen sich einen Spass daraus, an meinen Scheiben herunter zu rutschen. Ich kann mir vorstellen, was für ein Gaudi sie dabeihaben. Ab und zu mischen sich nun auch Schneeflöckchen unter den Regen. Ich frage mich, ob die Schneeflocken leichter sind als die Regentropfen. Ich konnte nämlich soeben beobachten, wie die Schneeflocken mit den Windböen ziehen. Die Richtung der Regentropfen wird zwar ebenfalls vom Wind beeinflusst. Doch Sie fallen viel schneller zu Boden. Daher meine Vermutung wegen des Gewichtsunterschiedes.
Heute trauen sich nicht mal die Alpendohlen aus dem Wald. Wahrscheinlich ist es ihnen zu windig. Auf alle Fälle hat heute noch niemand an meinen Meisen-Knödel gepickt. Dafür konnte ich vorige Woche einen Vogel beobachten, der am Stamm der Linde hoc gelaufen ist. Ja, von unten nach oben. Ich wollte natürlich sofort wissen welcher Vogel mir ein solches Schauspiel vorführt. Im Internet fand ich die Antwort. Es handelt sich bei diesem Vogel, wie könnte es auch anders sein, um einen Baumläufer. Es war sehr interessant ihm zuzuschauen.
Das sind Dinge, die mich glücklich machen. Ich brauche nicht täglich Sonnenschein. Ich habe auch Freude an Regen und Schnee. Ich liebe die Abwechslung und Action. Jetzt habe ich sie, jetzt bin ich glücklich.
21. Einige meiner Leser waren ab meinen letzten Beiträgen sicher überrascht und konnten es nicht recht einordnen. Das verstehe ich auch. Normalerweise erwähne ich es auch nicht, wenn es mir Psychisch nicht so gut geht. Zumal dies selten vorkommt und dann auch nur von kurzer Dauer ist. Ich dachte, es wäre nur fair, meinen ALS-Betroffenen Leser mitzuteilen, dass auch ich meine Höhen und Tiefen habe. Auch ich stecke diese Krankheit nicht so einfach weg. Manchmal gelingt es besser und manchmal muss man den Gefühlen einfach seinen Lauf lassen. Dafür müssen wir uns auch nicht schämen oder uns als Schwächlinge füllen. Solange wir immer wieder die Kräfte bündeln, um dieser Krankheit so lange wie möglich die Stirn zu bieten, gibt es noch einen Funken Hoffnung. Und wenn es uns gelingt, sich an dem wenigem das uns das Leben noch gewährt, zu erfreuen, dann finden wir immer wieder aus den Tiefen.
Ich weiss, bei vielen von euch Betroffenen schreitet die Krankheit viel schneller vorwärts als bei mir. Ihr kämpft nicht nur mit der Psyche, nein bei einigen von euch geht’s ums tägliche Überleben. Da scheint mir meine „Unbeweglichkeit“ ein Honigschlecken zu sein. Einige von euch müssen den Schleim absaugen lassen, um nicht daran zu ersticken. Einige von euch bekommen zu wenig Luft und müsst daher ein Beatmungsgerät benutzen. Einige von euch können nicht mehr richtig schlucken und ihr müsst Nahrungsbreie, Flüssigkeiten und Medikamente mittels Schlauchs, welcher von aussen durch die Magendecke direkt in den Magen führt (PEG-Sonde), aufnehmen. Leider ist der Schlauch zu schmal, um ein feines Schnitzel durchzubringen oder einen der Saison entsprechenden Mandarinenschnitz. Ihr müsst auf so vieles verzichten und ihr könntet mir/uns noch vieles mehr aufzählen. Für mich seid ihr die Grössten. In meinem Herzen seid ihr meine Schwestern und Brüder. Darum habe ich für euch auch einen Song ausgesucht. Christina Stürmer - Rebellen der Sonne
Und wer auch noch zu den Grössten gehört, ist unser Didier Cuche. Der absolute Triumph des Hahnenkamm-Königs: Didier Cuche gewinnt bei seinem letzten Auftritt auf der Streif die Abfahrt von Kitzbühel!
24. Es ist unglaublich. Als ich um 8.00 Uhr aufstand, hat es mehr geregnet als geschneit. Und nun, eine Stunde später ist bereits alles weiss. Riesige Schneeflocken fallen vom Himmel. Was ihren Weg kreuzt wird von ihnen in Beschlag genommen. Was vorher grün war ist nun weiss. Was vorher braun war ist nun weiss. Sogar die Menschen sind heute alle gleich angezogen, nämlich weiss. Ich höre nicht mal eine einzige Vogelstimme. Sogar die Flamme meiner Kerze bewegt sich kaum.
Die Autos auf der Strasse haben einen Gang zurückgeschaltet. Einige bekunden bereits Mühe, die Steigung hoch zu kommen. Vor allem Lieferwagen werden gefordert. Ich denke, jetzt müssten bald mal der Pflug und der Streuwagen anrücken. Und wer sagts? Er fährt gerade vorbei.
Zum Glück waren die Strassenverhältnisse vor einem Monat besser. Damals brachten wir unseren Sohn zum Flughafen. Jetzt ist schon 1/3 seines Sprachaufenthaltes in Vancouver vorüber. Wenn er von dem vielen Schnee hört, welcher in den Urner-Bergen liegt, überkommt ihn sicher ein wenig Wehmut. Zum Glück gibt es in Canada auch super Skigebiete. So muss er nicht ganz aufs Skifahren verzichten.
So, nun muss ich vorerst Schluss machen. Habe gleich 1 Stunde lang Physiotherapie.
So schnell kann es gehen. Der Talboden ist im Laufe des Nachmittages wieder bunt geworden. Der Regen hat die weisse Pracht wieder fast vollständig aufgelöst. Trotzdem hat das kurze Schneegastspiel ausgereicht, dass mich die Alpendohlen auf meinem Fenstersims besuchen kamen. Manchmal stritten sie sich zu viert um die Maisen-Knödel. Wie wohl mein Fenstersims aussieht? Aber egal, die Vögel so hautnah beobachten zu können, macht den Kot allemal wett. Mal schauen, wer mich Morgen besuchen kommt.
27. Einige würden behaupten, ich sei diese Woche wieder mal kopflos Rollstuhl gefahren. Doch dies stimmt so nicht. Im Gegenteil, jemand anderes hat den Kopf verloren. Bei diesem Malheur hätte ich nämlich mit dem Rolli kippen können. Der Übeltäter konnte erst entlarvt werden, nachdem plötzlich eine der Nabenabdeckung von einem der Rollstuhlhinterräder abfiel. Als mein Mann der Sache auf den Grund ging, fand er die kopflose Radschraube. Wann die Schraube ihren Kopf verloren hat weiss niemand. Der Kopf war nämlich nicht mehr auffindbar. Zum Glück ist mein Mann handwerklich versiert, somit kann ich jetzt auch wieder mit Köpfchen herumkurven.
Ich habe ja schon letztes Jahr bemerkt, dass sich bei meinem 7-jährigen Rolli Ermüdungserscheinungen zeigen. Darum habe ich letztes Jahr damit begonnen, neue Rollis auszuprobieren. Ich will jetzt noch 1 - 2 Modelle testen und werde mich danach entscheiden. Danach muss ich den Rolli der IV unterbreiten zwecks Kostenübernahme. Es wird immer schwieriger Hilfsmittel bewilligt zu bekommen. Man will, dass die IV auf Biegen und Brechen spart. Ich bin gespannt, ob ich dann den für mich passenden Rollstuhl bewilligt bekomme. Ich bin jedoch zuversichtlich.
Noch was: Wisst ihr was der Unterschied zwischen dem Yeti und einem schönen und intelligenten Mann ist?
Den Yeti hat man zumindest schon einmal gesichtet.
30. Sie fliegen wieder die Alpendohlen. Auf der Suche nach etwas essbarem überfliegen sie unser Dorf. Sobald sie etwas entdecken, stechen sie herunter und versuchen den Leckerbissen vor den andern zu erwischen. Man kann gut beobachten, wie die Vögel versuchen einander die Beute abzujagen. Das geht nicht ohne Gekrächze von statten.
Gestern als wir uns auf dem Weg nach St. Moritz befanden begegneten uns ebenfalls Alpendohlen. Mit Erstaunen konnte ich beobachten, wie eine Schar Alpendohlen auf ein Haus zuflog und sich mit den Füssen an die Hauswand klammert. Das konnte ich bei den Alpendohlen sonst noch nie beobachten. Normalerweise landen sie auf Dächern, Bäumen und Boden. Ich kann mir das nur so erklären, dass es für sie einfach nirgends sonst eine schneefreie Landefläche gab. Es liegt tatsächlich viel Schnee Alle Häuser tragen eine Art weisse Schlafmützen auf dem Kopf und die Landschaften sehen aus, als wenn sie mit frischer Schlagsahne überzogen wären. Dazu glitzert der Schnee in der Sonne als wäre obendrauf noch ein wenig Kristallzucker verstreut worden. Als uns dann noch eine offene Pferdekutsche begegnete, bei der die Sitzbänke mit Schaffellen ausgekleidet waren, füllte ich mich wie in einem Märchen. Und das ist noch nicht alles. Plötzlich sahen wir mitten im Schnee eine weisse Zeltstadt. Uns wurde schnell klar, dass es sich um Vip-Zelte handeln musste und wir ohne Zobel oder Nerz kaum Einlass bekämen. Der Anlass für die Zeltstadt war das Frauen Ski-Weltcuprennen, welches am Sonntag in St. Moritz stattfand. Uns war es sowieso lieber, unser mitgenommenes Picknick an der frischen Luft, in einer traumhaft verschneiten Landschaft und strahlendem Sonnenschein einzunehmen. Es war ein wunderschöner Sonntags-Ausflug.
31. Im vergangenen Monat wurde mein Hirn wieder mal richtig gefordert. Ich musste mich mit Verordnungen und Bestimmungen von Versicherungen und Behörden befassen. Ich musste mich erkundigen wer für was zuständig ist, bei einer pflegebedürftigen Person, wie ich es bin. Im Jahr 2011 wurde im Kt.Uri, wie in den meisten andern Kantonen auch, die Finanzierung der Langzeitpflege neu geregelt. Im Kt.Uri wurde dies folgendermassen geregelt. Die Gemeinden sind für die Versorgung jener Patienten zuständig, welche in Heimen und Institutionen leben. Der Kanton wiederum für die Pflegebedürftigen, welche zu Hause leben. Die Regierung bekam die Möglichkeit, eine Kostenbeteiligung vom Pflegeempfänger zu verlangen. Sie kann zwischen 0% und 20% liegen. Der Kt.Uri hat sich zum Leidwesen der Patienten für die höchste Stufe von 20% entschieden. Der Tageshöchstbeitrag der Beteiligung wurde auf Fr. 15.95 begrenzt. Würde ich alle meine benötigten Pflegestunden an die Spitex übertragen, so müsste ich im Jahr eine Kostenbeteiligung von ca. Fr. 6000.— beisteuern.
Da ich meinen Mann bei meiner Pflege entlasten möchte, aber nicht bereit bin, mich im Monat von ca.18 verschiedenen Spitex-Mitarbeiterinnen Pflegen zu lassen, habe wir uns schon letztes Jahr über das Assistenzbeitrag der IV informiert. Ich musste mir zuerst über einiges Klar werde. Zum Beispiel, ob sich der Arbeitsaufwand überhaupt lohnt. Ich müsste selbst Pflegepersonal suchen und Anstellungsgespräche und Lohnverhandlungen führen. Ich müsste Lohn- u. Versicherungsabrechnungen tätigen, wie alle anderen Arbeitgeber auch. Meine Bedenken gehen dahin, wer den Administrativen Part übernimmt, wenn ich dies einmal nicht mehr selbst kann. Meinem Mann möchte ich dies nicht aufbürden. Dann wäre ja das Ziel verfehlt.
Ja es gab und gibt vieles zu überlegen. Es beschäftigte mich sogar im Schlaf. Dementsprechend waren auch meine Träume. Ihr kennt das sicher auch. Man will davonlaufen, aber man kommt einfach nicht vom Fleck. In meinem Traum war es letzthin eine gelbweisse Schlange, die meinen Weg kreuzte. Die Schlange folgte mir auf dem Fuss und wurde dabei immer länger und Dicker. Ich bin dieser Schlange nur entkommen, in dem ich aufgewacht bin. Am andern Tag wusste ich, dass ich mich nun endlich entscheiden muss. Am 16. Januar habe ich dann auch den Antrag für das Assistenzbudget abgeschickt. Wenn ich alle Zahlen und Fakten von der IV bekomme habe, kann ich mich immer noch dafür oder dagegen entscheiden. Auf alle Fälle bin ich wieder viel gelassener. Es kommt mir vor, als hätte ich mich von einer schweren Last befreien können.
FEBRUAR
1. Dieser Monat fängt ja gut an. Das Tief Dieter beschert uns Temperaturen im Minus Bereich. Und dazu bläst noch eine kalte Biese. Zum Glück muss ich nicht nach Draussen in diese Kälte. Ich habe alle meine Aussentermine für diese Woche abgesagt. Ich will es nicht riskieren eine Erkältung einzufangen. Schliesslich war ich diesen Winter noch nie erkältet und so soll es auch bleiben. Ich denke, das verdanke ich auch ein wenig meinem Luftbefeuchter. Er befeuchtet während der ganzen Nacht meine Luft im Zimmer. So bekomme ich nie eine verstopfte Nase oder einen trockenen Mund. Langweilig wird es mir wegen dem Hausarrest trotzdem nicht. Ich hatte nämlich heute schon mehrere Besuche. Zuerst besuchten mich zwei Blaumeisen auf dem Fenstersims. Als diese abgezogen sind sah ich plötzlich ein Schwarzköpfchen an den Meisenknödeln picken. Wegen dem hellen Gefieder am Bauch wusste ich sofort, dass es sich nicht um eine Kohlmeise handeln konnte. Also googelte ich mal wieder in den Vogelbildern. Und tatsächlich finde ich diesen lieblichen Vogel. Er trägt den Namen Weidenmeise. Es ist kein Zufall, dass er mich gerade heute besucht. Die Gemeindearbeiter sind heute daran die Weidenböschung im Dorfbach zurück zu schneiden. Da musste sich die Weidenmeise wohl oder übel in Sicherheit bringen. Und was liegt näher, als auf meiner Fensterbank Schutz zu suchen. Das sind aber noch nicht alle Besucher gewesen. Gleich vier Alpendohlen haben sich vorhin um die Knödel vor meinem Fenster gestritten. Sie wurden jedoch jäh durch Sirenengeheule erschreckt, dass sie das Streiten sofort liessen und gemeinsam Richtung Wald flogen. Heute findet in der Schweiz der jährlich stattfindende Sirenentest statt. Das hat die Vögel doch so verschreckt. Aber die werden schon wieder auf meine Fensterbank zurückkehren. Bis dann werde ich mich ein wenig vor den Fernseher setzen und eine Kochsendung anschauen.
3. Es bläst wirklich ein kalter Wind. Nicht nur in der Natur, auch im normalen Leben weht einem ein rauer Wind um die Nase. Je nach dem in welchen Land man lebt, trifft es einen mehr oder weniger hart. Wir in der Schweiz dürfen uns eigentlich nicht beklagen. Trotzdem müssen auch wir in Zukunft bei den Ausgaben noch mehr sparen. Einige kluge Köpfe haben nämlich beschlossen, es wäre an der Zeit, neue Kampfjets zu beschaffen. Ich frage mich, ob jetzt der passende Zeitpunkt für solch hohe Ausgaben ist. Damit diese Finanziert werden können, muss nun in allen Departementen gespart werden. So will man verhindern, dass die Bundesfinanzen nicht aus dem Ruder laufen.
Mein Mann meinte gestern zu mir. Wenn alle sparen müssen, dann sollten wir das auch tun. Es wäre wohl das Sinnvollste, wenn wir dieses Jahr nichts für die Steuern ausgeben würden. Das finde ich eine sehr gute Überlegung. Sparen wir uns also dieses Jahr die Steuern.
6. Es ist immer noch so kalt. Ich mag nicht mal für einen kurzen Moment aus dem Haus gehen. Früher hätte mich die Kälte nicht von der Natur fernhalten können. Doch seit ich im Rollstuhl sitze, bin ich zu einem frierenden Elend geworden. Ich sitze die meiste Zeit des Tages mit einer wohlig warmen Decke im Fernsehsessel und zappe mich durch die Fernsehprogramme. Wenn es mal gar nichts Interessantes zu schauen gibt, gönne ich mir dann eben auch mal ein Nickerchen. Momentan komme ich mir so richtig faul vor. Ich mache nicht viel anderes als Schlafen und Essen. Auch am Abend ist mit mir nicht viel los. Ich gehe mittlerweile bereits mit den Hühnern zu Bett. Anscheinend brauche ich viel mehr Schlaf als Früher. Ansonsten müsste ich doch mal ausgeschlafen haben. Wahrscheinlich hat das mit der verminderten Atmungsleistung zu tun. Dadurch werde ich schneller müde und muss mir öfters Ruhe gönnen. Es könnte aber auch sein, dass ich mich langsam aber sicher in ein Murmeli (Murmeltier) verwandle. Genügend Fettreserven hätte ich ja. Und wenn ich mich nicht immer enthaaren würde, so wäre der Pelz auch nicht mehr fern. Ob mich mein Mann jedoch so in seiner Behausung behalten würde möchte ich dann doch lieber nicht ausprobieren. Dann ziehe ich mir doch lieber lange Unterwäsche an. Sieht zwar auch nicht gerade sexy aus, doch immer noch besser als einen Pelz wachsen zu lassen.
Bin ich nicht gut? Diesen Eintrag habe ich im Bett liegend auf meinem Kommunikationsgerät "Tobii" geschrieben. So, und jetzt werde ich mich wieder an meine zwei Bettflaschen schmiegen und ihre Wärme geniessen.
7. Unter der Woche kommt bei mir jeden Morgen die Spitex vorbei. In der Regel trudeln sie zwischen 9.00 – 9.30 Uhr bei mir ein. Für meine Morgentoilette und für das eingeben des Morgenessens, welches aus einem Joghurt und einem Kaffee besteht, benötigen wir ca. 60 Minuten. Jede Spitexmitarbeiterin versucht die Pflege so gut wie möglich durchzuführen. Trotzdem gibt es Unterschiede, was ja auch normal ist. Bei den einen finde ich die Pflege angenehmer und fühle mich demzufolge auch wohler. Mit den Einten beginne ich den Tag lieber, mit Andern weniger. Aber wahrscheinlich kommen auch nicht alle gleich gern bei mir vorbei. Manchen sitzt zwischendurch auch mal der Schalk im Nacken. So wollte mir doch letzthin eine von den Spitis doch tatsächlich ein zusammengeknülltes Allzweckpapier in den BH stopfen. Ich hatte sie nur darauf hingewiesen, dass der BH nicht richtig anliege. Solche Spässe versüssen mir doch glatt den Morgen. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass es diesen Pflegedienst gibt. Er ermöglicht mir momentan, ein Leben zu Hause.
Nachdem mich die Spitex rundum mit dem nötigen versorgt hat, setze ich mich jeweils bis zum Mittag vor den PC oder schaue den Vögeln im Garten zu. Die Vögel haben jetzt sicher auch kalt und sind dankbar, wenn man ihnen mit ein paar Körnern über die Runden hilft. Wenn ihr ebenfalls Vögel beobachten möchtet, dann stellt ihnen doch im Winter ein sicheres Fresshäuschen zu Verfügung. Bald werden sich zahlreiche Vogelarten zum fressen einfinden.
8. Den heutigen Nachmittag verbrachte ich mit einer langjährigen Freundin. Wir arbeiteten früher im gleichen Geschäft. Da noch weitere Personen den gleichen Arbeitsweg hatten wie wir zwei, bildeten wir eine Fahrgemeinschaft. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für ein Geschnadere bei 4-5 Frauen in einem Auto herrschte. Nachdem wir dann nach einer 30 Minütigen Autofahrt jeweils am Ziel ankamen, war unser Mundwerk so richtig geölt. Das passte einigen Morgenmuffeln in der Kantine gar nicht. Da wurde uns dann schon mal gesagt, ob wir nicht ein wenig leiser sein könnten. Morgenmuffeln eben.
Da ich mich momentan nur selten auf der Strasse zeige, bekomme ich kaum etwas vom Gemeindeleben mit. Zum Glück habe ich liebe Freundinnen, welche mich von Zeit zu Zeit auf den neuesten Stand bringen. Der heutige Besuch hat mir richtig gut getan. Dankeschön Myrtha!
Laut Meteo soll es ja weiterhin kalt bleiben. Auch für nächste Woche sind Minus-Grade angesagt. Schade, denn nächste Woche beginnt die offizielle Fasnachtszeit. Ich würde mir doch zur Abwechslung gerne das Eintrommeln (Fasnachtseröffnung) und die Umzüge anschauen gehen. Aber bei der Kälte? Und da mein Mann lieber andere Musik vorzieht, ist er erst recht nicht erpicht, mich der Kälte auszusetzen.
Ja die Katzenmusik und die Musik welche mein Mann hört sind schon krass unterschiedlich. Während der Katzenmusikmarsch musikalisch nicht viel Abwechslung zu bieten hat, ist ein Gitarrensolo ein wahres Feuerwerk an Tönen und Rhythmen. Manchmal greift mein Mann selber in die Seiten. Es tönt gar nicht mal so schlecht. Manchmal spielt er so laut, dass ich es sogar eine Etage höher mitbekomme. Und da ich ja selber auch gerne laute Musik höre, drehe ich dann einfach den Regler noch lauter und töne ihn damit aus.
10. Mir ist es erst wieder diese Woche in den Sinn gekommen, dass ich ja bereits etwas über 11 Jahre mit den ALS-Symptomen leben. Die ALS hat mir im Laufe der Jahre immer mehr von meinen Fähigkeiten geraubt. Viele Fähigkeiten, welche ich im Kindesalter mühsam erlernen musste, verkümmern immer mehr. Körperlich entwickle ich mich wieder in die Kindheit Retoure. Dies ist auf dem folgenden Bild sehr gut zu erkennen. Ich habe mit Hilfe der Maus ein Bild (Frei Hand) gemahlen und darüber meine Unterschrift gesetzt. Nun versteht ihr sicher was ich mit zurück entwickeln meine.
Die Bilder, bei denen ich vorgegebene Formen wie Kreise und Vierecke benutze (Graphische), sehen dann schon etwas stilvoller aus. Aber He, es geht noch immer was. Und da mein Hirn von der ALS nicht angegriffen wird, kommen mir sicher immer wieder Ideen in den Sinn, wie ich die verlorenen Fähigkeiten ausgleichen kann.
Wie es um mich und meine Krankheit steht kommt dann am Montag aus. Ich werde in der ALS-Klinik St.Gallen zu der halbjährlich stattfindenden Untersuchung erwartet. Ich werde euch später davon berichten. Da es mir immer noch so gut geht, mache ich mir auch keine Sorgen.
Damit ihr seht, wie gut es mir geht, habe ich wieder ein aktuelles Foto von mir auf der Startseite eingefügt.
Diese Woche kann ich mich über Besuche nicht beklagen. Den heutigen Nachmittag verbrachte ich mit meinen Eltern bei Urner Schwarzem und Mutters selbstgebackenem Kuchen. Später, etwa 2 Stunden nachdem ich mein selbst gemaltes Bild ins Netz gestellt habe, kommt meine treue Freundin Erika mit einem Strauss Tulpen vorbei und gesellt sich zu unserer gemütlichen Runde. Mit solch lieben Besuchern lässt es sich den Winter gut überstehen. Am späteren Nachmittag habe ich mich endlich mal wieder nach Draussen gewagt. Mein Aussenaufenthalt beschränkte sich jedoch auf den Weg vom Haus bis zum Auto. Ich wollte nämlich wieder mal beim Einkaufen dabei sein. Dafür liege ich nun nach dem Einkauf am ganzen Körper frierend mit zwei Bettflaschen und einem erwärmten Hirsekissen auf der Brust im Bett. Trotzdem hat es sich gelohnt. Ich bin in den Genuss einer Musikalischen Darbietung durch eine Guggenmusik gekommen. Es het so richtig gfägt und mir wird nun auch langsam wieder wärmer.
12. Die Natur spielt momentan schon ein wenig verrückt. Zuerst schickt sie uns den grossen Schnee und danach die Eiseskälte. Und gestern Abend, ich lag nichtsahnend im Bett und hörte Musik, da fing kurz vor Mitternacht plötzlich mein Bett an zu schaukeln. Ich hab dann sofort an ein Erdbeben gedacht. Was heute auch durch die Medien bestätigt wurde. Das Epizentrum lag nicht weit von uns entfernt und hatte die Stärke von 4,2. Und heute legen die Wetterkapriolen noch einen drauf. Der Himmel ist zum Teil bedeckt und trotzdem scheint die Sonne. Das ist ja auch nichts aussergewöhnliches. Doch die luftig leichten Flocken die immer wieder tänzelnd vom Himmel her kommen, die schon. Die Alpendohlen verstehen die Welt auch nicht mehr. Sie halten sich noch immer in unserem Quartier auf. Normalerweise sind sie um diese Zeit schon längst wieder Richtung Bergen verschwunden.
Wir sollten eigentlich froh sein, wieder mal so einen kalten Winter zu haben. Die Eiskälte hat nämlich etwas Gutes. Sie vernichtet viele Ungeziefer, welche uns im Sommer ungemein lästig würden. Eigentlich weiss die Natur schon, wann sie welches Mittel einsetzen muss. Manchmal scheint es uns, die Naturgewalten würden gar zu krass auftreten. Da stimme ich auch zu. Aber wie gehen wir mit der Natur, mit unserer Welt um?
15. Anscheinend weiss Frau Holle, dass heute in vielen Orten der Zentralschweiz die offizielle Fasnachtszeit beginnt. Warum sonst, fallen abertausende von weissen Konfettis vom Himmel. Frau Holle gibt mal wieder Vollgas. Alles ist mit einer weissen Schicht überzogen. Es sieht so schön aus. Es hat wieder jede Menge ca. 25 cm Neuschnee gegeben und es schneit immer noch.
Bei meinem Mann wird sich die Freude in Grenzen halten. Er musste heute bereits um 5 Uhr raus und wird den ganzen Tag mit Schneeräumen beschäftigt sein. Ob es heute trotzdem zu einem Mittagessen reicht? Sonst muss ich mich wohl oder übel zu den vier Alpendohlen gesellen die gerade vor meinem Fenster am letzten Maisenknödel picken. Ob sie mir für den Notfall was übrig lassen werden?
In unserer Gemeinde wurde die Fasnacht bereits Gestern Abend eröffnet. Und heute Abend findet die Ytrummletä im Kantonshauptort Altdorf statt. Hunderte Fasnächter nehmen mit Pauken, Trompeten und Trommeln daran teil. Die Gruppe ist so gross, dass die Hintersten nicht mehr hören was die vordersten spielen. Trotzdem bleiben alle im Takt. Dieses Jahr werde ich diesem Spektakel wohl nicht beiwohnen. Es ist mir immer noch zu kalt.
16. Nun liegen nicht mehr nur weisse Konfettis auf den Strassen. Die farbigen Fasnachtsflöhe haben sich, nachdem sie durch die Luft gewirbelt wurden, ebenfalls zu den weissen gesellt. Welche Sorte wohl länger ausharrt? Wir werden es dann ende Fasnacht sehen. Je nachdem, ob die Schneeschaufeln oder die Besen zum Einsatz kommen, wird es einen Sieger geben. Bin gespannt, wer es sein wird. Der Winter oder der Frühling.
Die Besucher, welche sich täglich auf meinem Fenstersims einfinden und keck einen Blick in mein Zimmer werfen, um zu schauen, ob ich wohl da sei, würden wahrscheinlich den Frühling als Sieger bevorzugen.
Soeben ist wieder die Katzenmusik vor unserem Haus vorbei marschiert. Obwohl ich selber nicht mehr mitmachen mag, so freue ich mich doch jedes Jahr auf diese Närrische Zeit. Die Menschen finden sich in Gruppen zusammen und geniessen gemeinsam diese spassige Zeit.
17. Heute fiel mir auf, dass es am Morgen bereits wieder früher hell wird. Bei schönem Wetter, fällt dies natürlich noch mehr auf. Auch die Vögel fangen am Morgens wieder früher an zu pfeifen. Heute bestrahlt die Sonne die schneebedeckten Berghänge und lädt zum Schneesport oder zum Apre-Ski ein. Zu einem Sonnenbad im Schnee und zu einem Schümlipflümli (spez.Schnapskaffee) würde ich auch nicht sein sagen. Doch heute muss ich so oder so darauf verzichten. Mein Göttibub Simon ist für zwei Tage zu Besuch bei uns. Er trinkt trotz seinen 25 Jahren, weder Kaffee noch Alkohol. Auch das Rauchen ist ihm zuwider. Trotz diversen Sticheleien von seitens Kollegen und Bekannten ist er seinem Vorsatz stets treu geblieben. Von dieser Willensstärke könnten sich einige eine Scheibe abschneiden. Und dafür bewundere ich ihn.
Auch den Job, den er momentan ausübt, könnte nicht jeder machen. Er absolviert ein Praktikum auf einer Station, welche Demenz Kranke betreut. Ist sicher nicht einfach, sich Tag täglich mit diesem Krankheitsbild auseinander zu setzen. Doch er will es packen. Daher sucht er auf den Sommer eine Anstellung, wo er sich zum Fachangestellten Betreuung (FABE) ausbilden lassen kann. Kennt vielleicht jemand irgendwo einen geeigneten Ausbildungsplatz?
Die Toten Hosen - Steh auf, wenn du am Boden bist
So, nun muss ich Schluss machen. Ich will mich wieder meinem Gast widmen.
20. Heute Morgen, kurz vor 5 Uhr, hörte ich den Schneepflug an unserem Haus vorbeifahren. Er musste wohl die Strassen für die Fasnächter frei machen. Kurz darauf ertönten auch schon die Trompeten, Trommeln und die Pauken. Der Morgenstreich ist eröffnet. Man hört sie nicht nur, man spürt sie auch. Spätestens, wenn die Fensterscheiben anfangen zu scheppern, weiss ich, dass die Musikanten gerade an unserem Haus vorbei ziehen. Ich habe es sehr gut. Ich muss nicht mal in die Kälte gehen um die Katzenmusikgruppe zu sehen. Ich habe nämlich, dank dem Standort unseres Hauses, einen Fensterplatz. Heute werden immer wieder vereinzelt Grüppchen durch die Strassen ziehen und den Katzenmusikmarsch zum Besten geben. Je nach dem, was sie bereits intus haben, tönt es mal besser mal spezieller. Ich bewundere immer wieder, mit wie viel liebe und Engagement neue Kleider und Sujet für diese närrische Zeit kreiert werden. Als ich auch noch aktiv dabei war, schneiderte ich zusammen mit einer meiner Schwestern, unsere Gwändli auch selber. Es ist mit viel Arbeit und Zeit verbunden. Wenn man sich dann aber in mitten der andern Maskeraden wiederfindet, weiss man das es sich gelohnt hat.
21. Habt ihr's auch gehört. Es ist anscheinend kein Gerücht. Man sagt, die Fasnächter hätten ihre Arbeit so gut erledigt, dass dem Winter nichts anderes übrig bleibe, als möglichst schnell die Socken zu klopfen. Wenn dann heute Abend der Böög verbrannt wird, wird wohl auch Frau Holle merken, dass es nun aus ist mit dem Kissen schütteln. Nächsten Winter kann sie ja wieder jede Menge weisser Flöhe auf die Erde schicken. Aber jetzt muss sie das Feld räumen. Am Wochenende solle es nämlich schon die ersten frühlingshaften Temperaturen geben. Nicht umsonst sind bereits an der Fasnacht, Boten des Frühlings aufgetaucht. Ich freue mich so sehr auf den Frühling.
Heute Nachmittag musste ich für 2 Stunden ohne Strom auskommen. War dies Langweilig. Ich konnte weder Fernseh schauen, noch konnte ich Musik hören. Auch der PC hatte eine Mattscheibe und ich konnte nicht surfen. Für einen Ausflug war es mir zu kalt und der Treppenlift war ja auch Ausser betrieb. Nein, wir hatten keinen Blitzeinschlag. Der Stromunterbruch wurde selber arrangiert. Bei jedem Gebäude in der Schweiz werden alle 20 Jahre die Elektroinstallationen geprüft. Und Heute war es eben bei unserem Haus soweit. Jede Steckdose, jeder Lichtschalter, jede Leitung und deren Verkabelung wird begutachtet. Sind alle Stromquellen durch eine FI-Sicherung abgesichert. Man kann nur staunen, über die vielen Steckdosen, welche sich in einem Haus befinden. Die Kontrolle ist relativ gut verlaufen. Ein paar Kleinigkeiten müssen wir durch einen Installateur in Ordnung bringen lassen. Dann haben wir wieder weitere 20 Jahre Ruhe. Ich finde dies aus Sicherheitsgründen eine gute Sache. Die stromlose Zeit musste ich irgendwie überbrücken. Also lenkte ich den Rolli zu dem Fenster, von dem aus ich die beste Sicht auf die NEAT-Baustelle hatte. Es war interessant mal Maschinen und Menschen bei der Arbeit zu beobachten. Sonst kommen bei mir ja meistens die Vögel zum Zuge. Ich muss sowieso wieder vermehrt meinen Horizont erweitre. Mal schauen, auf was ich mich als nächstes stürze.
Und ja, Heute war es wieder soweit. Ich hatte einen Termin beim Zahnarzt für eine weitere Zahnreinigung. Obwohl es mich während der Behandlung immer wieder gewürgt hat und die Dentalhygienikerin dadurch kurz unterbrechen musste, ist es für meine Verhältnisse recht gut gelaufen. Ich denke, irgendwann werde ich es schaffen, den Würgereiz irgendwie zu überlisten. Vielleicht müsste ich es mal mit Om ausprobieren.
So und jetzt muss ich mich ans Fenster manövrieren. Bald ist Üstrummletä und der Böög wird in unmittelbarer Nähe meines Fensters aufgehängt und angezündet. Ein schaurig, feuriges Schauspiel. In Schall und Rauch ist der Böög untergegangen. Jetzt ist die Fasnacht endgültig aus. Es lebe hoch der Frühling.
22. Mit langsamen Schritten bewegt sich der Frühling auf mich zu. Ich kann es kaum mehr erwarten, meinen goldigen Käfig zu verlassen. Heute über den Mittag schien die Sonne so wunderschön auf unseren Balkon, dass mich mein Mann für eine Viertelstunde nach Draussen liess. War das herrlich. Die frische Luft, die Vögel singen zu hören und die Sonne auf meinem Gesicht zu spüren. Oh, wie ich doch das Leben liebe. Es dauert sicher nicht mehr lange und ich kann meinen Käfig endgültig verlassen.
Ich werde die Natur wieder aufs Neue bewundern können. Ich werde auf meinen Ausflügen viel Neues entdecken dürfen. Die Natur hält so viel Schönes für mich bereit. Ich werde meine Vögel, meine Schmetterlinge, meine Enten, meine Blumen und Sträucher und noch so vieles mehr wieder sehen. Mein Flugdrang wird von Tag zu Tag stärker. Bitte liebe Kälte, ziehe dich zurück und mach meiner geliebten Sonne Platz. Ich mag nicht mehr lange warten.
24. Jeder Tag bringt uns dem Frühling einen Schritt näher. Die Sonne hat schon sehr viel Wärme in sich und sie geizt auch nicht damit. Sie hat es mir heute ermöglicht, 45 Minuten auf dem Balkon zu verweilen. Ich benötigte diesmal nicht mal mehr eine Decke. Gegenüber Gestern ist das eine Steigerung von (war noch nie ein Held in der Mathe), na ich sage einfach 2/3 länger. Ich taste mich langsam nach draussen und akklimatisiere mich langsam an die Aussentemperaturen. Bald verlasse ich meinen Käfig Nachmittag weise und kehre mit vielen neuen Eindrücken zurück.
“Geduld ist das Vertrauen, dass alles kommt, wenn die Zeit dafür reif ist“
27. Wir haben in gesehen, wir haben ihn gespürt. Ich kann euch verraten, er ist traumhaft. Die Sonne hilft ihm an Wärme zuzulegen. Mein Mann und ich sind ihm am Samstag ins Tessin entgegen gereist. Wir wurden so herzlich und mit so viel Wärme (23°) begrüsst, dass wir gar nicht mehr nach Hause wollten. Mit der Zuversicht, dass er bald genug Wärme gespeichert hat, um über den Gotthard ins Urnerland zu gelangen, haben wir uns dann doch entschlossen, zu Hause auf ihn zu warten. Und heute ist er tatsächlich bei uns eingetroffen. Spürt ihr ihn auch? Der sehnsüchtig erwartete Frühling ist endlich da. Ich könnte die ganze Welt umarmen.
Auch wenn einige nie genug vom Schnee bekommen können und am liebsten das ganze Jahr mit den Skiern unterwegs wären, lässt sich der Frühling nicht mehr aufhalten. Mein Sohn gehört auch zu den angefressenen Skisportler. Zum Glück liegt in den Skigebieten von Canada und der USA noch genügend Schnee, damit er dem Schneesport frönen kann. Wenn er dann nach Hause zurückkehrt, wird er hoffentlich genug ausgepowert sein um aufs Bike umzusatteln. In fünf Wochen wird der Frühling sicher seine schönste Seite zeigen.
Während mein Mann und ich am Samstag den Frühling genossen, genoss unser Sohn das Freeriden in den Amerikanischen Wäldern.
28. Bevor ich mich ganz im Frühling vergesse will ich euch die Ergebnisse meiner halbjährlichen stattfindenden Verlaufskontrolle meiner ALS bekannt geben. Ich wollte eigentlich den schriftlichen Bericht meines Neurologen abwarten um euch die Ergebnisse mit seinem Fachlichen Wissen zu untermauern. Da der Untersuch vor zwei Wochen stattfand und ich nicht länger auf den Bericht warten mag, werde ich euch mit meinen laienhaften Ausdrücken die Ergebnisse bekannt geben. Als wir am Montag dem 13.02.12 um 13.00 Uhr bei der ALS-Klinik vorfuhren, konnten wir nur verständnislos den Kopf schütteln. Die Parkplätze für Behinderte dienten als Schneedepot. Vor den Eingang konnten wir auch nicht fahren. Die Ein- und Ausfahrt war nicht geräumt. Also parkierten wir auf einem anderen Parkplatz ein wenig weiter entfernt. Auf den Trottoirs zur Klinik lag reichlich Schnee und ein befahren mit dem Rollstuhl war schwierig. Mir kamen die vielen ALS-Betroffenen in den Sinn, welche immer noch als Fussgänger die Klinik aufsuchen und mit unsicheren Schritten durch den Schnee stapfen müssen. Ich kann euch sagen, ich habe mich dermassen aufgeregt, dass ich am liebsten kehrt gemacht hätte. So etwas darf einfach nicht passieren. Wenn nun einer gestürzt wäre und hätte danach einen Gips tragen müssen, wäre das fatal gewesen. Die Muskeln welche sich unter dem Gips zurückgebildet hätten, könnte ein ALS-Betroffener nie mehr aufbauen. So was verstehe ich dann gar nicht. Da wird geforscht, wie dieser Krankheit am besten zu begegnen ist, übersieht jedoch was momentan am wichtigsten wäre. Nämlich der Unfallfreie Zugang zur Klinik. Ich hoffe, dieses Schneeschlamassel bleibt einmalig. Ich habe die Klinik jedenfalls darauf hingewiesen.
Jetzt kommt aber der schöne Teil. Mein Mann ich werden schon seit Jahren von der ALS-Klinik durch die Krankheit begleitet. Das Betreuungsteam in St. Gallen ist hervorragend. Bei einem Besuch werde ich als erstes vom Neurologen untersucht. Er schwingt jeweils sein Hämmerlein um die Reflexe zu testen. Dann wird manuell die Restkraft in den verschiedenen Gliedern gemessen. Der Mundinnenbereich sprich Zunge, Gaumen, Schluckreflex wird angeschaut und der Aussprache wird gelauscht. Damit das Sprechen deutlicher wird, könnte mit Einspritzen von Eigenfett in das Gaumensegel eventuell eine Verbesserung herbeigeführt werden. Durch einen einfachen Test wurde festgestellt, dass der Nutzen bei mir Minim wäre und er müsste sowieso von Zeit zu Zeit nachgespritzt werden. Und dies bei meinem gesteigerten Würgreflex. Ne, Ne, das tue ich mir nicht an. Später werden alle Daten mit dem Untersuch von vor einem halben Jahr verglichen. Normalerweise, wenn Ergebnisse / Zahlen mit Vorjahreszahlen verglichen werden, kann das Ergebnisse plus, minus oder gleich sein. Bei ALS Ergebnissen überwiegt leider vielfach ein Minus. Was so viel bedeutet, es hat eine Verschlechterung stattgefunden. Bei mir hat zum Glück keine Verschlechterung stattgefunden. Bin ich froh.
Mein Neurologe nahm es dann doch Wunder, warum in meinem rechten Arm immer noch viel Restkraft vorhanden ist und im andern Arm nicht. Kurzerhand pikste er mir eine Nadel in den Bizeps und schloss mich am Strom an. Danach musste ich meinen Arm anheben und auf dem Aufzeichnungsmonitor wurden Ausschläge sichtbar. Das Ergebnis war beeindruckend. Der Nervenstrang / Muskelstrang welcher den Bizeps versorgt, haben die Funktion von ungefähr siebzehn untergegangenen Nervensträngen/ Muskelsträngen (Aussprossung der Axone) übernommen. Diese enorme Anzahl kommt bei ALS eher selten vor. Für mich ist dies momentan sehr gut. Eine Gefahr besteht leider. Sollte der Energielieferant meines Bizepses untergehen, gehen auch gleichzeitig alle andern Siebzehn Stränge mit unter. Meine Kraft und die Beweglichkeit meines Arms und den Fingern wäre auf einen Streich weg. Aber wer weiss, vielleicht gehören sie zu den Unzerstörbaren.
Den mittleren Teil des Klinikbesuches verbringen wir dann jeweils mit einer Pflegefachfrau welche sich auf die Betreuung von ALS-Betroffenen spezialisiert hat. Zusammen wird eine Checkliste abgearbeitet. Nebst medizinischen Fragen kommen auch Themen zum Alltag zur Sprache. Unter anderem wird nach der Pflege zu Hause gefragt. Wie alles funktioniert. Ob genügend Hilfe vorhanden ist. Wie es mit den Hilfsmitteln aussieht und so weiter. Zum Schluss wird noch ein Funktionstest meiner Lunge gemacht. Auch hier ist keine Verschlechterung eingetreten.
Beim dritten und somit letzten Teil des Besuches ging es diesmal um das Assessment (Beurteilung, Einschätzung, Bewertung) der Atmung. Ein Physiotherapeut erklärte mir Atemtechniken, mit denen ich meine Atmung effizienter und mit weniger Kraftaufwand einsetzen kann. Auch die Übungen für den Erhalt des Lungenvolumens und das Abhusten des Sekrets werden mir / uns im Alltag sehr helfen.
Nach drei Stunden bin ich dann jeweils schon froh, die Klinik verlassen zu können. Mit solch einem erfreulichen Ergebnis in der Tasche nimmt man allerdings auch noch die zweistündige Heimfahrt gerne in Kauf.
Und jetzt bin ich ebenfalls müde. Das viele Schreiben hat mich geschafft. Muss mal Pause machen.
29. Am letzten Tag des Monats hat sich die Käfigtüre geöffnet. Nun bin ich endlich frei wie ein Vogel und kann wieder durch die Natur streifen.
Ich bin sogleich zum See gefahren, um nachzuschauen, was sich über den Winter so verändert hat. An manchen Stellen war der Weg sehr Nass und die Erde aufgeweicht. Ich musste aufpassen, dass sich die Räder des Rollstuhls im Match nicht festfuhren. Es ist aber alles gut gegangen. Nicht auszudenken wenn nicht. Mein Mann hat mir nämlich am Mittag noch eingetrichtert, ich möge doch bei der ersten Ausfahrt ein wenig vom Gas wegnehmen. Dies war ein guter Rat.
Heute habe ich am See nur die Enten angetroffen. Wo die Schwäne und Gänse sich aufgehalten haben, keine Ahnung. Vielleicht treffe ich sie ja bei meinem nächsten Besuch.
Da die Seeluft immer noch recht kühl war, hielt ich mich auch nicht lange dort auf. Wäre ja noch schöner, jetzt eine Erkältung einzufangen, wogegen ich den ganzen Winter verschont geblieben bin.
Wieder Zuhause angelangt inspizierte ich unseren Garten. Und was sehe ich da? Unseren ersten Frühlingsboten haben ihre Köpfe aus der noch halb gefrorenen Erde gestreckt. Sie sehen aus wie kleine Frühlingssonnen. So zart und wunderschön sind die Winterlinge.
MÄRZ
3. Nun ist es offiziell. Der Frühling ist definitiv im Land. Wer es immer noch nicht recht glauben will, kann bei mir vorbeikommen und ich beweise es ihm. Die Tomaten sind zwar noch nicht reif und haben auch noch keinen Geschmack. Trotzdem gibt es bereits ein Früchtchen, dass heute der Tomate den Rang streitig macht. Das Früchtchen, das ich meine hat sich den ganzen Nachmittag von der Sonne anstrahlen lassen. Die Stunden drehten ihre Runden ab und das Früchtchen wurde roter und roter. Es nahm immer mehr die Farbe von einem reifen Tomätchen an. Ihr wisst es ja sicher noch vom letzten Jahr. Erst nachdem ich mir den ersten Sonnenbrand eingefangen habe und Ähnlichkeit mit einer Tomate habe, ist definitiv Frühling. Da kann es nächste Woche ruhig nochmals schneien. Ich halte an meinem Frühling fest.
Obwohl sich meine Sonnenbrille auf meiner Nase nieder gelassen hatte, fiel mir natürlich jede Bewegung in meiner Umgebung auf. Was da alles schon herum fleucht. Eine Fliege landete doch prompt auf einer meiner Hände und fing an, mich zu beschnuppern. Wahrscheinlich wollte sie mich einfach kennenlernen. Die Schmetterlinge sind auch schon flott unterwegs und flattern zu zweit durch die Gegend. Es ist eigentlich noch zu früh, doch ich habe bereits eine einzelne Schwalbe gesichtet. Weiter entdeckte ich oben am Himmel einen Milan. Mit ausgebreiteten Flügeln zog er seelenruhig seine Kreise und liess sich auch vom Gleitschirmflieger in seiner Nähe nicht beeindrucken. Später brachte mir mein Mann einen Ast, auf dem ein kleiner Marienkäfer herumkrabbelte. Ich finde die erwachende Natur so spannend und wunderschön.
10. Leute ich wollte nur schnell mitteilen, dass es mir gut geht. Ich bin immer noch am Daumen drücken und habe deshalb kaum Zeit zum Schreiben. Aber nur noch Heute, dann sind die Prüfungen des Juniors durch. Ich denke so um 02.00 Uhr MEZ dürften wir unseren Daumen und unseren Gedanken wieder mehr Freiraum lassen. So jetzt muss ich aber wieder Daumen drücken, die Prüfungen haben begonnen.
Ich denke, ich spendiere allen Daumendrückern als Dank einen Song.
Chris de Burgh - Pure Joy
11. Jetzt ist es fertig mit Daumen drücken und mitfiebern. Leider weiss ich noch nicht wie es Gestern gelaufen ist. Ich nehme an, die Prüflinge sind nach dem Examen feiern gegangen und müssen nun den Kater ausschlafen bevor sie sich zu Hause melden, um ein Feedback abzugeben. Die genauen Ergebnisse erfahren sie ohnehin erst in etwa zwei Monaten. Die Prüfungen werden nämlich nach England geschickt. Dort werden sie kontrolliert und bewertet. Ich werde mich natürlich für meinen Sohn freuen, wenn alles in seinem Sinne geklappt hat. Persönlich freue mich jedoch mehr auf seine Rückkehr in drei Wochen.
Nun bin ich meine Anspannung los. Sie haben sich über Nacht aufgelöst. Ich darf mich wieder voll und ganz der erwachenden Natur widmen.
Als unser Kirschbaum geschnitten wurde, bat ich meinen Mann, einen Ast davon in eine Vase zu stellen und im Wohnzimmer aufzustellen. Und heute Morgen, der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können, öffneten sich zarte, weise Blüten am Ast. Es sieht aus, als ob kleine Balletttänzerinnen auf dem Ast tanzten. So lieblich schön ist der Frühling.
13. Fussball ist eigentlich nicht meine Sportart. Aber heute werde ich, aus Solidarität meiner Bayrischen Freundin gegenüber, den Fussballmatsch am TV verfolgen. Obwohl ich nicht alle Regeln kenne, weiss ich zumindest was ein Goal ist. Ich finde es stets amüsant, wenn sich Spieler nach einem Gegnerischen Foul am Boden wälzen, um kurze Zeit später wieder quick lebendig weiter zu spielen, als wäre nichts gewesen. Es ist ja allseits bekannt, dass Männer wehleidiger sind als Frauen. Zumindest sind sie die besseren Schauspieler. Bin mal gespannt, wer heute die besseren Nerven besitzt. Ich wünsche mir ein faires, spannendes Spiel.
15. Ich kann nichts dafür, wenn ich kaum noch zum Schreiben komme. Das schöne Wetter lockt mich jeden Nachmittag nach draussen. Ich kann der Frühlingssonne einfach nicht widerstehen. Jeder Tag ist schöner als der vorangegangene. Und von Tag zu Tag wird es ein wenig Wärmer. Endlich muss ich mich nicht mehr so dick anziehen. Dadurch fühle ich mich wieder freier und beweglicher. Meine Finger geniessen es ebenfalls keine Handschuhe mehr tragen zu müssen. Das Bedienen der Rollstuhlsteuerung fällt mir deswegen auch wieder leichter. Es ist einfach nur schön. Ich liebe die Natur so sehr. Das Pfeifen der Vögel und das herum surren der Hummeln. Das vorbei flattern der Schmetterlinge und das Erwachen der Vegetation. All dies und noch viel mehr miterleben zu dürfen, ist wie ein wunderschöner Traum. Ich geniesse jeden Tag aufs Neue. Eva Cassidy - Fields Of Gold
16. Diese Nacht habe ich wieder mal versucht auf dem Rücken zu schlafen. Es ging mehr schlecht als recht. Ich bin irgendwann nach 3.00 Uhr eingeschlafen. Durchschlafen war jedoch nicht möglich. Ich wachte zwischendurch immer wieder auf. War ich froh, als mein Mann um 6.30 Uhr mein Zimmer betrat, um mich in die Seitenlage zu drehen. Ich rechnete mir aus, dass ich mir bis zum Eintreffen der Spitex um 9.30 Uhr noch einen dreistündigen Intensivschlaf gönnen könne. Aber nix da. Wäre auch zu schön gewesen. Gerade heute ist die Spitex früher dran und weckt mich um 8.00 Uhr bereits wieder aus meinem endlich gefundenen Schlaf. Ich bin doch noch so müde und würde die Spitex am liebsten wieder wegschicken. Doch das geht nicht. Also heisst es Aufwachen der Tag beginnt. Mittlerweile bin ich geduscht und angezogen und mein morgendliches Joghurt habe ich auch schon intus.
Nun sitze ich mit einer Tasse Kaffee vor dem PC und lese wie jeden Morgen zuerst die Zeitungen und danach checke ich meinen Posteingang. Heute sind mal wieder Berichte von meinem Sohn dabei. Er schreibt er habe den Eindruck, dass er die Prüfungen gut über die Bühne gebracht habe und nun getrost herumreisen könne. Ich wünsche ihm noch eine tolle Zeit in Kanada.
So und ich denke, ich lege mich am Nachmittag mit dem Liegestuhl in die Sonne und hole den Schlaf nach.
18. War das eine Woche. Jeden Nachmittag war ich mit dem Rolli unterwegs. Meistens zwangen mich die zur Neige gehenden Batterien oder die hinter einem Berg verschwindende Sonne zur Heimkehr. Es war einfach traumhaft. Je weiter die Woche voranschritt, umso wärmer wurden die Temperaturen. Es war herrlich immer weniger anziehen zu müssen. Eine meiner Touren führte mich, wie könnte es anders sein, an meinen See. Natürlich sah ich dabei meine Enten und Schwäne wieder. Die Gänse konnte ich jedoch noch nicht entdecken. Dafür sah ich zwei Graureiher auf einer der Inseln. Ich kann mir vorstellen, dass sie dort ein geeignetes Plätzchen gefunden haben und bald ihre Jungen dort aufziehen.
Einmal war ich mit meiner kuchenbackenden Schwester unterwegs. Sie mit dem Velo und ich mit dem Rolli. Manchmal ist es schon praktisch, wenn man von jemandem begleitet wird. Vor allem dann, wenn sich mal wieder ein Nasentröpfli selbständig macht. Ich würde ja meine Nase ohne Bedenken nach alter Sitte am Hemdärmel abwischen. Obwohl ich nicht die kleinste Nase habe, reicht meine Kraft leider nicht aus, um die Nase zum Arm zu bewegen oder den Arm zur Nase. Also ist ein begleitender Nasenputzer schon nicht schlecht. Als Dank habe ich meine Schwester beim Verabschieden mit dem Rolli umgefahren. Sie hat aus Versehen meine Rollstuhlsteuerhand ergriffen. Daraufhin hat mein Rolli unvermittelt die Richtung gewechselt und meiner Schwester einen Stoss in die Beine versetzt. Da lag sie nun, längsgestreckt auf dem Rasen. Das sah so komisch aus, wir mussten einfach nur lachen. Auch jetzt beim Niederschreiben dieses Ereignisses kann ich mir das Lachen nicht verkneifen. Ich nehme an, die eine oder andere blaue Mase wird es schon gegeben haben.
Diese Woche traf ich auf einige Leute, welche ich den ganzen Winter über nie gesehen habe. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was man sich da alles zu erzählen hat. Und im Nu ist so ein Nachmittag vorbei.
Eines muss ich euch doch noch erzählen. Ich bin in gemächlicher Fahrt auf dem Reussdamm unterwegs. Bei einer unübersichtlichen Linkskurve halte mich schön rechts. Da kommt mir in rasantem Tempo ein in wehenden Stoffen eingehüllter Fahrradfahrer entgegen. Fast hätte es einen Zusammenstoss gegeben. Mit einem gekonnten Schwenker und einem spitzbübischen Lachen im Gesicht für die Klosterfrau an mir vorbei. Diese Nonne strahlte vor Energie und Lebensfreude. Hab mir gleich etwas davon geschnappt. Das Leben ist wunderbar.
19. Die Sonne versteckt sich heute hinter den Wolken. Die Regentropfen, welche vom Himmel fallen, kommen mir vor als wären es Tränen der Sonne. Was hat sie wohl auf unserer Erde gesehen, was sie zum Weinen gebracht hat. Haben wir die schönen Tage, welche sie uns letzte Woche geschenkt hat überhaupt war genommen. Sehen wir noch, mit was für Wundern uns die Natur jeden Frühling aufs Neue beschenkt. Ist es für uns zur Selbstverständlichkeit geworden, dass sich die Natur nach jedem Winter wieder ins Leben zurückkämpfen muss. Können wir die wunderschönen Farben und den süsslichen Düften überhaupt noch wahrnehmen. Ist uns bewusst, dass die Natur unser Nahrungslieferant ist. Zollen wir der Natur den gebührenden Respekt? Halten wir jemals inne und denken darüber nach? Oder ist alles was die Natur uns gibt, für uns zur Selbstverständlichkeit geworden. Wenn es so ist, dann geht es uns wirklich zu gut.
Das heute Regentropfen vom Himmel fallen, könnte aber auch einen anderen Grund haben. Vielleicht freut sich die Sonne so sehr darüber, dass sie es wieder mal geschafft hat der Natur Leben einzuhauchen, dass sie uns nun Freudentränen vom Himmel schickt. Ich denke, viele erfreuen sich am Frühling genauso wie ich und spüren wie viel Kraft bereits in der Natur steckt. Lyriel - Regen
20. Heute Morgen um 6.14 MEZ war offizieller Frühlingsanfang. Der Himmel war am Vormittag allerdings recht verhangen. Nach dem gestrigen Regen und Schneefall ist das auch kein Wunder. Doch am Nachmittag hielt es die Sonne in ihrem Versteck wohl nicht mehr länger aus und hat mit ihren Strahlen die Wolkendecke aufgerissen. Im Laufe des fortschreitenden Tages haben sich die Wolken immer weiter zurückgezogen, um dem Blau des Himmels Platz zu machen.
In den Bergen hat es zum Glück nochmals Schnee gegeben. So hoffe ich, wird es meinem Junior leichter fallen bald die Heimreise anzutreten.
Sein Traum vom Heliskiing konnte er sich in den vergangenen Tagen in Canada noch verwirklichen. Letzthin hat er mir mitgeteilt, dass er gleich am zurückkehrenden Wochenende die Schweizer Berge aufsuchen werde um noch etwas vom heimischen Schnee ergattern zu können.
Solange mir niemand den Frühling wegnimmt, können die angefressenen Skifahrer von mir aus bis zum nächsten Winter auf den Skiern ausharren. Ich jedenfalls ziehe momentan den Frühling vor.
22. Die Spitex hat mich heute bereits kurz nach 8.00 Uhr aus dem Bett geholt. Nun sitze ich vor dem PC und überbrücke die Zeit, bis zum Eintreffen der Physiotherapeutin um 10 Uhr, mit einem Tagebucheintrag. Heute haben wir uns vorgenommen, bei der Physiotherapie wieder mal den Ambubeutel einzusetzen. Wir benutzen ihn für einen Teil der Atemübungen. Und so ist die Anwendung: Zuerst atme ich alle Luft aus, dann setzt mir die Therapeutin den Ambubeutel auf, ich atme ein und durch Druck auf den Beutel wird zusätzliche Luft in meine Lungen gepresst. Dadurch dehnt sich mein Brustkorb und das Gewebe bleibt elastischer. Bei den voran gegangenen Anwendungen wollte es noch nicht so richtig klappen. Die Maske löste bei mir immer wieder meinen berühmten Brechreiz aus. Mal schauen wie es heute so geht. Werde davon berichten.
Leider hat es heute mit dem Ambubeutel nicht viel besser geklappt. Meine Therapeutin und ich werden jedoch nicht aufgeben und es immer wieder in die Atemübungen einbauen.
Am Nachmittag wollte ich eigentlich eine Rollitour unternehmen. Doch die kalte Biese blies mir einfach zu stark. Also legte ich mich gefrustet in den Fernsehsessel und ergab mich denn Fernsehprogrammen hin.
Nun warte ich auf wärmere Tage.
24. Ich glaube die Sonne hat sich heute in der Jahreszeit geirrt. Die Strahlen, welche sie uns hinuntergeschickt hat, hatten so viel Power wie an einem Sommertag. Ich nahm sie natürlich dankend an. Doch kein Vergnügen ohne Folgen. Heute wird wohl die ganze Nacht ne Birne leuchten. Doch halt, ich sollte schon ehrlich schreiben. Es sind nämlich gleich zwei Glühbirnen, die heute durch die Nacht scheinen. Hoffentlich verwechselt uns niemand mit den Glühwürmchen. Das gäbe wohl ne Leuchtparty.
Weil ich auch Gestern nicht gross nach Draussen konnte, musste ich das Wetter heute ausnutzen. Gestern wurden mir nämlich drei weitere Rollstühle gebracht, um zu testen, ob wenigstens einer auf meinen Treppenlift mit der kleinen Plattform passt. Und siehe da, ich glaube wir haben da einen gefunden. Ich werde ihn jetzt zwei Wochen lang auf Herz und Nieren testen. Dann werden wir sehen, ob er meinen geliebten, aber altersschwachen Rolli ersetzen kann. Danach heisst es einen Antrag an die IV stellen und auf das ok warten. Aber ich denke, es wird schon klappen.
So, nun muss ich mich auf die Suche nach einem Gesichtseincremer machen.
26. Ein Tag schöner wie der andere. Da bleibt mir doch nichts anderes übrig als die Räder zu bewegen und die Umwelt zu ergründen. Meine Schwester Bernadette hat mich Gestern angefragt, ob ich heute Lust hätte die Biotope aufzusuchen. Das kam mir gerade gelegen. So könnte ich gleich meinen Leihrollstuhl auf seine Gelände Tauglichkeit prüfen. Also suchten wir heute Nachmittag die Biotope auf. Die Wege bei den Teichen bestehen aus Schotter. Das heisst für mich als Rollifahrer, ich muss meine Blicke öfters dem Boden zuwenden, um rechtzeitig grösseren Steinen und Unebenheiten ausweichen zu können. Ich muss sagen, der Rolli hat sich heute gut geschlagen. Im Sommer, wenn das Gras und die Sträucher gewachsen sind und die Wege fast verwildern, wird ein befahren dann schon schwieriger. Also suchten wir heute die Teiche nach Schlangen, Fröschen und sonstigem Gewürm ab. Für die Libellen, welche zu Hauf in ihren schimmernden Farben die Teiche besuchen, ist es wohl noch etwas zu früh. Dafür konnten wir bereits Bienen beobachten, welche sich am Nektar, der an den Böschungen wachsenden Huflattichblüten, genüsslich taten. Schlangen haben wir leider keine angetroffen. Dafür drei Frösche und jede Menge Froschlaich. Die Teichränder sind übersät mit den Eiern. Das wird mal ein schönes Froschkonzert geben. Sieht so richtig schwabbelig und glitschig aus. Igitt, igitt möchte man da sagen. Doch warten wir es ab, die kleinen Fröschchen werden umso niedlicher aussehen.
29. Unser Junior ist jetzt sicher schon emsig am Packen. Er wird seinen Koffer wohl kaum mehr zu bringen. Im Verlaufe des Tages, wird er sich auf den Weg zum Flughafen aufmachen. Wenn es bei uns 1 Uhr nachts ist, wird sein Flieger in Vancouver abheben. Unser Sohn wird dann am Freitag wieder heimatlichen Boden betreten. Wir freuen uns auf ihn.
31. Peter trat in der Nacht zum Freitag die Rückreise in die Schweiz an. Da mein Mann und ich unseren Sohn abholen wollten, machten wir uns kurz vor dem Mittag auf den Weg zum Flughafen. In Zürich angekommen hatten wir noch genügend Zeit, um uns auf die Zuschauerterrasse zu begeben, um die An- und Abflüge der Flugzeuge zu beobachten. Bevor wir jedoch auf die Terrasse durften, wurden wir und unsere Taschen kontrolliert. Hierfür musste ich eine Kabine aufsuchen. Als sich die Kontrolleurin Handschuhe überzog dachte ich, was will denn die jetzt. Doch alles halb so schlimm. Ich und mein Rolli wurden lediglich abgetastet. Da ich noch nie in ein Flugzeug eingestiegen bin, wurde ich auch noch nie durchsucht. Für mich war das alles Neuland und demzufolge spannend und aufregend. Und als ich dann die vielen Flugzeuge bei der Landung und beim Starten beobachten konnte, staunte und freute ich mich wahrscheinlich wie ein Kind. Diese Vögel sind aber auch imposant.
Kurz vor 15 Uhr ist dann der Flieger mit der Flugnummer LX 1105 aus München kommend mit unserem Sohn an Bord gelandet. Nun würde es nicht mehr lange dauern bis wir unseren Sohn wieder sehen würden. Und da sahen wir ihn auch schon durch die Glasscheibe wie er auf sein Gebäck warten musste. Kurze Zeit später konnten wir unseren Sohn wieder in die Arme schliessen. Ich bin so glücklich, dass unsere Familie wieder beisammen ist.
Wieder Zuhause angekommenen, gab es natürlich einiges zu erzählen. Am besten erzählt es sich doch bei einem feinen Essen. So zum Beispiel bei der selbstgemachten Lasagne von Piet. Mmh, so fein. Peter wird wohl noch einiges vom dreimonatigen Aufenthalt in Canada zu berichten haben. Gespannt bin ich jedenfalls auf die über 1000 Fotos, die er geschossen hat. Aber zuerst lassen wir ihm mal Zeit, sich einzuleben. Wird ja jetzt wohl ein Weilchen hierbleiben.
APRIL
5. Herjemine, ich bi scheen spät dra. Der Monet isch scho fief Täg aut und ich hannä nu nid ämau i miem Tagebüech ereffnet.
Da wott ich doch jetzt schnell dem Monät midemämä passendä Bliemli äs Gsicht gä.
Die vergangenen schönen, warmen Tage haben viele Pflanzen erwachen lassen. Blumen haben sich aus der Erde gekämpft und eine Frühlingsblume nach der anderen öffnete ihr Köpfchen. An vielen Bäumen sieht man, wie sich täglich mehr und mehr junge, hellgrüne Blättchen aus den Ästen zwängen. Es wird nicht mehr lange dauern und die Bäume tragen wieder ein sattes grünes Kleid. Unser alter Pflaumenbaum steht sogar schon in voller Blüte. Wunderschön sehen auch die blühenden Frühlingssträucher aus. Mit ihren gelben, weissen, roten und rosafarbenen Blüten sind sie eine Augenweide.
Momentan hat der Regen das Zepter übernommen. Der Natur tut das sehr gut. Ich hoffe einfach, dass es nicht zu stark abkühlt. Die jungen Pflänzchen könnten sonst Schaden nehmen. Also Sonne, lass uns nicht zu lange warten und zeige dich bald wieder. Trading Yesterday - She Is The Sunlight
7.Ich wünsche allen wundervolle Ostertage
Ich bin gerade am überlegen, ob ich diesen Ostergruss einfach so stehen lassen soll. Mir scheint es, er sieht irgendwie Nackt aus. Soll ich ihn so stehen lassen oder soll ich ihn in Worte betten? Habe ich denn überhaupt etwas zu Ostern zu sagen? Klar, ich habe wie jedes Christlich erzogene Kind im Religionsunterricht die Ostergeschichte verinnerlicht bekommen. Ich habe die Erzählungen in der Bibel sowieso immer spannend und sehr lehrreich empfunden. Auch wenn sich diese Geschichten im Laufe meiner Jahre relativiert haben, bin ich doch froh diese gehört zu haben. Einige Worte sind zu Leitplanke in meinem Leben geworden.
Ich weiss nicht ob ich glauben soll, dass ein Vater seinen Sohn auf die Erde schickt um ihn dann sterben zu lassen. Vielleicht muss man alles übertrieben und brutal darstellen, damit unsere ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird. Ich will nicht behaupten, dass es nicht so sein konnte. Mir ist es aber lieber, Jesus als einen Menschen anzuerkennen der unter uns weilte und uns durch seine Weisheit aufgezeigt hat, wie wir am besten unseren Lebensweg beschreiten sollten. Jesus hat gegen alle Widerstände standgehalten. Auch Folter konnte ihn nicht brechen. Schliesslich musste er für seine Überzeugung sein Leben lassen.
Auch heute gibt es Menschen die unendliche Qualen erleiden müssen. Sei es durch die Religionsangehörigkeit, sei es wegen der Abstammung, sei es durch Kriege oder einfach weil man jemandem nicht passt. Ich hoffe, dass wir Menschen ebenfalls irgendwann ein Happyend erfahren dürfen wie Jesus. Es wäre doch so schön, diese Welt verlassen zu dürfen, mit dem Gedanken, dass viele in Liebe an einen denken.
8. Oh jemine, mini Bliemmli länd ihri Chepfli la hangä. Zwicht vo dä Schneefleckli drickt si fascht z‘Bodä. Dr Winter isch zrug. D’Alpädohlä hent das anschienend scho sit Tagä gwisst. Nid umä suscht hend sie i dä letschdä Tagä so lüt kreiet und sind i massä im Dorf umä gflogä. Ja, Tiäri gsprüret so ebbis haut lang vor ies Mänschä. Mich riewet d’Bäim wo bereits i dr Bliäti stend. Mä cha jetzt eifach nur hoffä, dass äs nid zu chaud wird und Bliätä nit abfrierit.
Die Wetterpropheten hatten ja angekündigt, dass die Schneefallgrenze auf 500m sinken könnte. Und da ich auf 468 m. ü. M. wohne hat es mich und meine Blumen voll erwischt. Eigentlich habe ich es schon in der Nacht geahnt, dass es draussen wahrscheinlich schneit. Als ich in der Nacht erwachte, sah ich durch die Fenster, wie die Nacht einen matten, roten Schimmer angenommen hatte. Ein Zeichen, dass es Draussen höchstwahrscheinlich schneit. Oder habt ihr schon mall einen Sonnenuntergang mitten in der Nacht gesehen. Ich jedenfalls nicht. Aber warum es rot leuchtet, weiss ich bis heute nicht.
Leider soll das Wetter nächste Woche auch nicht viel besser sein. Trotzdem lasse ich mir die Ostertage nicht vermiesen. Schliesslich ist die ganze Familie wieder zusammen. Mein Mann und mein Sohn kochen heute gemeinsam das Ostermenü. Der Risotto, das Lammrack mit Kräuterkruste und der Blumenkohl duften bereits in mein Büro. Ich denke ich darf mich nun zu Tisch begeben. Hmmh, so was von gut.
Doch halt, ich muss noch schnell eine Episode erzählen. Als mein Mann heute Morgen mein Zimmer betrat zog er mich an den Ohren. Ich sagte ihm: Du kannst noch lange an meinen Ohren ziehen. Trotzdem werde ich kein Osterhase.
13. Ich weiss, die Ostertage sind eigentlich vorbei und ich sollte mal wieder etwas schreiben. Doch was soll ich schreiben. Momentan erlebe ich nichts, was sich zu berichten lohnt. Das Wetter ist so wechselhaft, dass ich mich wieder seit Tagen im Hause aufhalten muss. Dabei blühen Draussen die Frühlingsblumen so wunderschön in allen Farben. Auch einige Obstbäume haben sich bereits das weisse oder das rosafarbene Blühtenkleid übergestreift. Wie gerne würde ich den Duft des Frühlings um meine Nase wehen lassen. Wie gerne würde ich die Hummeln beobachten wie sie eine Blüte nach der andern aufsuchen und sich am Nektar genüsslich tun. Interessant wäre es auch, den Vögeln beim Nestbau zuzuschauen. Leider bleibt das Wetter bis mindestens nächsten Mittwoch unbeständig. Am Montag soll der Schnee sogar wieder tiefe Lagen erreichen. Wo ist sie bloss hin, die wärmende Sonne.
Etwas Gutes hat das schlechte Wetter trotzdem. Ich konnte diese Woche einige Sachen erledigen. So habe ich die Selbstdeklaration für das Assistenzbudget erstellt und an die IV weiter geleitet. Habe meinem Rollstuhllieferanten den Auftrag erteilt, für die Beschaffung eines neuen Rollstuhls einen Antrag an die IV zu stellen. Weiter bekam ich von der Spitex den Auftrag meinen ausführlichen Pflegeplan zu aktualisieren. Und heute Nachmittag war ich wieder am Planen unserer Frühlingsferien. Ich freue mich so darauf. Einfach für 4 – 5 Tage dem Alltag zu entfliehen.
Etwas habe ich doch noch zu berichten. Seit einigen Tagen ist unser Haustier der Dachs wieder aufgetaucht. Gesehen haben wir ihn jedoch noch nie. Lediglich die Spuren die er hinterlässt.
14. Jippie ich freue mich so auf unsere Frühlingsferien. Ich habe heute Morgen gleich ein rollstuhlgerechtes Hotelzimmer gebucht. Ich freue mich riesig auf die fünf Tage in Meran. Uns gefällt dieses Fleckchen Erde im Süden dermassen, dass es uns schon zum 3. Mal dort hinzieht. Das Klima dort ist sehr mild und sonnig. Die Gegend um Meran lädt zu diversen Ausflügen und Wanderungen (auch mit Rollstuhl) ein. Überall blüht es in üppiger Farbenvielfalt. Ein Traum für jedes Auge. Nicht umsonst wird Meran auch Blumenstadt genannt.
Da wir dieses Jahr unsere Ferien ein paar Wochen später als sonst antreten, werden wir höchstwahrscheinlich die Apfelblütensaison im Vintschgau verpassen. Doch wer weiss. Wenn sich das Wetter weiterhin dem Frühling so verweigert wie in den letzten Tagen, könnten wir doch noch in den Genuss von blühenden Apfelplantagen kommen. Dieses Mal habe ich ein Hotelzimmer bei der Therme Meran gebucht. Dort gibt es diverse Innen- und Aussen Pools, Bäder und einen grossen SPA Bereich. Ich hoffe mein Mann lässt sich dort ein bisschen verwöhnen. Verdient hat er es auf jeden Fall. Abgerundet wird das ganze Areal durch einen wunderschönen Park mit Zedern und Vogelgezwitscher. Nun heisst es noch einige Wochen warten bis wir die blumige Meraner Luft einatmen dürfen. Doch das Warten lohnt sich
15. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal freiwillig dermassen viel Zeit am PC verbringe. Als ich noch Berufstätig war, bestand meine Tätigkeit zu 70% aus Büroarbeit. Ich erstellte die Einsatzpläne meiner Mitarbeiter mit dem PC. Die Statistiken mit denen ein Warenhaus arbeitet analysierte ich ebenfalls mittels PC. Auch das Rechnungswesen wurde elektronisch abgewickelt. Daneben gab es noch die Korrespondenz zu erledigen. Ich habe gerne am PC gearbeitet. Doch wenn es die Zeit erlaubte zog ich die Tätigkeiten auf der Verkaufsfläche vor. Ich liebte es Verkaufsware aufzuziehen und entsprechend zu dekorieren. Manchmal zum Leidwesen des Deko-Teams. Weniger schön war es, Diebe auf frischer Tat zu ertappen. Doch auch dies musste sein und gehörte zu meinem Aufgabenbereich. Jedoch am schönsten war die Kundenberatung. Es gibt doch nichts Schöneres für eine Verkäuferin, wenn ein zufriedener Kunde mit prallgefüllter Tasche das Geschäft verlässt.
Ich merke, während ich dies schreibe, wie sehr mir mein Job fehlt. Ich habe so gerne gearbeitet. Dieser Verlust spielt sich nach all den Jahren immer wieder in meinen Träumen ab. Im Traum arbeite ich als Fussgängerin in meinen Abteilungen. Sobald ich jedoch die Abteilungen verlasse, verirre ich mich auf Gängen, in Liften und in den Strassen. Noch nie habe ich in meinen Träumen jemals in meine Abteilungen zurück gefunden. Ich glaube, um diese Träume zu interpretieren, benötige ich nicht mal einen Traumdeuter.
Aber komme ich wieder auf meine jetzige Zeit am PC zurück. Für mich ist der PC eines meiner meistgenutzten Hilfsmittel. Ich lese am PC, schaue Fernsehen, höre Musik, führe Telefonate, erledige Korrespondenzen, bearbeite meine HP usw. usw. Weil mein PC mein Büro ist, lege ich auch vieles dort in Ordner ab. Für eine solche Datenmenge brauche ich Platz und einen schnellen Rechner. Bisher habe ich auf einem Laptop gearbeitet. Meine „Männer“ fanden vor kurzem, dass mein Laptop langsam an seine Grenzen stosse. Also was macht „Mann“ da. Mein Sohn ging gestern einzelne neue Komponenten kaufen und baute mir heute, zusammen mit meinem Mann, einen neuen Rechner.
Zwischendrin bereiteten sie noch ein Asiatisches Gericht im Wok zu. Wie habe ich diese beiden nur verdient? Inzwischen läuft mein PC schon wie ein Örgelchen. Und wie schnell der ist! Da macht das Arbeiten am PC doppelt Spass.
19. Manchmal möchte ich mich aus meinem Rollstuhl erheben und einfach davonfliegen. Ich stelle, meine Füsse auf den Boden und stehe auf. Nun nehme ich meine Arme und die grazil ausgestreckten Hände seitlich auf Schulterhöhe. Ich stelle mich auf die Zehen und hole mit den Armen Schwung. Mit riesigen Schritten laufe ich los und wirble in die Höhe. Durch das Auf und Ab bewegen meiner Arme kann ich minutenlang in der Höhe schweben. Ich fühle mich wie eine Balletttänzerin. Ich fühle mich leicht wie eine Feder. Ich kann fliegen. Ich bin frei. Auch wenn die Gegenwart anders aussieht, so beschenken mich doch die Nächte mitunter mit solch schönen Träumen. Vangelis & Vanessa Mae - Roxanne's Veil
25. Da wir am Sonntag endlich mal wieder die Sonne sehen und die Wärme spüren wollten, machten wir uns Richtung Süden auf. Je weiter wir nach unten fuhren, je schöner wurde es. Wir fuhren rings um den Lago Maggiore. Da wir am linken Seeufer runter fuhren und am Rechten aufwärts, hatte ich den See immer in meinem Blickfeld. Zwischendurch musste ich meine Blicke jedoch vom See lösen um die Sehenswürdigkeiten auf der anderen Strassenseite in Augenschein zu nehmen. Prächtige alte Villen zieren den Hang oberhalb des Sees. Zum Teil stehen diese wunderschönen Häuser in riesigen Parkanlagen. Palmen, Zypressen, Blütenstauden und Skulpturen zieren diese Anwesen. Solche Villen könnte man heute kaum noch bauen, geschweige denn die Arbeiten des Steinmetzes bezahlen. Die Früheren Italienische Architekten müssen ihr Handwerk mit Leidenschaft ausgeübt haben. Sonst würden diese alten Villen nicht so viel Charme und Lieblichkeit versprühen. Diese Ausfahrt hat mir sehr gefallen.
Endlich ist der Frühling zurückgekommen. Schon früh am Morgen ist die Sonne am Himmel aufgetaucht und hat ihre wärmenden Strahlen auf die Erde geschickt. Alleine hätte es die Sonne jedoch nicht geschafft das Nass-Kalte Wetter zu vertreiben. Da musste ihr schon der Föhn zu Hilfe kommen. Ich finde dies auch flott von ihm, aber muss er gleich so übertreiben? Mit Böen Spitzen zwischen 70 und 90 km/h fegt er durch den Urner Talkessel. Er rüttelt an den Dachziegeln als wolle er sie vom Dach fegen. Bäume und Sträucher werden von ihm kräftig durchgeschüttelt. Und um nicht gebrochen zu werden, bleibt den zarten Frühlingsblumen nichts anderes übrig, als nach seiner Pfeife zu tanzen. Auch mich hat er fest im Griff. Er lässt es nicht zu, dass ich eine Rollitour unternehme. Den Sand, den der Föhn herumwirbelt, könnte sich in meiner Nase, meinen Ohren, meinem Mund und meinen Augen verirren. Und ich hätte keine Chance mich der störenden Sandkörner zu entledigen. Das heisst also für mich, ich muss wieder im Haus bleiben. Dabei habe ich mich gestern so auf die heutige Ausfahrt gefreut.
Schwubs, soeben hat sich ein Ziegel vom Dach verabschiedet und ist im Rasen gelandet. Der Dachdecker wird wohl antraben müssen.
So, jetzt bekomme ich gleich Besuch von meinen Eltern. Mit ihren 83 und 86 Jahren sind sie noch recht fit. Ich könnte mir vorstellen, dass ich die Gesundheit von meinen Eltern vererbt bekommen habe. Vielleicht beeinflusst dies ja auch meinen eher verlangsamten Krankheitsverlauf.
So, nun ist Kaffee trinken angesagt.
27. Heute musste ich lesen, dass Urs, einer von meinen lieben ALS-Betroffenen Freunden, vor zwei Wochen im Alter von nur 41 Jahren den Kampf gegen die Krankheit aufgeben musste. Es stimmt mich traurig, hoffe aber sehr, dass es ihm nun besser geht und dass er es nun leichter hat.
Celtic Music - Circle of Life
MAI
3. Ich habe schon gedacht, ich müsse den Wonnemonat Mai ohne ein Bild eröffnen. Mein PC, besser gesagt mein Homepagetool, wollte nicht so wie ich es gerne wollte. Meine Mediendatenbank weigerte sich standhaft, die neuesten Bilder meines Gartens zur Veröffentlichung freizugeben.
Zum Glück nahm sich ein Support Mitarbeiter von Swisscom meines Problems an. Via Chat konnte ich mit ihm kommunizieren und das Problem beschreiben. Manchmal liegt es nur an einem Häkchen, welches bei massgebenden Programmen an der falschen Stelle steht. Für mich als Leihe ist es fast unmöglich, den Grund zu ermitteln. Wahrscheinlich hat es auch mit meinem gestrigen Browserwechsel zu tun. Nachdem ich letzthin einen schnelleren Rechner bekam und eine bessere Grafikkarte, lies die Darstellungen der jeweiligen Webseiten zu wünschen übrig. Da half mir auch das Herumtüfteln an der Auflösung nichts. Also habe ich Gestern kurzerhand den Browser gewechselt. Nun ist die Darstellung so, wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht hat das ganze meinen PC aus dem Konzept geworfen. Aber jetzt, nach 60 minütiger Problemsuche funktioniert wieder alles und ich kann euch wieder Volltexten.
Ich bin froh, dass sich der Föhn nun endlich zurückgezogen hat. In manchen Nächten war ich mir nicht sicher, ob wir am andern Morgen noch Ziegel auf dem Dach haben. Mittlerweile hat der Dachdecker die Schäden wieder behoben. Ich hoffe nun, der Föhn gewährt uns eine längere Verschnaufpause. Schliesslich will ich endlich die üppig spriessenden Blütenstauden und die Gelb strotzenden Wiesen vom Löwenzahn und den Butterblumen in Augenschein nehmen. Ich freue mich auf den herben, intensiven Duft des Bärlauchs, auf den frischen Duft von geschnittenem Grass und den lieblichen, süssen Duft des Flieders. Für mich ist der Mai der Monat des Riechens und des Sehens. Die Natur strotzt nur so von Farben und sattgrüner Frische. Ein liebreizender Monat, den ich bald begutachten werde.
7. Ich kann momentan leider nicht viel Neues berichten. Das Wetter macht mir bei meinen Rollitouren immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Mal scheint die Sonne vom Himmel, als wenn es Sommer wäre. Und eins- zwei Stunden später regnet es aus Strömen. Ich habe eigentlich gedacht, der April wäre vorüber und hätte dem Mai Platz gemacht. Mal schauen wie es Morgen aussieht. Laut Meteo sollte diese Woche ja etwas stabiler ausfallen. Auf jeden Fall werde ich meinen Rolli über Nacht mit Energie vollpumpen, damit er für die eventuelle morgige Tour genügend Power hat. Hoffentlich werde ich Morgen nicht enttäuscht.
13. War das eine turbulente Woche. Mal war es warm wie im Sommer und dann wieder kühl wie kurz vor dem Winter. Trotzdem konnte ich diese Woche einiges unternehmen. So habe ich mit einer Freundin eine kurzen Velo-, Rolli Runde gedreht und dann bei ihr den Durst gelöscht. Als ich da auf ihrem Vorplatz sass und ihren Rasen sah, musste ich schmunzeln. Der Rasen war ordentlich gemäht, doch einige Flecken hat man ausgelassen. Diese Flecken zierten wilde Wiesenblumen. Also kein englischer Rasen. Sondern ein Naturrasen, so wie ich ihn mag.
Einmal kam ich mit erdverschmutzten Rädern nach Hause und mein Mann musste in der Wohnung ständig hinter mir her wischen. Ich konnte es nämlich nicht lassen, über die Wiese zu fahren, welche mein Bruder gerade gemäht hatte. Ich wollte dem Grass-Duft so nah wie möglich sein.
Dann war ich noch auf einem Warenmarkt in der Nachbargemeinde. Ich liebe es durch die Stände zu fahren. Es hatte einige Artikel aus heimischer Produktion, von denen ich auch gleich etwas nach Hause nahm. Ich habe mir euch noch einen lässigen Tschäpper (Cap) gekauft und hübsche, blaue Ohrhänger. Mit dem Einpacken der Ware in meinen Rucksack und dem Bezahlen hat es super geklappt. Die Leute waren sehr aufmerksam und hilfsbereit. Ich habe einige bekannte Gesichter getroffen. Durfte mit ihnen einen Schwatz halten und bin auch eins trinken gegangen. Wie ich es liebe, selbständig unterwegs zu sein.
Ich war diese Woche auch als sogenannte Testfahrerin unterwegs. Die Verbindungswege zwischen unserer Gemeinde und einer Nachbarsgemeinde müssen wegen dem Bau der Alpentransversale öfters verlegt werden. Und weil ich einen direkten Draht zur ausführenden Firma Alptransit habe, wurde ich gebeten, die jeweiligen Strecken abzufahren und diese auf Rollstuhl Tauglichkeit zu testen. Diese Zusammenarbeit funktioniert super.
Auch liebe Besucher blieben diese Woche nicht aus. Und im Schwubs war die Woche um.
16. Habt ihr das gesehen? Es hat wieder neuen Schnee. Weit hinunter ist es wieder weiss und dies Mitte Mai. Es ist nass und kalt und aus den Schornsteinen steigt wieder Rauch. Letzte Woche trug ich Shirts und kurze Hosen und heute musste ich wieder ein Unterziehhemd anziehen. Ich hoffe sehr, die Eisheiligen haben sich bald genügend ausgetobt und lassen endlich den Frühling gewähren.
18. Judihui, endlich Ferien. Ich freue mich u mär (sehr). Für einige hört sich dieser Ausspruch wahrscheinlich eigenartig an. Einige denken vielleicht, dass jemand wie ich der gar nichts arbeitet, doch das ganze Jahr Ferien hat. Dies stimmt ja eigentlich auch. Für mich sind es Ferien, wenn kein Hilfspersonal in unserem Haus ein- und ausgeht. Am Morgen aufstehen zu dürfen, wann ich Lust habe. Egal ob es nun 9.00 Uhr oder 12.00 Uhr ist. Keine Staubwischende und Wäschebesorgende Feen, welche durch das Haus wirbeln. Niemand der sich zweimal die Woche bemüht meinen Körper beweglich zu halten. Nein ich bin nicht undankbar. Ich schätze diese Dienstleistungen sehr und bin dankbar dafür. Doch zwischendurch möchten ich / wir ein bisschen Privatleben. Von meinem Mann betreut zu werden, ist für mich sowieso am schönsten. Damit mein Mann ebenfalls zu seiner Erholung kommt, habe ich ja ein schönes Hotel gebucht. Dort muss er wenigstens nicht Kochen und kann sich auch mal verwöhnen lassen. Wer weiss, vielleicht schaffe ich es sogar ihn zu einer Massage zu überreden. Angebote dieser Art, gibt es dort jedenfalls zur Genüge. Ich denke, ihr versteht nun, was für mich Ferien sind. Nun hoffe ich, der Wettergott meint es gut mit uns.
19. Nachdem mein Mann auf mein Geheiss hin meinen halben Kleiderschrank in den Koffer gepackt hat und meine tausend Kosmetiksachen und Medis ins Necessaire verfrachtet hat können wir Morgen gemütlich und ohne Stress in die Ferien starten. Ich wünsche euch Allen ebenfalls schöne Tage und geniesst den Frühling. Bis bald.
26. Halli, hallo ich bin wieder da. Die Ferientage waren wunderschön auch wenn sich die Sonne nicht immer gezeigt hat. Wir durften in einem grosszügigen Zimmer logieren. Ich konnte mit meinem E-Rollstuhl problemlos im Zimmer herumfahren. Der Gang war breit und lang und wir hätten ohne Probleme Federball spielen können. Aber das Beste waren die beiden Badezimmer. Eines entsprach dem normalen Standard und das andere war ein komplett eingerichtetes Behinderten Badezimmer. Ich konnte mich mit meinem E-Rolli ohne Probleme manövrieren. Diesen Komfort kannten wir bis anhin noch nicht. Es ist angenehm, genügend Platz zu haben.
Das leibliche Wohl kam ebenfalls nicht zu kurz. Den Tag starteten wir jeweils mit einem ausgiebigen Frühstück. Die Auswahl am Buffet war erste Sahne. Den Sekt mussten wir leider ausfallen lassen. Ich wollte die Meraner Altstadt schliesslich nicht in Zick-Zack-Fahrt erkunden.
Es lohnt sich mit neugierig geöffneten Augen die Gassen und Hinterhöfe zu erkunden. Es gibt lauschige Lauben, welche zum Verweilen einladen. Die Geschäfte, welche links und rechts der Gassen ansässig sind, präsentieren eine grosse Auswahl an unterschiedlicher Ware. Nicht nur die Geschäfte auch die alten Häuser und Kunstwerke sind eine Augenweide. Wenn man sich noch Zeit nimmt, um die bunten Blumenrabatten zu bewundern, verstreichen die Stunden im Fluge. Irgendwann meldet sich dann der Hunger. Den stillen wir mit einem Fünf-Gang-Nachtessen. Das war jeweils der krönende Abschluss eines interessanten Tages. Was uns besonders gefallen hat, ist die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Sei es das Hotelpersonal oder die Verkäuferin. So fühlt man sich wohl in den Ferien.
28. Noch einiges zu den Ferien. Unser Hotel war sicher nicht gerade das günstigste. Da wir jedoch in den letzten Jahren einige Male die Erfahrung machen mussten, das Zimmer, welche als behindertengerecht angepriesen wurden, diese Bezeichnung nur bedingt erfüllen. Ich brauche, um mich wohlfühlen zu können genügend Platz und ein grosses Bett mit einer guten Matratze. Dadurch muss mich mein Mann in der Nacht nicht dauernd drehen und kann sich einen erholsamen Schlaf gönnen. Das Badezimmer muss für die Wendemanöver ebenfalls genügend freie Fläche haben und muss mit Hilfsmitteln ausgestattet sein, wie z.B. einem Duschsitz. Um einigermassen auf der sicheren Seite zu sein, müssen wir bei den 4 Sterne Hotels Ausschau halten. Wir sind zum Entschluss gekommen, lieber wenige Ferientage mit Komfort als Wochenweise auf engem Raum. Dieses Mal hat es wirklich gepasst. Noch was zum Essen. Bei so vielen Gängen lernt man einige neue Gerichte kennen. Manchmal schicken uns die Geschmacksnerven auf unbekannte Reisen. So erhielten wir mal frittierte Champion Köpfe mit einer Ingwer-Paniermehl-Panade. Oder eine Kraftbrühe mit Sherry. Die Auswahl war riesig. Einmal bestellte ich mir einen Fischspiess. Ich als Fischliebhaber habe mich riesig darauf gefreut. Da kam er nun mit diversem Fischstückchen, mit Jakobsmuscheln und mit Shrimps. Ich wollte schon lange Mal ausprobieren wie Muscheln schmecken. Nun weiss ich es. Muscheln und Shrimps muss ich mir nicht mehr antun. Höchstens die Shrimps von Mc Donald mit der dicken Panade. Die mag ich sehr. Einmal gab es ein Dessertbuffet, welches kaum zu übertreffen war. Ein Tisch mit 4 X 1 Meter Länge war über und über gefüllt mit diversen Dessertvariationen. Aber ihr glaubt es nicht. Wir schafften nur je ein Stück. Wir haben uns gefragt, wo tun andere nur so viel Essen hin. Auch beim Morgenessen mussten wir viel früher die Segel streichen als andere. Jedenfalls waren dies wahre Gaumenerlebnisse. Beeindruckend waren die vielen Kleidergeschäfte und Schuhgeschäfte. Ich hätte Sachen kaufen können, doch leider brauchte ich nichts. Bei mir gehen ja kaum Kleider kaputt und die Schuhe schon gar nicht. Irgendwie schade, denn die Artikel wären bezahlbar gewesen. Ein Geschäft mussten wir uns dann doch noch genauer inspizieren. Der Duft nach Gebäck und Schokolade strömte aus der Ladentür. In der Auslade lagen übergrosse Prussien und diverse andere Süssigkeiten. Da gingen wir dann nicht mit leeren Händen raus. Zum Glück gibt es in Meran wunderschöne, grüne Spazierwege. Dort konnten wir uns das angefutterte wieder etwas abstrampeln. Wir waren jetzt schon zum 3. Mal in Meran und trotzdem enddecken wir immer wieder Neues. Ich denke es wird sicher noch einen 4. und 5. Besuch geben. Nun ist mein Ferienbericht zu Ende und auch die Ferientage meines Mannes enden.
29.Bei der Durchsicht der Ferienhalber liegengebliebenen Post fiel mir ein Kuvert von der Spitex auf. Nebst der Info, welche auf die Umstellung der Rechnungsstellung zwischen der Spitex und der Krankenkasse hinwies, enthielt das Kuvert eine weitere Info. Darin wurde uns Klienten (Patienten)
mitgeteilt, dass es immer schwieriger wird, Pflegepersonal zu rekrutieren. Der Markt scheint inzwischen in der gesamten Schweiz auszutrocknen. Ich frage mich, wie die benötigte Pflege in der Zukunft gewährleistet werden kann. Warum wird die Angehörigen Pflege nicht gefördert. Wenn es schon Angehörige gibt die gewillt sind, ihr Arbeitspensum zugunsten der Angehörigen Pflege zu reduzieren, warum kann man sie dafür nicht auch entlohnen. Hat man so Angst, alle Menschen seien Abzocker?
Es bringt sicher nichts, immer mehr Pflege- und Altersheime zu bauen. Das löst das Problem mit den Pflegekräften nicht und ein Aufenthalt in solch einem Heim kostet enorm Geld. Ich bin sehr gespannt, wohin uns die Pflegemisere führen wird. Und wie lange es dauert, bis die Politiker einsehen, dass es ohne Angehörigen Hilfe nicht gehen wird.
31. Anfang Woche habe ich mal wieder bei der IV nachgefragt wie weit die Abklärungen betreffs meines Assistenzbudgets fortgeschritten sind. Ich hatte ja schon darübergeschrieben, dass am 1. Januar 2012 das Assistenzbudget eingeführt wurde. Da mich dieses System interessiert und ich schon das Pilotprojekt mitverfolgt habe, machte ich dann auch im Januar bei der IV den Antrag. Nun, nach meinem Mail hat sich nun die Mitarbeiterin, welche die Abklärungen für die IV durchführt, bei mir gemeldet. Sie wird nun am nächsten Mittwoch bei mir vorbeikommen. Wie lange es danach noch dauern wird, bis ich Bescheid bekomme, weiss ich nicht. Aber wenigstens geht wieder was. In der gleichen Mail habe ich mich erkundigt, wie weit die Abklärung für einen neuen E-Rollstuhl fortgeschritten sei. Anscheinend mussten sie zuerst einen ausführlichen Bericht von meinem Hausarzt einfordern. Eigentlich war bereits ein Arztbericht bei meinem Antrag dabei. Nun liegt der Antrag bei der SAHB zur Abklärung. Ich hoffe sehr, dass ich nicht so lange warten muss wie beim Assistenzbudget. Eigentlich benötige ich ja nur wieder einen Rollstuhl, der dem alten Rolli ebenbürtig ist. Bei der IV müsste mein Krankheitsbild doch bekannt sein und sie müssten wissen, dass es bei mir keine Besserung nur Verschlechterung geben wird. Doch ich schaue positiv in die Zukunft. Ich musste lernen zu warten, obwohl dies gar nicht meinem Naturell entspricht.
Sobald sich mit der IV wieder was tut, werde ich darüber berichten.
JUNI
1. Als ich diese Woche bei meinem Bruder im Stall war, zeigten mir meine Zwillingsneffen die jüngsten Kälber. Die zwei Braunen sind Zwillinge und sind ein wenig älter als das Schwarze. Eines der Kälber präsentiert bereits voller Stolz seine Ohrringe (Ohrmarken).
Ich bin mit dem Rollstuhl im ganzen Stall herumgefahren und hab alles inspiziert. Ich muss sagen, der neue Anbau und die Umgestaltung des bestehenden Stalles hate sich gelohnt. Es ist alles viel offener und heller geworden und die Kühe haben mit dem Laufstall viel mehr Freiraum. Mit dem Rollstuhl kann ich nun auch nahe an die Tiere heran fahren um diese beim Fressen zu beobachten. Ich durfte sogar die Erste rotweisse Kuh bestaunen, welche diesen Stall bewohnen darf. Mir gefällt dies natürlich. Es kann mir nicht Bund genug sein. Mit einem leichten Bauernparfüm ging es dann zum Urner Kaffee, welches wir natürlich unter dem Nussbaum genossen.
04. Manchmal könnte ich meine Krankheit zum Mond schiessen. Vor allem dann, wenn mir Speichel in die Luftröhre gelangt oder wenn Essenskrümel in die falsche Röhre einbiegen. Wenn dann noch zäher Schleim den Rachen in Besitz nimmt, ist das Fiasko vorprogrammiert. Um nicht noch mehr ungebetene Gäste einzulassen, schliesst sich die Luftröhre reflexartig. Dadurch bekomme ich keine Luft und ich fange an zu husten. Da meine Muskulatur nicht mehr genügend Kraft besitzt um den Fremdkörper mit einem einzigen Hustenstoss aus der Luftröhre zu entferne, benötige ich viele kleine Huster, um die Luftröhre freizukriegen. Es ist ein beschissenes Gefühl zu denken ich könnte jetzt ersticken. Ich habe jedoch gelernt, bei solch einer Attacke soweit es eben geht, Ruhe zu bewahren. Wichtig finde ich, dass das Umfeld ebenfalls ruhig reagiert auch wenn es bedrohlich aussieht. Auf den Rücken zu klopfen oder Wasser zu reichen ist kontraindiziert. Man kann mir höchstens den austretenden Speichel vom Mund wischen. Ansonsten muss man mich einfach machen lassen. Unter Tage muss ich es ja auch selbst schaffen. Nachdem sich die Luft zum Atmen wieder eingefunden hat, brauche ich stets ein wenig Zeit zur Erholung. Auch die Stimme, welche nach so einem Ereignis heiser klingt, braucht Schonung. Und da ich gerade vor einer Stunde eine solche Attacke hatte, dachte ich mir, ich könnte dies gleich mal niederschreiben. Das Gute ist, ich kann dies sehr gut wegstecken und habe auch keine Angst vor der nächsten Attacke. Wenn sie kommt so kommt sie und es reicht, wenn ich mich dann mit ihr herumschlage.
Ich denke, wenn man wie ich als Bauerntochter aufwachen darf, wird man die Tiere immer liebhaben.
05. Die Sonne hat sich doch noch durchgesetzt und sich aus den Wolkenschleiern befreit. Obwohl die Sonne ihr bestes gab, konnte sie gegen die kalte Biese nicht viel ausrichten. Trotzdem genoss ich während einer Stunde die wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Balkon.
Heute war sowieso ein guter Tag. Am Morgen durfte ich wieder eine liebevolle und routinierte Pflege durch eine Spitex-Mitarbeiterin erfahren. Diese Mitarbeiterin wird schon längere Zeit bei meiner Pflege eingesetzt. Dadurch sitzen die Handgriffe und sie weiss wie ich was haben will. Ich brauche keine Anweisungen mehr zu geben und meine Stimme wird somit geschont. Der Tag ist schliesslich noch lang. Heute war auch wieder der Tag im Monat, an dem ich mir eine Fussreflexzonenmassage gönne. Ich geniesse diese Anwendung sehr und ich denke sie tut mir auch gut. Gleichzeitig mit der Physiotherapeutin ist auch Leo Häfliger (Radiästhesist / Geopath) eingetroffen. Er hat unser Zuhause wieder von Störfaktoren wie den Wasseradern, Magnetismen und soweit es Möglich ist von Elektrosmog befreit. Was natürlich bei all den elektronischen Hilfsmitteln, die ich für meine Selbstständigkeit benötige, eine rechte Herausforderung ist. Später er sich auch noch um meine Chakren gekümmert. Ich denke, wenn ich so gut umsorgt und betreut werde, kann es mir doch nur gut gehen.
6. Diejenigen, welche die heissgeliebte Sonne vom Himmelszelt geklaut haben, sollen sie doch bitte wieder an ihren angestammten Platz zurückbringen. Ohne die Sonne ist es Nass und A….kalt. Das mag ich nicht. Also rückt sie endlich raus.
Heute, vor dem Feiertag ist wieder Hochbetrieb bei uns Zuhause. Die Helferlein gehen ein und aus. Die Spitex hat mit meiner Pflege den Tag eingeleitet. Ich liebe es, heiss geduscht zu werden. Daher gleicht meine Duschkabine jeweils eher einer Dampfkammer. Aber auch ein Stockwerk unter mir wurde ordentlich Dampf produziert. Luzia, meine Schwägerin musste sich durch einen Berg von Bügelwäsche kämpfen. Kurz nach dem Mittagessen nahm die Haushaltshilfe der Spitex ihre Arbeit auf. Sie bringt wieder Ordnung und Sauberkeit in unser Zuhause. Und kurz nach 13.00 Uhr wurde ich von einer Dame der IV (Invalidenversicherung) besucht. Bevor mir die IV einen Assistenzbeitrag zuteilen kann, muss zuerst eine Bedarfsabklärung gemacht werden. Dies haben wir nun heute Nachmittag gemacht. Ich hoffe, dass es nun zügig vorwärts geht. Erst wenn ich weiss ob und wie viele Stunden mir zur Verfügung stehen, kann ich mit der Anstellung und Planung von Assistenzpersonal beginnen. Da alles noch neu und noch nicht ganz ausgereift ist, zieht sich das ganze Prozedere in die Länge. Und wenn man wie ich, die Erste und bis anhin die Einzige im Kanton ist, welche das Assistenzbudget in Anspruch nehmen möchte, muss ich mich eben in Geduld üben. Eines konnte mir die Dame bereits jetzt bestätigen. Die Angehörigen werden weiterhin für die Pflegeleistungen welche sie an Stelle der Spitex entrichten nicht entlohnt. Somit wird mein Mann sein Arbeitspensum auch nicht reduzieren können. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Angehörigenhilfe in ferner Zukunft abgegolten werden muss. Vielleicht werden wir dies nicht mehr erleben. Ich hoffe jedoch sehr, dass unsere Nachfolger davon profitieren können. So, nun muss ich einen feinen, heissen Kaffee haben.
Ich bin gerade vom Einkaufen nach Hause gekommen und habe nun gelesen, dass der junge Familienvater, der unter den Gesteinsmassen des Gurtneller-Bergsturzes begraben wurde, immer noch nicht geborgen werden konnte. Es hat mir gestern Abend keine Ruhe gelassen und wird es heute auch nicht. Ich halte an der Hoffnung fest und lasse für den Verschütteten symbolisch eine Kerze brennen.
8. Gestern hinderte uns der Föhn daran, draussen zu sitzen und Heute ist es der Regen. Schade auch deswegen, weil viele Arbeiter eine Brücke machen und für ihre Unternehmungen sicher gerne schönes Wetter hätten. Es ist zwar interessant den Regentropfen zuzuschauen, wie sie auf den Asphalt platschen. Aber eigentlich habe ich mich auf Sonne und Wärme eingestellt. Ich möchte mich endlich auf meine grösseren Rolli-Touren begeben. Ich möchte Schifffahrten unternehmen, ohne eine Jacke überziehen zu müssen. Ich möchte endlich eine stabile Wetterlage. Wünsche, Wünsche, Wünsche… Sollte ich etwa auf hohem Niveau unzufrieden sein?
Eigentlich bräuchte ich gar nicht unzufrieden zu sein. Wenn ich schon nicht in die Natur kann, so kommt die Natur halt zu mir. Und zwar ist sie gestern in Form eines Rosenkäfers zu mir ins Wohnzimmer gekommen. Ich weiss zwar nicht wie viele Landungen dieser Käfer schon vollzogen hat. An seiner Stelle würde ich aber noch etwas üben, um keine Rückenlandung mehr hinlegen zu müssen. Der arme Kerl hat mit seinen sechs Beinen alles versucht, sich auf den Bauch zu drehen. Da es einige Zeit dauerte, bis mein Mann ins Wohnzimmer kam, um ihm zu helfen, bekam ich die Gelegenheit den Rosenkäfer zu studieren. Wieder auf den Beinen, lies er sich Zeit mit dem Wegfliegen. Ich denke, er wollte uns auch seine Schokoladenseite zeigen. Die Oberseite schimmert in wunderschönen grün-rot-gold Tönen.
Auch Besuche in Form von Tieren mag ich. Aber mich stechen lassen mag ich nicht. Da kommt schon mal die Fliegenklatsche zum Einsatz. Also seit lieb mit mir. Apropos stechen, da kommt mir noch glatt noch was in den Sinn. Letzthin, als uns die Sonne doch einmal ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte, sass ich im Rolli im Garten. Plötzlich fliegt eine Wespe um mich herum. Ich wusste, ich musste mich ruhig verhalten, um sie nicht zu reizen. So flog sie ein paarmal gefährlich nah an mein Gesicht. Ich spürte sogar einen feinen Luftzug auf meiner Haut. Ausgelöst durch den Flügelschlag der Wespe. Als sie dann anfing meinen Hals zu inspizieren, wurde es mir langsam mulmig. Da versuchte ich die Wespe durch meine schwachen Bewegungen abzuwehren. Das mochte sie dann gar nicht. Ich dehne zum Trotz versuchte sie nun auf meiner Haut zu landen. Mir blieb nun nichts anderes übrig, als meinem Rolli die Sporen zu geben. Doch das liebe Viech liess nicht locker. Also entschloss ich mich den Kellergang aufzusuchen. Leider verfolgte sie mich auch dorthin. Als sie mir sogar in die Waschküche nachflog, musste ich mir eine andere Taktik überlegen. Meine Strategie sah dann folgendermassen aus. Ich würde mit Vollgas die Waschküche verlassen und durch den Kellergang ins Freie brausen. Dann würde ich eine scharfe Linkskurve um das Ökonomiegebäude schnetzeln und dann gerade ausfahren. Gedacht und schon mit Vollgas voran. Es hat tatsächlich geklappt. Ich habe die Wespe abgehängt. Sie hat wahrscheinlich die scharfe Linkskurve nicht gekriegt und ist geradeaus geflogen. Hihi und sie ward nicht mehr gesehen.
11. Als mein Mann am Samstag mit Umgebungsarbeiten beschäftigt war, erhielt er Besuch vom Schmetterling Kleiner Fuchs. Diesen Namen erhielt er wahrscheinlich wegen seiner Farbe. Da Piet schon den grössten Teil des Rasens gemäht hatte, suchte der Schmetterling nach einzelnen stehengebliebenen Blüten. Da er sich bei dessen Auffinden relativ lange Zeit mit einer Blüte beschäftigte, konnte mein Mann schnell die Kamera aus meinem Rollirucksack nehmen und ein paar schöne Fotos knipsen. Ich denke, bis der Sommer vorbei ist, werden uns sicher noch viele schöne und interessante Motive vor die Linse geraten.
16. Das war jetzt aber sehr knapp. Eine halbe Stunde später und ich wäre Pflotsch Nass von meiner Abendlichen Rollitour zum See zurückgekehrt. Es gab kein Anzeichen, dass es regnen würde. Es war doch so ein herrlicher Sommertag. Und der Abend verhiess ebenfalls traumhaft zu werden. Deshalb hielten sich auch so viele Menschen am See auf. Ich sah viele Familien mit Kindern, welche vergnügt im Wasser plantschten. Einige sassen um die Feuerstellen und sorgten für ihr leibliches Wohl. Ich denke, die meisten von Ihnen wurden durch den plötzlich einsetzenden Regen überrascht. Schlagartig fing es an wie aus Kübeln zu giessen. Mittlerweile regnet es kaum noch. Dafür donnert und blitzt es gewaltig und das Gewitter scheint Richtung Norden abzuziehen. Nordwärts sieht man zurzeit nur eine gelbe Wand. Wahrscheinlich zieht dort gerade ein Hagel Zug durch. Während ich dies schreibe klatschen erneut Regentropfen an meine Fensterscheiben und es fängt wieder an, kräftig zu schütten.
Eigentlich wäre es ja wünschenswert, wenn Tagsüber die Sonne scheinen würde und nachts der Himmel die Regen-Schleusen für die Natur öffnen würde. Damit könnten wir glaube alle leben.
Jetzt muss ich Schluss machen. Ich will den Himmel beobachten wie er sich gerade in verschiedene rote,- gelbe,- und orangene Farben verwandelt.
19. Sommer ist, wenn ich über Tags die Läden schliessen muss, um die Hitze von meinem Zimmer fernzuhalten. Sommer ist, wenn es am Abend blitzt und donnert und sich die Wolken urplötzlich entleeren. Sommer ist, wenn ich zu meinen grossen Rollitouren aufbrechen kann und meine Freiheit ausleben darf. Sommer ist, wenn es nach Heu riecht und Wildblumen meinen Weg säumen. Sommer ist, wenn die jungen Vögel pfeifen und Schmetterlinge mich begleiten. Sommer ist, wenn meine Arme auf der Mausmatte kleben und mich daran hindern zügig zu schreiben. Sommer ist, mit der Schwester unterwegs zu sein um bei den Biotope Frösche, Schlangen und anderes Getier zu sichten. Sommer ist jetzt. Ach ja, Sommer ist, wenn ich ständig irgendwo einen Sonnenbrand auf mir trage.
21. Da ich von der Invalidenversicherung noch keinen Entscheid für die Beschaffung meines neuen Rollstuhl bekommen habe, nahm ich am Montag mit der SAHB (macht Hilfsmittel-Abklärungen für die IV) per Mail Kontakt auf. Und Heute war bereits ein Mitarbeiter bei mir zu Besuch. Ich bin froh ist er vorbeigekommen. Wir konnten dabei gleich noch weitere Anpassungen besprechen. Ich denke, wir haben für mich ein zukunftsorientiertes Packet schnüren können. Nun müssen nochmals einige Abklärungen getätigt werden und danach geht der Bericht der SAHB an die IV. Ich hoffe sehr, dass der Rolli und die anderen Anpassungen bewilligt werden und das es nun zügig vorwärts geht.
Wegen dem Abklärungs-Besuch musste ich den heutigen Nachmittag im Hause verbringen. Darum störte es mich auch nicht, als sich die Wolken wieder über uns entleeren.
Ich hoffe, Morgen hält das Wetter. Denn Morgen hält mich nichts mehr im Hause.
24.Ich liebe es am offenen Fenster zu sitzen und mich vom kühlenden Abendwind streicheln zu lassen. Heute ist der Wind nicht allein gekommen. Meine Nase wird von frischem Heu-Duft umnebelt. Wie ich diesen Duft liebe. Er lässt Erinnerungen an Vergangenes hochsteigen. Mein Herz macht mir dabei fast weh. Wie schön war es, als ich noch beim Heuen mithelfen konnte. Auch wenn es manchmal streng war, habe ich diese Arbeit geliebt. Es war so schön, gemeinsam das Heu einzufahren. Als Belohnung gab es jeweils ein deftiges Urner-Zabig unter dem Nussbaum. Ich vermisse das Zusammensitzen und die Gespräche.
Für viele wahrscheinlich Unverständlich, aber ich vermisse es, von der Arbeit müde nach Hause zu kommen. Ich fühle mich manchmal so nutzlos. Dabei ist noch so viel Power in mir, die ich jedoch nicht ausleben kann. Ich strotze vor Ideen, die zur Verwirklichung schreien. Aber niemand da, um sie für mich umzusetzen. Vielleicht will ich auch zu viel. Doch ich lebe halt nur einmal.
25. Jetzt ist es 11.00 Uhr und ich habe soeben mein Morgenessen, ein Joghurt von der Spitex verabreicht bekommen. Die Spitex ist heute wieder mal sehr spät bei mir eingetroffen. Seit Jahren bitte ich die Spitex sie möge doch bei mir zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr vorbeikommen. Leider ohne Erfolg. Je nach Mitarbeiter erscheinen sie zwischen 9.15 Uhr und 9.30 Uhr. Und Heute wurde es sogar 10.00 Uhr bis ich mein Bett verlassen konnte. Zum Glück habe ich eine gute Blase sonst hätte ich meinen Mann von der Arbeit kommen müssen und das kann es ja nicht sein. Das Problem liegt allein bei der Planung der Einsätze. Die Mitarbeiterinnen können selten etwas dafür. Die Mitarbeiterin von heute arbeitet erst seit drei Tagen bei der Spitex. Am Donnerstag und am Freitag wurde sie auf unserer Runde eingeführt und ab heute ist sie bereits allein Unterwegs. Und sie muss gleich das volle Pensum bewältigen. Da sie nicht im Kanton Uri wohnt, kennt sie sich mit den Strassen verständlicherweise auch noch nicht aus. Das Gerät für die Zeiterfassung jedes einzelnen Klienten ist ebenfalls neu für sie und muss zuerst erlernt werden. Ausserdem spricht sie Basler Dialekt und muss sich erst an unseres gewöhnen. Da meine Stimme nicht mehr so deutlich ist, war die heutige Kommunikation schon etwas anstrengend. Ich musste vieles immer wieder wiederholen und das ist anstrengend. Aber ich hoffe, dass es täglich besser wird. Also, wieder mal geduldig abwarten.
Geduld ist momentan nicht gerade meine Stärke. Ich bin ungeduldig und unzufrieden. Manchmal himmelhochjauchzend und dann zu Tode betrübt. Ich habe gehört, so erginge es vielen Frauen in meinem Altem. Es könne sich beim Abänderungszyklus nur um Jahre handeln. Proscht Nägäli. Aber da muss ich wohl durch. Solange in meinem Garten, solche herrlichen Blumen blühen, kann ich auch nicht lange niedergeschlagen sein. Ich freue mich immer wieder an der wunderbaren Natur. Sie gibt mir die nötige Kraft und meinen Seelenfrieden.
27. Endlich ist sie wieder da, meine heissgeliebte Sonne. Ist ja wohl klar, dass mich heute nichts Zuhause hielt. Ich wollte eigentlich wieder mal den Hochweg mit dem Weg durch den Felsentunnel nehmen. Aber es sollte wohl nicht sein. Als ich etwa die Hälfte der Steigung zurückgelegt hatte, sah ich vor mir einen kleinen Wasserfall über den Felsen plätschern. Ich freute mich schon, ein paar Wasserspritzer abzubekommen. Leider wurde ich kurz davor durch eine defekte Wasserrinne gestoppt. Wasser, Pferde und Biker haben das Holz der Rinne brechen lassen. Werde Morgen mal nachfragen, wer für den Unterhalt dieses Weges zuständig ist. Wäre sehr schade, wenn ich diesen Weg von meinen Touren streichen müsste. Etwas stört mich trotzdem an dieser Naturstrecke. Zuerst waren es lediglich zwei, drei Marienstatuen, welche in Felsnischen gestellt wurden. Dann viel mir auf, dass von Mal zu Mal mehr Engelfiguren den Felsentunnel schmücken. Und heute sah ich zwei neu angebrachte Eisenkreuze am Anfang des Weges. Ich finde es so schade, dass dieser schöne Weg durch solche Symbole verschandelt wird. Das hat nicht viel mit Glauben zu tun. Wenn wir an Gott glauben, dann müsste uns doch die Schönheit der Natur als Symbol genügen. Auf jeden Fall musste ich wieder umkehren. Das war aber nicht so schlimm. In meiner Umgebung gibt es weitere interessante Wege, die es zu erkunden gilt. Morgen soll es ja noch wärmer werden. Dies könnte mich veranlassen, Morgen eine Schifffahrt zu unternehmen. Mal schauen.
28. Und ich habe mich nicht getäuscht. Mein Gefühl, dass ich mit der neuen Spitex-Mitarbeiterin sehr gut klarkommen werde, hat sich bestätigt. Sie hat mich nun während vier aufeinanderfolgenden Tagen gepflegt und ich kann sagen, wir mein „Waldhexchen“ und ich sind bereits ein eingespieltes Team. Schade einfach, dass sie nur noch nächste Woche vorbeikommt. Aber vielleicht habe ich Glück und sie wird im August wieder zur Spitex zurückkehren. Sie ist wie ich, ein naturverbundener Mensch und darum harmonisieren wir wahrscheinlich auch so gut zusammen. Man versteht sich.
Wie heisst es so schön: Geduld bringt Rosen.
Übrigens war ich heute tatsächlich mit dem Schiff unterwegs. Der Weg bis zum Schiffsgelände war jedoch nicht so toll. Ich hatte schon beim Losfahren bemerkt, dass etwas in der Luft liegt. Auf halber Strecke fingen meine Augen an zu brennen und die Tränen fingen meine Backen herunter zu laufen. Als dann noch Tröpfchen aus meiner Nase liefen, musste ich den Rolli stoppen. Ich sah ja kaum mehr aus den Augen. Da ich weder meine Augen noch meine Nase selbst abtrocknen konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als mein Gesicht von der Sonne trocknen zu lassen. Nachdem sich meine Augen wieder etwas beruhigt hatten, setzte ich meine Fahrt fort. Wohlweislich hielt ich aber immer ein Auge abwechslungsweise geschlossen. Ich wollte verhindern, dass meine Augen wieder gleichzeitig durch Staub und Pollen gereizt würden. Ich werde wohl in solchen Zeiten nicht mehr ohne meine Augentropfen durch die Natur fahren können.
Da ich mich wegen dem Malheur sputen musste, um das Schiff zu erreichen und die Trotteurs von Schulreisenden verstopft waren, nahm ich kurzerhand die Strasse. Die Bemerkungen wie, geil, so gemein, welche die müden Kindern äusserten, als ich an ihnen vorbeifuhr, nahm ich lächelnd zur Kenntnis. Jetzt hatte ich mal einen Vorteil. Die Schifffahrt konnte ich dann so richtig geniessen. Auch die Heimreise über einen Teil des "Weg der Schweiz" war wieder wunderschön.
Morgen soll es ja wieder so schön sein. Wahrscheinlich werde ich mit der Seilbahn in die Höhe fahren und durch den Waldweg ins Tal brausen. Mal schauen.
29. Es ist wieder ein traumhaft schöner Tag. Ein leichter Luftzug dringt durch das Kippfenster in mein Zimmer und streicht mir den Duft des Sommers um die Nase. Ich mache einen tiefen Atemzug. Lasse den Sommer tief in mich einströmen. Meine Seele, mein Herz zerspringen fast ab diesem wunderbaren Gefühl.
Ich freue mich auf den Nachmittag. Bei meiner Ausfahrt werde ich mein Augenmerk besonders den Wildblumen und Halmen widmen. Ich will diese Wildblumenwiesen fest in mir verankern. Ab dem 1.Juli ist den Bauern gestattet ihre Ausgleichsflächen mit den Ökowiesen zu mähen. Also, wer die vielfallt der Wildblumenwiesen noch bewundern möchte muss sich sputen, oder höhere Lagen aufsuchen. Ich muss nun gehen/fahren. Der Sommer ruft.
20.00 Uhr - Bei den heutigen heissen Temperaturen die Höhe aufzusuchen, war genau die richtige Entscheidung. Nach dem Mittag fuhr ich mit dem Rolli in die Nachbargemeinde Schattdorf zur Talstation Haldi. Zusammen mit zwei Downhill-Fahrern fuhr ich mit der Luftseilbahn auf 1080 m.ü.M. Oben angekommen nahm ich nochmals ein paar Höhenmeter mehr unter die Räder. Ich wollte unbedingt bei der Kapelle die wunderschöne Rundumsicht geniessen. Danach machte ich mich auf dem Asphaltierten Weg Richtung Tal auf. Ich fuhr an vielen Heimetli (Höfe) vorbei. Die meisten waren gerade dabei, ihre Wiesen in Hanglage zu heuen. Auf einer Wiese standen gleich 12 Personen auf einer Linie, um gemeinsam das Heu nach unten zu rechen. Obwohl viele Wiesen geschnitten waren, hatte es noch genügend Wildblumen zu Bewundern. Auberginefarbene Akelei, blaue Glockenblumen, weisse Margriten und noch viele mehr, von denen ich den Namen nicht kenne, schmückten den Wegesrand. Das Schöne an dieser Strecke ist die Abwechslung von offenem Gelände und dem schatten spendenden Mischwald. Mal riecht es nach frischem Heu, mal nach Baumharz und wie heute, nach reifen Lindenblüten. Ich liebe diesen Duft. Die Luft fühlt sich gesund an. Das genügend Feuchtigkeit im Boden und somit auch in der Luft ist, beweisen die Farne, welche in Vielzahl in der Nähe der vielen Bergbäche wachsen. Beeindruckend ist auch die Stille, die mich jeweils auf diesem Weg begleitet. Mir gefällt diese Rollistrecke sehr. Auch wenn mich plötzlich auftretendes Blätterrauschen, oder der Schrei eines Vogels ganz schön erschrecken können. Da ich die Fahrt geniessen wollte, legte ich den langsameren Modus ein. Bis zum Talboden benötigte ich deshalb etwa 1.30 Std. Es wird sicher nicht lange dauern, bis man mich auf dieser Strecke wieder antrifft.
30. Meine HP weisst mittlerweile ein rechtes Volumen an Texten und Bildern auf. Dies erfordert eine grosse Speicherkapazität. Damit ich nicht plötzlich vor der Wahl stehe, welche Seite ich nun löschen soll, um Kapazitäten zu schaffen, habe ich mich dazu entschlossen, die Talkseite zu schliessen. Es besteht aber jederzeit die Möglichkeit, mit mir über die Kontaktseite zu talken. Ich würde mich sehr darüber freuen. Ich liebe eure Beiträge.
JULI
3. Der Monat ist schon 3 Tage alt und ich habe bisher noch nichts geschrieben. Ja mit was soll ich denn anfangen? Mit den hausbesetzenden Vögeln oder den verfressenen Vögeln. Ich beginne einfach mal.
Als unser Sohn im Frühjahr von Canada retour kam wollte er eigentlich bei sich zu Hause mit dem Umbau des Gäste-WC beginnen. Dies musste er jedoch auf mein Geheiss hin verschieben. Ich beobachtete nämlich eines Tages von unserem Balkon aus, wie Gartenrotschwänzchen durch das ausgediente Tumplerabluftgitter in den besagten Raum flogen. Als Peter nachschaute, fand er tatsächlich im Hohlraum des Mauerwerkes ein Nest mit Jungvögeln. Also muss der Umbau eben im Herbst stattfinden. Für mich war es natürlich sehr Interessent zu beobachten, wie die Vogeleltern fortwährend Nahrung für die Kleinen herbei schafften.
Das mit den gefrässigen Vögeln ist folgendermassen. Wir haben vor Jahren einen Kirschbaum neben dem Haus gesetzt. Seit drei Jahren ist der Ertrag der Früchte so gross, dass es neben dem Mundverzehr auch noch für Wähen und für das Herstellen von Piets feiner Kirschenkonfitüre reichte. Da wir nicht gerne die weissen Maden von der Kirschfruchtfliege in den Kirschen mögen, brachten wir im Frühling extra die Gelbfallen am Baum. Damit hatten wir bisher gute Erfolge. Dieses Wochenende wollten wir eigentlich ernten. Doch ausser einige Kirschen für den Mund ist uns nichts geblieben. Scharen von Vögeln sind über den gehegten und gepflegten Kirschbaum hergefallen und haben unsere Ernte zu Nichte gemacht. Schade um die süssen, dunklen Früchte.
Während ich diesen Tagebuch-Eintrag verfasst habe, erhielt ich ein Mail von einer meiner ALS-Betroffenen Freundin, dass schon wieder eine unserer Freundinnen den Kampf gegen die ALS verloren hat.
Silvia ich wünsche dir eine wunderschöne Reise. Wir werden dich nicht vergessen. Wir sehen uns.
5. Auf vielseitigen Wunsch, auch von passiven Lesern, habe ich den Monats-Talk wiedereröffnet. Irgendwie gehört diese Seite auf meine HP und ich habe eure Beiträge so vermisst. Das mit dem Speicher konnte ich anderweitig lösen. Also haltet euch nicht zurück. Vielleicht werden ja aus passiven Lesern, aktive Schreiber. Wir Talker würden uns freuen.
22.00 Uhr: Momentan muss ich meine Rollitouren auf die nähere Umgebung beschränken. Die Wolken, welche in diesen Tagen am Nachmittag aufziehen und sich urplötzlich mit Starkregen über uns entleeren, lassen keine grossen Touren zu. Aber nichts desto trotz, darf ich wunderschöne Dinge erleben.
Gestern begab ich mich auf einen Besuch zu meinen Eltern und zu meinem Bruder auf den Bauernhof. Als ich dort anrolle werde ich wie immer vom Hofhund Rino stürmisch begrüsst. Doch heute sieht der Berner Sennenhund irgendwie anders aus. Statt dichtem, langem Haar trägt er nun ein Fell wie ein Schaf. Meine Schwägerin ist den Haaren wohl mit der Schere zu Leibe gerückt? Als Rino mich mit seinem treuen Blick anschaut, kommt er mir vor wie mein alter Teddybär und ich würde ihn am liebsten in die Arme schliessen.
Kurz darauf treffe ich auf Ralf, einer meiner Neffen. Er erzählt mir, dass eine Kuh soeben im Freien gekalbt habe und er mit dem Vater zusammen die Kuh und das Kalb nun in den Stall gebracht haben. Das musste ich natürlich sehen. Und was ich sah war wunderschön. Eine Mutter die ihr Kind voller Hingabe, säubert und trocken schleckt. Obwohl es ihr erstes Kalb ist, weiss sie ganz genau was zu tun ist. Als ihr Mädchen versucht aufzustehen und wieder hinfällt, weicht sie mit ihren Beinen geschickt aus um es ja nicht zu verletzen. Das hat sie prima gemacht. Da schmeckte das Urnerkaffee, welches wir danach zu uns nahmen, doppelt so gut. Als wir so beisammen sassen wurden wir von Fliegen belästigt. Auch die Kühe im Stall hatten keine Ruhe vor ihnen. Die Fliegen bringen Unruhe in den Stall. Wir überlegten uns dann, was für einen Nutzen die Fliegen überhaupt haben.
Zuhause wollte ich es dann genau wissen und habe gegoogelt. Dass die Fliegen Aasfresser sind, hatten wir ja noch herausgefunden. Vergessen haben wir, dass sie ein wichtiges Mitglied in der Nahrungskette sind und ihre Maden auch in der Medizin eingesetzt werden. Also hat jedes Lebewesen seine Berechtigung auch wenn uns einige nicht so sympathisch sind.
13. Das sell Summer si? Äs isch doch zum dävo seklä. Ich mach’s jetzt de wiä dr Schwan und brächä zu anderä Ufer üf.
Diese Woche musste ich zweimal meine Rollitouren abbrechen um nicht Nass zu werden. Einmal habe ich es knapp Zuhause in die Pergola geschafft, bevor es so richtig angefangen hat zu pissen. Ich liebe es eigentlich durch den Regen zu fahren. Doch ich habe niemand der mich danach trocken rubbelt. Und patschnass in der Pergola zu warten bis mein Mann von der Arbeit kommt, ist auch nicht so angenehm. Damit ich in Zukunft selbstständig ins Haus und aus dem Haus fahren kann, ist Piet dabei eine automatische Türöffnung zu installieren. Weiter muss auch die Bedienung des Treppenliftes auf Funksteuerung umgerüstet werden. Auf diese Weise könnte ich dann den Lift über den Joystick des Rollstuhls bedienen. Ob die IV ihr ok dazu gibt, weiss ich noch nicht. Wir müssen erst die Kosten ermitteln. Und ausserdem ist ja noch die Bewilligung meines neuen Rollstuhls bei der IV hängig.
Wie ihr seht, bin ich permanent dabei, meine Hilfsmittel an meine Behinderung anzupassen. Nur so ist es möglich, eine gewisse Selbständigkeit zu erhalten. Dies gibt mir die Möglichkeit Zuhause zu leben und nicht in einem Heim.
Immer am Ball zu bleiben ist Zeitaufwändig und manchmal ganz schön anstrengend. Besonders nervig ist, wenn gewisse Ämter oder Firmen sich ewig Zeit lassen mit einer Antwort oder mit Bewilligungen. Was mich jedoch zur Weissglut treiben kann ist folgendes. Da mein Mann genug um die Ohren hat, versuche ich möglichst vieles selber mit Firmen und der IV abzuklären. Die Korrespondenz führe ich mittels Mail. Ich erwähne auch immer, dass ich nicht telefonieren kann und nur über Mail kommuniziere. Da gibt es jedoch Hilfsmittelanbieter die telefonieren meinem Mann und denken sie können die Sachen mit ihm abhandeln. Da komme ich mir dann so richtig Behindert vor und meiner Selbständigkeit enthoben. Dies bringt mich auf 180.
Mir ist es den Aufwand und den Ärger wert, um wenigstens ein wenig von meiner Selbständigkeit zu behalten. Zwischendurch muss ich mir, wie diese Woche auch, mal eine Auszeit nehmen. Das Wetter war ja sowieso nix. Also kuschele ich mich dann in den Fernsehsessel und lass mich von niemanden stören.
16. Neuer Wie jeden Morgen nach dem Aufwachen ging auch Heute mein erster Blick zum Fenster.um zu sehen, welches Wetter draussen ist. Was ich da sah, lies mich frösteln. Es sah zwar schön aus, die weissen Bergspitzen. Aber he, es ist Mitte Juli. Würde nicht die Spitex vorbei kommen, würde ich gar nicht erst unter der Bettdecke hervor kriechen.
Die Sonne hat sich ja dann doch noch gezeigt. Laut Wetterbericht soll sie nun für länger bleiben. Hoffentlich legen die Temperaturen noch einige Grade zu. Hatte schliesslich schon lange keinen Sonnenbrand mehr.
Da ich den heutigen Tag nicht unnütz verstreichen lassen wollte, habe ich mich kurzerhand entschlossen, meinen mittlerweile silberschimmernden Haaren eine neue Farbe zu verpassen. Die Frisörin hat das wieder gut hin bekommen. Nun kann auch wieder jeder von Oben auf mich herunterschauen ohne dass ich mich unwohl fühlen muss.
Morgen, so hoffe ich, begleitet mich nicht nur die Sonne auf meiner Ausfahrt. Der Duft von frisch gemähtem Gras wird sich ganz sicher zu uns gesellen. Ich freue mich darauf.
21. Ist schon der Herbst ins Land gezogen? Oder wie sonst ist dieses nasskalte Wetter zu erklären. Kaum scheint die Sonne mal ein -zwei Tage, werden wir prompt mit drei Tagen Regen eingedeckt. Unbeständiger geht es kaum noch. Auch jetzt, während ich dies schreibe, hängen x Perlenstränge vom Himmel. Ich kann weder Anfang noch Ende erkennen.
Bei diesem unbeständigen Wetter kann ich bekanntlich nicht nach Draussen. Es musste daher eine Lösung gefunden werden, damit ich trotzdem zu meiner Frischluft komme. Die einfachste Lösung schien uns, unseren Balkon zu überdachen. Das Problem: Unser Balkon ist in die Jahre gekommen und muss daher komplett erneuert werden. Man könnte ihn ja schon so belassen. Nur bestünde dann die Gefahr, dass ich plötzlich einen Stock tiefer unten sitzen würde. Dann hätte ich aber mit bestimmter Gewissheit keine gute Aussicht mehr.
Da ich sehr gerne plane, habe ich mich auch gleich an die Arbeit gemacht. Schlussendlich hatte ich fünf Varianten beisammen, wie unser neuer Balkon aussehen könnte. Zur Entlastung meines Mannes, hat sich unser Junior anerboten, die Offerten einzuholen. Da wir uns ein Kostenlimit gesetzt haben, musste ich mittlerweile bereits drei meiner Varianten verwerfen. Mein Traum-Balkon schrumpft immer mehr. Aber eh, was soll’s. Lieber einen kleineren Balkon als gar keinen. Bin gespannt, ob die beiden anderen Varianten ins Budget passen.
Da so ein Balkon nicht von heute auf Morgen realisierbar ist und die Auftragsbücher in der Baubranche gut gefüllt sind, wird es Frühling werden mit meinem neuen gedeckten Balkon. Ich würde mich riesig freuen, wenn es klappen würde.
Aber erst einmal soll der Sommer seine Arbeit tun und uns mit viel Sonnenschein und Wärme beglücken.
An solch unbeständigen Tagen ist es gut zu wissen, wo man sich bei Regen oder bei zu starker Sonne unterstellen kann. Der neue Aussichtsturm am See tut’s auch. Wenn ich schon nicht rauf kann, so stell ich mich wenigstens darunter.
23. Judihui, die Sonne ist wieder da. Wie habe ich sie vermisst. Ich fühle mich gleich viel besser, wenn die Sonne ihre warmen Strahlen auch zu mir herunterschickt. Endlich könnte ich mal wieder so richtig sonnenbaden. Zwei rote Bäckchen und ein roter Nasenspitz sind das Ergebnis davon. Ich kann nur sagen, weiter so. Das ist Sommer. Die Tiere auf den Alpen sind sicher auch froh, wenn die Temperaturen wieder aufwärts gehen. Auf die täglichen Duscheinlagen könnten sie auch bald verzichten. Also schicken wir doch einen Gruss in die Berge.
26. Momentan kann ich über das Wetter nur in lobenden Worten schreiben. Schon früh am Morgen blinzelt sie keck zwischen den Bergen hervor. Je weiter sie hochsteigt, desto weiter reichen ihre Strahlen. Da mein Bett gegen Osten ausgerichtet ist, leuchtet mir die Sonne direkt auf die Beine. Die Spitex meinte heute, ich müsse ja direkt aufpassen, dass ich mir nicht schon im Bett einen Sonnenbrand einfangen würde. Ob es wohl sinnvoll wäre, die Sonnencreme bereits am Abend aufzutragen? Ich kann nur sagen: Ich liebe dich, du wunderschönes Sommerwetter.
Bei solchen Tagen bin ich natürlich wieder on Tour. Heute absolvierte ich einen Teil der Strecke mit dem Schiff. Ich fuhr zuerst mit dem Rolli über den Reussdamm nach Flüelen zur Schiffsstation. Das Dampfschiff „Stadt Luzern“ brachte mich dann nach Bauen. Von dort fuhr ich auf dem Weg der Schweiz, der am See entlang führt, wieder nach Hause. Und weil es grad so schön zum Tag passte, kehrte ich noch schnell bei der Dorfbäckerei ein und holte für meinen Mann und mich zwei süsse, mit Vanille unterlegte und mit Zuckerguss überzogene Fruchtschnitten. He, nicht sabbern. Die Bäckerei hat noch mehr davon. Zu zweit liessen wir uns dann den Kuchen mit Kaffee schmecken.
Nun muss ich aber bald an den Fernseher und SF1 einschalten. Heute, um 20.05 Uhr im Donnschtig-Jass spielt unsere Gemeinde gegen die Gemeinde Seelisberg. In der Gemeinde, welche als Sieger hervorgeht, findet der nächste Donnschtig-Jass statt. Übrigens, der Telefonjasser ist eben der Bäcker mit den feinen Früchtekuchen.
Also Daumen drücken für Attinghausen. Gäbe sicher ein gelungenes Dorffest.
28. So, nichts mehr mit Sonnenbrand. Seit gestern Abend weint sich der Himmel das ganze Elend aus den Wolken. An mir kann es ja kaum liegen. Eher an der IV. Ich warte leider, nach über einem halben Jahr nach der Einführung des Assistenzbeitrages, noch immer auf mein Stundenbudget. Vielleicht denken die zuständigen Personen, sie bräuchten nur lange genug zu warten, dann bräuchte ich es nicht mehr. Da haben sie die Rechnung aber ohne mich gemacht. So lange ich noch eine Stimme und einen Funken Kraft in mir habe, werde ich nicht aufgeben.
Apropos Rollstuhl: Bisher hatte ich ja zwei Rollstühle. Einen kleinen für Innen wegen den engen Platzverhältnissen und einen grossen und stärkeren für Draussen. Den brauche ich einfach, um unsere Berg- und Talstrassen bewältigen zu können. Da ich nun nach 8 Jahren den Innenrollstuhl ersetzen muss und ich mir im Klaren war, wenn der Aussenrollstuhl (ebenfalls 8 Jahre) mal den Geist aufgibt, die IV diesen nicht auch noch ersetzt wird musste ich einen Kompromiss eingehen. Der neue Rolli braucht im Haus ein wenig mehr Platz zum Manövrieren. Dafür kann ich diesen auch im Freien fahren. Ich kann zwar nicht so gebirgige und weite Touren unternehmen. Aber hierfür habe ich ja noch den alten Aussenrollstuhl. Da hatte ich die Rechnung jedoch ohne die IV gemacht. Diese Woche bekam ich den Bescheid von der IV, dass der neue Rollstuhl bewilligt wird. Gleichzeitig wurde ich aufgefordert, meinen Aussenrollstuhl zurück zu geben. Die Begründung lautete: Ich hätte gar nie das Anrecht auf zwei Rollstühle gehabt. Die IV darf leider keine Rücksicht auf die Gegebenheiten des Umfelds nehmen. Durch die Sparmassnahmen, welche das Volk von der IV verlangt hat, ist es ein stetiger Kampf um jedes Hilfsmittel.
Würden die Strassen, Trottoire und Wege behinderten freundlicher angelegt, bräuchten wir auch nicht solche Rollboliden. Aber es muss eben allen Orten gespart werden. Letzthin konnte ich doch meinen geliebten Hochweg wegen einer defekten Holzregenrinne nicht mehr befahren. Ich habe bei der Gemeinde nachgefragt, wer für den Unterhalt dieses Weges zuständig sei. Nachdem ich mein Anliegen bei der betreffenden Stelle deponiert hatte, wurde mir mitgeteilt, dass die Wegsanierung für 2013 geplant sei. Sie würden jedoch schauen, dass sie im Herbst wenigstens die defekte Rille reparieren könnten. Das zur Verfügung stehende Budget sei eben gering.
Als ich diese Woche einen Teil vom Weg der Schweiz befuhr, fielen mir ebenfalls einige Schadstellen auf die dringend ausgebessert werden müssten. Ich frage mich langsam, ob solche Wege überhaupt kontrolliert werden. Ich finde es schade, diese wunderschönen Wege verlottern zu lassen.
AUGUST
7. Endlich mal wieder ein Tag, an dem ich ohne an Regen denken zu müssen nach Draussen kann. Ich freute mich so, dass ich trotz Bedenken der Spitex, bereits am Morgen kurze Hosen montieren lies. Im Nachhinein muss ich einsehen, dass lange Hosen nicht nur meine Orangenhaut verdeckt hätten, sie hätten mich auch vor einer Hühnerhaut bewahrt.
In den Geschäften, die ich heute zuerst abklappern musste, war es schön warm. Als ich danach noch eine Runde zum See drehte, blies mir ein kühler Wind um die Nase. Ich bemerkte erst zu Hause, dass ich mir an den Beinen mal wieder einen Sonnenbrand eingehandelt habe. Zum Glück gibt es kühlendes Apre Sole.
Ich war froh, endlich mal aus dem Haus zu kommen. Ich war die letzten zwei - drei Wochen sehr beschäftigt. Ich hatte Termine mit dem Lieferanten des Treppenliftes, mit Activcommunication und der IV, betreffs der Infrarotsteuerung des Treppenlifts über den Joystick der Rollstuhlsteuerung.
Dann wurde ich noch von zwei Frauen, welche die Ausbildung zur FAGE machen, um ein Interview gebeten. Für ihre Vertiefungsarbeit haben sie das Thema ALS gewählt. Dabei habe ich sie natürlich gerne unterstützt.
Als mir mein Mann dann noch vor zwei Wochen endlich das definitive Datum seiner Sommerferien mitteilte, musste ich mich so schnell wie möglich an die Planung unseres Sommerurlaubes machen. Ich habe die Reiseroute mit Google-Map geplant, Behindertengerechte Hotels auf der Route gebucht, Packliste erstellt und noch Nötiges organisiert. Wenn es losgeht, braucht Piet nur noch die Koffer zu packen. Ich freue mich sehr auf die Ferien mit meinem Mann. Ich muss nicht mehr lange warten.
8. Ist euch auch schon ähnliches widerfahren wie mir Gestern. Auf dem Bett liegend, warte ich auf die Physiotherapeutin. Plötzlich erfasst mich ein ungeheuerliches Glücksgefühl. Es kommt mir vor, als hätte ein Windstoss all meine Anspannung und all den Stress von den letzten Wochen weggeblasen. Das ganze Zimmer strahlte Ruhe und Leichtigkeit aus und erfüllte mich mit Freude und Gelassenheit. Ein herrliches Gefühl.
Am Montag musste ich mich wieder der all dreimonatlich stattfindenden Zahnreinigung unterziehen. Den Würgereiz habe ich immer noch nicht im Griff. Sobald ein Instrument meine Zunge im Gaumenbereich berührt, löst das sofort einen Würgereflex aus. Dann heisst es einen Moment warten, bis ich den Würgereflex wieder unter Kontrolle habe. Unangenehm ist es, wenn die körnige Paste, welche zur Reinigung verwendet wird, in den Rachen läuft. Zuerst wird mal ne Runde gehustet. Dann versuche ich, die inzwischen schaumig gewordene Paste irgendwie loszuwerden. Spülen gelingt bei mir nur bedingt. Doch irgendwie schaffen wir es dann doch. Da ich immer die gleiche Dentalhygienikerin habe, weiss sie inzwischen auf was sie bei mir achten muss und so geht es einigermassen. Trotzdem bin ich froh, dass ich nach einer halben Stunde den Zahnarztstuhl gegen den Rollstuhl tauschen darf und mit einem strahlenden Lachen die Praxis verlassen kann.
Gestern Nachmittag war ich noch unterwegs um wichtige Besorgungen zu machen. Doch Heute mache ich einen Rolliausflug nur für mich. Natur ich komme.
9. Ich weiss nicht wie dieser Heugümper genau heisst. Ich habe ihn Grünling getauft. Er hat mich schon mehrmals im Garten besucht. Er bleibt jeweils für zwei- drei Tage und verschwindet dann wieder. Ich denke, er verwechselt meine grüne Wandfarbe mit einem Stück Rasen.
Gestern, kurz nach dem Mittag, habe ich auf den Aussenrolli umgesattelt und bin zu meinem Geniesser-Ausflug gestartet. Ich wollte, dass all meine Sinne etwas mitbekommen. Ich wählte eine Strecke, auf denen ich kaum mit Autos, Velos oder Fussgängern zusammen traf. Ich habe die Stille und die Einsamkeit gesucht. Um dies zu finden, musste ich zuerst ein paar Höhenmeter erklimmen. Dann fing das Geniessen an. Meine Nase wurde mit vielen Düften konfrontiert. Je nach dem, an was ich gerade vorbei fuhr, duftete es unterschiedlich. Manche Düfte konnte ich zuordnen, andere wiederum nicht. Meine Ohren nahmen die Blätter an den Bäumen war, welche von einem Windstoss zum Rascheln veranlasst wurden. Ab und zu wurde die Stille durch ein plätscherndes Bergbächlein unterbrochen. Wie gerne hätte ich dieses kühlende Nass in meinem Mund geschmeckt und es durch meine Kehle runterlaufen lassen. Eidechsen, Schmetterlinge und Vögel haben meinen Weg gekreuzt. Auch meine Augen kamen nicht zu kurz. Die Farbenpracht der Wildblumen, Pflanzen, Bäume und der Berghänge ist eine Augenweide. Mir tun diese Ausflüge so gut. Für mich ist ein Aufenthalt in der Natur die beste Medizin. Glücklich und Frei machte ich mich dann wieder auf den Heimweg.
10. Ich erfreue mich nicht nur an der heimischen Fauna und Flora. Mir gefällt auch das Exotische. Gino und Sissi, die beiden Bartagamen stehen gerade auf meinen Oberschenkeln. Sie wohnen in einem grossen Terrarium bei meiner Physiotherapeutin. Manchmal, wenn neugierige Besucher kommen, dürfen sie um sich gegenseitig kennenzulernen, das Terrarium verlassen. Oder sie legen sich, alle Viere von sich gestreckt, im Wintergarten auf den Boden und gönnen sich ein Sonnenbad. Trotz ihrem stacheligen Aussehen, fühlen sie sich weich und warm an. Diese zwei Echsen würde ich gerne mal auf einen meiner Ausflüge in die Natur mitnehmen.
20.00 Uhr: In meiner Familie scheint das Reisefieber ausgebrochen zu sein. Gleich fünf von unserer Sippe touren momentan irgendwo durch Canada. Und das nicht etwa miteinander. Durch Beiträge im FB bekommt man etwa mit, was sie gerade machen. So hat sich z.B. mein Neffe Heinz mit seinen Reisegefährten zu waschechten Cowboys umstylen lassen. Roman sein Bruder, posiert voller Stolz vor einem riesigen Dodge. Mit diesem Gefährt wird er die nächsten vier Wochen Canada erkunden. Meine Schwester Doris ist mit ihrem Mann ebenfalls drüben. Sicher wird sie auf ihrer Route ihre Gastfamilie besuchen, bei der sie lange Zeit als Nanny gearbeitet hat. Und diese Woche hat mir meine Nichte Andrea einen Gruss von den Niagarafällen geschickt.
Da scheint mir unsere Urlaubsreise, welche uns durch Deutschland, Österreich und Italien führt, ein Klacks auf der Weltkarte zu sein. Und trotzdem freue ich mich umär darauf. Den ersten Halt werden wir am Chiemsee einlegen. Dann geht es weiter nach Linz. Dort haben wir ein Zimmer mit Blick auf den Dom. Die weitere Reise führt uns an die längste Einkaufsmeile von Wien. Die nächste Station ist der Wörthersee und der Fakkersee, wo jeweils im September ein grosses Harley-Treffen stattfindet. Und weil er gerade so schön auf der Strecke liegt, besuchen wir noch den Gardasee mit der wunderschönen Altstadt in Bardolino.
Aber zuerst haben wir Morgen das Treschen-Familientreffen von Seitens meines Mannes. Es wird bestimmt wunderschön sein, die ganze Meute mal wieder beisammen zu sehen. Ich liebe solche ungezwungenen Treffen. Ob ich noch alle mit Namen kenne? Wir werden sehen.
Hätte es fast vergessen. Mein Neffe Sven ist auf einer Töfflitour irgendwo in der Schweiz. Ja, ja, früh übt, wer einmal ein echter Harley-Biker werden will. Das T-Shirt trägt er jedenfalls schon.
12. Jetzt hat‘s mir gewaltig den Schweiss aus den Poren gebracht. Nicht etwa wegen der Sonne. Ich habe soeben das MTB Rennen bei Olympia mitverfolgt. Nino Schurter, der 26 jährige Bündner hatte die Favoritenrolle inne. Ich gratuliere zu diesem fantastischen Rennen und zur Silbermedaille im Mountainbike.
Für das gestrige Familien-Treffen hätte das Wetter nicht schöner sein können. Auch der Grillplatz mit dem Küchenhäuschen, dem Döggelikasten, den WC-Anlagen und dem grossen Kinderspielplatz war ideal. Ich liebe solche Feste, bei denen alle mal wieder zusammen kommen. In Gesprächen untereinander wird man dann wieder auf den aktuellen Familien-Stand gebracht. Das Essen und Trinken kam natürlich auch nicht zu kurz. Unter Anleitung von Grillmeister Sämi wurde Draussen auf dem Grill z.T. dreistöckig gegrillt. Und über dem Feuer, in einem grossen Chessi wurde der allseits beliebte „Walti-Risotto“ gekocht. Wir liessen es uns so richtig gutgehen. Später wurden noch selbstgebackene Kuchen und die heissgeliebten Urner Zigerkrapfen aufgetischt. Natürlich durfte da ein Kaffee mit „Gügs“ nicht fehlen. Es war ein wunderschönes Fest, welches Elias, ein Neffe meines Mannes, mit seiner Familie organisiert hat. Dankeschön euch Dreien. Ich bin dann gespannt, ob alle Anwesenden auf einem einzigen Bild Platz gefunden haben. Vielleicht darf ich dann eines veröffentlichen.
Nun jährt es sich wieder. Im August vor elf Jahren erhielt ich nach einer halbjährigen Untersuchungszeit meine Krankheitsdiagnose ALS. Ich hatte damals sicher nicht erwartet, dass es mir im 2012 immer noch so gut geht. Dass ich mit meinem Mann immer noch zu solch abenteuerlichen Ferien aufbrechen kann. Bald werden die Koffer gepackt und wir können mit Ferien ins zwölfte ALS –Jahr starten. Gibt es was Schöneres?
21.Wir sind retour von den Ferien. Es war traumhaft. Bevor ich euch von unseren Ferien berichten kann, muss ich mich zuerst Zuhause wieder einsortieren.
22. Ich würde ja gerne etwas über die Ferien schreiben. Doch es ist trotz laufendem Ventilator sehr warm vor dem PC. Mir kommt es vor, als hätten sich meine Schweissperlen zu einem Rennen verabredet. Jede Perle versucht so schnell wie möglich aus der Pore zu schlüpfen und so schnell als möglich an einem Körperteil herunter zu kugeln. Sehr witzig! Meine Arme scheinen mit der Mausmatte verklebt zu sein. So macht schreiben keinen Spass. Trotzdem bin ich natürlich glücklich über diese schönen Sommertage.
23. Bei der Planung unserer Ferien legte ich mein Augenmerk auf schöne Landschaften mit schönen Gewässern und sehenswerten Ortschaften. Mehrheitlich sind unsere Erwartungen erfüllt worden. Wir durften durch grüne Landschaften und Wälder fahren. An Steilhängen und in der Ebene gab es Apfel- und Traubenplantaschen. Sogar Olivenbäume zeigten sich manchen Orts. Grosse Felder an Mais, Korn, und Gemüse wuchsen links und rechts der Strassen. Zu erwähnen sind die vielen Blütensträucher und auch die Blumen, welche den Wegesrand oder die Balkone der Häuser zieren. Es war eine Wohltat, bei der vorherrschenden Hitze, in die Berge zu fahren oder an einem Gewässer entlang fahren zu können. Einmal durften wir bei 40° im Stau stehen. Waren wir froh, um die gute Klimaanlage im Auto.
Wenn wir Unterwegs sind, bevorzugen wir ortstypisches Lebensmittel. So assen wir am Chiemsee Käsespätzle, Knödel und Schweinebraten und in Linz die originale Linzer Torte. In Wien sollte es ein Wienerschnitzel sein. Leider wurde es ein Besuch bei MC Donald. Wir haben schlichtweg kein passendes Restaurant gefunden. Man sollte die grösste Einkaufsmeile von Wien eben nicht an einem Feiertag besuchen. Alles geschlossen. Am Wörthersee gab es Salat mit Kürbiskernöl und am Gardasee liessen wir uns Pizza und Pasta schmecken. Ein Gelati zum Abschluss durfte natürlich nicht fehlen.
Da ich alle Hotels vorausgebucht hatte, konnten wir die Tage, welche voller interessanter Eindrücke waren, ohne stressige Hotelsuche ausklingen lassen. Es waren nicht alle Hotels zu 100% rollstuhlgerecht. Da ich dies jedoch zum vornherein wusste und ich sowieso mit dem Handrollstuhl unterwegs war, ging alles sehr gut.
Wenn ich bei diesen Ferien ein positives und negatives Detail herausheben möchte, dann wäre dies zum einen das Hotelzimmer mit dem vorbildlichen, behindertengerechten Badezimmer in Linz. Negativ ist uns Wien mit ihrer schmutzigen Einkaufsmeile aufgefallen.
Es waren erlebnisreiche Ferien mit vielen neuen Eindrücken, welche wir nach Hause nehmen durften.
24. Heute Mittag hat das Telefon geklingelt und Piet hat abgenommen. Ich habe aus dem Gespräch mitbekommen, dass ein Termin abgemacht wurde. Nach dem Telefonat teilte mir mein Mann mit, dass mein neuer Rollstuhl am Montag geliefert wird. Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mich darüber freue. Das heisst aber auch, Abschied von meinem alten treuen Begleiter zu nehmen, welcher über acht Jahre die meisten Funktionen meiner Beine übernommen hat. Ich gönne ihm jedoch den Rolli Ruhestand.
Diese Woche hat mir die IV auch die Anpassung der Treppensteuerung bewilligt. Dies gibt mir die Möglichkeit, den Treppenlift wieder selber zu bedienen. Damit werde ich wieder ein bisschen selbständiger und mobiler.
Nun müsste mir die IV nur noch mein Assistentenbudget bekannt geben, auf welches ich schon seit über acht Monate warte. In der Privatwirtschaft hätte die IV mit ihrer langen Entscheidungsfrist, keine Überlebenschance.
Einige denken vielleicht, ich müsste doch zufrieden sein, bei dieser Menge an Hilfsmitteln, welche von der IV bereits übernommen wurden. Doch es gibt viele krankheitsbedingte Auslagen, welche weder von der IV noch von der Krankenkasse abgedeckt werden. So schneit mir z.B. jeden Monat die Spitex-Rechnung mit einem Selbstbehalt von über Fr. 700.- ins Haus. Diese beinhaltet 5 Std. Pflege und 3 1/2 Std. Putzarbeiten die Woche. Wenn man wie ich keiner Beschäftigung mehr nachgehen kann, hat man auch kein Anrecht auf einen automatischen Türöffner. Wahrscheinlich ist man der Ansicht, wer nicht arbeitet, braucht das Haus auch nicht zu verlassen. Wer dies trotzdem möchte, muss sich diesen Luxus von ca. Fr. 5000.-- selber finanzieren.
Das soll kein Jammern sein. Mir geht es, im Gegensatz zu vielen andern Betroffenen, gut. Darum kann ich mit meinem Mann auch so tolle Ferien unternehmen. Es soll nur aufzeigen, dass dann doch nicht alles übernommen wird und wir unseren Teil schon entrichten.
Jetzt freue ich mich erst mal an dem, was mir Bewilligt wurde. Judihui und Heirassa.
27. Jetzt ist er da, mein nagelneuer Stuhl. Er wurde exakt auf meine behindertenbedingten Bedürfnisse abgestimmt. So sind z.B. in der Kopfstütze Schalter integriert. Diese ermöglichen mir mit dem Kopf den Rolli ein- und auszuschalten und ins Menü zu wechseln, um Änderungen an der Sitzposition vorzunehmen. Ausserdem gewährt mir der bequeme Sitz ein gesundes Sitzen. Dies ist sehr wichtig, sitze ich doch täglich an die 12 Stunden darin. Ich habe sogar einen Bauchgurt verpasst bekommen, damit ich bei meinen rasanten Abfahrten ja nicht aus dem Stuhl purzle.
Was mir an meinem Permobil c350 sehr gut gefällt, ist seine Farbe. Da ich diese selber bestimmen durfte, entschied ich mich für ein tiefgründiges Blau. Ich wurde beim Eruieren des neuen Rollstuhls sehr gut durch Toni von der Firma Gloor Reab und von Erich von der Firma Permobil beraten. Beteiligt war auch Herr Baumann von der Sahb. Er hat den Rollstuhl bei der IV durchgeboxt. Dankeschön euch Dreien. Besonders danken möchte ich auch all denjenigen, welche täglich zur Arbeit gehen und ihren Anteil an unsere Sozialwerke entrichten. Dank euch muss ich nicht auf meine benötigten Hilfsmittel verzichten. Ein herzliches Vergeltsgott.
Ich freue mich, dass ich nun meinen neuen Rollstuhl habe und hoffe, er bleibt mir auch so lange treu wie mein Alter.
Fleetwood Mac - Go Your Own Way
31. Diese Woche sass ich viel am PC und habe unerledigte Sachen abgearbeitet. So musste ich z.B. die Liste unserer Lebensmittelvorräte aktualisieren. Hätte ich immer alle verbrauchten Lebensmittel ausgetragen, wäre mir diese Arbeit erspart geblieben. Man könnte sagen, das System ist gut, doch die Anwendung ist verbesserungswürdig. Dann habe ich nochmals die IV Betreffs Assistenzbudget angeschrieben. Ich hoffe, dass mir nun nächste Woche das Stundenbudget bekannt gegeben wird. Um unsere Ferien abschliessen zu können, habe ich über alle fünf besuchten Hotels eine Hotelbewertung abgegeben. Gleichzeitig habe ich die Hotels persönlich angeschrieben, um meine Verbesserungsvorschläge betreffs der behindertengerechten Zimmer / Bäder anzubringen. Ich hoffe, ich kann damit einen Beitrag leisten, um das Reisen für Menschen mit Behinderung einfacher zu machen.
Durch das lange Sitzen, konnte ich gleich meinen neuen Rolli auf seine Bequemlichkeit testen. Da sich meine Gesäss- und Beinmuskeln zuerst an die neue Sitz-Form gewöhnen müssen, verspüre ich heute doch einen leichten Muskelkater. Dieses ziehen in den Muskel freut mich natürlich. Es lässt mich spüren, dass noch Muskeln vorhanden sind. Da steckt noch einiges an Power drin.
Leider lud das Wetter diese Woche nicht zu Rolli-Ausflügen ein. Doch nach all den vergangenen heissen Tagen, braucht die Natur diesen Regen. Und der Schnee, welcher seit heute Morgen die Bergspitzen ziert, wird nächste Woche durch die Wärme der Sonne rasch schmelzen. Ein Hoch auf das schöne Augustwetter.
SEPTEMBER
6. Ganz langsam und leise bist du aufgetaucht. Trotzdem bemerke ich dich sofort. Ich kann meinen Blick nicht von dir abwenden. Obwohl du leichte Schlagseite hast, siehst du heute besonders schön aus. Dein bernsteinfarbiges Leuchten verleiht dem Nachthimmel einen warmen Ton. Ich liege im Bett und schaue zu, wie du dich langsam vorwärtsbewegst. Irgendwann entziehst du dich meinem Blickfeld und ziehst weiter. Lieber Mond, ich freue mich schon auf deinen nächsten Besuch. Du warst wunderbar. Ich denke, der Herbst entwickelt sich zu einem wunderschönen Indian Summer.
7. Diese Woche sind die Tage nur so zerronnen. Ich bin kaum mehr zum Tagebuchschreiben gekommen. Also hier ein kleiner Wochenrückblick. Am vergangenen Samstag machten wir uns auf den Weg in den Thurgau. Wir waren zu einem Hochzeitfest aus der Familie meines Mannes eingeladen. Piet ist ausserdem der Götti (Pate) der Braut. Als wir beim Festlokal vorfuhren regnete es wie aus Eimern. Damit wir mit dem Rollstuhl nicht patschnass wurden, wurde kurzerhand ein grosser Sonnenschirm als Regenschirm zweckentfremdet. Kurz darauf sassen wir auch schon im trockenen und konnten den Festivitäten beiwohnen. Das Brautpaar erschien im Old-Western-Style Outfit. Die Beiden sahen darin fantastisch gut aus. Paste natürlich hervorragend zum „Bäsäbeiz“ Ambiente. Das Fest war super organisiert und urgemütlich. Die Darbietungen und die durchgeführten Spiele strapazierten unsere Lachmuskeln gewaltig. Eine Ländlerkapelle sorgte für musikalische Unterhaltung und veranlasste einige Personen das Tanzbein zu schwingen.
Durch das Üben am Fest, konnten die Hochzeitsgäste den nachfolgenden Song und den dazugehörigen Tanz fast perfekt nachahmen. Ich muss schon sagen; der Hüftschwung von einigen Tänzern war nicht zu verachten. Irgendwann mussten wir uns dann doch von der Festgemeinde loseisen und die Heimfahrt antreten. Als wir um 2.00 Uhr bei sternenklarer Nacht zu Hause ankamen, war ich dann doch reif fürs Bett.
Am Montag und Dienstag widmete ich mich wieder meinem Assistenzbudget. Mir waren die budgetierten Stunden, welche mir die IV vorige Woche mitteilte, nicht nachvollziehbar. Also habe ich alle von mir benötigten Assistenzstunden nochmals aufgelistet und neu durchgerechnet. Und am Mittwochabend fuhren Piet und ich nach Olten und nahmen nochmals an einer Infoveranstaltung zum Assistenzbudget teil. Ich denke, nun habe ich eine gute Basis, meine Stunden zu begründen. Für die IV ist dieses Modell auch Neuland und es bleibt uns nichts anderes übrig als zusammenzuarbeiten und die noch vorhandenen Baustellen gemeinsam zu lösen.
Diese Woche fingen auch meine Physiostunden wieder an.
Irgendwie hat mich das alles ganz schön gerädert und ich musste zwei- dreimal ein Mittagsschläfchen einlegen.
Aber heute lies ich es mir nicht nehmen und unternahm mit meinem neuen Rolli einen Ausflug zum See. Herrlich, einfach nur herrlich.
09. In den vergangenen Tagen wurde der Sommer nochmals so richtig aktiv. Um zu zeigen, dass er noch nicht vorbei ist, hat der Sommer die Sonne losgeschickt. Mit ihren warmen Strahlen hat sie alles und jeden in ihren Bann gezogen. Es wurde wieder herrlich warm. Und an den Abenden hatte der Mond seinen Auftritt. Er hat all die Nächte am Himmelszelt ausgeharrt, um uns den Nachthimmel zu erhellen. Ich hoffe, es werden noch einige solcher Tage und Nächte folgen, bevor der Herbst definitiv Einzug hält.
Wenn ihr wie ich, an solchen Tagen am liebsten unter einem Baum liegt, um der Natur zu lauschen, dann kann es vorkommen, dass ihr auf dem Baum ein hämmern hört. Es könnte ein Specht sein, der die Würmer aus dem Baum trommelt. Oder es könnte sich, wie auf meinem Baum, um einen Kleiber handeln, welcher die Nüsse mit dem Schnabel auf einen Ast hämmert, um diese zu öffnen. Gestern konnte ich beobachten wie er den Stamm abwärts lief um die Nuss, welche ihm entglitten ist, wieder zu bekommen. Und ob ihrs glaubt oder nicht, der schnelle Läufer hat die Nuss erwischt.
10. Was unternimmt man an einem solch traumhaften Sommertag, wenn man nicht arbeiten muss? Für mich war’s schon am Morgen klar, was ich am Nachmittag unternehmen würde. Ich wollte noch mal die Gelegenheit benützen, um eine Dampfschifffahrt zu unternehmen. Schon bald könnte es dafür wieder zu kalt sein. Nach dem Mittag machte ich mich also mit dem Rolli auf den Weg zur Schiffsstation. Dafür benötige ich jeweils eine halbe Stunde. Der Mann am Schalter kannte mich vom vorderen Mal und wusste, dass er mein Geld für das Billet selber herausnehmen muss. Das Billet klebte er mir wieder vorsorglich am Rolli fest. Als dann der Dampfer anlegte, staunte ich nicht schlecht, wie viele Personen auf so einem Schiff Platz finden. Die Schlange der Personen, welche das Schiff verliess, war endlos. Es waren viele Alte und Betagte Menschen darunter. Viele sassen im Rollstuhl oder schoben einen Rollator vor sich her. Wahrscheinlich waren dies Heimbewohner, welche diesen schönen Tag für einen Ausflug nutzten. Da das Aussteigen schnell vollzogen werden musste, hatte ich den Eindruck, dass es für einige recht stressig war. Ich denke jedoch, dass die Schifffahrt, bei diesem schönen Wetter, in Gedanken überwiegen wird.
Als das Schiff die Fahrt wieder aufgenommen hatte, gab es richtig Dampf. Die verlorene Zeit musste schliesslich wieder aufgeholt werden. Nach nicht ganz einer Stunde konnte ich in Brunnen das Schiff verlassen und machte mich auf der Axenstrasse auf den Heimweg. Auf der rechten Seite hatte ich den Vierwaldstättersee im Blickfeld. Zwischendurch hielt ich den Rolli an um Seglern, Surfern und Schwimmern zuzuschauen. Manchmal kreuzten flinke Eidechsen und nervös flatternde Schmetterlinge meinen Weg. Es war so ein wunderschöner Tag, den musste ich einfach auskosten. Darum habe ich auf der Heimfahrt richtiggehend getrödelt. Als ich dann um halb Sechs zu Hause ankam, war ich dann doch recht durstig. Ich war so fasziniert vom Wetter und der Natur, dass ich gar nicht daran dachte, irgendwo einzukehren. Der Tag war wunderschön.
12. Gestern war ich mit einer meiner Schwestern unterwegs. Wir wollten den sonnig, warmen Tag noch mal ausnützen. So fuhren wir mit dem Velo und dem Rolli der Reuss entlang Richtung See. Als wir dem Seeufer entlangfuhren, konnten wir wieder einige Seevögel beobachten. Einige hielten sich im Wasser auf und einige an Land. Dasselbe taten auch einige sonnen- und wasserhungrige Menschen den Tieren gleich. Später besuchten wir noch die Biotope im Bodenwald. Dort trafen wir auf Enten, Libellen und anderes Gefleug. Die Frösche und Schlangen, die wir eigentlich sehen wollten, hielten sich leider versteckt.
Ich hatte natürlich wieder die Kamera dabei und meine Schwester musste mal wieder als Photographin fungieren. Sie schiesst aber auch tolle Bilder.
Habt ihr auch nichts gesehen. So erging es mir gestern Abend. Als ich meinen Mann bat, die Speicherkarte aus dem Fotoapparat zu nehmen, sagte er mir, dass gar keine Karte im Apparat sei. Die Karte steckte vom Vortag noch im Drucker. Nun wusste ich auch, warum der Apparat beim Knipsen immer einen Piepston abgegeben hat. Ich dachte, es läge am Akku. Damit ihr doch noch zu einem Bild kommt, werde ich euch eine Beschreibung geben.
Von rechts nach links gesehen. Blauer See mit Schwimminseln – Enten - Menschen, steiniger Sandstrand, ein schmaler Rasenstreifen als Liegewiese - Sonnenanbeter, grober Kiesweg – Velo – Rolli, breite Naturwiesenliege – erwachsene weisse Schwäne und zwei junge braune Schwäne beim Gras zupfen. „Wir kommen den Schwänen zu Nahe. Ein weisser Schwan beäugt uns kritisch und hebt seine Flügel. Meine Schwester läuft zum Velo, setzt sich in den Sattel und fängt wie wild zu treten an. Der Schwan hat die Verfolgung aufgenommen. Mit grossen Schritten und ausgebreiteten Flügeln jagt er uns hinterher. Erst als wir ausser Reichweite der Jungschwäne sind, lässt uns der Schwan ziehen. Uff, das war knapp.“ Aber sorry liebe Leser. Dies war eher ein Video als ein Bildbeschrieb. Meine Fantasie ist gerade mit mir durchgegangen. Der Schwan hat uns natürlich nicht verfolgt. Ich hoffe, ihr konntet euch diese Szene ebenfalls bildlich vorstellen und hattet euren Spass dabei. Ein Schmunzeln tut so gut.
18. Die letzten Tage waren nochmals richtig sommerlich. Ich verbrachte viele gemütliche Stunden unter dem Nussbaum. Da die Nüsse nun reif sind und viele Vögel etwas abhaben wollten, fand ein reger Verkehr auf dem Baum statt. Es wurde geklopft, gesungen und gestritten. Ich wusste nie, wann mir eine Nuss auf den Kopf fallen würde. Bis jetzt hatte ich jedoch Glück und ich bin ohne Beule davongekommen. Da sich immer noch blühende Pflanzen im Garten befinden, sind auch noch einige Schmetterlinge und Libellen unterwegs. In unserem Garten sind auch kleinere und grössere Eidechsen anzutreffen. Es macht Spass sie beim Klettern oder beim Sonnenbaden auf den Steinen zu beobachten. Da wir für die Tiere einiges an Laub liegen lassen, hoffe ich, dass mir auch noch ein Igel über den Weg läuft.
Am Tag ist es noch immer recht warm. Sobald jedoch die Sonne abtaucht, wird es frisch. Da tut man gut daran, etwas Warmes überzuziehen. Sonst könnte es sein, dass man wie ich gestern Abend, bereits um 19.00 Uhr mit zwei Bettflaschen, einem erwärmten Hirsekissen und einem warmen Frottiertuch auf den Händen im Bett liegt, um einigermassen wieder auf Betriebstemperatur zu kommen. Gestern musste mir mein Mann sogar noch ein Elekroöfeli ins Zimmer stellen. Obwohl ich heute nicht nach Draussen konnte, war ich doch ein bisschen schlauer und habe die kurze Hose gegen lange Jeans getauscht. Was mich heute ans Haus fesselte, schreibe ich beim nächsten Eintrag. Nun bin ich müde. Der Tag war recht stressig.
19. Ollalla, der Herbst ist mit Wind und Regen ins Land gezogen. Der Wind rüttelt an Bäumen und Sträuchern. Manchmal verschafft er sich sogar durch ein geöffnetes Fenster, zutritt ins Haus. Wenn er es schafft, dann geht die Post erst richtig ab. Mit seinem heulenden Lachen fegt er das Treppenhaus rauf und runter. Es scheint ihm einen heiden Spass zu machen, an den Zimmertüren zu rütteln, um sie aufzukriegen. Aber nichts da, lieber Wind. Such dir deinen Spielplatz im Freien und spiel mit dem Laub, welches bereits zu Hauf auf dem Boden liegt. Heute wollte sich der Wind wohl nicht einfach so von mir verabschieden und platschte mir kurzerhand, tausende kleiner Regentropfen ans Fenster. Einige sind immer noch hier. Ich denke, es interessiert sie, was ich gerade am PC schreibe. Ich bin eigentlich nie allein, ich habe immer irgendwelche Besucher.
Manchmal jedoch ist man froh, wenn sich der letzte Besucher endlich verabschiedet und wieder Ruhe ins Haus einkehrt.
Gestern war zum Beispiel so ein Tag. Wir hatten einige Handwerker im Haus. Während ich um 8.00 Uhr noch im Bett liegend auf die Spitex wartete, traf bereits der erste Handwerker ein. Da ich die Bedientasten am Lift nicht mehr selbst drücken konnte, musste die herkömmliche Liftsteuerung auf Infrarotbedienung umgebaut werden. Dafür war der Liftbauer zuständig. Um 10.00 Uhr traf dann der Experte ein, welcher für das Bedienteil am Rollstuhl zuständig ist. Bei der Vorentscheidung hatten wir uns bereits für ein GEWA Umfeldkontrollgerät entschieden. Es ist einfach in der Anwendung und dank der kleineren Form einfacher am Rollstuhl mitzuführen. Dank der Umrüstung am Lift und dem GEWA kann ich nun den Lift selbstständig vom Rollstuhl aus bedienen.
Als Nächstes werden wir uns noch einen automatischen Türöffner und ein Handy beschaffen. Diese Beiden werde ich dann ebenfalls über das GEWA bedienen können. Am Nachmittag hatten wir dann auch noch den Elektriker im Haus. Also, wie ihr lesen könnt, war bei uns Gestern ganz schön Fullhouse. Ich bin zwar sehr froh, wieder ein wenig von meiner Selbstständigkeit zurück gewonnen zu haben. Doch so ein Tag strengt mich doch sehr an. Aber nun habe ich gut geschlafen und bin wieder fit, mich den Anderen noch offenen Projekten zu widmen.
20. Manchmal überkommt mich schon ein schlechtes Gewissen. Mir geht es nämlich, im Gegensatz zu vielen andern Menschen, recht gut. Ich habe etwas, von dem viele Menschen viel zu wenig haben. Ich habe Zeit. Obwohl mir im Jahr 2001 mitgeteilt wurde, dass mir nicht mehr viele Jahre auf dieser Erde verbleiben, darf ich immer noch hier sein. Ich habe gelernt, die Zeit zu schätzen. Ich habe die Zeit, unsere Erde kennenzulernen. Ich habe die Zeit, die Natur zu entdecken. Ich habe die Zeit, mich auf andere Menschen einzulassen. Ich habe die Zeit, mich meinem Leben zu stellen. Ich habe die Zeit, über Sinn und Unsinn des Lebens nachzudenken. Und in letzter Zeit passiert wieder viel Unsinn auf dieser Welt. Viele Länder befinden sich in Aufruhr. Es geht wie immer um Macht, um Geld und Religion. Viele Menschen werden verletzt, getötet oder müssen fliehen und werden zu Flüchtlingen.
Dabei ist jedes Leben doch so kostbar und unser Planet so wunderschön. Ich denke, die Menschen nehmen sich einfach zu wenig Zeit, um über ihr Handeln nachzudecken. Oder sie haben in dieser stressigen Welt, keine Zeit mehr für das Leben. Eigentlich sehr traurig. Mit dem Bewusstsein, dass wir höchstwahrscheinlich nur einmal auf dieser Erde leben dürfen.
26. Trotz des Föhns habe ich mich am späteren Nachmittag nach Draussen gewagt. Ich wollte meinem Mann beim Rasenmähen Gesellschaft leisten. Bevor ich jedoch auf meinem geliebten Nussbaumplätzchen platznehmen konnte, musste mein Mann zuerst die vielen Nüsse, welche der Föhn zuhauf vom Baum gerüttelt hat, aufsammeln. Schliesslich wollte ich mich mit meinem Rollstuhl nicht als Nussknacker betätigen. Ausserdem sind die Nüsse im Innern noch feucht und somit noch ungeniessbar. Zuerst wollte mir mein Mann wegen den Kopfnüssen einen Helm verpassen. Doch wir haben uns dann auf eine Töffbrille geeinigt. Diese hat wenigstens meine Augen vor dem aufwirbelnden Staub geschützt. Die Windböen haben gewaltig an mir herumgezerrt und meine Haare wurden ganz schön zerzaust. Trotzdem habe ich es genossen. Es war angenehm warm. Zwei-, dreimal haben mich herunterfallende Nüsse nur knapp verfehlt. Wie sagt man doch so treffend; Nicht getroffen Schnaps gesoffen. Übrigens, der Nussschnaps soll ja was ganz edles sein. Hmm, fein, fein.
Etwas später hat sich dann noch ein anderer Wind bemerkbar gemacht. Von Nordwesten her tauchte die kältebringende Biese auf und fing an, gegen den von Süden kommende, warme Föhn anzukämpfen. Nun fing das Gezanke und Gezerre erst recht an. Zum Glück war mein Mann mit dem Rasenmähen fertig und so konnten wir uns wieder ins Haus verziehen. Jedoch keiner der beiden Winde ging als Sieger von dannen. Ein Dritter hat sich nämlich klamm heimlich von Oben angeschlichen und hat nun das Zepter fest in seiner Hand. Es ist der Regen. Mal schauen wie lange er bleibt.
OKTOBER
1. Dr Näbel lied wiänä Decku uberem Tau und lad chüm me ä Sunnästrau durä. Temperatürä stieget hegschtenz nu uf Achzä Grad. Z’Läub vo dä Beim und vo dä Striecher verwandlet sich i warmi, herbschtlichi Farbä. Und jedä Tag liegget meh Bletter am Bodä. Langsam aber sicher müess jetzt z’letschti Obscht und z Gmiess im Gartä abgärntet und verschaffet wärdä. Ich freuwä mich scho ufäni feini Chirbissuppä und uf dr frisch prässdi Moscht.
Ozapft is! Aber Moscht und nit Biär.
2. Wie schön sich doch die beginnende Nacht präsentiert. Der Mond ist hinter den Bergen hervorgekommen und schaut nun in mein Zimmer. Vom Bett aus kann ich mitverfolgen, wie der wunderschön leuchtende Mond immer höher steigt und den dunklen Nachthimmel erhellt. Ich schaue ihm fasziniert zu wie er sich langsam in westlicher Richtung fortbewegt. Weil mein Zimmer keine Rundumsicht hat, muss ich die Verfolgung des Mondes nach einiger Zeit abbrechen. Da die Temperaturen diese Nacht etwas milder sind, durfte ich das Ganze bei offenem Fenster geniessen. Nebst dem Mond hat auch die frische Luft dazu beigetragen, dass ich mich nun wunderbar gut fühle. Ich werde heute Nacht sicher gut schlafen und gegen schöne Träume habe ich sowieso nichts.
3. Schöne Träume sind gut. Wenn man aber wie ich die halbe Nacht wachliegt, kann man ja nicht zum Träumen kommen. Ich denke, der Mond wollte nicht alleine durch die Nacht wandern und hat deshalb mein Zimmer hell erleuchten lassen. Heute Nacht werde ich wohl mal das Sandmännchen anrufen müssen.
Wie gerne hätte ich heute Morgen ausnahmsweise mal länger geschlafen. Aber nix da, es muss aufgestanden werden. Ich kann die Spitex schlecht wegschicken und sie bitten, in zwei Stunden wieder zu kommen. Auf solche Wünsche kann die Spitex verständlicherweise keine Rücksicht nehmen. Heute stand meine „Hauptpflegerin“ im Einsatz und so brauchte ich keine Pflegeanweisungen zu geben. Heute ging alles ein wenig leiser von statten.
So ruhig läuft es jedoch nicht immer ab. Wenn Pflegerinnen oder Auszubildende zum ersten Mal bei mir zur Pflege kommen, werden sie meistens von der Hauptpflegerin Instruiert. Trotzdem muss ich bei den nachfolgenden Besuchen ein paarmal noch Anweisungen geben. Das gleiche gilt, wenn eine Pflegerin einige Wochen nicht mehr bei mir im Einsatz war. Da bin ich jeweils froh, dass meine Stimme noch einigermassen verständlich ist. Sollte es mal gar nicht klappen, können sie den von mir geschrieben Pflegeplan zur Hand nehmen. Ich bin froh, dass momentan immer etwa die gleichen Pflegerinnen bei mir im Einsatz sind. Es kann aber auch sehr interessant sein, neue Pflegefachkräfte kennen zu lernen. Manchmal erfährt man im Gespräch ganz interessantes. So geschehen vor ca. 1 Monat, kurz nach dem Familientreffen meines Mannes. Eine neue Pflegerin wurde bei mir instruiert. Da sie den gleichen Nachnamen wie ich hat, wurde sie vorgängig gefragt ob sie mich kenne oder mit mir verwandt sei. Was sie verneinte. Ich hätte das auch verneint. So ging der erste Pflegeinsatz zu Ende und der Zweite begann. Beim Smalltalk erzählte sie mir dann, dass sie in einem Nachbarkanton wohne. Ihre Eltern seien jedoch in meinem Kanton aufgewachsen. Als sie mir dann sagte, sie wolle nächstens ihre Grossmutter besuchen und mir auch noch ihren Namen nannte, wusste ich Bescheid. Ich sagte ihr; hättest du am Familientreffen teilgenommen, wüsstest du, dass du eine Nichte meines Mannes bist. Solche Begegnungen sind doch etwas Wunderbares.
Da ich endlich meinen Schlaf aus den Augen bekommen wollte und das Wetter gut war, machte ich mich heute Nachmittag zu einer Rolliausfahrt auf. Ich kam allerdings nicht gerade weit. Unterwegs traf ich auf meinen Bruder der Landwirt ist. Er war gerade am „Grasen“ für das liebe Vieh. Da es bequemer ist, beim Sitzen zu plaudern, habe ich mich gleich selber zu einem Kaffee unter dem Nussbaum eingeladen. So ist der Nachmittag im Nu vergangen.
8. Doch, doch, mich gibt es noch. Ich bin einfach nicht dazu gekommen, ins Tagebuch zu schreiben. Die vergangene Woche war sehr abwechslungsreich und hat mir viel Schönes gebracht. Zu erwähnen sind Besuche von meinen Geschwistern, welche mit mir einige Nachmittage verbrachten. Dann hatte ich auch noch mal die Firma Active-Communikation im Haus. Sie ist vor allem für diejenigen Hilfsmittel zuständig, welche die Kommunikation betreffen. So haben sie mir diesmal mein Handy so konfiguriert, dass ich es mit meinem Rollstuhljoystick (Tetragabel) bedienen kann. Für mich ist diese Art von Handybedienung wieder ein Mosaiksteinchen, welches dazu beiträgt, mir ein wenig Selbstständigkeit und Sicherheit zu geben. Ich hatte grossen Spass mit den beiden Mitarbeitern von Aktiv-Communiation. Könnt ihr euch das Kuderwelsch vorstellen, wenn sich ein Aargauer, welcher in Bern wohnt und in Zug arbeitet und ein waschechter Berner und eine Urnerin mit mittlerweile verwaschener Aussprache unterhalten. Da fallen Sätze wie; bitte übersetzen, oder wie bitte, oder geht das auch mit Untertitel. Das hat für manchen Lacher gesorgt. Als der Berner dann noch von einem Kurs erzählte, an welchem er seinen Vortrag, aus Rücksicht auf seine Deutschen Kollegen auf Hochdeutsch hielt und er dann später von einem Deutschen gefragt wurde, in welchem Schweizerdialekt er den Vortrag gehalten habe, konnten wir uns kaum mehr halten vor Lachen. So was braucht es einfach im Leben.
Wegen der Handyinstallation musste ich am Donnerstag meine Physiostunde ausfallen lassen. Schade, denn sie tun mir und meinem Körper sehr gut. Ich habe ja selten Schmerzen. Doch seit ca. einem halben Jahr drückt mir von Zeit zu Zeit, irgendein Muskel oder ich weiss nicht was auf den Ischias-Nerv. Am Dienstag versuchte mir die Physiotherapeutin bei der Fussreflexzonenmassage den Ischias- Nerv zu behandeln. Bisher habe ich die Fussreflexzonenmassage immer als sehr angenehm und beruhigend empfunden. Doch als die Therapeutin diesmal auf die Stelle am Fuss drückte, welche dem Ischias-Nerv zugeteilt wird, konnte ich meine Füsse nicht mehr still halten. Das tat aber wirklich weh. Da haben wir wohl noch einiges zu tun, um den Ischias-Schmerz zu vertreiben. Morgen geht’s gleich los.
Morgen werde ich euch von weiteren schönen Begegnungen der letzten Woche berichten.
9. Was das wohl sein könnte, das da steht am Waldesrand und keck sein Köpfchen aus dem Grase streckt? Nein die Hagebutte ist es nicht. Von seiner Gattung gibt es viele. Sie werden auch emsig gesammelt. Nur ihn lässt man immer im Walde stehen. Dabei sieht er mit seinem roten Köpfchen mit den weissen Punkten am schönsten von allen aus. Ja es ist der Fliegenpilz.
Ich habe am letzten Freitag zum ersten Mal in meinem Leben einen Fliegenpilz in Natura gesehen. Zuerst sahen wir nur den Einen. Doch dann entdeckten wir weitere, welche sich zwischen Gras und abgestorbenem Laub hervortaten. Es war so schön diese Fliegenpilzkolonie zu betrachten.
Ich bekam richtig Lust auf ein Pilzgericht. Da ich einen guten Koch Zuhause habe, bekam ich am nächsten Tag doch prompt eine perfekt zubereitete Pilzschnitte serviert. Allerdings ohne weissgepunktete Rotköpfe.
In unserem Rasen spriessen momentan ebenfalls Pilzkolonien aus dem Boden. Bis jetzt habe ich vier Sorten gezählt. Aber keine Ahnung wie diese heissen und ob sie essbar sind. Ich kaufe die Pilze ohnehin im Supermarkt. Sicher ist sicher.
Am Sonntag assen wir dann nochmals Pilze und zwar im Tessin. In Lugano fand nämlich das Herbstfest statt. An vielen Ständen wurden einheimische Produkte angeboten. An allen Ecken wurde gesungen und getanzt. Trachtenfrauen trugen die typischen Holzzoggeli an den Füssen. Und in grossen Kupferkesseln wurde der Polenta gerührt. Den mussten wir natürlich probieren. Mit den Steinpilzen obendrauf ergab dies eine vollwertige Mahlzeit. Und was darf im Herbst im Tessin nicht fehlen? Heisse Maroni ganz heiss!
16. So schnell kann sich die Landschaft verändern. Noch eben strahlte sie in bunten Farben und nun ist sie mit unschuldigem weiss überzogen. Diese Bilder boten sich mir heute Morgen vom Zimmerfenster aus. Mit dem Sonnenschein zusammen, sieht's doch recht freundlich aus. Aber kalt ist es geworden.
Ahnend was da kommt, haben wir am Samstag vorsorglich unsere Terrakotta-Töpfe und Figuren ins Gartenhaus versorgt. Dann mussten noch Sträucher zurückgeschnitten werden, damit sie im Winter durch den Schnee nicht auseinandergerissen werden. Da einige Sträucher zu gross geworden sind, mussten diese versetzt werden. Mein Junior war der Ansicht, dass ich die Pflanzen und Sträucher umsetzen würde, wie andere ihre Möbelstücke. Das mag ja stimmen. Ein Garten braucht manchmal Jahre, um so auszusehen, wie es sich der " Besitzer" vorstellt. Da bilde ich keine Ausnahme. Bei mir haben die Pflanzen jedoch viel Freiraum um zu wachsen. Sie werden nicht in eine Form gezwängt. Ich liebe die Wildheit, die Natürlichkeit.
Als mein Mann den Rasen mähte, wurden wir mit Besuchern eingedeckt. Meisen, Finken, Spatzen, Kleiber, Rotkelchen und Spatzen stürzten sich auf die vom Rasenmäher zertrümmerten Baumnüsse. Ein Eichelhäher besuchte uns ebenfalls. Er flog mehrmals unseren Blätterhaufen an und suchte darin nach Nüssen. Als wir dann ein wiederkehrendes Klopfen am Nussbaum vernahmen, wussten wir, auch der Buntspecht ist zu Besuch.
Später am Nachmittag musste mein Mann an der Pergola noch ein morsches Brett auswechseln. Da ist ihm etwas kleines Pelziges vor die Füsse gefallen. Zuerst dachten wir es sei eine Maus. Bei näherem Betrachten stellten wir fest, dass es sich schon um eine Maus handelt und zwar um eine Fledermaus. Schnell wurde sie fotografiert und gleich darauf trugen wir sie wieder an einen dunklen, sicheren Ort. Solche Tierbegegnungen sind doch etwas Wunderbares.
Wir wussten ja, dass es in den nächsten Tagen in höheren Lagen Schnee geben würde. Darum unternahmen wir am Sonntag eine Vierpässe-Fahrt. Die Landschaften mit ihren Wäldern, Sträuchern und Pflanzen präsentierten sich in den unterschiedlichsten Herbstfarben. Als wir unterhalb vom Nufenenpass waren, sahen wir eine Herde Steinböcke unweit der Strasse entfernt. Da mussten wir einfach anhalten und die Tiere beobachten. In der freien Wildbahn bekommt man diese Tiere selten so nah zu Gesicht.
Zum Abschluss der Tagesreise nahmen wir die alte Gotthardpassroute (Tremola) unter die Räder. Zum Glück waren wir mit dem 4 x 4 unterwegs. Denn je näher wir dem Pass kamen, umso weisser und matschiger wurde die Strasse. Wir sind dann doch bis nach Oben gekommen. Eins ist jedoch sicher. Diese Woche werden die Winterreifen montiert.
25. Aufrecht steht sie da und lässt sich von mir bewundern. Ihre Aura sendet Wärme und Ruhe aus. Mit ihrem goldenen Herbstkleid überstrahlt sie alles und zieht alle in ihren Bann. Ganz still steht sie da und ergibt sich dem Herbst. Wahrscheinlich ahnt sie bereits, dass sie am Wochenende ihr wärmendes Kleid verlieren wird und sich mit dem Winter auseinandersetzen muss. Meine schöne Linde, ruh dich aus. Auch die andern Bäume und Sträucher präsentieren sich im Herbstlaub. Unser Nussbaum hat von Tag zu Tag weniger Blätter und steht bald Nackt da. Umso besser kann ich nun die verschiedenen Vögel auf den Ästen ausmachen. Zwischendurch hüpft auch noch ein Eichelhäher über den Rasen und sucht nach heruntergefallenen Baumnüssen.
Geniessen wir also noch die trockenen Tage. Wer weiss, wie es am Wochenende aussehen wird. Vielleicht fahre ich Morgen nochmals aus. Das Haus zu verlassen ist für mich ab heute nämlich einfacher geworden. Heute wurde der automatische Türöffner montiert. Nun kann ich mit der Rollstuhlsteuerung ebenfalls die Türe öffnen und schliessen. Judjhui, wieder mehr Unabhängigkeit. Ich freue mich.
26. Ich wollte bereits vor 1 Stunde mitschreiben beginnen. Meine brennenden und tränenden Augen und die plötzlich laufende Nase, haben mich jedoch daran gehindert. Seit etwa zwei Jahren treten diese Symptome mindestens einmal im Tag spontan auf. Wahrscheinlich reagiere ich auf irgendetwas allergisch. Was es ist, habe ich bis jetzt noch nicht herausgefunden. Wenn ich alleine Zuhause bin, schliesse ich für etliche Minuten die Augen und warte bis es abklingt. Ich kann ja niemanden deswegen vom Arbeitsplatz holen. Weil ich heute unbedingt wieder ein paar Zeilen ins Tagebuch schreiben wollte und es ohnehin nach Feierabend war, mein Mann jedoch für Kommissionen unterwegs war, musste ich meinen Sohn bei seinem „Freitagsbier“ stören. Nachdem mir nun mein Sohn die Augen ausgewischt und die Nase geputzt hat und mich mit Augentropfen versehen hat, sitzt er nun wieder vor seinem „Freitagsbier“ in seiner Stammbeiz und ich vor meinem PC.
Ich weiss, ich habe in letzter Zeit wenig geschrieben. Ich hatte schlicht weg zu wenig Zeit. Ich habe letzte Woche das Assistenzbudget von der IV bekommen. Ich musste mich zuerst mit den Zahlen vertraut machen. Dann kämpfte ich mich durch Formulare und setzte mich mit den Rechten und Pflichten eines Arbeitgebers / Arbeitnehmers auseinander. Musste mich mit den Sozialabgaben und den Versicherungsleistungen befassen. Nur, wenn ich dies alles weiss und auch verstehe, kann ich den Lohn für meine zukünftigen Assistentinnen festlegen. Ich habe Stunden und Tage dafür gebraucht. Aber ich komme dem Ziel, meinen Mann zu entlasten, immer näher. Morgen soll nun meine erste Stellenausschreibung erscheinen. Ich hoffe sehr, dass sich geeignete Personen bewerben. So, nun wisst ihr was mich vom Schreiben abgehalten hat.
Zwischendurch besuchten mich auch mal wieder meine Kopfschmerzen und blieben ein paar Tage. Am Dienstag hat ihnen meine Physiotherapeutin mit der Anwendung von Craniosacral dann die Türe gewiesen. Ich bin sehr froh, dass meine Therapeutin in verschiedenen Therapieformen bewandert ist.
So, für heute müssen diese Zeilen reichen.
28. Am Morgen war ich ein wenig enttäuscht ab dem Schäumchen Schnee. Dann kam auch noch, die ansonsten so geliebte Sonne von mir hervor und hat das weisse Schäumchen kurzerhand weg geschmolzen. Ich weiss, ich kann gut reden, ich muss ja weder nach Draussen, noch muss ich Schneeschippen. Sorry, aber ich liebe die Natur, die sich immer wieder verändert. Immer wieder zeigt sie sich auf eine ganz andere Art. Es ist einfach schön, diese Verwandlungen mitzuerleben. Besonders, wenn man das Ganze im warmen Zimmerlein, hinter der Fensterscheibe versteckt, beobachten kann. Soeben (17.30) hat es auch bei uns, leicht zu schneien angefangen. Laut Zeitungsberichten hat es um uns herum, schon reichlich Schnee gegeben.
NOVEMBER
8. Saluti, Maroni, Spaghetti. Mit etwas Verspätung melde ich mich mal wieder. Ich bin immer noch mit Abklärungen für meine zukünftigen Assistentinnen beschäftigt. Diese Abklärungen sind recht zeitintensiv. Aber es geht langsam vorwärts. Spätestens im neuen Jahr will ich startbereit sein.
Leider plagten mich in letzter Zeit auch immer wieder meine Kopfschmerzen. Deshalb sass ich auch weniger am PC. Ich glaube, langsam dreht die Grippewelle seine Runden.
10. Ich liebe fast alles was kreucht und fleugt. Die wurmartigen Dinger wie Schlangen, Engerlinge, Würmer usw. zählen nicht gerade zu meinen Lieblingen. Das mit den Schlangen hat sich in der Zwischenzeit etwas relativiert. Im Oktober wurde wieder der Ferienpass für Kinder angeboten. Ein Themennachmittag war den Schlangen gewidmet. Da ich die Schlangenbesitzer kenne, durfte ich als Gast der Veranstaltung beiwohnen. Ich wollte eigentlich wollte ich nur kurz bleiben. Die Vorstellung und die Erklärungen zu den einzelnen Schlangen waren so interessant, dass ich den ganzen Nachmittag dort verweilte. Mir wurden viele Schlangen in meine Hände gelegt. Bewundernswert sind die unterschiedlichen Zeichnungen, welche die Schlangen auf der Haut tragen. Damit ich spüren konnte, wie sich so ein gespaltenes Schlangenzünglein anfüllt, wurde mir eine Schlange ganz nah an meine Wange gehalten. Das Zünglein fühlte sich ganz zart an. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Angst. Wisst ihr warum? Ich weiss, dass mich meine Freunde nie einer Gefahr aussetzen würden. Das nennt man Vertrauen.
14. So sah und sieht es seit Wochen in meinem Oberstübli aus. Doch langsam sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Heute habe ich mich intensiv mit der Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung befasst. Am Freitag kommt nämlich ein Versicherungsberater zu uns nach Hause. Und da ich nicht unwissend vor ihm sitzen möchte und die für mich wichtigen Fragen stellen will, musste ich mich darauf vorbereiten. Im Netz bieten uns zwar diversen Organisationen Formulare mit Erklärungen an, um uns den Weg zum Assistenznehmer zu erleichtern. Formulare lesen und das gelesene zu begreifen und umzusetzen sind allerdings zwei verschiedene Paar Schuhe. Durch das intensiven studieren der jeweiligen "Sachlage" begreife ich wie sich z.B. ein Betrag zusammengesetzt ist oder wann z.B. welche Abzüge gemacht werden müssen. Das tut meinen ansonsten unterbelasteten Hirnzellen ganz gut.
Mittlerweile sind auf mein Inserat an die 20 Bewerbungen eingetroffen. Heute kam schon wieder eine. Das heisst, ich darf die Bewerbungen studieren und muss mich dann für ein Vorstellungsgespräch oder für eine Absage entscheiden. Was wiederum heisst, Briefe schreiben. Das Alles ist sehr interessant und macht mir auch Spass. Nur leiden meine Rollitouren darunter. Dabei haben wir so einen wunderschönen Herbst. Doch alles kann ich auch nicht haben.
16. Letzte Woche durften meine Eltern ihren 60. Hochzeitstag feiern.
Um diese Diamantene Hochzeit würdevoll zu begehen, luden uns die Eltern am Sonntag zu einem Familienfest ein. Es ist gar nicht mehr so einfach, ein Restaurant mit angemessenem, grossem Saal zu finden. Heute ist die Zahl der Familienmitglieder viel kleiner und die grossen Säle werden nicht mehr so benötigt. Unsere Eltern haben ihre Familie in der Zeit gegründet, als es noch üblich war, eine grosse Kinderschar um den Esstisch zu versammeln. Sie brachten es auf 5 Töchter und 4 Söhne. Fast alle sind mittlerweile verheiratet und haben auch wieder Kinder. Doch so fleissig wie unsere Eltern waren wir beim Kinder machen und Kinder bekommen dann doch nicht. Wir schenkten unseren Eltern 15 Grosskinder und vor knapp 3Jahren kam das erste Urgrosskind dazu. Am Fest nahmen auch die Geschwister und auch das Nebenbrautpaar meiner Eltern teil. Sie Alle haben wie meine Eltern ein stattliches Alter. Mein Vater zählt stolze 86 Jahre und die Mutter erblickte vor 83 Jahren unsere wunderschöne Welt. Trotz ihres hohen Alters sind sie geistig und körperlich noch recht fit. Sie unternehmen zusammen viele Ausflüge mit dem Auto. Sie lieben schöne Landschaften und picknicken am liebsten auf einem der vielen Pässe. Zwischendurch schwingt sich unser Vater aufs E-Bike und dreht eine Runde. Ich wünsche ihnen sehr, dass sie noch lange fit bleiben und wir noch viele schöne Stunden miteinander erleben dürfen.
Es war ein schönes Fest, mit schönen Menschen mit schönen Kleidern. Besonders bewundert habe ich meine Schwestern in ihren Minikleidern und Röcken, welche momentan so In sind. Sie haben auch die Figur dazu. Ich kann so etwas leider nicht anziehen. Da ich permanent Sitze, würde ich immer die Beine zusammenkneifen müssen, damit man mir nicht unter den Rock schauen könnte. Da mir jedoch die Kleiderkombination Kleid, Leggins und hohe Stiefel so gefällt, bin ich am andern Tag doch in den Kleider-Onlineshops schneuggen gegangen. Schauen kann man ja. Piet hätte jedoch keine Freude, wenn er meine Spitzfüsse in die hohen Stiefel zwängen müsste. Und mir würde bei dem Chrampf, die Freude am neuen Outfit vergehen. Ganz schön variantenreich kamen auch unsere Jungen daher. Sei es mit unterschiedlich gestylten Frisuren, mit Tattoos, mit Baggy Pants (sackartige Hose) frechen Kleiderzusammenstellungen usw. Es ist schön mitzuerleben, wie sich jeder seinen eigenen Stil sucht und mit Freude präsentiert.
Ich bin gespannt, was sich bis zum nächsten Familienfest bei den Einzelnen verändern wird. Graue Haare, Glatze, falsche Zähne oder ein Bierbauch?
21. So schnell können traurige Ereignisse auf freudige Ereignisse folgen. Die ALS hat schon wieder einem Menschen, allzu früh das Leben genommen. Thomas hat für die Aufklärung der ALS sehr viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet und die ALS aus dem Stiefmütterchen Daseins hervor geholt. Thomas, du hast grossartiges geleistet. Ich danke dir von Herzen dafür.
24.Meine Finger haben wieder ihre Beweglichkeit erlangt. Nun kann ich mit dem Schreiben beginnen. Als ich mich vorhin vor den PC gesetzt habe, waren meine Füsse und Hände so richtig gstabig (klam) vor Kälte. Damit ich wieder auf Betriebstemperatur komme, hat mir mein Mann zwei Bettflaschen auf die Rollstuhlfussrasten gelegt und ich konnte ich meine Füsse darauf wärmen. Der ebenfalls von ihm zubereitete, heisse Apfelpunch hat mich dann noch von innen gewärmt. Ich hätte wohl eine halbe Stunde eher ins Haus gehen müssen. Doch ich wollte den wunderschönen Herbsttag so lange wie möglich im Freien geniessen.
Kurz nach dem Mittag machte ich mich auf die Rollirunde. Den ersten Halt legte ich beim Bauernhof meines Bruders ein, dort wo auch meine Eltern wohnen. Bei einem Urnerkaffee haben wir uns eine Zeitlang unterhalten. Dann musste ich aber weiter. Ich habe mir nämlich vorgenommen, nochmal zum See zu fahren. Es waren nicht mehr so viele Leute am Seeufer unterwegs. Die Natur hat so eine Ruhe ausgestrahlt und der See war ganz still. Kein Wellenrauschen war zu hören. Selbst die Seevögel schoben eine ruhige Kugel. Später war dann doch noch ein Motorengeräusch zu hören. Ein Bauer wollte wohl das trockene Wetter nutzen, um noch etwas vom vertrockneten Schilf zu schneiden. Als ich mich dann auf den Heimweg machte, strahlte die Sonne schon nicht mehr so warm. Also musste ich mich beeilen. Da mein Mann Zuhause mit der Aussendekoration für Weihnachten beschäftigt war, wollte ich noch schnell im Dorfladen vorbeischauen, um ihm etwas Leckeres mitzubringen. Zum Glück traf ich vor dem Geschäft auf eine Freundin. Sie hat mir die triefende Nase geputzt und mich von der nicht mehr benötigten Sonnenbrille befreit. Nun konnte ich einkaufen gehen. Als ich dann Zuhause ankam, wurde mein Mann gerade mit der Dekoration fertig. Gemeinsam setzten wir uns nun in die Pergola und genehmigten uns einen feinen Kaffee.
Ich habe den heutigen Tag so richtig von Herzen genossen. Es war aber auch ein wunderschöner Herbsttag. Und dies Ende November.
25. Alle Menschen träumen in der Nacht. Am Morgen, hat man jedoch selten Erinnerungen daran. Ich denke, wenn der Traum eine Bedeutung hat, wird man sich eher an ihn erinnern. Mir kommt da gleich einer meiner Träume in den Sinn. «Ich gehe in einen Dorfladen einkaufen. Ich sammle meine Sachen zusammen und stelle mich brav bei der Kasse an. Da bekomme ich plötzlich Lust auf Paprika-Pommes-Chips. Ich weiss, aus irgendeinem Grund sollte ich keine Chips essen. Doch meine Gelüste sind grösser. Da hinter mir bereits Leute anstehen, kann ich nicht umkehren. Der Gang ist viel zu schmal. Also muss ich zuerst durch die Kasse und dann wieder, wie bei Ikea, zum Anfang zurück. Endlich liegen meine Chips im Einkaufwagen. Nun aber schnell zur Kasse. Die Schlange vor der Kasse ist inzwischen noch weiter angewachsen. Also heisst es warten und warten. Dabei gluschten mich meine Chips immer mehr. Nun sind nur noch zwei Personen vor mir. Bald bin ich dran. Doch was macht die Kassiererin, sie geht von der Kasse weg um Regale aufzufüllen. Wir, die Wartenden, schauen einander ungläubig an und rufen gewaltig aus. Nach einiger Zeit kommt sie dann doch wieder zurück zum Einkassieren. Nun endlich komme ich an die Reihe und ich bezahle. Schnell verlasse ich den Laden und reisse die Chips-Tüte auf. Ich greife mit den Fingern hinein, nehme das erste Chips heraus und führe es zum Mund.» Aber dann, nein, nein, nein, das darf nicht wahr sein. Ich mach die Augen auf und liege hellwach im Bett.
Ich liebe Paprika-Pommes-Chips seit jeher. Seit ich jedoch beim Schlucken aufpassen muss, meide ich die Chips. Nicht mal im Traum lässt einem die Krankheit in Ruhe.
26. Langsam tut sich was im Freien. Bäume und Sträucher kommen in Bewegung. Ein leichter Wind ist aufgekommen. Die übriggebliebenen Blätter an Bäumen und Sträucher bekommen das Zittern. Und urplötzlich ist er da. Unser lieber, alter Föhn ist eingetroffen. Und sogleich zeigt er uns seine Stärke. Er bläht sich auf, um dann mit einem kräftigen Stoss die Blätter von den Ästen zu reissen. Grüne, gelbe, braune Blätter wirbeln nun durch die Luft. Kurze Zeit später suchen sie ihren Platz am Boden. Wie lange sie da wohl liegen bleiben können bevor sie der nächste Windstoss weitertreibt.
Es ist ja ungewöhnlich schönes, trockenes Wetter. Dank dem Föhn werden die Temperaturen bis Mitte Woche auch noch recht angenehm sein. Darum sind auch noch Herbstausflüge möglich. Vor gut einer Woche haben mein Mann und ich so einen unternommen. Zum Picknicken haben wir uns ein gemütliches Plätzchen gesucht. Da es vom Auto bis zum Holzbänkchen nicht allzu weit war, entschloss ich mich, diese Strecke zu Fuss zu bewältigen. Mit der kraftvollen Unterstützung meines Mannes, habe ich die 10 Schritte geschafft. Ich war so stolz und glücklich auf diesem Bänkchen gemeinsam mit meinem Mann sitzen zu können. Da hat der Kaffee und der Landjäger doppelt geschmeckt. Ich bin dann auch wieder zum Auto zurückgelaufen. War dann aber schon froh, wieder im Auto zu sitzen. Viel weiter hätte ich es nicht geschafft. Mal schauen, ob ich diese Woche noch eins, zwei Rollitouren starten kann. Am Wochenende soll es ja Schnee geben.
28. Heute Morgen hat die liebe Sabine Niesse einen Link ins Netz gestellt. Den fand ich so gut. den will ich euch nicht vorenthalten.
Das ,,Rosa Tütchen"...…….....`•♥•´
Als ich eines Tages, wie immer traurig, durch den Park schlenderte und mich auf einer Parkbank niederließ, ...um über alles nachzudenken was in meinem Leben schief läuft, setzt sich ein fröhliches kleines Mädchen zu mir. Sie spürte meine Stimmung und fragte: "Warum bist du traurig?"
"Ach", sagte ich "ich habe keine Freude im Leben. Alle sind gegen mich. Alles läuft schief. Ich habe kein Glück und ich weiß nicht wie es weitergehen soll."
"Hmmm", meinte das Mädchen, "wo hast du dein rosa Tütchen?" Zeig es mir mal. Ich möchte da mal
reinschauen." "Was für ein rosa Tütchen?", fragte ich sie verwundert. "Ich habe nur ein schwarzes Tütchen." Wortlos reichte ich es ihr. Vorsichtig öffnete sie mit ihren zarten kleinen Fingern den Verschluss und sah in mein schwarzes Tütchen hinein. Ich bemerkte wie sie erschrak. "Es ist ja voller Alpträume, voller Unglück und voller schlimmer Erlebnisse!"
"Was soll ich machen? Es ist eben so. Daran kann ich doch nichts ändern." "Hier nimm", meinte das Mädchen und reichte mir ein rosa Tütchen. "Sieh hinein!"
Mit etwas zitternden Händen öffnete ich das rosa Tütchen und konnte sehen, dass es voll war mit Erinnerungen an schöne Momente des Lebens. "Wo ist dein schwarzes Tütchen?" fragte ich neugierig. "Das werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht weiter drum", sagte sie.
"Für mich besteht der Sinn des Lebens darin, mein rosa Tütchen im Laufe des Lebens voll zu bekommen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein. Und immer wenn ich Lust dazu habe oder ich beginne traurig zu werden, dann öffne ich mein rosa Tütchen und schaue hinein.
Dann geht es mir sofort wieder besser.
Wenn ich einmal alt bin und mein Ende droht, dann habe ich immer noch mein rosa Tütchen. Es wird voll sein bis obenhin und ich kann sagen, ja, ich hatte etwas vom Leben. Mein Leben hatte einen Sinn!"
Noch während ich verwundert über ihre Worte nachdachte gab sie mir einen Kuss auf die Wange und war verschwunden. Neben mir auf der Bank lag ein rosa Tütchen. Ich öffnete es zaghaft und warf einen Blick hinein. Es war fast leer, bis auf einen kleinen zärtlichen Kuss, den ich von einem kleinen Mädchen auf einer Parkbank erhalten hatte. Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln und mir wurde warm ums Herz.
Glücklich machte ich mich auf den Heimweg, nicht vergessend, am nächsten Papierkorb mich meines schwarzen Tütchen zu entledigen.
29. Ich hatte ja gehofft, schon gestern Abend ein Schneeflöckchen zu Gesicht zu bekommen. Ich musste jedoch bis heute Morgen warten, um die weissglitzernden Tänzerinnen zu sehen. Ich habe mich riesig darüber gefreut und entschloss mich sogleich, meine Physiostunde im Rolli abzuhalten. Da ich zum weiblichen Geschlecht gehöre und von daher mehrere Sachen gleichzeitig machen kann, hat es mit dem Turnen und dem Schneeflocken beobachten bestens geklappt. Wie nicht besser passend, bekam ich heute gleich noch die Grippeimpfung. Also Winter, du kannst von mir aus gerne kommen. Ich bin gewappnet. Ausserdem ist heute meine neue Winterjacke eingetroffen. Es ist gar nicht einfach, eine Jacke zu finden, mit der man bequem im Rollstuhl sitzen kann. Entweder ist sie Unten zu eng, weil der Po beim Sitzen in die Breite geht und deshalb spannt. Kauft man sie deswegen grösser, hat man um die Brust herum zu viel Stoff und alles rutscht nach oben. Michelin-Männchen ich grüsse dich. Ich bin zwar mit der neuen Jacke auch nicht ganz zufrieden, doch die perfekte Jacke gibt es momentan einfach noch nicht. Nun warte ich noch auf meine hohen, gefütterten Winterstiefel. Mein Augenmerk beim Stiefelkauf lag an dem weit nach unten zu öffnenden Reissverschluss. Nun hoffe ich, dass wenn er eintrifft, ich mit meinem nach vorne abfallenden linken Fuss und den zur Krümmung neigenden Zehen überhaupt hineinschlüpfen kann. Zehen abschneiden wie beim Aschenputtel wäre eine Alternative, will ich jedoch nicht. Also, wie sagt man so schön; probieren geht über Studieren.
Bei uns im Flachland hat der Regen im Laufe des Nachmittags den Schnee wieder aufgelöst. Trotzdem kommt nun langsam Adventstimmung auf. Unsere Aussenbeleuchtung wird zwar erst am Samstag eingeschaltet. Trotzdem kann ich bereits die schöne Deko an der Kellertüre bewundern. Sieht aus wie eine Laterne.
DEZEMBER
1. Um 17.00 Uhr ist unsere Weihnachtsaussenbeleuchtung ans Netz gegangen. Die Lämpchen der Lichterketten lassen unser Haus in Wärme erstrahlen. Mir gefällt es jedes Jahr wieder aufs Neue. Es ist doch so schön, wie sich die Leute Mühe geben, ihr Heim auf Weihnachten vorzubereiten. Mir gefallen die mit Liebe dekorierten Wohnungen und die beleuchteten Weihnachtsfenster.
Heute haben mein Mann und ich, meiner Schwestern Marie-Theres, welche etwas weiter weg wohnt, einen Besuch abgestattet. Während des Besuches hat sie eine Adventsdeko für ihren Tisch gemacht. Bei so einer künstlerischen Ader geht das eben flugs von der Hand. Das Ergebnis mit der fliederfarbenen Kerze in der Mitte sieht wunderschön aus. Ich habe mir gedacht, diese Farbe würde mir jetzt auch gefallen. Wie unser Gesteck dieses Jahr aussehen wird, wusste ich bis da noch nicht. Seit ich meine Arme und Hände kaum mehr nutzen kann, überrascht uns meine Schwester Bernadette jedes Jahr mit einem Gesteck. Das sollte auch Heuer nicht anders sein. Als wir nämlich heute nach Hause kamen, lag das Gesteck vor der Türe. Und ihr glaubt es nicht, mit fliederfarbenen Kerzen. (Telepathie?)
Nun steht es auf dem Wohnzimmertisch und die erste fliederfarbene Kerze wartet darauf, Morgen angezündet zu werden. Ein Streichholz liegt bereit.
4. Wunderschön, wie die Flocken vom Himmel schweben und sich auf die Erde legen. Ich liebe es, von meinem Fenster aus zu beobachten, wie sich die Jahreszeiten im Wechsel präsentieren. Mal sind es die Herbstblätter, die vor meinem Fenster herumwirbeln. Ab und an besuchen mich Meisen und Bergdohlen auf der Fensterback um einen Blick in mein Zimmer zu werfen. Mal peitschen Regentropfen eines Sommergewitters an die Scheiben. Und manchmal nimmt mir der Nebel die Sicht nach Draussen. Mir ist selten langweilig. Es gibt immer was zu sehen und zu bestaunen. Es steckt viel Leben und Betriebsamkeit in der Natur. Schau mal hin.
6. He, dass isch aber schonu chaut Frussä. Bi scho froh, müess ich nit jedä Tag Früüsä und cha i miem warmä Stibli hockä. Unterhaltung habe ich ja genug. Seit mein Mann wieder die Meisenknödel vor meinem Fenster aufgehängt hat, finden sich wieder viele Vögel auf dem Fenstersims ein. Am Morgen besuchen mich vielfach die Bergdohlen. Ihr glaubt es nicht, wie die sich um das Futter streiten. Um ihren Platz auf dem Fenstersims zu verteidigen wird mit den Flügeln geschlagen und zugepickt. Eigentlich wären die Knödel für die kleineren Vögel gedacht. Diese trauen sich aber erst am Nachmittag ans Futter, nachdem sich die Bergdohlen wieder in die Berge verzogen haben.
Jetzt läuft gerade der Samichlaus mit vier Schmutzlis (Knecht Ruprecht) an unserem Haus vorbei. Zum Glück war ich heute brav und geduldig. War nämlich vorhin beim Zahnarzt und musste die dreimonatlich stattfindende Zahnreinigung über mich ergehen lassen. Ko... Wü... und trallala. Zum Glück habe ich immer die gleiche Dentalhygienikerin. Sie ist sehr feinfühlig und weiss mittlerweile, was es leiden mag.
8. Winter, so wie ich mir den Winter vorstelle. Über allem liegt eine dicke, weisse Pracht. Alle Bäume und Sträucher haben ihr Winterkleid übergezogen. Die herunterfallenden Schneeflocken glitzern wie Kristalle, wenn sie vom Schein der Strassenlampen erfasst werden. Und jetzt kommen auch die Lichter der Weihnachtsdekorationen so richtig zur Geltung. Ich muss nicht mal nach Draussen in die Kälte um die Weihnachtsstimmung einzufangen. Vor meinem Fenster habe ich ein wunderschönes Weihnachtsambiente. Unsere Burgruine ist beleuchtet und auch das Hotel Burg hat sich mal wieder mit der Weihnachtsbeleuchtung übertroffen.
Ich wünsche Morgen allen einen gemütlichen 2. Advent.
10. Schön, einfach nur schön. Als ich heute durch die Haustüre nach draussen fuhr, wurde ich von vielen kleinen Schneeflöckchen begrüsst. Voller Freude tanzten sie um mich herum. Einige streiften sanft meine Wangen und einige waren so anhänglich, sie blieben gleich in meinem Gesicht hängen. Einige Schneesterne verirrten sich in meinen Haaren. Es machte den Anschein, als hätte ich viele kleine Brillanten im Haar. Um mich herum war alles weiss. Rechts und links vom Eingang türmte sich der Schnee. Mein Mann hat den Weg zum Parkplatz vorgängig freigeschaufelt. Sonst hätte ich meinem Rolli womöglich Schneeketten verpassen müssen. Bevor wir dann zum Wocheneinkaufen aufbrechen konnten, musste mir mein Mann zuerst noch ein paar Schneefotos knipsen. Eines seht ihr auf der Titelseite.
Orangen, Mandarinen, Feigen und Nüsse. Schinkli, Salami, Lachs und Pralinen. Wo man hinschaut, nichts als Leckereien. Zum Glück kaufe ich streng nach Postizettel ein. Sonst hätte wohl heute ein Einkaufswagen nicht gereicht.
Wie meistens im Winter, habe ich auch heute wieder, nachdem ich Draussen war, kalte Füsse. Darum schliesse ich für Heute den Eintrag und fahre meine Füsse wärmen.
12. Es ist höchste Zeit, dass ich euch meine gefiederten Freunde zeige. Zu Hauf suchen sie unser Futterhäuschen heim. Damit ja kein Futter vergeudet wird, picken sie sogar die heruntergefallenen Kerne aus dem Schnee. Bei dieser Kälte und bei so viel Schnee, sind sie um jedes Sämchen froh. Am Montag wollte ich eigentlich neue Meisenknödel kaufen. Die vor meinem Fenster gehen langsam zur Neige. Leider gab es nur die kleinen Kugeln im Angebot. Die reichen natürlich bei weitem nicht. Denn die Bergdohlen fressen so eine Kugel zum Morgenessen und dann bleibt kaum mehr was für die Kleinen. Diese Woche muss ich doch für Nachschub sorgen. Seit heute Mittag hängen vier leere Meisenknödelnetzchen vor meinem Fenster. Das geht natürlich gar nicht.
16. Sniffen, räuspern, husten. Dies ist seit einigen Tagen meine Hauptbeschäftigung. Ich muss meine Erkältung ganz schön Händeln, um sie in den Griff zu bekommen. Immer wieder verabreicht mir mein Mann Medikamente. So muss ich Hustensaft gegen die Schleimbildung einnehmen. Der andere Hustensirup soll den Hustenreiz mildern. Das Nasenspray wird gegen die verstopfte Nase eingesetzt. Und Aussen am Hals trage ich eine Schicht von der Vickssalbe. Um die Luft genügend Feucht zu halten läuft der Luftbefeuchter auf voller Stufe. Zweimal im Tag trinke ich ein Glas vom Grippemittel Neo Citran und das mit einem Röhrchen. Igitt, igitt! Aber zum Glück darf ich zwischendurch Tee trinken so viel ich mag. Einer meiner Lieblingstees ist der Lindenblütentee. Den gab es Früher oft zur Heuerzeit. Dann jedoch in der kalten Variante mit Brustzucker (Kandiszucker) und Zitronenschale. Ich liebe den weichen, zarten Duft der blühenden Lindenblüten. Mit solch schönen Erinnerungen kann ich doch nur gesund werden. Es geht mir heute schon viel besser. Darum kann ich euch auch einen schönen 3. Advent wünschen.
19. Vor einigen Tagen ging eine Gruppe von meinen Schnupper-Viren auf einen Ausflug. Als sie nicht mehr zu mir zurückkamen, wunderte ich mich schon ein wenig. Seit gestern weiss ich nun, wo sie Abgeblieben sind. Sie haben in Piets Nase Quartier bezogen und treiben nun ihr Unwesen dort weiter. Kein Wunder, bei der Pflege die mir mein Mann zukommen liess. Mittlerweile haben die Viren uns beide im Griff. Doch es geht von Tag zu Tag besser und die Erkältung wird früher oder später die Socken klopfen müssen. Es wäre ja schade, die Düfte, welche die Weihnachtszeit hervorbringt, nicht wahrnehmen zu können. Den Tannenduft des Weihnachtsbaumes. Der Wachsgeruch von den brennenden Kerzen. Der verlockende Duft von butterweichen Weihnachtsgüetzlis. Wenn ich daran denke, bekomme ich jetzt schon warme, rote Backen.
Es ist kann von Vorteil sein, Düfte, Geräusche, Farben usw. speichern zu können, um diese bei gegebener Zeit abrufen zu können. Sollte unsere Erde durch irgendetwas Schaden nehmen, so können / werden wir sie gemeinsam wieder aufbauen. Die Schönheit unserer Erde ist in uns eingebrannt.
24. Mein Mann hat uns wieder wie jedes Jahr einen Tannenbaum besorgt. Als er mit ihm in die Stube kam meinte er, der Baum hätte ungleichmässige Astreihen und daher eins, zwei Lücken drin. Als ich dies hörte, habe ich unseren Tannenbaum gleich in mein Herz geschlossen. Wer weiss schon unter welchen Bedingungen er aufgewachsen ist. Vielleicht bekam er mal zu wenig Wasser oder ein anderer Baum stand ihm vor der Sonne. Was will ich mit einem „perfekt“ gewachsenen Baum. Der würde mich weniger inspirieren, über seinen Werdegang nachzudenken. Die interessanten Geschichten erzählen dann doch die etwas anders gewachsenen. Zum Glück haben wir alle unsere „Schönheitsfehler“. Wäre das langweilig, wenn wir Alle gleich aussehen würden. Jeder würde die gleiche Haarfrisur tragen. Auf die gleichen Klamotten stehen. Frauen würden gleichfarbiges Makeup auftragen. Und an Armen, Hälsen und Ohren würden die gleichen Steinchen glitzern. Es lebe das Individuelle Individuum.
Darum schmücken wir unseren Tannenbaum mit vielen unterschiedlichen Figuren und Materialien. Und jedes Jahr kommt ein neuer Gegenstand dazu. Ich finde es spannend, immer wieder etwas Neues am Baum zu entdecken. Dieses Jahr ist es eine cognacfarbene Eule, welche keck auf einem Ästchen sitzt.
Jetzt kann das Christkind kommen. Wir sind bereit. Schöne Weihnachten für Alle.
25. Draussen scheint die Sonne und das Thermometer zeigt Frühlingshafte Temperaturen an. Träume ich etwa noch, oder was ist los. Habe ich etwa einen Winterschlaf eingelegt und bin erst jetzt wieder aufgewacht. Doch halt, haben wir Gestern nicht den Christbaum gestellt und Heilig Abend gefeiert. Wir sind doch gemütlich beisammen gesessen und haben gut gegessen. Ich habe doch noch extra eine neue Sauce zu den Baked-Potateos heraus gesucht, welche von Piet gewissenhaft zusammengemixt wurde. Und die Vorspeisensalatteller sollten dieses Jahr mit Blätterteigsternen verziert werden. Also wurden diese vorgängig ausgestochen und gebacken. Obwohl einige der Sterne statt in die Breite in die Höhe wuchsen und die Form vom Schiefen Turm annahmen, schmeckten sie ausgezeichnet. Und jetzt weiss ich auch, dass ich den Winter gar nicht verschlafen haben kann. Ich habe nämlich immer noch den Geschmack von der zu knoblauchlastigen Baked-Potatoes-Sauce im Mund.
Aber um ganz sicher zu sein, dass immer noch Winter ist, werde ich nun die Stube aufsuchen und den Weihnachtsbaum nach Ostereiern absuchen.
27. Ich habe mich überzeugt, es ist tatsächlich immer noch Winter. Unter dem Christbaum fand ich nämlich Tannenzapfen und Mäuse und keine hoppelnden Hasen. Da die Temperaturen in den vergangenen Tagen Frühlingsgefühle verbreiteten, hat sich der Schnee weit nach Oben in die Berge zurückgezogen. Aber ich denke, es könnte bald anders kommen. Noch vor kurzem schien es, als würde sich die Natur schlafengelegt haben. Draussen ging kein Windchen und kein Ästchen hat sich bewegt. Eine Nebeldecke hielt das Blau des Himmels gefangen. Das fahle Tageslicht verlieh dem Ganzen eine spezielle (weiss grad kein passendes Wort) Atmosphäre.
Nun, zwei Stunden später sieht das Ganze etwas anders aus. Der Föhn hat zwischenzeitlich die Wolkendecke aufgerissen und einigen Sonnenstrahlen den ersehnten Ausblick gewährt. Momentan ist die Wolkendecke jedoch wieder geschlossen und von Norden her ziehen dickere, von Regen und Schnee gefüllte Wolken auf. Der Föhn wird langsam vom Nordwester in die Knie gezwungen. Kleine feine Regentropfen grüssen nun meine Fensterscheiben. Ich denke, es wird nicht mehr lange dauern bis die grossen Tropfen eintreffen und Allem, was sich im Freien befindet, eine gehörige Dusche verpassen. Warten wir mal ab, wie sich das Wetter weiter entwickelt.
Ich wünsche allen ein wunderschönes Neues Jahr.
2. Seid ihr auch Alle gut im neuen Jahr angekommen? Mein Mann und ich haben den Jahreswechsel mit meinem Bruder Siebenloch und Schwägerin Luzia verbracht. Für das Nachtessen haben wir in einem Restaurant Plätze reserviert. Unser Tisch stand ein wenig abseits von den anderen Tischen in einer heimeligen Nische. Das hat mir sehr gut gefallen. Es macht mir zwar nichts mehr aus, wenn andere zuschauen, wie mir das Essen gereicht wird. Trotzdem ziehe ich es vor, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Das Essen mit dem Dessert war üppig und sehr fein. Und das Personal war sehr freundlich und zuvorkommend. An Unterhaltung hat es auch nicht gemangelt. Die Ein-Mann-Live-Band hat an Lautstärke nicht gespart. Er hat sein Bestes gegeben. Doch als er dann bei Herzilein und Sierra matre del sur angelangt war, haben wir es vorgezogen das Weite zu suchen. Wir sind dann zum Anstossen zu uns nach Hause gefahren. Der Höhepunkt des Abends war das Feuerwerk vom Hotel Burg (Pouletburg) welches wir von der Terrasse aus bewundern durften. Das war wieder mal ein gelungener Einstieg ins neue Jahr.
5. Die besinnlichen Festtage gehen mit dem Morgen stattfindenden Dreikönigstag zu Ende. Die Christbäume werden einer nach dem andern abgeschmückt und die Weihnachtsdekorationen werden entfernt. Was übrig bleibt sind angefangene Pralinenschachteln und Resten von Weihnachtskerzen. Mit der Zeit werden aber auch diese Sachen aufgebraucht sein. Was man jedoch nicht entfernen kann und immer in Erinnerung bleiben wird, sind die schönen, gemütlichen Tage mit der Familie und Freunden.
Da wir wegen den vorgezogenen Weihnachten den Christbaum schon eine Woche früher gestellt hatten, wurde es nun langsam Zeit ihn wieder aus der Stube zu verbannen. Und da der Wetterbericht für heute eine Sturmwarnung durchgegeben hat, haben wir gestern auch gleich die Aussendeko entfernt. Nun steht unser Haus wieder nackt da. Doch bald ist ja wieder die Fasnachtsdeko an der Reihe. Bin schon gespannt, was sich mein Mann diesmal einfallen lässt, um meinen PC zu dekorieren.
Apropos PC. Bevor Peter nach Vancouver flog, hat er uns auf meinem PC Skype eingerichtet. Nun können wir ihn beim Telefonieren live sehen. Ist schon eine tolle Sache.
Heute Nachmittag bekomme ich Besuch von der Firma Activkommunication. Von ihnen habe ich mein Sprach- und Umfeldgerät namens Tobii bezogen. In letzter Zeit hat das Gerät oder ich als Anwender eine Macke. Dem wollen wir heute auf den Grund gehen.
9. Da sich die Sonne schon seit längerem nicht mehr gezeigt hat, bin ich sie am Sonntag suchen gegangen. Mein Mann und ich sind am Morgen Richtung Süden aufgebrochen. In den Tälern links und rechts der Autobahn lag sehr viel Schnee. Und auf der Nordseite und Südseite des Gotthard schneite es immer noch. Doch je weiter wir gegen Süden fuhren, desto besser wurde das Wetter. Die Wolken lösten sich immer mehr auf und der Himmel wurde immer blauer. Und endlich erscheint die Sonne. Herrlich wie sie ihre bereits frühlingshaft, warmen Strahlen auf uns herunter streckt. Auf der Fahrt ins Versasca-Tal steht das Thermometer bereits bei 11°. Wir fahren an uralten, kleinen Steinhäusern mit Steindächern vorbei. Einige davon wurden zu Ferienhäusern umgebaut. Die Häuser wurden so renoviert, dass ihr Charme erhalten blieb und sie sich gekonnt ins Landschaftsbild einfügen. Da das Wetter so wunderbar war, entschlossen wir uns, noch nach Locarno zu fahren um am Seeufer zu flanieren. Später liessen wir uns auf einem Bänkchen nieder und unsere Körper wurden wie Röntgenstrahlen von der Sonne durchströmt. Es dauerte nicht lange und unsere Gesichter bekamen eine gesunde Rötung. Irgendwann mussten wir ans Heimfahren denken. Doch was wäre ein Tessin-Besuch ohne Cappuccino. Also suchten wir uns zum Abschluss ein Strassenkaffee in der Sonne und genossen diesen mit Schaum und Schoggipulver verzierten Kaffee. Dieser Ausflug hat gutgetan und hat bei uns die Vorfreude auf den Frühling geweckt
Es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir einen spontanen Trip unternehmen. Tessin, wir kommen wieder.
Wie es scheint, wollte mir die Sonne heute Morgen mit ihrer Anwesenheit eine Freude machen und meine Frühlingsgefühle verlängern. Angesteckt von der Sonne habe ich mich kurzerhand entschlossen am Nachmittag zum Frisör zu gehen. Und nun sitze ich bereits wieder vor dem PC, trinke meinen Kaffee und erfreue mich an meiner Kurzhaar-Frisur.
10. So ein traumhaftes Winterwetter wie heute gibt’s nicht oft. Da muss doch jedem Schneesportler das Herz höherschlagen. In den Bergen liegt massenhaft Schnee, es weht kaum ein Lüftchen und die Temperaturen sind angenehm mild. Wer jetzt nicht auf der Piste steht, ist selber schuld. Mein Sohn wird sich grün und blau ärgern, dass gerade in dem Jahr so viel Schnee in den Bergen liegt,
in dem er sich in Kanada aufhält. Zum Glück muss er nicht ganz aufs Skifahren verzichten. Schliesslich befindet sich in seiner Nähe der berühmte Skiort Whistler Mountain. Den hat er auch schon zweimal aufgesucht. So sind sie halt, die angefressenen Sportler. Mir soll‘s Recht sein. Bewegung an der frischen Luft ist ja bekanntlich gesund.
Bei uns im Tal unten liegt kein Schnee mehr und Draussen ist es trocken. Wahrscheinlich werden deshalb meine Maisen Knödel und das bereitgestellte Vogelfutter kaum angerührt. Die Vögel finden anscheinend noch genügend Futter in der Natur. Seit geraumer Zeit stelle ich fest, dass diesen Winter viel weniger Vögel zu sehen sind als sonst. Heute wollte ich dem ganzen Mal auf den Grund gehen und habe im Internet gegoogelt. Und prompt bin ich auf einen interessanten Artikel in der Sonntags-Zeitung gestossen. Den möchte ich euch nicht vorenthalten.
Weniger gefiederte Wintergäste wegen warmen Wetters in der Schweiz
Vielleicht halten sie sich aber auch nur einfach im Tessin auf, um früher mit dem Turteln anfangen zu können.
Das würde ich ja auch machen, wenn ich Vogel wäre.
13. Als mir die Spitex heute Morgen mitteilte, dass es draussen schneien würde, wollte ich es ihr gar nicht glauben. Also öffnete sie mir die Storen um es mir zu beweisen. Und tatsächlich, die Hausdächer sind wieder weiss und die Landschaft ist mit einem weissen Flaum überzogen. Was für ein wechselhaftes Wetter, was für eine interessante Zeit.Da momentan die kleinen Vögel wegbleiben, machen sich seit dieser Woche die Bergdohlen über meine Meisen-Knödel her. Ich kann sie aus einer Distanz von einem Meter beobachten. Wenn sie auf dem Fenstersims stehen sind sie genau auf meiner Augenhöhe. Sie zu beobachten ist sehr interessant. Ihr schwarzes Gefieder hat einen wunderschönen Glanz. Mit ihren vollständig schwarzen Knopfaugen spähen sie hin und her und sind daher immer auf der Hut. Bei einigen Bergdohlen ist mir aufgefallen, dass die Schnabelspitzen schwarze Streifen aufweisen. Ob sie wohl am Morgen das „Zähne putzen“ ausgelassen haben?
Als mein Mann am Dienstagmittag nach Hause kam, sagte er zu mir, er hätte soeben gesehen, wie meine Besucher die Bergdohlen weggeflogen seien. Er wisse auch warum sie sich so nahe an mich heran trauten. Das läge sicher an meinen dunkel gefärbten Haaren. Die Vögel würden wohl meinen, ich sei eine von ihnen. Was sollte ich da noch erwidern? Schliesslich ist das ein Kompliment für mich. Sollte ich nämlich noch mal auf die Welt dürfen, so möchte ich ein Lebewesen sein, welches fliegen kann. Und diese Flügel werde ich mir dann durch nichts mehr wegnehmen lassen. Lynyrd Skynyrd - Free Bird
14. Ich wohne in einem älteren Wohnquartier. Das Quartier wurde vorwiegend durch Fabrikarbeiter aufgebaut und von dessen Familien bewohnt. Inzwischen sind die meisten Männer dieser Generation gestorben. Die Witfrauen hingegen hielten sich noch lange Jahre tapfer auf den Beinen. Ich sah sie, wie sie den Dorfladen aufsuchten. Oder wenn sie an „meiner“ Strassenkreuzung mit andern ein Schwätzchen hielten. In den letzten Jahren hat sich auch ein Witwenfrauengrüppchen gebildet, welches zusammen Spaziergänge unternahm oder sich im Restaurant zu einem Kaffee traf. Doch seit dem letzten Jahr hat sich etwas geändert. Immer mehr dieser Frauen wurden gebrechlich und waren auf Hilfe angewiesen. So blieb es auch nicht aus, dass immer mehr von meinen lieben Nachbarsfrauen in ein Alters- und Pflegeheim umziehen mussten. Ihre Häuser, ihre Wohnungen werden zwar wieder bewohnt. Doch es braucht Jahre, bis die Bewohner wieder so zusammenwachsen, um ihre eigene Geschichte schreiben zu können.
Und auch dieses Jahr wird höchstwahrscheinlich wieder eine Frau das Quartier verlassen. Meiner lieben Nachbarin wird es langsam zu viel, sich um das Haus und die Umgebung zu kümmern. Mit ihren über 80 Jahren hat sie letztes Jahr noch immer selbst den Rasen gemäht und die ganze Umgebung in Schuss gehalten. Sogar ihre Wildblumenwiese hat sie eigenständig 2 -3 Mal im Jahr mit der Sense geschnitten. Eine echte Powerfrau. Ich mag es ihr ja gönnen, nicht mehr so viel arbeiten zu müssen. Doch ich verliere sie nur ungern. Sie ist mir in den letzten Jahren, doch sehr ans Herz gewachsen. Aber so ist er wohl, der Lauf der Zeit.
15. Gestern haben wir wieder mal mit Peter in Kanada Skype. Wegen der neunstündigen Zeitverschiebung müssen wir diese Anrufe an einem Wochenende tätigen. Es geht ihm in der Ferne sehr gut. In der Schule kommt er gut mit und seine Klasse hat einen guten Zusammenhalt. Vancouver gefällt ihm sehr gut. Dort werde es niemandem langweilig. Es sei immer was los. Und da es gleich mehrere Skigebiete in der Nähe gibt, kommt auch der Sport nicht zu kurz. An das Essen hat er sich auch gewöhnt. Das Angebot an Asien-Foot sei gross. Er esse es fast täglich. Soll ja auch gesund sein. Doch heute will er mal ein Restaurant suchen, in dem er mal wieder so richtig gute Pasta essen könne.
Es gibt schon Sachen, welche er vermisst. Zuoberst steht der Alpkäse. Wir werden ihm deshalb ein Päckchen schicken. Wir wissen aber noch nicht, ob Käse nach Kanada zu schicken erlaubt ist. Muss mich zuerst mal erkundigen.
Ist halt schon ein bisschen grösser als unser kleines Quartier mit den 2 – 3-stöckigen Häuser.
18. Diese Woche fällt es mir schwer, mich zu beschäftigen. Ich glaube, ich habe eine Art Höhlenkoller. Da können auch Besucher keine Abhilfe schaffen. Ich habe das Gefühl von eingesperrt sein. Das Wetter zeigt sich zwar von seiner schönen Seite. Doch für mich ist es Draussen viel zu kalt. Langsam, aber sicher sehne ich den Frühling herbei. Ich vermisse meine Rolliausfahrten. Ich vermisse meine Blumen mit den verschiedenen Düften. Ich vermisse meine Tiere mit ihren Lauten. Ich vermisse die Sonne, die meinen Körper wärmt. Ich vermisse den Wind, der mir die Haare zerzaust. Ich vermisse das Entdecken, das Sehen, das Hören, das Riechen und das Fühlen. Ich vermisse meine Freiheit. Ich vermisse die Welt. Zum Glück gibt es die Musik. Sie stillt immer wieder meine Sehnsucht.
Celtic Music - Wild Flower
19. Viele kennen mich nur mit einem Lächeln im Gesicht. Meistens stimmt dies ja auch mit meinem Innersten überein. Ich bin die meiste Zeit glücklich und zufrieden. Doch manchmal kann ich nicht mehr lachen. Dann, wenn eine tiefe Traurigkeit mein Innerstes erfüllt. Die Gedanken kreisen um all jene Dinge, die ich wegen meiner Krankheit aufgeben musste und verloren habe. Ich möchte noch so vieles machen und sehen. Ich möchte so vieles bewegen. Doch dann sehe ich meine Beine und Füsse, die in klobigen Schuhen stecken, weil die verdrehten Spitzfüsse nicht in grazile Pumps passen. Ich sehe meine Finger, die sich unter die Hand rollen und daher ein schöner Nagellack gar keinen Sinn macht. Ich schaue in den Spiegel und sehe wie sich meine Mundwinkel immer mehr nach unten neigen. Das geschieht, weil ich die Lippen wegen des Speichelflusses vorwiegend geschlossen halten muss. Und dann die Stimme, sie sollte doch weich und fraulich klingen. Doch meine erinnert eher an einen lallenden Alki. Was bleibt denn da noch schönes übrig. Ja ich weiss, man sagt die Schönheit entsteht im Innern. Doch was mach ich, wenn es auch im Innern dunkel wird. Da kann auch das Äussere nicht mehr strahlen. Manchmal kommen einem schon Gedanken, ob es noch Sinn macht hier zu bleiben. Ich frag mich dann, ist für mich mein Leben mit all den Behinderungen noch lebenswert. Bin ich für mein Umfeld nicht eine zu grosse Belastung? Solche Momente mit Tiefpunkt sind bei mir bis jetzt nur von kurzer Dauer. Ansonsten kann ich mir immer noch die lachende Maske überziehen. Merkt ja keiner.
Bis jetzt habe ich immer wieder aus den Tiefen herausgefunden. Und ich habe immer wieder neue Lust aufs Leben.
Unheilig - Dein Clown
20. Hurra, Hurra es bewegt sich was. Die Welt ist erwacht und meldet sich mit Regen und Sturm zurück. Der Wind peitscht die schweren Regentropfen an meine Fensterscheiben. Einige verharren still und leise an der Scheibe als wollten sie eine Weile zu mir hereinschauen. Andere, wahrscheinlich die grösseren und mutigeren, machen sich einen Spass daraus, an meinen Scheiben herunter zu rutschen. Ich kann mir vorstellen, was für ein Gaudi sie dabeihaben. Ab und zu mischen sich nun auch Schneeflöckchen unter den Regen. Ich frage mich, ob die Schneeflocken leichter sind als die Regentropfen. Ich konnte nämlich soeben beobachten, wie die Schneeflocken mit den Windböen ziehen. Die Richtung der Regentropfen wird zwar ebenfalls vom Wind beeinflusst. Doch Sie fallen viel schneller zu Boden. Daher meine Vermutung wegen des Gewichtsunterschiedes.
Heute trauen sich nicht mal die Alpendohlen aus dem Wald. Wahrscheinlich ist es ihnen zu windig. Auf alle Fälle hat heute noch niemand an meinen Meisen-Knödel gepickt. Dafür konnte ich vorige Woche einen Vogel beobachten, der am Stamm der Linde hoc gelaufen ist. Ja, von unten nach oben. Ich wollte natürlich sofort wissen welcher Vogel mir ein solches Schauspiel vorführt. Im Internet fand ich die Antwort. Es handelt sich bei diesem Vogel, wie könnte es auch anders sein, um einen Baumläufer. Es war sehr interessant ihm zuzuschauen.
Das sind Dinge, die mich glücklich machen. Ich brauche nicht täglich Sonnenschein. Ich habe auch Freude an Regen und Schnee. Ich liebe die Abwechslung und Action. Jetzt habe ich sie, jetzt bin ich glücklich.
21. Einige meiner Leser waren ab meinen letzten Beiträgen sicher überrascht und konnten es nicht recht einordnen. Das verstehe ich auch. Normalerweise erwähne ich es auch nicht, wenn es mir Psychisch nicht so gut geht. Zumal dies selten vorkommt und dann auch nur von kurzer Dauer ist. Ich dachte, es wäre nur fair, meinen ALS-Betroffenen Leser mitzuteilen, dass auch ich meine Höhen und Tiefen habe. Auch ich stecke diese Krankheit nicht so einfach weg. Manchmal gelingt es besser und manchmal muss man den Gefühlen einfach seinen Lauf lassen. Dafür müssen wir uns auch nicht schämen oder uns als Schwächlinge füllen. Solange wir immer wieder die Kräfte bündeln, um dieser Krankheit so lange wie möglich die Stirn zu bieten, gibt es noch einen Funken Hoffnung. Und wenn es uns gelingt, sich an dem wenigem das uns das Leben noch gewährt, zu erfreuen, dann finden wir immer wieder aus den Tiefen.
Ich weiss, bei vielen von euch Betroffenen schreitet die Krankheit viel schneller vorwärts als bei mir. Ihr kämpft nicht nur mit der Psyche, nein bei einigen von euch geht’s ums tägliche Überleben. Da scheint mir meine „Unbeweglichkeit“ ein Honigschlecken zu sein. Einige von euch müssen den Schleim absaugen lassen, um nicht daran zu ersticken. Einige von euch bekommen zu wenig Luft und müsst daher ein Beatmungsgerät benutzen. Einige von euch können nicht mehr richtig schlucken und ihr müsst Nahrungsbreie, Flüssigkeiten und Medikamente mittels Schlauchs, welcher von aussen durch die Magendecke direkt in den Magen führt (PEG-Sonde), aufnehmen. Leider ist der Schlauch zu schmal, um ein feines Schnitzel durchzubringen oder einen der Saison entsprechenden Mandarinenschnitz. Ihr müsst auf so vieles verzichten und ihr könntet mir/uns noch vieles mehr aufzählen. Für mich seid ihr die Grössten. In meinem Herzen seid ihr meine Schwestern und Brüder. Darum habe ich für euch auch einen Song ausgesucht. Christina Stürmer - Rebellen der Sonne
Und wer auch noch zu den Grössten gehört, ist unser Didier Cuche. Der absolute Triumph des Hahnenkamm-Königs: Didier Cuche gewinnt bei seinem letzten Auftritt auf der Streif die Abfahrt von Kitzbühel!
24. Es ist unglaublich. Als ich um 8.00 Uhr aufstand, hat es mehr geregnet als geschneit. Und nun, eine Stunde später ist bereits alles weiss. Riesige Schneeflocken fallen vom Himmel. Was ihren Weg kreuzt wird von ihnen in Beschlag genommen. Was vorher grün war ist nun weiss. Was vorher braun war ist nun weiss. Sogar die Menschen sind heute alle gleich angezogen, nämlich weiss. Ich höre nicht mal eine einzige Vogelstimme. Sogar die Flamme meiner Kerze bewegt sich kaum.
Die Autos auf der Strasse haben einen Gang zurückgeschaltet. Einige bekunden bereits Mühe, die Steigung hoch zu kommen. Vor allem Lieferwagen werden gefordert. Ich denke, jetzt müssten bald mal der Pflug und der Streuwagen anrücken. Und wer sagts? Er fährt gerade vorbei.
Zum Glück waren die Strassenverhältnisse vor einem Monat besser. Damals brachten wir unseren Sohn zum Flughafen. Jetzt ist schon 1/3 seines Sprachaufenthaltes in Vancouver vorüber. Wenn er von dem vielen Schnee hört, welcher in den Urner-Bergen liegt, überkommt ihn sicher ein wenig Wehmut. Zum Glück gibt es in Canada auch super Skigebiete. So muss er nicht ganz aufs Skifahren verzichten.
So, nun muss ich vorerst Schluss machen. Habe gleich 1 Stunde lang Physiotherapie.
So schnell kann es gehen. Der Talboden ist im Laufe des Nachmittages wieder bunt geworden. Der Regen hat die weisse Pracht wieder fast vollständig aufgelöst. Trotzdem hat das kurze Schneegastspiel ausgereicht, dass mich die Alpendohlen auf meinem Fenstersims besuchen kamen. Manchmal stritten sie sich zu viert um die Maisen-Knödel. Wie wohl mein Fenstersims aussieht? Aber egal, die Vögel so hautnah beobachten zu können, macht den Kot allemal wett. Mal schauen, wer mich Morgen besuchen kommt.
27. Einige würden behaupten, ich sei diese Woche wieder mal kopflos Rollstuhl gefahren. Doch dies stimmt so nicht. Im Gegenteil, jemand anderes hat den Kopf verloren. Bei diesem Malheur hätte ich nämlich mit dem Rolli kippen können. Der Übeltäter konnte erst entlarvt werden, nachdem plötzlich eine der Nabenabdeckung von einem der Rollstuhlhinterräder abfiel. Als mein Mann der Sache auf den Grund ging, fand er die kopflose Radschraube. Wann die Schraube ihren Kopf verloren hat weiss niemand. Der Kopf war nämlich nicht mehr auffindbar. Zum Glück ist mein Mann handwerklich versiert, somit kann ich jetzt auch wieder mit Köpfchen herumkurven.
Ich habe ja schon letztes Jahr bemerkt, dass sich bei meinem 7-jährigen Rolli Ermüdungserscheinungen zeigen. Darum habe ich letztes Jahr damit begonnen, neue Rollis auszuprobieren. Ich will jetzt noch 1 - 2 Modelle testen und werde mich danach entscheiden. Danach muss ich den Rolli der IV unterbreiten zwecks Kostenübernahme. Es wird immer schwieriger Hilfsmittel bewilligt zu bekommen. Man will, dass die IV auf Biegen und Brechen spart. Ich bin gespannt, ob ich dann den für mich passenden Rollstuhl bewilligt bekomme. Ich bin jedoch zuversichtlich.
Noch was: Wisst ihr was der Unterschied zwischen dem Yeti und einem schönen und intelligenten Mann ist?
Den Yeti hat man zumindest schon einmal gesichtet.
30. Sie fliegen wieder die Alpendohlen. Auf der Suche nach etwas essbarem überfliegen sie unser Dorf. Sobald sie etwas entdecken, stechen sie herunter und versuchen den Leckerbissen vor den andern zu erwischen. Man kann gut beobachten, wie die Vögel versuchen einander die Beute abzujagen. Das geht nicht ohne Gekrächze von statten.
Gestern als wir uns auf dem Weg nach St. Moritz befanden begegneten uns ebenfalls Alpendohlen. Mit Erstaunen konnte ich beobachten, wie eine Schar Alpendohlen auf ein Haus zuflog und sich mit den Füssen an die Hauswand klammert. Das konnte ich bei den Alpendohlen sonst noch nie beobachten. Normalerweise landen sie auf Dächern, Bäumen und Boden. Ich kann mir das nur so erklären, dass es für sie einfach nirgends sonst eine schneefreie Landefläche gab. Es liegt tatsächlich viel Schnee Alle Häuser tragen eine Art weisse Schlafmützen auf dem Kopf und die Landschaften sehen aus, als wenn sie mit frischer Schlagsahne überzogen wären. Dazu glitzert der Schnee in der Sonne als wäre obendrauf noch ein wenig Kristallzucker verstreut worden. Als uns dann noch eine offene Pferdekutsche begegnete, bei der die Sitzbänke mit Schaffellen ausgekleidet waren, füllte ich mich wie in einem Märchen. Und das ist noch nicht alles. Plötzlich sahen wir mitten im Schnee eine weisse Zeltstadt. Uns wurde schnell klar, dass es sich um Vip-Zelte handeln musste und wir ohne Zobel oder Nerz kaum Einlass bekämen. Der Anlass für die Zeltstadt war das Frauen Ski-Weltcuprennen, welches am Sonntag in St. Moritz stattfand. Uns war es sowieso lieber, unser mitgenommenes Picknick an der frischen Luft, in einer traumhaft verschneiten Landschaft und strahlendem Sonnenschein einzunehmen. Es war ein wunderschöner Sonntags-Ausflug.
31. Im vergangenen Monat wurde mein Hirn wieder mal richtig gefordert. Ich musste mich mit Verordnungen und Bestimmungen von Versicherungen und Behörden befassen. Ich musste mich erkundigen wer für was zuständig ist, bei einer pflegebedürftigen Person, wie ich es bin. Im Jahr 2011 wurde im Kt.Uri, wie in den meisten andern Kantonen auch, die Finanzierung der Langzeitpflege neu geregelt. Im Kt.Uri wurde dies folgendermassen geregelt. Die Gemeinden sind für die Versorgung jener Patienten zuständig, welche in Heimen und Institutionen leben. Der Kanton wiederum für die Pflegebedürftigen, welche zu Hause leben. Die Regierung bekam die Möglichkeit, eine Kostenbeteiligung vom Pflegeempfänger zu verlangen. Sie kann zwischen 0% und 20% liegen. Der Kt.Uri hat sich zum Leidwesen der Patienten für die höchste Stufe von 20% entschieden. Der Tageshöchstbeitrag der Beteiligung wurde auf Fr. 15.95 begrenzt. Würde ich alle meine benötigten Pflegestunden an die Spitex übertragen, so müsste ich im Jahr eine Kostenbeteiligung von ca. Fr. 6000.— beisteuern.
Da ich meinen Mann bei meiner Pflege entlasten möchte, aber nicht bereit bin, mich im Monat von ca.18 verschiedenen Spitex-Mitarbeiterinnen Pflegen zu lassen, habe wir uns schon letztes Jahr über das Assistenzbeitrag der IV informiert. Ich musste mir zuerst über einiges Klar werde. Zum Beispiel, ob sich der Arbeitsaufwand überhaupt lohnt. Ich müsste selbst Pflegepersonal suchen und Anstellungsgespräche und Lohnverhandlungen führen. Ich müsste Lohn- u. Versicherungsabrechnungen tätigen, wie alle anderen Arbeitgeber auch. Meine Bedenken gehen dahin, wer den Administrativen Part übernimmt, wenn ich dies einmal nicht mehr selbst kann. Meinem Mann möchte ich dies nicht aufbürden. Dann wäre ja das Ziel verfehlt.
Ja es gab und gibt vieles zu überlegen. Es beschäftigte mich sogar im Schlaf. Dementsprechend waren auch meine Träume. Ihr kennt das sicher auch. Man will davonlaufen, aber man kommt einfach nicht vom Fleck. In meinem Traum war es letzthin eine gelbweisse Schlange, die meinen Weg kreuzte. Die Schlange folgte mir auf dem Fuss und wurde dabei immer länger und Dicker. Ich bin dieser Schlange nur entkommen, in dem ich aufgewacht bin. Am andern Tag wusste ich, dass ich mich nun endlich entscheiden muss. Am 16. Januar habe ich dann auch den Antrag für das Assistenzbudget abgeschickt. Wenn ich alle Zahlen und Fakten von der IV bekomme habe, kann ich mich immer noch dafür oder dagegen entscheiden. Auf alle Fälle bin ich wieder viel gelassener. Es kommt mir vor, als hätte ich mich von einer schweren Last befreien können.
FEBRUAR
1. Dieser Monat fängt ja gut an. Das Tief Dieter beschert uns Temperaturen im Minus Bereich. Und dazu bläst noch eine kalte Biese. Zum Glück muss ich nicht nach Draussen in diese Kälte. Ich habe alle meine Aussentermine für diese Woche abgesagt. Ich will es nicht riskieren eine Erkältung einzufangen. Schliesslich war ich diesen Winter noch nie erkältet und so soll es auch bleiben. Ich denke, das verdanke ich auch ein wenig meinem Luftbefeuchter. Er befeuchtet während der ganzen Nacht meine Luft im Zimmer. So bekomme ich nie eine verstopfte Nase oder einen trockenen Mund. Langweilig wird es mir wegen dem Hausarrest trotzdem nicht. Ich hatte nämlich heute schon mehrere Besuche. Zuerst besuchten mich zwei Blaumeisen auf dem Fenstersims. Als diese abgezogen sind sah ich plötzlich ein Schwarzköpfchen an den Meisenknödeln picken. Wegen dem hellen Gefieder am Bauch wusste ich sofort, dass es sich nicht um eine Kohlmeise handeln konnte. Also googelte ich mal wieder in den Vogelbildern. Und tatsächlich finde ich diesen lieblichen Vogel. Er trägt den Namen Weidenmeise. Es ist kein Zufall, dass er mich gerade heute besucht. Die Gemeindearbeiter sind heute daran die Weidenböschung im Dorfbach zurück zu schneiden. Da musste sich die Weidenmeise wohl oder übel in Sicherheit bringen. Und was liegt näher, als auf meiner Fensterbank Schutz zu suchen. Das sind aber noch nicht alle Besucher gewesen. Gleich vier Alpendohlen haben sich vorhin um die Knödel vor meinem Fenster gestritten. Sie wurden jedoch jäh durch Sirenengeheule erschreckt, dass sie das Streiten sofort liessen und gemeinsam Richtung Wald flogen. Heute findet in der Schweiz der jährlich stattfindende Sirenentest statt. Das hat die Vögel doch so verschreckt. Aber die werden schon wieder auf meine Fensterbank zurückkehren. Bis dann werde ich mich ein wenig vor den Fernseher setzen und eine Kochsendung anschauen.
3. Es bläst wirklich ein kalter Wind. Nicht nur in der Natur, auch im normalen Leben weht einem ein rauer Wind um die Nase. Je nach dem in welchen Land man lebt, trifft es einen mehr oder weniger hart. Wir in der Schweiz dürfen uns eigentlich nicht beklagen. Trotzdem müssen auch wir in Zukunft bei den Ausgaben noch mehr sparen. Einige kluge Köpfe haben nämlich beschlossen, es wäre an der Zeit, neue Kampfjets zu beschaffen. Ich frage mich, ob jetzt der passende Zeitpunkt für solch hohe Ausgaben ist. Damit diese Finanziert werden können, muss nun in allen Departementen gespart werden. So will man verhindern, dass die Bundesfinanzen nicht aus dem Ruder laufen.
Mein Mann meinte gestern zu mir. Wenn alle sparen müssen, dann sollten wir das auch tun. Es wäre wohl das Sinnvollste, wenn wir dieses Jahr nichts für die Steuern ausgeben würden. Das finde ich eine sehr gute Überlegung. Sparen wir uns also dieses Jahr die Steuern.
6. Es ist immer noch so kalt. Ich mag nicht mal für einen kurzen Moment aus dem Haus gehen. Früher hätte mich die Kälte nicht von der Natur fernhalten können. Doch seit ich im Rollstuhl sitze, bin ich zu einem frierenden Elend geworden. Ich sitze die meiste Zeit des Tages mit einer wohlig warmen Decke im Fernsehsessel und zappe mich durch die Fernsehprogramme. Wenn es mal gar nichts Interessantes zu schauen gibt, gönne ich mir dann eben auch mal ein Nickerchen. Momentan komme ich mir so richtig faul vor. Ich mache nicht viel anderes als Schlafen und Essen. Auch am Abend ist mit mir nicht viel los. Ich gehe mittlerweile bereits mit den Hühnern zu Bett. Anscheinend brauche ich viel mehr Schlaf als Früher. Ansonsten müsste ich doch mal ausgeschlafen haben. Wahrscheinlich hat das mit der verminderten Atmungsleistung zu tun. Dadurch werde ich schneller müde und muss mir öfters Ruhe gönnen. Es könnte aber auch sein, dass ich mich langsam aber sicher in ein Murmeli (Murmeltier) verwandle. Genügend Fettreserven hätte ich ja. Und wenn ich mich nicht immer enthaaren würde, so wäre der Pelz auch nicht mehr fern. Ob mich mein Mann jedoch so in seiner Behausung behalten würde möchte ich dann doch lieber nicht ausprobieren. Dann ziehe ich mir doch lieber lange Unterwäsche an. Sieht zwar auch nicht gerade sexy aus, doch immer noch besser als einen Pelz wachsen zu lassen.
Bin ich nicht gut? Diesen Eintrag habe ich im Bett liegend auf meinem Kommunikationsgerät "Tobii" geschrieben. So, und jetzt werde ich mich wieder an meine zwei Bettflaschen schmiegen und ihre Wärme geniessen.
7. Unter der Woche kommt bei mir jeden Morgen die Spitex vorbei. In der Regel trudeln sie zwischen 9.00 – 9.30 Uhr bei mir ein. Für meine Morgentoilette und für das eingeben des Morgenessens, welches aus einem Joghurt und einem Kaffee besteht, benötigen wir ca. 60 Minuten. Jede Spitexmitarbeiterin versucht die Pflege so gut wie möglich durchzuführen. Trotzdem gibt es Unterschiede, was ja auch normal ist. Bei den einen finde ich die Pflege angenehmer und fühle mich demzufolge auch wohler. Mit den Einten beginne ich den Tag lieber, mit Andern weniger. Aber wahrscheinlich kommen auch nicht alle gleich gern bei mir vorbei. Manchen sitzt zwischendurch auch mal der Schalk im Nacken. So wollte mir doch letzthin eine von den Spitis doch tatsächlich ein zusammengeknülltes Allzweckpapier in den BH stopfen. Ich hatte sie nur darauf hingewiesen, dass der BH nicht richtig anliege. Solche Spässe versüssen mir doch glatt den Morgen. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass es diesen Pflegedienst gibt. Er ermöglicht mir momentan, ein Leben zu Hause.
Nachdem mich die Spitex rundum mit dem nötigen versorgt hat, setze ich mich jeweils bis zum Mittag vor den PC oder schaue den Vögeln im Garten zu. Die Vögel haben jetzt sicher auch kalt und sind dankbar, wenn man ihnen mit ein paar Körnern über die Runden hilft. Wenn ihr ebenfalls Vögel beobachten möchtet, dann stellt ihnen doch im Winter ein sicheres Fresshäuschen zu Verfügung. Bald werden sich zahlreiche Vogelarten zum fressen einfinden.
8. Den heutigen Nachmittag verbrachte ich mit einer langjährigen Freundin. Wir arbeiteten früher im gleichen Geschäft. Da noch weitere Personen den gleichen Arbeitsweg hatten wie wir zwei, bildeten wir eine Fahrgemeinschaft. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für ein Geschnadere bei 4-5 Frauen in einem Auto herrschte. Nachdem wir dann nach einer 30 Minütigen Autofahrt jeweils am Ziel ankamen, war unser Mundwerk so richtig geölt. Das passte einigen Morgenmuffeln in der Kantine gar nicht. Da wurde uns dann schon mal gesagt, ob wir nicht ein wenig leiser sein könnten. Morgenmuffeln eben.
Da ich mich momentan nur selten auf der Strasse zeige, bekomme ich kaum etwas vom Gemeindeleben mit. Zum Glück habe ich liebe Freundinnen, welche mich von Zeit zu Zeit auf den neuesten Stand bringen. Der heutige Besuch hat mir richtig gut getan. Dankeschön Myrtha!
Laut Meteo soll es ja weiterhin kalt bleiben. Auch für nächste Woche sind Minus-Grade angesagt. Schade, denn nächste Woche beginnt die offizielle Fasnachtszeit. Ich würde mir doch zur Abwechslung gerne das Eintrommeln (Fasnachtseröffnung) und die Umzüge anschauen gehen. Aber bei der Kälte? Und da mein Mann lieber andere Musik vorzieht, ist er erst recht nicht erpicht, mich der Kälte auszusetzen.
Ja die Katzenmusik und die Musik welche mein Mann hört sind schon krass unterschiedlich. Während der Katzenmusikmarsch musikalisch nicht viel Abwechslung zu bieten hat, ist ein Gitarrensolo ein wahres Feuerwerk an Tönen und Rhythmen. Manchmal greift mein Mann selber in die Seiten. Es tönt gar nicht mal so schlecht. Manchmal spielt er so laut, dass ich es sogar eine Etage höher mitbekomme. Und da ich ja selber auch gerne laute Musik höre, drehe ich dann einfach den Regler noch lauter und töne ihn damit aus.
10. Mir ist es erst wieder diese Woche in den Sinn gekommen, dass ich ja bereits etwas über 11 Jahre mit den ALS-Symptomen leben. Die ALS hat mir im Laufe der Jahre immer mehr von meinen Fähigkeiten geraubt. Viele Fähigkeiten, welche ich im Kindesalter mühsam erlernen musste, verkümmern immer mehr. Körperlich entwickle ich mich wieder in die Kindheit Retoure. Dies ist auf dem folgenden Bild sehr gut zu erkennen. Ich habe mit Hilfe der Maus ein Bild (Frei Hand) gemahlen und darüber meine Unterschrift gesetzt. Nun versteht ihr sicher was ich mit zurück entwickeln meine.
Die Bilder, bei denen ich vorgegebene Formen wie Kreise und Vierecke benutze (Graphische), sehen dann schon etwas stilvoller aus. Aber He, es geht noch immer was. Und da mein Hirn von der ALS nicht angegriffen wird, kommen mir sicher immer wieder Ideen in den Sinn, wie ich die verlorenen Fähigkeiten ausgleichen kann.
Wie es um mich und meine Krankheit steht kommt dann am Montag aus. Ich werde in der ALS-Klinik St.Gallen zu der halbjährlich stattfindenden Untersuchung erwartet. Ich werde euch später davon berichten. Da es mir immer noch so gut geht, mache ich mir auch keine Sorgen.
Damit ihr seht, wie gut es mir geht, habe ich wieder ein aktuelles Foto von mir auf der Startseite eingefügt.
Diese Woche kann ich mich über Besuche nicht beklagen. Den heutigen Nachmittag verbrachte ich mit meinen Eltern bei Urner Schwarzem und Mutters selbstgebackenem Kuchen. Später, etwa 2 Stunden nachdem ich mein selbst gemaltes Bild ins Netz gestellt habe, kommt meine treue Freundin Erika mit einem Strauss Tulpen vorbei und gesellt sich zu unserer gemütlichen Runde. Mit solch lieben Besuchern lässt es sich den Winter gut überstehen. Am späteren Nachmittag habe ich mich endlich mal wieder nach Draussen gewagt. Mein Aussenaufenthalt beschränkte sich jedoch auf den Weg vom Haus bis zum Auto. Ich wollte nämlich wieder mal beim Einkaufen dabei sein. Dafür liege ich nun nach dem Einkauf am ganzen Körper frierend mit zwei Bettflaschen und einem erwärmten Hirsekissen auf der Brust im Bett. Trotzdem hat es sich gelohnt. Ich bin in den Genuss einer Musikalischen Darbietung durch eine Guggenmusik gekommen. Es het so richtig gfägt und mir wird nun auch langsam wieder wärmer.
12. Die Natur spielt momentan schon ein wenig verrückt. Zuerst schickt sie uns den grossen Schnee und danach die Eiseskälte. Und gestern Abend, ich lag nichtsahnend im Bett und hörte Musik, da fing kurz vor Mitternacht plötzlich mein Bett an zu schaukeln. Ich hab dann sofort an ein Erdbeben gedacht. Was heute auch durch die Medien bestätigt wurde. Das Epizentrum lag nicht weit von uns entfernt und hatte die Stärke von 4,2. Und heute legen die Wetterkapriolen noch einen drauf. Der Himmel ist zum Teil bedeckt und trotzdem scheint die Sonne. Das ist ja auch nichts aussergewöhnliches. Doch die luftig leichten Flocken die immer wieder tänzelnd vom Himmel her kommen, die schon. Die Alpendohlen verstehen die Welt auch nicht mehr. Sie halten sich noch immer in unserem Quartier auf. Normalerweise sind sie um diese Zeit schon längst wieder Richtung Bergen verschwunden.
Wir sollten eigentlich froh sein, wieder mal so einen kalten Winter zu haben. Die Eiskälte hat nämlich etwas Gutes. Sie vernichtet viele Ungeziefer, welche uns im Sommer ungemein lästig würden. Eigentlich weiss die Natur schon, wann sie welches Mittel einsetzen muss. Manchmal scheint es uns, die Naturgewalten würden gar zu krass auftreten. Da stimme ich auch zu. Aber wie gehen wir mit der Natur, mit unserer Welt um?
15. Anscheinend weiss Frau Holle, dass heute in vielen Orten der Zentralschweiz die offizielle Fasnachtszeit beginnt. Warum sonst, fallen abertausende von weissen Konfettis vom Himmel. Frau Holle gibt mal wieder Vollgas. Alles ist mit einer weissen Schicht überzogen. Es sieht so schön aus. Es hat wieder jede Menge ca. 25 cm Neuschnee gegeben und es schneit immer noch.
Bei meinem Mann wird sich die Freude in Grenzen halten. Er musste heute bereits um 5 Uhr raus und wird den ganzen Tag mit Schneeräumen beschäftigt sein. Ob es heute trotzdem zu einem Mittagessen reicht? Sonst muss ich mich wohl oder übel zu den vier Alpendohlen gesellen die gerade vor meinem Fenster am letzten Maisenknödel picken. Ob sie mir für den Notfall was übrig lassen werden?
In unserer Gemeinde wurde die Fasnacht bereits Gestern Abend eröffnet. Und heute Abend findet die Ytrummletä im Kantonshauptort Altdorf statt. Hunderte Fasnächter nehmen mit Pauken, Trompeten und Trommeln daran teil. Die Gruppe ist so gross, dass die Hintersten nicht mehr hören was die vordersten spielen. Trotzdem bleiben alle im Takt. Dieses Jahr werde ich diesem Spektakel wohl nicht beiwohnen. Es ist mir immer noch zu kalt.
16. Nun liegen nicht mehr nur weisse Konfettis auf den Strassen. Die farbigen Fasnachtsflöhe haben sich, nachdem sie durch die Luft gewirbelt wurden, ebenfalls zu den weissen gesellt. Welche Sorte wohl länger ausharrt? Wir werden es dann ende Fasnacht sehen. Je nachdem, ob die Schneeschaufeln oder die Besen zum Einsatz kommen, wird es einen Sieger geben. Bin gespannt, wer es sein wird. Der Winter oder der Frühling.
Die Besucher, welche sich täglich auf meinem Fenstersims einfinden und keck einen Blick in mein Zimmer werfen, um zu schauen, ob ich wohl da sei, würden wahrscheinlich den Frühling als Sieger bevorzugen.
Soeben ist wieder die Katzenmusik vor unserem Haus vorbei marschiert. Obwohl ich selber nicht mehr mitmachen mag, so freue ich mich doch jedes Jahr auf diese Närrische Zeit. Die Menschen finden sich in Gruppen zusammen und geniessen gemeinsam diese spassige Zeit.
17. Heute fiel mir auf, dass es am Morgen bereits wieder früher hell wird. Bei schönem Wetter, fällt dies natürlich noch mehr auf. Auch die Vögel fangen am Morgens wieder früher an zu pfeifen. Heute bestrahlt die Sonne die schneebedeckten Berghänge und lädt zum Schneesport oder zum Apre-Ski ein. Zu einem Sonnenbad im Schnee und zu einem Schümlipflümli (spez.Schnapskaffee) würde ich auch nicht sein sagen. Doch heute muss ich so oder so darauf verzichten. Mein Göttibub Simon ist für zwei Tage zu Besuch bei uns. Er trinkt trotz seinen 25 Jahren, weder Kaffee noch Alkohol. Auch das Rauchen ist ihm zuwider. Trotz diversen Sticheleien von seitens Kollegen und Bekannten ist er seinem Vorsatz stets treu geblieben. Von dieser Willensstärke könnten sich einige eine Scheibe abschneiden. Und dafür bewundere ich ihn.
Auch den Job, den er momentan ausübt, könnte nicht jeder machen. Er absolviert ein Praktikum auf einer Station, welche Demenz Kranke betreut. Ist sicher nicht einfach, sich Tag täglich mit diesem Krankheitsbild auseinander zu setzen. Doch er will es packen. Daher sucht er auf den Sommer eine Anstellung, wo er sich zum Fachangestellten Betreuung (FABE) ausbilden lassen kann. Kennt vielleicht jemand irgendwo einen geeigneten Ausbildungsplatz?
Die Toten Hosen - Steh auf, wenn du am Boden bist
So, nun muss ich Schluss machen. Ich will mich wieder meinem Gast widmen.
20. Heute Morgen, kurz vor 5 Uhr, hörte ich den Schneepflug an unserem Haus vorbeifahren. Er musste wohl die Strassen für die Fasnächter frei machen. Kurz darauf ertönten auch schon die Trompeten, Trommeln und die Pauken. Der Morgenstreich ist eröffnet. Man hört sie nicht nur, man spürt sie auch. Spätestens, wenn die Fensterscheiben anfangen zu scheppern, weiss ich, dass die Musikanten gerade an unserem Haus vorbei ziehen. Ich habe es sehr gut. Ich muss nicht mal in die Kälte gehen um die Katzenmusikgruppe zu sehen. Ich habe nämlich, dank dem Standort unseres Hauses, einen Fensterplatz. Heute werden immer wieder vereinzelt Grüppchen durch die Strassen ziehen und den Katzenmusikmarsch zum Besten geben. Je nach dem, was sie bereits intus haben, tönt es mal besser mal spezieller. Ich bewundere immer wieder, mit wie viel liebe und Engagement neue Kleider und Sujet für diese närrische Zeit kreiert werden. Als ich auch noch aktiv dabei war, schneiderte ich zusammen mit einer meiner Schwestern, unsere Gwändli auch selber. Es ist mit viel Arbeit und Zeit verbunden. Wenn man sich dann aber in mitten der andern Maskeraden wiederfindet, weiss man das es sich gelohnt hat.
21. Habt ihr's auch gehört. Es ist anscheinend kein Gerücht. Man sagt, die Fasnächter hätten ihre Arbeit so gut erledigt, dass dem Winter nichts anderes übrig bleibe, als möglichst schnell die Socken zu klopfen. Wenn dann heute Abend der Böög verbrannt wird, wird wohl auch Frau Holle merken, dass es nun aus ist mit dem Kissen schütteln. Nächsten Winter kann sie ja wieder jede Menge weisser Flöhe auf die Erde schicken. Aber jetzt muss sie das Feld räumen. Am Wochenende solle es nämlich schon die ersten frühlingshaften Temperaturen geben. Nicht umsonst sind bereits an der Fasnacht, Boten des Frühlings aufgetaucht. Ich freue mich so sehr auf den Frühling.
Heute Nachmittag musste ich für 2 Stunden ohne Strom auskommen. War dies Langweilig. Ich konnte weder Fernseh schauen, noch konnte ich Musik hören. Auch der PC hatte eine Mattscheibe und ich konnte nicht surfen. Für einen Ausflug war es mir zu kalt und der Treppenlift war ja auch Ausser betrieb. Nein, wir hatten keinen Blitzeinschlag. Der Stromunterbruch wurde selber arrangiert. Bei jedem Gebäude in der Schweiz werden alle 20 Jahre die Elektroinstallationen geprüft. Und Heute war es eben bei unserem Haus soweit. Jede Steckdose, jeder Lichtschalter, jede Leitung und deren Verkabelung wird begutachtet. Sind alle Stromquellen durch eine FI-Sicherung abgesichert. Man kann nur staunen, über die vielen Steckdosen, welche sich in einem Haus befinden. Die Kontrolle ist relativ gut verlaufen. Ein paar Kleinigkeiten müssen wir durch einen Installateur in Ordnung bringen lassen. Dann haben wir wieder weitere 20 Jahre Ruhe. Ich finde dies aus Sicherheitsgründen eine gute Sache. Die stromlose Zeit musste ich irgendwie überbrücken. Also lenkte ich den Rolli zu dem Fenster, von dem aus ich die beste Sicht auf die NEAT-Baustelle hatte. Es war interessant mal Maschinen und Menschen bei der Arbeit zu beobachten. Sonst kommen bei mir ja meistens die Vögel zum Zuge. Ich muss sowieso wieder vermehrt meinen Horizont erweitre. Mal schauen, auf was ich mich als nächstes stürze.
Und ja, Heute war es wieder soweit. Ich hatte einen Termin beim Zahnarzt für eine weitere Zahnreinigung. Obwohl es mich während der Behandlung immer wieder gewürgt hat und die Dentalhygienikerin dadurch kurz unterbrechen musste, ist es für meine Verhältnisse recht gut gelaufen. Ich denke, irgendwann werde ich es schaffen, den Würgereiz irgendwie zu überlisten. Vielleicht müsste ich es mal mit Om ausprobieren.
So und jetzt muss ich mich ans Fenster manövrieren. Bald ist Üstrummletä und der Böög wird in unmittelbarer Nähe meines Fensters aufgehängt und angezündet. Ein schaurig, feuriges Schauspiel. In Schall und Rauch ist der Böög untergegangen. Jetzt ist die Fasnacht endgültig aus. Es lebe hoch der Frühling.
22. Mit langsamen Schritten bewegt sich der Frühling auf mich zu. Ich kann es kaum mehr erwarten, meinen goldigen Käfig zu verlassen. Heute über den Mittag schien die Sonne so wunderschön auf unseren Balkon, dass mich mein Mann für eine Viertelstunde nach Draussen liess. War das herrlich. Die frische Luft, die Vögel singen zu hören und die Sonne auf meinem Gesicht zu spüren. Oh, wie ich doch das Leben liebe. Es dauert sicher nicht mehr lange und ich kann meinen Käfig endgültig verlassen.
Ich werde die Natur wieder aufs Neue bewundern können. Ich werde auf meinen Ausflügen viel Neues entdecken dürfen. Die Natur hält so viel Schönes für mich bereit. Ich werde meine Vögel, meine Schmetterlinge, meine Enten, meine Blumen und Sträucher und noch so vieles mehr wieder sehen. Mein Flugdrang wird von Tag zu Tag stärker. Bitte liebe Kälte, ziehe dich zurück und mach meiner geliebten Sonne Platz. Ich mag nicht mehr lange warten.
24. Jeder Tag bringt uns dem Frühling einen Schritt näher. Die Sonne hat schon sehr viel Wärme in sich und sie geizt auch nicht damit. Sie hat es mir heute ermöglicht, 45 Minuten auf dem Balkon zu verweilen. Ich benötigte diesmal nicht mal mehr eine Decke. Gegenüber Gestern ist das eine Steigerung von (war noch nie ein Held in der Mathe), na ich sage einfach 2/3 länger. Ich taste mich langsam nach draussen und akklimatisiere mich langsam an die Aussentemperaturen. Bald verlasse ich meinen Käfig Nachmittag weise und kehre mit vielen neuen Eindrücken zurück.
“Geduld ist das Vertrauen, dass alles kommt, wenn die Zeit dafür reif ist“
27. Wir haben in gesehen, wir haben ihn gespürt. Ich kann euch verraten, er ist traumhaft. Die Sonne hilft ihm an Wärme zuzulegen. Mein Mann und ich sind ihm am Samstag ins Tessin entgegen gereist. Wir wurden so herzlich und mit so viel Wärme (23°) begrüsst, dass wir gar nicht mehr nach Hause wollten. Mit der Zuversicht, dass er bald genug Wärme gespeichert hat, um über den Gotthard ins Urnerland zu gelangen, haben wir uns dann doch entschlossen, zu Hause auf ihn zu warten. Und heute ist er tatsächlich bei uns eingetroffen. Spürt ihr ihn auch? Der sehnsüchtig erwartete Frühling ist endlich da. Ich könnte die ganze Welt umarmen.
Auch wenn einige nie genug vom Schnee bekommen können und am liebsten das ganze Jahr mit den Skiern unterwegs wären, lässt sich der Frühling nicht mehr aufhalten. Mein Sohn gehört auch zu den angefressenen Skisportler. Zum Glück liegt in den Skigebieten von Canada und der USA noch genügend Schnee, damit er dem Schneesport frönen kann. Wenn er dann nach Hause zurückkehrt, wird er hoffentlich genug ausgepowert sein um aufs Bike umzusatteln. In fünf Wochen wird der Frühling sicher seine schönste Seite zeigen.
Während mein Mann und ich am Samstag den Frühling genossen, genoss unser Sohn das Freeriden in den Amerikanischen Wäldern.
28. Bevor ich mich ganz im Frühling vergesse will ich euch die Ergebnisse meiner halbjährlichen stattfindenden Verlaufskontrolle meiner ALS bekannt geben. Ich wollte eigentlich den schriftlichen Bericht meines Neurologen abwarten um euch die Ergebnisse mit seinem Fachlichen Wissen zu untermauern. Da der Untersuch vor zwei Wochen stattfand und ich nicht länger auf den Bericht warten mag, werde ich euch mit meinen laienhaften Ausdrücken die Ergebnisse bekannt geben. Als wir am Montag dem 13.02.12 um 13.00 Uhr bei der ALS-Klinik vorfuhren, konnten wir nur verständnislos den Kopf schütteln. Die Parkplätze für Behinderte dienten als Schneedepot. Vor den Eingang konnten wir auch nicht fahren. Die Ein- und Ausfahrt war nicht geräumt. Also parkierten wir auf einem anderen Parkplatz ein wenig weiter entfernt. Auf den Trottoirs zur Klinik lag reichlich Schnee und ein befahren mit dem Rollstuhl war schwierig. Mir kamen die vielen ALS-Betroffenen in den Sinn, welche immer noch als Fussgänger die Klinik aufsuchen und mit unsicheren Schritten durch den Schnee stapfen müssen. Ich kann euch sagen, ich habe mich dermassen aufgeregt, dass ich am liebsten kehrt gemacht hätte. So etwas darf einfach nicht passieren. Wenn nun einer gestürzt wäre und hätte danach einen Gips tragen müssen, wäre das fatal gewesen. Die Muskeln welche sich unter dem Gips zurückgebildet hätten, könnte ein ALS-Betroffener nie mehr aufbauen. So was verstehe ich dann gar nicht. Da wird geforscht, wie dieser Krankheit am besten zu begegnen ist, übersieht jedoch was momentan am wichtigsten wäre. Nämlich der Unfallfreie Zugang zur Klinik. Ich hoffe, dieses Schneeschlamassel bleibt einmalig. Ich habe die Klinik jedenfalls darauf hingewiesen.
Jetzt kommt aber der schöne Teil. Mein Mann ich werden schon seit Jahren von der ALS-Klinik durch die Krankheit begleitet. Das Betreuungsteam in St. Gallen ist hervorragend. Bei einem Besuch werde ich als erstes vom Neurologen untersucht. Er schwingt jeweils sein Hämmerlein um die Reflexe zu testen. Dann wird manuell die Restkraft in den verschiedenen Gliedern gemessen. Der Mundinnenbereich sprich Zunge, Gaumen, Schluckreflex wird angeschaut und der Aussprache wird gelauscht. Damit das Sprechen deutlicher wird, könnte mit Einspritzen von Eigenfett in das Gaumensegel eventuell eine Verbesserung herbeigeführt werden. Durch einen einfachen Test wurde festgestellt, dass der Nutzen bei mir Minim wäre und er müsste sowieso von Zeit zu Zeit nachgespritzt werden. Und dies bei meinem gesteigerten Würgreflex. Ne, Ne, das tue ich mir nicht an. Später werden alle Daten mit dem Untersuch von vor einem halben Jahr verglichen. Normalerweise, wenn Ergebnisse / Zahlen mit Vorjahreszahlen verglichen werden, kann das Ergebnisse plus, minus oder gleich sein. Bei ALS Ergebnissen überwiegt leider vielfach ein Minus. Was so viel bedeutet, es hat eine Verschlechterung stattgefunden. Bei mir hat zum Glück keine Verschlechterung stattgefunden. Bin ich froh.
Mein Neurologe nahm es dann doch Wunder, warum in meinem rechten Arm immer noch viel Restkraft vorhanden ist und im andern Arm nicht. Kurzerhand pikste er mir eine Nadel in den Bizeps und schloss mich am Strom an. Danach musste ich meinen Arm anheben und auf dem Aufzeichnungsmonitor wurden Ausschläge sichtbar. Das Ergebnis war beeindruckend. Der Nervenstrang / Muskelstrang welcher den Bizeps versorgt, haben die Funktion von ungefähr siebzehn untergegangenen Nervensträngen/ Muskelsträngen (Aussprossung der Axone) übernommen. Diese enorme Anzahl kommt bei ALS eher selten vor. Für mich ist dies momentan sehr gut. Eine Gefahr besteht leider. Sollte der Energielieferant meines Bizepses untergehen, gehen auch gleichzeitig alle andern Siebzehn Stränge mit unter. Meine Kraft und die Beweglichkeit meines Arms und den Fingern wäre auf einen Streich weg. Aber wer weiss, vielleicht gehören sie zu den Unzerstörbaren.
Den mittleren Teil des Klinikbesuches verbringen wir dann jeweils mit einer Pflegefachfrau welche sich auf die Betreuung von ALS-Betroffenen spezialisiert hat. Zusammen wird eine Checkliste abgearbeitet. Nebst medizinischen Fragen kommen auch Themen zum Alltag zur Sprache. Unter anderem wird nach der Pflege zu Hause gefragt. Wie alles funktioniert. Ob genügend Hilfe vorhanden ist. Wie es mit den Hilfsmitteln aussieht und so weiter. Zum Schluss wird noch ein Funktionstest meiner Lunge gemacht. Auch hier ist keine Verschlechterung eingetreten.
Beim dritten und somit letzten Teil des Besuches ging es diesmal um das Assessment (Beurteilung, Einschätzung, Bewertung) der Atmung. Ein Physiotherapeut erklärte mir Atemtechniken, mit denen ich meine Atmung effizienter und mit weniger Kraftaufwand einsetzen kann. Auch die Übungen für den Erhalt des Lungenvolumens und das Abhusten des Sekrets werden mir / uns im Alltag sehr helfen.
Nach drei Stunden bin ich dann jeweils schon froh, die Klinik verlassen zu können. Mit solch einem erfreulichen Ergebnis in der Tasche nimmt man allerdings auch noch die zweistündige Heimfahrt gerne in Kauf.
Und jetzt bin ich ebenfalls müde. Das viele Schreiben hat mich geschafft. Muss mal Pause machen.
29. Am letzten Tag des Monats hat sich die Käfigtüre geöffnet. Nun bin ich endlich frei wie ein Vogel und kann wieder durch die Natur streifen.
Ich bin sogleich zum See gefahren, um nachzuschauen, was sich über den Winter so verändert hat. An manchen Stellen war der Weg sehr Nass und die Erde aufgeweicht. Ich musste aufpassen, dass sich die Räder des Rollstuhls im Match nicht festfuhren. Es ist aber alles gut gegangen. Nicht auszudenken wenn nicht. Mein Mann hat mir nämlich am Mittag noch eingetrichtert, ich möge doch bei der ersten Ausfahrt ein wenig vom Gas wegnehmen. Dies war ein guter Rat.
Heute habe ich am See nur die Enten angetroffen. Wo die Schwäne und Gänse sich aufgehalten haben, keine Ahnung. Vielleicht treffe ich sie ja bei meinem nächsten Besuch.
Da die Seeluft immer noch recht kühl war, hielt ich mich auch nicht lange dort auf. Wäre ja noch schöner, jetzt eine Erkältung einzufangen, wogegen ich den ganzen Winter verschont geblieben bin.
Wieder Zuhause angelangt inspizierte ich unseren Garten. Und was sehe ich da? Unseren ersten Frühlingsboten haben ihre Köpfe aus der noch halb gefrorenen Erde gestreckt. Sie sehen aus wie kleine Frühlingssonnen. So zart und wunderschön sind die Winterlinge.
MÄRZ
3. Nun ist es offiziell. Der Frühling ist definitiv im Land. Wer es immer noch nicht recht glauben will, kann bei mir vorbeikommen und ich beweise es ihm. Die Tomaten sind zwar noch nicht reif und haben auch noch keinen Geschmack. Trotzdem gibt es bereits ein Früchtchen, dass heute der Tomate den Rang streitig macht. Das Früchtchen, das ich meine hat sich den ganzen Nachmittag von der Sonne anstrahlen lassen. Die Stunden drehten ihre Runden ab und das Früchtchen wurde roter und roter. Es nahm immer mehr die Farbe von einem reifen Tomätchen an. Ihr wisst es ja sicher noch vom letzten Jahr. Erst nachdem ich mir den ersten Sonnenbrand eingefangen habe und Ähnlichkeit mit einer Tomate habe, ist definitiv Frühling. Da kann es nächste Woche ruhig nochmals schneien. Ich halte an meinem Frühling fest.
Obwohl sich meine Sonnenbrille auf meiner Nase nieder gelassen hatte, fiel mir natürlich jede Bewegung in meiner Umgebung auf. Was da alles schon herum fleucht. Eine Fliege landete doch prompt auf einer meiner Hände und fing an, mich zu beschnuppern. Wahrscheinlich wollte sie mich einfach kennenlernen. Die Schmetterlinge sind auch schon flott unterwegs und flattern zu zweit durch die Gegend. Es ist eigentlich noch zu früh, doch ich habe bereits eine einzelne Schwalbe gesichtet. Weiter entdeckte ich oben am Himmel einen Milan. Mit ausgebreiteten Flügeln zog er seelenruhig seine Kreise und liess sich auch vom Gleitschirmflieger in seiner Nähe nicht beeindrucken. Später brachte mir mein Mann einen Ast, auf dem ein kleiner Marienkäfer herumkrabbelte. Ich finde die erwachende Natur so spannend und wunderschön.
10. Leute ich wollte nur schnell mitteilen, dass es mir gut geht. Ich bin immer noch am Daumen drücken und habe deshalb kaum Zeit zum Schreiben. Aber nur noch Heute, dann sind die Prüfungen des Juniors durch. Ich denke so um 02.00 Uhr MEZ dürften wir unseren Daumen und unseren Gedanken wieder mehr Freiraum lassen. So jetzt muss ich aber wieder Daumen drücken, die Prüfungen haben begonnen.
Ich denke, ich spendiere allen Daumendrückern als Dank einen Song.
Chris de Burgh - Pure Joy
11. Jetzt ist es fertig mit Daumen drücken und mitfiebern. Leider weiss ich noch nicht wie es Gestern gelaufen ist. Ich nehme an, die Prüflinge sind nach dem Examen feiern gegangen und müssen nun den Kater ausschlafen bevor sie sich zu Hause melden, um ein Feedback abzugeben. Die genauen Ergebnisse erfahren sie ohnehin erst in etwa zwei Monaten. Die Prüfungen werden nämlich nach England geschickt. Dort werden sie kontrolliert und bewertet. Ich werde mich natürlich für meinen Sohn freuen, wenn alles in seinem Sinne geklappt hat. Persönlich freue mich jedoch mehr auf seine Rückkehr in drei Wochen.
Nun bin ich meine Anspannung los. Sie haben sich über Nacht aufgelöst. Ich darf mich wieder voll und ganz der erwachenden Natur widmen.
Als unser Kirschbaum geschnitten wurde, bat ich meinen Mann, einen Ast davon in eine Vase zu stellen und im Wohnzimmer aufzustellen. Und heute Morgen, der Zeitpunkt hätte nicht besser sein können, öffneten sich zarte, weise Blüten am Ast. Es sieht aus, als ob kleine Balletttänzerinnen auf dem Ast tanzten. So lieblich schön ist der Frühling.
13. Fussball ist eigentlich nicht meine Sportart. Aber heute werde ich, aus Solidarität meiner Bayrischen Freundin gegenüber, den Fussballmatsch am TV verfolgen. Obwohl ich nicht alle Regeln kenne, weiss ich zumindest was ein Goal ist. Ich finde es stets amüsant, wenn sich Spieler nach einem Gegnerischen Foul am Boden wälzen, um kurze Zeit später wieder quick lebendig weiter zu spielen, als wäre nichts gewesen. Es ist ja allseits bekannt, dass Männer wehleidiger sind als Frauen. Zumindest sind sie die besseren Schauspieler. Bin mal gespannt, wer heute die besseren Nerven besitzt. Ich wünsche mir ein faires, spannendes Spiel.
15. Ich kann nichts dafür, wenn ich kaum noch zum Schreiben komme. Das schöne Wetter lockt mich jeden Nachmittag nach draussen. Ich kann der Frühlingssonne einfach nicht widerstehen. Jeder Tag ist schöner als der vorangegangene. Und von Tag zu Tag wird es ein wenig Wärmer. Endlich muss ich mich nicht mehr so dick anziehen. Dadurch fühle ich mich wieder freier und beweglicher. Meine Finger geniessen es ebenfalls keine Handschuhe mehr tragen zu müssen. Das Bedienen der Rollstuhlsteuerung fällt mir deswegen auch wieder leichter. Es ist einfach nur schön. Ich liebe die Natur so sehr. Das Pfeifen der Vögel und das herum surren der Hummeln. Das vorbei flattern der Schmetterlinge und das Erwachen der Vegetation. All dies und noch viel mehr miterleben zu dürfen, ist wie ein wunderschöner Traum. Ich geniesse jeden Tag aufs Neue. Eva Cassidy - Fields Of Gold
16. Diese Nacht habe ich wieder mal versucht auf dem Rücken zu schlafen. Es ging mehr schlecht als recht. Ich bin irgendwann nach 3.00 Uhr eingeschlafen. Durchschlafen war jedoch nicht möglich. Ich wachte zwischendurch immer wieder auf. War ich froh, als mein Mann um 6.30 Uhr mein Zimmer betrat, um mich in die Seitenlage zu drehen. Ich rechnete mir aus, dass ich mir bis zum Eintreffen der Spitex um 9.30 Uhr noch einen dreistündigen Intensivschlaf gönnen könne. Aber nix da. Wäre auch zu schön gewesen. Gerade heute ist die Spitex früher dran und weckt mich um 8.00 Uhr bereits wieder aus meinem endlich gefundenen Schlaf. Ich bin doch noch so müde und würde die Spitex am liebsten wieder wegschicken. Doch das geht nicht. Also heisst es Aufwachen der Tag beginnt. Mittlerweile bin ich geduscht und angezogen und mein morgendliches Joghurt habe ich auch schon intus.
Nun sitze ich mit einer Tasse Kaffee vor dem PC und lese wie jeden Morgen zuerst die Zeitungen und danach checke ich meinen Posteingang. Heute sind mal wieder Berichte von meinem Sohn dabei. Er schreibt er habe den Eindruck, dass er die Prüfungen gut über die Bühne gebracht habe und nun getrost herumreisen könne. Ich wünsche ihm noch eine tolle Zeit in Kanada.
So und ich denke, ich lege mich am Nachmittag mit dem Liegestuhl in die Sonne und hole den Schlaf nach.
18. War das eine Woche. Jeden Nachmittag war ich mit dem Rolli unterwegs. Meistens zwangen mich die zur Neige gehenden Batterien oder die hinter einem Berg verschwindende Sonne zur Heimkehr. Es war einfach traumhaft. Je weiter die Woche voranschritt, umso wärmer wurden die Temperaturen. Es war herrlich immer weniger anziehen zu müssen. Eine meiner Touren führte mich, wie könnte es anders sein, an meinen See. Natürlich sah ich dabei meine Enten und Schwäne wieder. Die Gänse konnte ich jedoch noch nicht entdecken. Dafür sah ich zwei Graureiher auf einer der Inseln. Ich kann mir vorstellen, dass sie dort ein geeignetes Plätzchen gefunden haben und bald ihre Jungen dort aufziehen.
Einmal war ich mit meiner kuchenbackenden Schwester unterwegs. Sie mit dem Velo und ich mit dem Rolli. Manchmal ist es schon praktisch, wenn man von jemandem begleitet wird. Vor allem dann, wenn sich mal wieder ein Nasentröpfli selbständig macht. Ich würde ja meine Nase ohne Bedenken nach alter Sitte am Hemdärmel abwischen. Obwohl ich nicht die kleinste Nase habe, reicht meine Kraft leider nicht aus, um die Nase zum Arm zu bewegen oder den Arm zur Nase. Also ist ein begleitender Nasenputzer schon nicht schlecht. Als Dank habe ich meine Schwester beim Verabschieden mit dem Rolli umgefahren. Sie hat aus Versehen meine Rollstuhlsteuerhand ergriffen. Daraufhin hat mein Rolli unvermittelt die Richtung gewechselt und meiner Schwester einen Stoss in die Beine versetzt. Da lag sie nun, längsgestreckt auf dem Rasen. Das sah so komisch aus, wir mussten einfach nur lachen. Auch jetzt beim Niederschreiben dieses Ereignisses kann ich mir das Lachen nicht verkneifen. Ich nehme an, die eine oder andere blaue Mase wird es schon gegeben haben.
Diese Woche traf ich auf einige Leute, welche ich den ganzen Winter über nie gesehen habe. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was man sich da alles zu erzählen hat. Und im Nu ist so ein Nachmittag vorbei.
Eines muss ich euch doch noch erzählen. Ich bin in gemächlicher Fahrt auf dem Reussdamm unterwegs. Bei einer unübersichtlichen Linkskurve halte mich schön rechts. Da kommt mir in rasantem Tempo ein in wehenden Stoffen eingehüllter Fahrradfahrer entgegen. Fast hätte es einen Zusammenstoss gegeben. Mit einem gekonnten Schwenker und einem spitzbübischen Lachen im Gesicht für die Klosterfrau an mir vorbei. Diese Nonne strahlte vor Energie und Lebensfreude. Hab mir gleich etwas davon geschnappt. Das Leben ist wunderbar.
19. Die Sonne versteckt sich heute hinter den Wolken. Die Regentropfen, welche vom Himmel fallen, kommen mir vor als wären es Tränen der Sonne. Was hat sie wohl auf unserer Erde gesehen, was sie zum Weinen gebracht hat. Haben wir die schönen Tage, welche sie uns letzte Woche geschenkt hat überhaupt war genommen. Sehen wir noch, mit was für Wundern uns die Natur jeden Frühling aufs Neue beschenkt. Ist es für uns zur Selbstverständlichkeit geworden, dass sich die Natur nach jedem Winter wieder ins Leben zurückkämpfen muss. Können wir die wunderschönen Farben und den süsslichen Düften überhaupt noch wahrnehmen. Ist uns bewusst, dass die Natur unser Nahrungslieferant ist. Zollen wir der Natur den gebührenden Respekt? Halten wir jemals inne und denken darüber nach? Oder ist alles was die Natur uns gibt, für uns zur Selbstverständlichkeit geworden. Wenn es so ist, dann geht es uns wirklich zu gut.
Das heute Regentropfen vom Himmel fallen, könnte aber auch einen anderen Grund haben. Vielleicht freut sich die Sonne so sehr darüber, dass sie es wieder mal geschafft hat der Natur Leben einzuhauchen, dass sie uns nun Freudentränen vom Himmel schickt. Ich denke, viele erfreuen sich am Frühling genauso wie ich und spüren wie viel Kraft bereits in der Natur steckt. Lyriel - Regen
20. Heute Morgen um 6.14 MEZ war offizieller Frühlingsanfang. Der Himmel war am Vormittag allerdings recht verhangen. Nach dem gestrigen Regen und Schneefall ist das auch kein Wunder. Doch am Nachmittag hielt es die Sonne in ihrem Versteck wohl nicht mehr länger aus und hat mit ihren Strahlen die Wolkendecke aufgerissen. Im Laufe des fortschreitenden Tages haben sich die Wolken immer weiter zurückgezogen, um dem Blau des Himmels Platz zu machen.
In den Bergen hat es zum Glück nochmals Schnee gegeben. So hoffe ich, wird es meinem Junior leichter fallen bald die Heimreise anzutreten.
Sein Traum vom Heliskiing konnte er sich in den vergangenen Tagen in Canada noch verwirklichen. Letzthin hat er mir mitgeteilt, dass er gleich am zurückkehrenden Wochenende die Schweizer Berge aufsuchen werde um noch etwas vom heimischen Schnee ergattern zu können.
Solange mir niemand den Frühling wegnimmt, können die angefressenen Skifahrer von mir aus bis zum nächsten Winter auf den Skiern ausharren. Ich jedenfalls ziehe momentan den Frühling vor.
22. Die Spitex hat mich heute bereits kurz nach 8.00 Uhr aus dem Bett geholt. Nun sitze ich vor dem PC und überbrücke die Zeit, bis zum Eintreffen der Physiotherapeutin um 10 Uhr, mit einem Tagebucheintrag. Heute haben wir uns vorgenommen, bei der Physiotherapie wieder mal den Ambubeutel einzusetzen. Wir benutzen ihn für einen Teil der Atemübungen. Und so ist die Anwendung: Zuerst atme ich alle Luft aus, dann setzt mir die Therapeutin den Ambubeutel auf, ich atme ein und durch Druck auf den Beutel wird zusätzliche Luft in meine Lungen gepresst. Dadurch dehnt sich mein Brustkorb und das Gewebe bleibt elastischer. Bei den voran gegangenen Anwendungen wollte es noch nicht so richtig klappen. Die Maske löste bei mir immer wieder meinen berühmten Brechreiz aus. Mal schauen wie es heute so geht. Werde davon berichten.
Leider hat es heute mit dem Ambubeutel nicht viel besser geklappt. Meine Therapeutin und ich werden jedoch nicht aufgeben und es immer wieder in die Atemübungen einbauen.
Am Nachmittag wollte ich eigentlich eine Rollitour unternehmen. Doch die kalte Biese blies mir einfach zu stark. Also legte ich mich gefrustet in den Fernsehsessel und ergab mich denn Fernsehprogrammen hin.
Nun warte ich auf wärmere Tage.
24. Ich glaube die Sonne hat sich heute in der Jahreszeit geirrt. Die Strahlen, welche sie uns hinuntergeschickt hat, hatten so viel Power wie an einem Sommertag. Ich nahm sie natürlich dankend an. Doch kein Vergnügen ohne Folgen. Heute wird wohl die ganze Nacht ne Birne leuchten. Doch halt, ich sollte schon ehrlich schreiben. Es sind nämlich gleich zwei Glühbirnen, die heute durch die Nacht scheinen. Hoffentlich verwechselt uns niemand mit den Glühwürmchen. Das gäbe wohl ne Leuchtparty.
Weil ich auch Gestern nicht gross nach Draussen konnte, musste ich das Wetter heute ausnutzen. Gestern wurden mir nämlich drei weitere Rollstühle gebracht, um zu testen, ob wenigstens einer auf meinen Treppenlift mit der kleinen Plattform passt. Und siehe da, ich glaube wir haben da einen gefunden. Ich werde ihn jetzt zwei Wochen lang auf Herz und Nieren testen. Dann werden wir sehen, ob er meinen geliebten, aber altersschwachen Rolli ersetzen kann. Danach heisst es einen Antrag an die IV stellen und auf das ok warten. Aber ich denke, es wird schon klappen.
So, nun muss ich mich auf die Suche nach einem Gesichtseincremer machen.
26. Ein Tag schöner wie der andere. Da bleibt mir doch nichts anderes übrig als die Räder zu bewegen und die Umwelt zu ergründen. Meine Schwester Bernadette hat mich Gestern angefragt, ob ich heute Lust hätte die Biotope aufzusuchen. Das kam mir gerade gelegen. So könnte ich gleich meinen Leihrollstuhl auf seine Gelände Tauglichkeit prüfen. Also suchten wir heute Nachmittag die Biotope auf. Die Wege bei den Teichen bestehen aus Schotter. Das heisst für mich als Rollifahrer, ich muss meine Blicke öfters dem Boden zuwenden, um rechtzeitig grösseren Steinen und Unebenheiten ausweichen zu können. Ich muss sagen, der Rolli hat sich heute gut geschlagen. Im Sommer, wenn das Gras und die Sträucher gewachsen sind und die Wege fast verwildern, wird ein befahren dann schon schwieriger. Also suchten wir heute die Teiche nach Schlangen, Fröschen und sonstigem Gewürm ab. Für die Libellen, welche zu Hauf in ihren schimmernden Farben die Teiche besuchen, ist es wohl noch etwas zu früh. Dafür konnten wir bereits Bienen beobachten, welche sich am Nektar, der an den Böschungen wachsenden Huflattichblüten, genüsslich taten. Schlangen haben wir leider keine angetroffen. Dafür drei Frösche und jede Menge Froschlaich. Die Teichränder sind übersät mit den Eiern. Das wird mal ein schönes Froschkonzert geben. Sieht so richtig schwabbelig und glitschig aus. Igitt, igitt möchte man da sagen. Doch warten wir es ab, die kleinen Fröschchen werden umso niedlicher aussehen.
29. Unser Junior ist jetzt sicher schon emsig am Packen. Er wird seinen Koffer wohl kaum mehr zu bringen. Im Verlaufe des Tages, wird er sich auf den Weg zum Flughafen aufmachen. Wenn es bei uns 1 Uhr nachts ist, wird sein Flieger in Vancouver abheben. Unser Sohn wird dann am Freitag wieder heimatlichen Boden betreten. Wir freuen uns auf ihn.
31. Peter trat in der Nacht zum Freitag die Rückreise in die Schweiz an. Da mein Mann und ich unseren Sohn abholen wollten, machten wir uns kurz vor dem Mittag auf den Weg zum Flughafen. In Zürich angekommen hatten wir noch genügend Zeit, um uns auf die Zuschauerterrasse zu begeben, um die An- und Abflüge der Flugzeuge zu beobachten. Bevor wir jedoch auf die Terrasse durften, wurden wir und unsere Taschen kontrolliert. Hierfür musste ich eine Kabine aufsuchen. Als sich die Kontrolleurin Handschuhe überzog dachte ich, was will denn die jetzt. Doch alles halb so schlimm. Ich und mein Rolli wurden lediglich abgetastet. Da ich noch nie in ein Flugzeug eingestiegen bin, wurde ich auch noch nie durchsucht. Für mich war das alles Neuland und demzufolge spannend und aufregend. Und als ich dann die vielen Flugzeuge bei der Landung und beim Starten beobachten konnte, staunte und freute ich mich wahrscheinlich wie ein Kind. Diese Vögel sind aber auch imposant.
Kurz vor 15 Uhr ist dann der Flieger mit der Flugnummer LX 1105 aus München kommend mit unserem Sohn an Bord gelandet. Nun würde es nicht mehr lange dauern bis wir unseren Sohn wieder sehen würden. Und da sahen wir ihn auch schon durch die Glasscheibe wie er auf sein Gebäck warten musste. Kurze Zeit später konnten wir unseren Sohn wieder in die Arme schliessen. Ich bin so glücklich, dass unsere Familie wieder beisammen ist.
Wieder Zuhause angekommenen, gab es natürlich einiges zu erzählen. Am besten erzählt es sich doch bei einem feinen Essen. So zum Beispiel bei der selbstgemachten Lasagne von Piet. Mmh, so fein. Peter wird wohl noch einiges vom dreimonatigen Aufenthalt in Canada zu berichten haben. Gespannt bin ich jedenfalls auf die über 1000 Fotos, die er geschossen hat. Aber zuerst lassen wir ihm mal Zeit, sich einzuleben. Wird ja jetzt wohl ein Weilchen hierbleiben.
APRIL
5. Herjemine, ich bi scheen spät dra. Der Monet isch scho fief Täg aut und ich hannä nu nid ämau i miem Tagebüech ereffnet.
Da wott ich doch jetzt schnell dem Monät midemämä passendä Bliemli äs Gsicht gä.
Die vergangenen schönen, warmen Tage haben viele Pflanzen erwachen lassen. Blumen haben sich aus der Erde gekämpft und eine Frühlingsblume nach der anderen öffnete ihr Köpfchen. An vielen Bäumen sieht man, wie sich täglich mehr und mehr junge, hellgrüne Blättchen aus den Ästen zwängen. Es wird nicht mehr lange dauern und die Bäume tragen wieder ein sattes grünes Kleid. Unser alter Pflaumenbaum steht sogar schon in voller Blüte. Wunderschön sehen auch die blühenden Frühlingssträucher aus. Mit ihren gelben, weissen, roten und rosafarbenen Blüten sind sie eine Augenweide.
Momentan hat der Regen das Zepter übernommen. Der Natur tut das sehr gut. Ich hoffe einfach, dass es nicht zu stark abkühlt. Die jungen Pflänzchen könnten sonst Schaden nehmen. Also Sonne, lass uns nicht zu lange warten und zeige dich bald wieder. Trading Yesterday - She Is The Sunlight
7.Ich wünsche allen wundervolle Ostertage
Ich bin gerade am überlegen, ob ich diesen Ostergruss einfach so stehen lassen soll. Mir scheint es, er sieht irgendwie Nackt aus. Soll ich ihn so stehen lassen oder soll ich ihn in Worte betten? Habe ich denn überhaupt etwas zu Ostern zu sagen? Klar, ich habe wie jedes Christlich erzogene Kind im Religionsunterricht die Ostergeschichte verinnerlicht bekommen. Ich habe die Erzählungen in der Bibel sowieso immer spannend und sehr lehrreich empfunden. Auch wenn sich diese Geschichten im Laufe meiner Jahre relativiert haben, bin ich doch froh diese gehört zu haben. Einige Worte sind zu Leitplanke in meinem Leben geworden.
Ich weiss nicht ob ich glauben soll, dass ein Vater seinen Sohn auf die Erde schickt um ihn dann sterben zu lassen. Vielleicht muss man alles übertrieben und brutal darstellen, damit unsere ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet wird. Ich will nicht behaupten, dass es nicht so sein konnte. Mir ist es aber lieber, Jesus als einen Menschen anzuerkennen der unter uns weilte und uns durch seine Weisheit aufgezeigt hat, wie wir am besten unseren Lebensweg beschreiten sollten. Jesus hat gegen alle Widerstände standgehalten. Auch Folter konnte ihn nicht brechen. Schliesslich musste er für seine Überzeugung sein Leben lassen.
Auch heute gibt es Menschen die unendliche Qualen erleiden müssen. Sei es durch die Religionsangehörigkeit, sei es wegen der Abstammung, sei es durch Kriege oder einfach weil man jemandem nicht passt. Ich hoffe, dass wir Menschen ebenfalls irgendwann ein Happyend erfahren dürfen wie Jesus. Es wäre doch so schön, diese Welt verlassen zu dürfen, mit dem Gedanken, dass viele in Liebe an einen denken.
8. Oh jemine, mini Bliemmli länd ihri Chepfli la hangä. Zwicht vo dä Schneefleckli drickt si fascht z‘Bodä. Dr Winter isch zrug. D’Alpädohlä hent das anschienend scho sit Tagä gwisst. Nid umä suscht hend sie i dä letschdä Tagä so lüt kreiet und sind i massä im Dorf umä gflogä. Ja, Tiäri gsprüret so ebbis haut lang vor ies Mänschä. Mich riewet d’Bäim wo bereits i dr Bliäti stend. Mä cha jetzt eifach nur hoffä, dass äs nid zu chaud wird und Bliätä nit abfrierit.
Die Wetterpropheten hatten ja angekündigt, dass die Schneefallgrenze auf 500m sinken könnte. Und da ich auf 468 m. ü. M. wohne hat es mich und meine Blumen voll erwischt. Eigentlich habe ich es schon in der Nacht geahnt, dass es draussen wahrscheinlich schneit. Als ich in der Nacht erwachte, sah ich durch die Fenster, wie die Nacht einen matten, roten Schimmer angenommen hatte. Ein Zeichen, dass es Draussen höchstwahrscheinlich schneit. Oder habt ihr schon mall einen Sonnenuntergang mitten in der Nacht gesehen. Ich jedenfalls nicht. Aber warum es rot leuchtet, weiss ich bis heute nicht.
Leider soll das Wetter nächste Woche auch nicht viel besser sein. Trotzdem lasse ich mir die Ostertage nicht vermiesen. Schliesslich ist die ganze Familie wieder zusammen. Mein Mann und mein Sohn kochen heute gemeinsam das Ostermenü. Der Risotto, das Lammrack mit Kräuterkruste und der Blumenkohl duften bereits in mein Büro. Ich denke ich darf mich nun zu Tisch begeben. Hmmh, so was von gut.
Doch halt, ich muss noch schnell eine Episode erzählen. Als mein Mann heute Morgen mein Zimmer betrat zog er mich an den Ohren. Ich sagte ihm: Du kannst noch lange an meinen Ohren ziehen. Trotzdem werde ich kein Osterhase.
13. Ich weiss, die Ostertage sind eigentlich vorbei und ich sollte mal wieder etwas schreiben. Doch was soll ich schreiben. Momentan erlebe ich nichts, was sich zu berichten lohnt. Das Wetter ist so wechselhaft, dass ich mich wieder seit Tagen im Hause aufhalten muss. Dabei blühen Draussen die Frühlingsblumen so wunderschön in allen Farben. Auch einige Obstbäume haben sich bereits das weisse oder das rosafarbene Blühtenkleid übergestreift. Wie gerne würde ich den Duft des Frühlings um meine Nase wehen lassen. Wie gerne würde ich die Hummeln beobachten wie sie eine Blüte nach der andern aufsuchen und sich am Nektar genüsslich tun. Interessant wäre es auch, den Vögeln beim Nestbau zuzuschauen. Leider bleibt das Wetter bis mindestens nächsten Mittwoch unbeständig. Am Montag soll der Schnee sogar wieder tiefe Lagen erreichen. Wo ist sie bloss hin, die wärmende Sonne.
Etwas Gutes hat das schlechte Wetter trotzdem. Ich konnte diese Woche einige Sachen erledigen. So habe ich die Selbstdeklaration für das Assistenzbudget erstellt und an die IV weiter geleitet. Habe meinem Rollstuhllieferanten den Auftrag erteilt, für die Beschaffung eines neuen Rollstuhls einen Antrag an die IV zu stellen. Weiter bekam ich von der Spitex den Auftrag meinen ausführlichen Pflegeplan zu aktualisieren. Und heute Nachmittag war ich wieder am Planen unserer Frühlingsferien. Ich freue mich so darauf. Einfach für 4 – 5 Tage dem Alltag zu entfliehen.
Etwas habe ich doch noch zu berichten. Seit einigen Tagen ist unser Haustier der Dachs wieder aufgetaucht. Gesehen haben wir ihn jedoch noch nie. Lediglich die Spuren die er hinterlässt.
14. Jippie ich freue mich so auf unsere Frühlingsferien. Ich habe heute Morgen gleich ein rollstuhlgerechtes Hotelzimmer gebucht. Ich freue mich riesig auf die fünf Tage in Meran. Uns gefällt dieses Fleckchen Erde im Süden dermassen, dass es uns schon zum 3. Mal dort hinzieht. Das Klima dort ist sehr mild und sonnig. Die Gegend um Meran lädt zu diversen Ausflügen und Wanderungen (auch mit Rollstuhl) ein. Überall blüht es in üppiger Farbenvielfalt. Ein Traum für jedes Auge. Nicht umsonst wird Meran auch Blumenstadt genannt.
Da wir dieses Jahr unsere Ferien ein paar Wochen später als sonst antreten, werden wir höchstwahrscheinlich die Apfelblütensaison im Vintschgau verpassen. Doch wer weiss. Wenn sich das Wetter weiterhin dem Frühling so verweigert wie in den letzten Tagen, könnten wir doch noch in den Genuss von blühenden Apfelplantagen kommen. Dieses Mal habe ich ein Hotelzimmer bei der Therme Meran gebucht. Dort gibt es diverse Innen- und Aussen Pools, Bäder und einen grossen SPA Bereich. Ich hoffe mein Mann lässt sich dort ein bisschen verwöhnen. Verdient hat er es auf jeden Fall. Abgerundet wird das ganze Areal durch einen wunderschönen Park mit Zedern und Vogelgezwitscher. Nun heisst es noch einige Wochen warten bis wir die blumige Meraner Luft einatmen dürfen. Doch das Warten lohnt sich
15. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal freiwillig dermassen viel Zeit am PC verbringe. Als ich noch Berufstätig war, bestand meine Tätigkeit zu 70% aus Büroarbeit. Ich erstellte die Einsatzpläne meiner Mitarbeiter mit dem PC. Die Statistiken mit denen ein Warenhaus arbeitet analysierte ich ebenfalls mittels PC. Auch das Rechnungswesen wurde elektronisch abgewickelt. Daneben gab es noch die Korrespondenz zu erledigen. Ich habe gerne am PC gearbeitet. Doch wenn es die Zeit erlaubte zog ich die Tätigkeiten auf der Verkaufsfläche vor. Ich liebte es Verkaufsware aufzuziehen und entsprechend zu dekorieren. Manchmal zum Leidwesen des Deko-Teams. Weniger schön war es, Diebe auf frischer Tat zu ertappen. Doch auch dies musste sein und gehörte zu meinem Aufgabenbereich. Jedoch am schönsten war die Kundenberatung. Es gibt doch nichts Schöneres für eine Verkäuferin, wenn ein zufriedener Kunde mit prallgefüllter Tasche das Geschäft verlässt.
Ich merke, während ich dies schreibe, wie sehr mir mein Job fehlt. Ich habe so gerne gearbeitet. Dieser Verlust spielt sich nach all den Jahren immer wieder in meinen Träumen ab. Im Traum arbeite ich als Fussgängerin in meinen Abteilungen. Sobald ich jedoch die Abteilungen verlasse, verirre ich mich auf Gängen, in Liften und in den Strassen. Noch nie habe ich in meinen Träumen jemals in meine Abteilungen zurück gefunden. Ich glaube, um diese Träume zu interpretieren, benötige ich nicht mal einen Traumdeuter.
Aber komme ich wieder auf meine jetzige Zeit am PC zurück. Für mich ist der PC eines meiner meistgenutzten Hilfsmittel. Ich lese am PC, schaue Fernsehen, höre Musik, führe Telefonate, erledige Korrespondenzen, bearbeite meine HP usw. usw. Weil mein PC mein Büro ist, lege ich auch vieles dort in Ordner ab. Für eine solche Datenmenge brauche ich Platz und einen schnellen Rechner. Bisher habe ich auf einem Laptop gearbeitet. Meine „Männer“ fanden vor kurzem, dass mein Laptop langsam an seine Grenzen stosse. Also was macht „Mann“ da. Mein Sohn ging gestern einzelne neue Komponenten kaufen und baute mir heute, zusammen mit meinem Mann, einen neuen Rechner.
Zwischendrin bereiteten sie noch ein Asiatisches Gericht im Wok zu. Wie habe ich diese beiden nur verdient? Inzwischen läuft mein PC schon wie ein Örgelchen. Und wie schnell der ist! Da macht das Arbeiten am PC doppelt Spass.
19. Manchmal möchte ich mich aus meinem Rollstuhl erheben und einfach davonfliegen. Ich stelle, meine Füsse auf den Boden und stehe auf. Nun nehme ich meine Arme und die grazil ausgestreckten Hände seitlich auf Schulterhöhe. Ich stelle mich auf die Zehen und hole mit den Armen Schwung. Mit riesigen Schritten laufe ich los und wirble in die Höhe. Durch das Auf und Ab bewegen meiner Arme kann ich minutenlang in der Höhe schweben. Ich fühle mich wie eine Balletttänzerin. Ich fühle mich leicht wie eine Feder. Ich kann fliegen. Ich bin frei. Auch wenn die Gegenwart anders aussieht, so beschenken mich doch die Nächte mitunter mit solch schönen Träumen. Vangelis & Vanessa Mae - Roxanne's Veil
25. Da wir am Sonntag endlich mal wieder die Sonne sehen und die Wärme spüren wollten, machten wir uns Richtung Süden auf. Je weiter wir nach unten fuhren, je schöner wurde es. Wir fuhren rings um den Lago Maggiore. Da wir am linken Seeufer runter fuhren und am Rechten aufwärts, hatte ich den See immer in meinem Blickfeld. Zwischendurch musste ich meine Blicke jedoch vom See lösen um die Sehenswürdigkeiten auf der anderen Strassenseite in Augenschein zu nehmen. Prächtige alte Villen zieren den Hang oberhalb des Sees. Zum Teil stehen diese wunderschönen Häuser in riesigen Parkanlagen. Palmen, Zypressen, Blütenstauden und Skulpturen zieren diese Anwesen. Solche Villen könnte man heute kaum noch bauen, geschweige denn die Arbeiten des Steinmetzes bezahlen. Die Früheren Italienische Architekten müssen ihr Handwerk mit Leidenschaft ausgeübt haben. Sonst würden diese alten Villen nicht so viel Charme und Lieblichkeit versprühen. Diese Ausfahrt hat mir sehr gefallen.
Endlich ist der Frühling zurückgekommen. Schon früh am Morgen ist die Sonne am Himmel aufgetaucht und hat ihre wärmenden Strahlen auf die Erde geschickt. Alleine hätte es die Sonne jedoch nicht geschafft das Nass-Kalte Wetter zu vertreiben. Da musste ihr schon der Föhn zu Hilfe kommen. Ich finde dies auch flott von ihm, aber muss er gleich so übertreiben? Mit Böen Spitzen zwischen 70 und 90 km/h fegt er durch den Urner Talkessel. Er rüttelt an den Dachziegeln als wolle er sie vom Dach fegen. Bäume und Sträucher werden von ihm kräftig durchgeschüttelt. Und um nicht gebrochen zu werden, bleibt den zarten Frühlingsblumen nichts anderes übrig, als nach seiner Pfeife zu tanzen. Auch mich hat er fest im Griff. Er lässt es nicht zu, dass ich eine Rollitour unternehme. Den Sand, den der Föhn herumwirbelt, könnte sich in meiner Nase, meinen Ohren, meinem Mund und meinen Augen verirren. Und ich hätte keine Chance mich der störenden Sandkörner zu entledigen. Das heisst also für mich, ich muss wieder im Haus bleiben. Dabei habe ich mich gestern so auf die heutige Ausfahrt gefreut.
Schwubs, soeben hat sich ein Ziegel vom Dach verabschiedet und ist im Rasen gelandet. Der Dachdecker wird wohl antraben müssen.
So, jetzt bekomme ich gleich Besuch von meinen Eltern. Mit ihren 83 und 86 Jahren sind sie noch recht fit. Ich könnte mir vorstellen, dass ich die Gesundheit von meinen Eltern vererbt bekommen habe. Vielleicht beeinflusst dies ja auch meinen eher verlangsamten Krankheitsverlauf.
So, nun ist Kaffee trinken angesagt.
27. Heute musste ich lesen, dass Urs, einer von meinen lieben ALS-Betroffenen Freunden, vor zwei Wochen im Alter von nur 41 Jahren den Kampf gegen die Krankheit aufgeben musste. Es stimmt mich traurig, hoffe aber sehr, dass es ihm nun besser geht und dass er es nun leichter hat.
Celtic Music - Circle of Life
MAI
3. Ich habe schon gedacht, ich müsse den Wonnemonat Mai ohne ein Bild eröffnen. Mein PC, besser gesagt mein Homepagetool, wollte nicht so wie ich es gerne wollte. Meine Mediendatenbank weigerte sich standhaft, die neuesten Bilder meines Gartens zur Veröffentlichung freizugeben.
Zum Glück nahm sich ein Support Mitarbeiter von Swisscom meines Problems an. Via Chat konnte ich mit ihm kommunizieren und das Problem beschreiben. Manchmal liegt es nur an einem Häkchen, welches bei massgebenden Programmen an der falschen Stelle steht. Für mich als Leihe ist es fast unmöglich, den Grund zu ermitteln. Wahrscheinlich hat es auch mit meinem gestrigen Browserwechsel zu tun. Nachdem ich letzthin einen schnelleren Rechner bekam und eine bessere Grafikkarte, lies die Darstellungen der jeweiligen Webseiten zu wünschen übrig. Da half mir auch das Herumtüfteln an der Auflösung nichts. Also habe ich Gestern kurzerhand den Browser gewechselt. Nun ist die Darstellung so, wie ich es mir vorgestellt habe. Vielleicht hat das ganze meinen PC aus dem Konzept geworfen. Aber jetzt, nach 60 minütiger Problemsuche funktioniert wieder alles und ich kann euch wieder Volltexten.
Ich bin froh, dass sich der Föhn nun endlich zurückgezogen hat. In manchen Nächten war ich mir nicht sicher, ob wir am andern Morgen noch Ziegel auf dem Dach haben. Mittlerweile hat der Dachdecker die Schäden wieder behoben. Ich hoffe nun, der Föhn gewährt uns eine längere Verschnaufpause. Schliesslich will ich endlich die üppig spriessenden Blütenstauden und die Gelb strotzenden Wiesen vom Löwenzahn und den Butterblumen in Augenschein nehmen. Ich freue mich auf den herben, intensiven Duft des Bärlauchs, auf den frischen Duft von geschnittenem Grass und den lieblichen, süssen Duft des Flieders. Für mich ist der Mai der Monat des Riechens und des Sehens. Die Natur strotzt nur so von Farben und sattgrüner Frische. Ein liebreizender Monat, den ich bald begutachten werde.
7. Ich kann momentan leider nicht viel Neues berichten. Das Wetter macht mir bei meinen Rollitouren immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Mal scheint die Sonne vom Himmel, als wenn es Sommer wäre. Und eins- zwei Stunden später regnet es aus Strömen. Ich habe eigentlich gedacht, der April wäre vorüber und hätte dem Mai Platz gemacht. Mal schauen wie es Morgen aussieht. Laut Meteo sollte diese Woche ja etwas stabiler ausfallen. Auf jeden Fall werde ich meinen Rolli über Nacht mit Energie vollpumpen, damit er für die eventuelle morgige Tour genügend Power hat. Hoffentlich werde ich Morgen nicht enttäuscht.
13. War das eine turbulente Woche. Mal war es warm wie im Sommer und dann wieder kühl wie kurz vor dem Winter. Trotzdem konnte ich diese Woche einiges unternehmen. So habe ich mit einer Freundin eine kurzen Velo-, Rolli Runde gedreht und dann bei ihr den Durst gelöscht. Als ich da auf ihrem Vorplatz sass und ihren Rasen sah, musste ich schmunzeln. Der Rasen war ordentlich gemäht, doch einige Flecken hat man ausgelassen. Diese Flecken zierten wilde Wiesenblumen. Also kein englischer Rasen. Sondern ein Naturrasen, so wie ich ihn mag.
Einmal kam ich mit erdverschmutzten Rädern nach Hause und mein Mann musste in der Wohnung ständig hinter mir her wischen. Ich konnte es nämlich nicht lassen, über die Wiese zu fahren, welche mein Bruder gerade gemäht hatte. Ich wollte dem Grass-Duft so nah wie möglich sein.
Dann war ich noch auf einem Warenmarkt in der Nachbargemeinde. Ich liebe es durch die Stände zu fahren. Es hatte einige Artikel aus heimischer Produktion, von denen ich auch gleich etwas nach Hause nahm. Ich habe mir euch noch einen lässigen Tschäpper (Cap) gekauft und hübsche, blaue Ohrhänger. Mit dem Einpacken der Ware in meinen Rucksack und dem Bezahlen hat es super geklappt. Die Leute waren sehr aufmerksam und hilfsbereit. Ich habe einige bekannte Gesichter getroffen. Durfte mit ihnen einen Schwatz halten und bin auch eins trinken gegangen. Wie ich es liebe, selbständig unterwegs zu sein.
Ich war diese Woche auch als sogenannte Testfahrerin unterwegs. Die Verbindungswege zwischen unserer Gemeinde und einer Nachbarsgemeinde müssen wegen dem Bau der Alpentransversale öfters verlegt werden. Und weil ich einen direkten Draht zur ausführenden Firma Alptransit habe, wurde ich gebeten, die jeweiligen Strecken abzufahren und diese auf Rollstuhl Tauglichkeit zu testen. Diese Zusammenarbeit funktioniert super.
Auch liebe Besucher blieben diese Woche nicht aus. Und im Schwubs war die Woche um.
16. Habt ihr das gesehen? Es hat wieder neuen Schnee. Weit hinunter ist es wieder weiss und dies Mitte Mai. Es ist nass und kalt und aus den Schornsteinen steigt wieder Rauch. Letzte Woche trug ich Shirts und kurze Hosen und heute musste ich wieder ein Unterziehhemd anziehen. Ich hoffe sehr, die Eisheiligen haben sich bald genügend ausgetobt und lassen endlich den Frühling gewähren.
18. Judihui, endlich Ferien. Ich freue mich u mär (sehr). Für einige hört sich dieser Ausspruch wahrscheinlich eigenartig an. Einige denken vielleicht, dass jemand wie ich der gar nichts arbeitet, doch das ganze Jahr Ferien hat. Dies stimmt ja eigentlich auch. Für mich sind es Ferien, wenn kein Hilfspersonal in unserem Haus ein- und ausgeht. Am Morgen aufstehen zu dürfen, wann ich Lust habe. Egal ob es nun 9.00 Uhr oder 12.00 Uhr ist. Keine Staubwischende und Wäschebesorgende Feen, welche durch das Haus wirbeln. Niemand der sich zweimal die Woche bemüht meinen Körper beweglich zu halten. Nein ich bin nicht undankbar. Ich schätze diese Dienstleistungen sehr und bin dankbar dafür. Doch zwischendurch möchten ich / wir ein bisschen Privatleben. Von meinem Mann betreut zu werden, ist für mich sowieso am schönsten. Damit mein Mann ebenfalls zu seiner Erholung kommt, habe ich ja ein schönes Hotel gebucht. Dort muss er wenigstens nicht Kochen und kann sich auch mal verwöhnen lassen. Wer weiss, vielleicht schaffe ich es sogar ihn zu einer Massage zu überreden. Angebote dieser Art, gibt es dort jedenfalls zur Genüge. Ich denke, ihr versteht nun, was für mich Ferien sind. Nun hoffe ich, der Wettergott meint es gut mit uns.
19. Nachdem mein Mann auf mein Geheiss hin meinen halben Kleiderschrank in den Koffer gepackt hat und meine tausend Kosmetiksachen und Medis ins Necessaire verfrachtet hat können wir Morgen gemütlich und ohne Stress in die Ferien starten. Ich wünsche euch Allen ebenfalls schöne Tage und geniesst den Frühling. Bis bald.
26. Halli, hallo ich bin wieder da. Die Ferientage waren wunderschön auch wenn sich die Sonne nicht immer gezeigt hat. Wir durften in einem grosszügigen Zimmer logieren. Ich konnte mit meinem E-Rollstuhl problemlos im Zimmer herumfahren. Der Gang war breit und lang und wir hätten ohne Probleme Federball spielen können. Aber das Beste waren die beiden Badezimmer. Eines entsprach dem normalen Standard und das andere war ein komplett eingerichtetes Behinderten Badezimmer. Ich konnte mich mit meinem E-Rolli ohne Probleme manövrieren. Diesen Komfort kannten wir bis anhin noch nicht. Es ist angenehm, genügend Platz zu haben.
Das leibliche Wohl kam ebenfalls nicht zu kurz. Den Tag starteten wir jeweils mit einem ausgiebigen Frühstück. Die Auswahl am Buffet war erste Sahne. Den Sekt mussten wir leider ausfallen lassen. Ich wollte die Meraner Altstadt schliesslich nicht in Zick-Zack-Fahrt erkunden.
Es lohnt sich mit neugierig geöffneten Augen die Gassen und Hinterhöfe zu erkunden. Es gibt lauschige Lauben, welche zum Verweilen einladen. Die Geschäfte, welche links und rechts der Gassen ansässig sind, präsentieren eine grosse Auswahl an unterschiedlicher Ware. Nicht nur die Geschäfte auch die alten Häuser und Kunstwerke sind eine Augenweide. Wenn man sich noch Zeit nimmt, um die bunten Blumenrabatten zu bewundern, verstreichen die Stunden im Fluge. Irgendwann meldet sich dann der Hunger. Den stillen wir mit einem Fünf-Gang-Nachtessen. Das war jeweils der krönende Abschluss eines interessanten Tages. Was uns besonders gefallen hat, ist die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Sei es das Hotelpersonal oder die Verkäuferin. So fühlt man sich wohl in den Ferien.
28. Noch einiges zu den Ferien. Unser Hotel war sicher nicht gerade das günstigste. Da wir jedoch in den letzten Jahren einige Male die Erfahrung machen mussten, das Zimmer, welche als behindertengerecht angepriesen wurden, diese Bezeichnung nur bedingt erfüllen. Ich brauche, um mich wohlfühlen zu können genügend Platz und ein grosses Bett mit einer guten Matratze. Dadurch muss mich mein Mann in der Nacht nicht dauernd drehen und kann sich einen erholsamen Schlaf gönnen. Das Badezimmer muss für die Wendemanöver ebenfalls genügend freie Fläche haben und muss mit Hilfsmitteln ausgestattet sein, wie z.B. einem Duschsitz. Um einigermassen auf der sicheren Seite zu sein, müssen wir bei den 4 Sterne Hotels Ausschau halten. Wir sind zum Entschluss gekommen, lieber wenige Ferientage mit Komfort als Wochenweise auf engem Raum. Dieses Mal hat es wirklich gepasst. Noch was zum Essen. Bei so vielen Gängen lernt man einige neue Gerichte kennen. Manchmal schicken uns die Geschmacksnerven auf unbekannte Reisen. So erhielten wir mal frittierte Champion Köpfe mit einer Ingwer-Paniermehl-Panade. Oder eine Kraftbrühe mit Sherry. Die Auswahl war riesig. Einmal bestellte ich mir einen Fischspiess. Ich als Fischliebhaber habe mich riesig darauf gefreut. Da kam er nun mit diversem Fischstückchen, mit Jakobsmuscheln und mit Shrimps. Ich wollte schon lange Mal ausprobieren wie Muscheln schmecken. Nun weiss ich es. Muscheln und Shrimps muss ich mir nicht mehr antun. Höchstens die Shrimps von Mc Donald mit der dicken Panade. Die mag ich sehr. Einmal gab es ein Dessertbuffet, welches kaum zu übertreffen war. Ein Tisch mit 4 X 1 Meter Länge war über und über gefüllt mit diversen Dessertvariationen. Aber ihr glaubt es nicht. Wir schafften nur je ein Stück. Wir haben uns gefragt, wo tun andere nur so viel Essen hin. Auch beim Morgenessen mussten wir viel früher die Segel streichen als andere. Jedenfalls waren dies wahre Gaumenerlebnisse. Beeindruckend waren die vielen Kleidergeschäfte und Schuhgeschäfte. Ich hätte Sachen kaufen können, doch leider brauchte ich nichts. Bei mir gehen ja kaum Kleider kaputt und die Schuhe schon gar nicht. Irgendwie schade, denn die Artikel wären bezahlbar gewesen. Ein Geschäft mussten wir uns dann doch noch genauer inspizieren. Der Duft nach Gebäck und Schokolade strömte aus der Ladentür. In der Auslade lagen übergrosse Prussien und diverse andere Süssigkeiten. Da gingen wir dann nicht mit leeren Händen raus. Zum Glück gibt es in Meran wunderschöne, grüne Spazierwege. Dort konnten wir uns das angefutterte wieder etwas abstrampeln. Wir waren jetzt schon zum 3. Mal in Meran und trotzdem enddecken wir immer wieder Neues. Ich denke es wird sicher noch einen 4. und 5. Besuch geben. Nun ist mein Ferienbericht zu Ende und auch die Ferientage meines Mannes enden.
29.Bei der Durchsicht der Ferienhalber liegengebliebenen Post fiel mir ein Kuvert von der Spitex auf. Nebst der Info, welche auf die Umstellung der Rechnungsstellung zwischen der Spitex und der Krankenkasse hinwies, enthielt das Kuvert eine weitere Info. Darin wurde uns Klienten (Patienten)
mitgeteilt, dass es immer schwieriger wird, Pflegepersonal zu rekrutieren. Der Markt scheint inzwischen in der gesamten Schweiz auszutrocknen. Ich frage mich, wie die benötigte Pflege in der Zukunft gewährleistet werden kann. Warum wird die Angehörigen Pflege nicht gefördert. Wenn es schon Angehörige gibt die gewillt sind, ihr Arbeitspensum zugunsten der Angehörigen Pflege zu reduzieren, warum kann man sie dafür nicht auch entlohnen. Hat man so Angst, alle Menschen seien Abzocker?
Es bringt sicher nichts, immer mehr Pflege- und Altersheime zu bauen. Das löst das Problem mit den Pflegekräften nicht und ein Aufenthalt in solch einem Heim kostet enorm Geld. Ich bin sehr gespannt, wohin uns die Pflegemisere führen wird. Und wie lange es dauert, bis die Politiker einsehen, dass es ohne Angehörigen Hilfe nicht gehen wird.
31. Anfang Woche habe ich mal wieder bei der IV nachgefragt wie weit die Abklärungen betreffs meines Assistenzbudgets fortgeschritten sind. Ich hatte ja schon darübergeschrieben, dass am 1. Januar 2012 das Assistenzbudget eingeführt wurde. Da mich dieses System interessiert und ich schon das Pilotprojekt mitverfolgt habe, machte ich dann auch im Januar bei der IV den Antrag. Nun, nach meinem Mail hat sich nun die Mitarbeiterin, welche die Abklärungen für die IV durchführt, bei mir gemeldet. Sie wird nun am nächsten Mittwoch bei mir vorbeikommen. Wie lange es danach noch dauern wird, bis ich Bescheid bekomme, weiss ich nicht. Aber wenigstens geht wieder was. In der gleichen Mail habe ich mich erkundigt, wie weit die Abklärung für einen neuen E-Rollstuhl fortgeschritten sei. Anscheinend mussten sie zuerst einen ausführlichen Bericht von meinem Hausarzt einfordern. Eigentlich war bereits ein Arztbericht bei meinem Antrag dabei. Nun liegt der Antrag bei der SAHB zur Abklärung. Ich hoffe sehr, dass ich nicht so lange warten muss wie beim Assistenzbudget. Eigentlich benötige ich ja nur wieder einen Rollstuhl, der dem alten Rolli ebenbürtig ist. Bei der IV müsste mein Krankheitsbild doch bekannt sein und sie müssten wissen, dass es bei mir keine Besserung nur Verschlechterung geben wird. Doch ich schaue positiv in die Zukunft. Ich musste lernen zu warten, obwohl dies gar nicht meinem Naturell entspricht.
Sobald sich mit der IV wieder was tut, werde ich darüber berichten.
JUNI
1. Als ich diese Woche bei meinem Bruder im Stall war, zeigten mir meine Zwillingsneffen die jüngsten Kälber. Die zwei Braunen sind Zwillinge und sind ein wenig älter als das Schwarze. Eines der Kälber präsentiert bereits voller Stolz seine Ohrringe (Ohrmarken).
Ich bin mit dem Rollstuhl im ganzen Stall herumgefahren und hab alles inspiziert. Ich muss sagen, der neue Anbau und die Umgestaltung des bestehenden Stalles hate sich gelohnt. Es ist alles viel offener und heller geworden und die Kühe haben mit dem Laufstall viel mehr Freiraum. Mit dem Rollstuhl kann ich nun auch nahe an die Tiere heran fahren um diese beim Fressen zu beobachten. Ich durfte sogar die Erste rotweisse Kuh bestaunen, welche diesen Stall bewohnen darf. Mir gefällt dies natürlich. Es kann mir nicht Bund genug sein. Mit einem leichten Bauernparfüm ging es dann zum Urner Kaffee, welches wir natürlich unter dem Nussbaum genossen.
04. Manchmal könnte ich meine Krankheit zum Mond schiessen. Vor allem dann, wenn mir Speichel in die Luftröhre gelangt oder wenn Essenskrümel in die falsche Röhre einbiegen. Wenn dann noch zäher Schleim den Rachen in Besitz nimmt, ist das Fiasko vorprogrammiert. Um nicht noch mehr ungebetene Gäste einzulassen, schliesst sich die Luftröhre reflexartig. Dadurch bekomme ich keine Luft und ich fange an zu husten. Da meine Muskulatur nicht mehr genügend Kraft besitzt um den Fremdkörper mit einem einzigen Hustenstoss aus der Luftröhre zu entferne, benötige ich viele kleine Huster, um die Luftröhre freizukriegen. Es ist ein beschissenes Gefühl zu denken ich könnte jetzt ersticken. Ich habe jedoch gelernt, bei solch einer Attacke soweit es eben geht, Ruhe zu bewahren. Wichtig finde ich, dass das Umfeld ebenfalls ruhig reagiert auch wenn es bedrohlich aussieht. Auf den Rücken zu klopfen oder Wasser zu reichen ist kontraindiziert. Man kann mir höchstens den austretenden Speichel vom Mund wischen. Ansonsten muss man mich einfach machen lassen. Unter Tage muss ich es ja auch selbst schaffen. Nachdem sich die Luft zum Atmen wieder eingefunden hat, brauche ich stets ein wenig Zeit zur Erholung. Auch die Stimme, welche nach so einem Ereignis heiser klingt, braucht Schonung. Und da ich gerade vor einer Stunde eine solche Attacke hatte, dachte ich mir, ich könnte dies gleich mal niederschreiben. Das Gute ist, ich kann dies sehr gut wegstecken und habe auch keine Angst vor der nächsten Attacke. Wenn sie kommt so kommt sie und es reicht, wenn ich mich dann mit ihr herumschlage.
Ich denke, wenn man wie ich als Bauerntochter aufwachen darf, wird man die Tiere immer liebhaben.
05. Die Sonne hat sich doch noch durchgesetzt und sich aus den Wolkenschleiern befreit. Obwohl die Sonne ihr bestes gab, konnte sie gegen die kalte Biese nicht viel ausrichten. Trotzdem genoss ich während einer Stunde die wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Balkon.
Heute war sowieso ein guter Tag. Am Morgen durfte ich wieder eine liebevolle und routinierte Pflege durch eine Spitex-Mitarbeiterin erfahren. Diese Mitarbeiterin wird schon längere Zeit bei meiner Pflege eingesetzt. Dadurch sitzen die Handgriffe und sie weiss wie ich was haben will. Ich brauche keine Anweisungen mehr zu geben und meine Stimme wird somit geschont. Der Tag ist schliesslich noch lang. Heute war auch wieder der Tag im Monat, an dem ich mir eine Fussreflexzonenmassage gönne. Ich geniesse diese Anwendung sehr und ich denke sie tut mir auch gut. Gleichzeitig mit der Physiotherapeutin ist auch Leo Häfliger (Radiästhesist / Geopath) eingetroffen. Er hat unser Zuhause wieder von Störfaktoren wie den Wasseradern, Magnetismen und soweit es Möglich ist von Elektrosmog befreit. Was natürlich bei all den elektronischen Hilfsmitteln, die ich für meine Selbstständigkeit benötige, eine rechte Herausforderung ist. Später er sich auch noch um meine Chakren gekümmert. Ich denke, wenn ich so gut umsorgt und betreut werde, kann es mir doch nur gut gehen.
6. Diejenigen, welche die heissgeliebte Sonne vom Himmelszelt geklaut haben, sollen sie doch bitte wieder an ihren angestammten Platz zurückbringen. Ohne die Sonne ist es Nass und A….kalt. Das mag ich nicht. Also rückt sie endlich raus.
Heute, vor dem Feiertag ist wieder Hochbetrieb bei uns Zuhause. Die Helferlein gehen ein und aus. Die Spitex hat mit meiner Pflege den Tag eingeleitet. Ich liebe es, heiss geduscht zu werden. Daher gleicht meine Duschkabine jeweils eher einer Dampfkammer. Aber auch ein Stockwerk unter mir wurde ordentlich Dampf produziert. Luzia, meine Schwägerin musste sich durch einen Berg von Bügelwäsche kämpfen. Kurz nach dem Mittagessen nahm die Haushaltshilfe der Spitex ihre Arbeit auf. Sie bringt wieder Ordnung und Sauberkeit in unser Zuhause. Und kurz nach 13.00 Uhr wurde ich von einer Dame der IV (Invalidenversicherung) besucht. Bevor mir die IV einen Assistenzbeitrag zuteilen kann, muss zuerst eine Bedarfsabklärung gemacht werden. Dies haben wir nun heute Nachmittag gemacht. Ich hoffe, dass es nun zügig vorwärts geht. Erst wenn ich weiss ob und wie viele Stunden mir zur Verfügung stehen, kann ich mit der Anstellung und Planung von Assistenzpersonal beginnen. Da alles noch neu und noch nicht ganz ausgereift ist, zieht sich das ganze Prozedere in die Länge. Und wenn man wie ich, die Erste und bis anhin die Einzige im Kanton ist, welche das Assistenzbudget in Anspruch nehmen möchte, muss ich mich eben in Geduld üben. Eines konnte mir die Dame bereits jetzt bestätigen. Die Angehörigen werden weiterhin für die Pflegeleistungen welche sie an Stelle der Spitex entrichten nicht entlohnt. Somit wird mein Mann sein Arbeitspensum auch nicht reduzieren können. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die Angehörigenhilfe in ferner Zukunft abgegolten werden muss. Vielleicht werden wir dies nicht mehr erleben. Ich hoffe jedoch sehr, dass unsere Nachfolger davon profitieren können. So, nun muss ich einen feinen, heissen Kaffee haben.
Ich bin gerade vom Einkaufen nach Hause gekommen und habe nun gelesen, dass der junge Familienvater, der unter den Gesteinsmassen des Gurtneller-Bergsturzes begraben wurde, immer noch nicht geborgen werden konnte. Es hat mir gestern Abend keine Ruhe gelassen und wird es heute auch nicht. Ich halte an der Hoffnung fest und lasse für den Verschütteten symbolisch eine Kerze brennen.
8. Gestern hinderte uns der Föhn daran, draussen zu sitzen und Heute ist es der Regen. Schade auch deswegen, weil viele Arbeiter eine Brücke machen und für ihre Unternehmungen sicher gerne schönes Wetter hätten. Es ist zwar interessant den Regentropfen zuzuschauen, wie sie auf den Asphalt platschen. Aber eigentlich habe ich mich auf Sonne und Wärme eingestellt. Ich möchte mich endlich auf meine grösseren Rolli-Touren begeben. Ich möchte Schifffahrten unternehmen, ohne eine Jacke überziehen zu müssen. Ich möchte endlich eine stabile Wetterlage. Wünsche, Wünsche, Wünsche… Sollte ich etwa auf hohem Niveau unzufrieden sein?
Eigentlich bräuchte ich gar nicht unzufrieden zu sein. Wenn ich schon nicht in die Natur kann, so kommt die Natur halt zu mir. Und zwar ist sie gestern in Form eines Rosenkäfers zu mir ins Wohnzimmer gekommen. Ich weiss zwar nicht wie viele Landungen dieser Käfer schon vollzogen hat. An seiner Stelle würde ich aber noch etwas üben, um keine Rückenlandung mehr hinlegen zu müssen. Der arme Kerl hat mit seinen sechs Beinen alles versucht, sich auf den Bauch zu drehen. Da es einige Zeit dauerte, bis mein Mann ins Wohnzimmer kam, um ihm zu helfen, bekam ich die Gelegenheit den Rosenkäfer zu studieren. Wieder auf den Beinen, lies er sich Zeit mit dem Wegfliegen. Ich denke, er wollte uns auch seine Schokoladenseite zeigen. Die Oberseite schimmert in wunderschönen grün-rot-gold Tönen.
Auch Besuche in Form von Tieren mag ich. Aber mich stechen lassen mag ich nicht. Da kommt schon mal die Fliegenklatsche zum Einsatz. Also seit lieb mit mir. Apropos stechen, da kommt mir noch glatt noch was in den Sinn. Letzthin, als uns die Sonne doch einmal ihre ganze Aufmerksamkeit schenkte, sass ich im Rolli im Garten. Plötzlich fliegt eine Wespe um mich herum. Ich wusste, ich musste mich ruhig verhalten, um sie nicht zu reizen. So flog sie ein paarmal gefährlich nah an mein Gesicht. Ich spürte sogar einen feinen Luftzug auf meiner Haut. Ausgelöst durch den Flügelschlag der Wespe. Als sie dann anfing meinen Hals zu inspizieren, wurde es mir langsam mulmig. Da versuchte ich die Wespe durch meine schwachen Bewegungen abzuwehren. Das mochte sie dann gar nicht. Ich dehne zum Trotz versuchte sie nun auf meiner Haut zu landen. Mir blieb nun nichts anderes übrig, als meinem Rolli die Sporen zu geben. Doch das liebe Viech liess nicht locker. Also entschloss ich mich den Kellergang aufzusuchen. Leider verfolgte sie mich auch dorthin. Als sie mir sogar in die Waschküche nachflog, musste ich mir eine andere Taktik überlegen. Meine Strategie sah dann folgendermassen aus. Ich würde mit Vollgas die Waschküche verlassen und durch den Kellergang ins Freie brausen. Dann würde ich eine scharfe Linkskurve um das Ökonomiegebäude schnetzeln und dann gerade ausfahren. Gedacht und schon mit Vollgas voran. Es hat tatsächlich geklappt. Ich habe die Wespe abgehängt. Sie hat wahrscheinlich die scharfe Linkskurve nicht gekriegt und ist geradeaus geflogen. Hihi und sie ward nicht mehr gesehen.
11. Als mein Mann am Samstag mit Umgebungsarbeiten beschäftigt war, erhielt er Besuch vom Schmetterling Kleiner Fuchs. Diesen Namen erhielt er wahrscheinlich wegen seiner Farbe. Da Piet schon den grössten Teil des Rasens gemäht hatte, suchte der Schmetterling nach einzelnen stehengebliebenen Blüten. Da er sich bei dessen Auffinden relativ lange Zeit mit einer Blüte beschäftigte, konnte mein Mann schnell die Kamera aus meinem Rollirucksack nehmen und ein paar schöne Fotos knipsen. Ich denke, bis der Sommer vorbei ist, werden uns sicher noch viele schöne und interessante Motive vor die Linse geraten.
16. Das war jetzt aber sehr knapp. Eine halbe Stunde später und ich wäre Pflotsch Nass von meiner Abendlichen Rollitour zum See zurückgekehrt. Es gab kein Anzeichen, dass es regnen würde. Es war doch so ein herrlicher Sommertag. Und der Abend verhiess ebenfalls traumhaft zu werden. Deshalb hielten sich auch so viele Menschen am See auf. Ich sah viele Familien mit Kindern, welche vergnügt im Wasser plantschten. Einige sassen um die Feuerstellen und sorgten für ihr leibliches Wohl. Ich denke, die meisten von Ihnen wurden durch den plötzlich einsetzenden Regen überrascht. Schlagartig fing es an wie aus Kübeln zu giessen. Mittlerweile regnet es kaum noch. Dafür donnert und blitzt es gewaltig und das Gewitter scheint Richtung Norden abzuziehen. Nordwärts sieht man zurzeit nur eine gelbe Wand. Wahrscheinlich zieht dort gerade ein Hagel Zug durch. Während ich dies schreibe klatschen erneut Regentropfen an meine Fensterscheiben und es fängt wieder an, kräftig zu schütten.
Eigentlich wäre es ja wünschenswert, wenn Tagsüber die Sonne scheinen würde und nachts der Himmel die Regen-Schleusen für die Natur öffnen würde. Damit könnten wir glaube alle leben.
Jetzt muss ich Schluss machen. Ich will den Himmel beobachten wie er sich gerade in verschiedene rote,- gelbe,- und orangene Farben verwandelt.
19. Sommer ist, wenn ich über Tags die Läden schliessen muss, um die Hitze von meinem Zimmer fernzuhalten. Sommer ist, wenn es am Abend blitzt und donnert und sich die Wolken urplötzlich entleeren. Sommer ist, wenn ich zu meinen grossen Rollitouren aufbrechen kann und meine Freiheit ausleben darf. Sommer ist, wenn es nach Heu riecht und Wildblumen meinen Weg säumen. Sommer ist, wenn die jungen Vögel pfeifen und Schmetterlinge mich begleiten. Sommer ist, wenn meine Arme auf der Mausmatte kleben und mich daran hindern zügig zu schreiben. Sommer ist, mit der Schwester unterwegs zu sein um bei den Biotope Frösche, Schlangen und anderes Getier zu sichten. Sommer ist jetzt. Ach ja, Sommer ist, wenn ich ständig irgendwo einen Sonnenbrand auf mir trage.
21. Da ich von der Invalidenversicherung noch keinen Entscheid für die Beschaffung meines neuen Rollstuhl bekommen habe, nahm ich am Montag mit der SAHB (macht Hilfsmittel-Abklärungen für die IV) per Mail Kontakt auf. Und Heute war bereits ein Mitarbeiter bei mir zu Besuch. Ich bin froh ist er vorbeigekommen. Wir konnten dabei gleich noch weitere Anpassungen besprechen. Ich denke, wir haben für mich ein zukunftsorientiertes Packet schnüren können. Nun müssen nochmals einige Abklärungen getätigt werden und danach geht der Bericht der SAHB an die IV. Ich hoffe sehr, dass der Rolli und die anderen Anpassungen bewilligt werden und das es nun zügig vorwärts geht.
Wegen dem Abklärungs-Besuch musste ich den heutigen Nachmittag im Hause verbringen. Darum störte es mich auch nicht, als sich die Wolken wieder über uns entleeren.
Ich hoffe, Morgen hält das Wetter. Denn Morgen hält mich nichts mehr im Hause.
24.Ich liebe es am offenen Fenster zu sitzen und mich vom kühlenden Abendwind streicheln zu lassen. Heute ist der Wind nicht allein gekommen. Meine Nase wird von frischem Heu-Duft umnebelt. Wie ich diesen Duft liebe. Er lässt Erinnerungen an Vergangenes hochsteigen. Mein Herz macht mir dabei fast weh. Wie schön war es, als ich noch beim Heuen mithelfen konnte. Auch wenn es manchmal streng war, habe ich diese Arbeit geliebt. Es war so schön, gemeinsam das Heu einzufahren. Als Belohnung gab es jeweils ein deftiges Urner-Zabig unter dem Nussbaum. Ich vermisse das Zusammensitzen und die Gespräche.
Für viele wahrscheinlich Unverständlich, aber ich vermisse es, von der Arbeit müde nach Hause zu kommen. Ich fühle mich manchmal so nutzlos. Dabei ist noch so viel Power in mir, die ich jedoch nicht ausleben kann. Ich strotze vor Ideen, die zur Verwirklichung schreien. Aber niemand da, um sie für mich umzusetzen. Vielleicht will ich auch zu viel. Doch ich lebe halt nur einmal.
25. Jetzt ist es 11.00 Uhr und ich habe soeben mein Morgenessen, ein Joghurt von der Spitex verabreicht bekommen. Die Spitex ist heute wieder mal sehr spät bei mir eingetroffen. Seit Jahren bitte ich die Spitex sie möge doch bei mir zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr vorbeikommen. Leider ohne Erfolg. Je nach Mitarbeiter erscheinen sie zwischen 9.15 Uhr und 9.30 Uhr. Und Heute wurde es sogar 10.00 Uhr bis ich mein Bett verlassen konnte. Zum Glück habe ich eine gute Blase sonst hätte ich meinen Mann von der Arbeit kommen müssen und das kann es ja nicht sein. Das Problem liegt allein bei der Planung der Einsätze. Die Mitarbeiterinnen können selten etwas dafür. Die Mitarbeiterin von heute arbeitet erst seit drei Tagen bei der Spitex. Am Donnerstag und am Freitag wurde sie auf unserer Runde eingeführt und ab heute ist sie bereits allein Unterwegs. Und sie muss gleich das volle Pensum bewältigen. Da sie nicht im Kanton Uri wohnt, kennt sie sich mit den Strassen verständlicherweise auch noch nicht aus. Das Gerät für die Zeiterfassung jedes einzelnen Klienten ist ebenfalls neu für sie und muss zuerst erlernt werden. Ausserdem spricht sie Basler Dialekt und muss sich erst an unseres gewöhnen. Da meine Stimme nicht mehr so deutlich ist, war die heutige Kommunikation schon etwas anstrengend. Ich musste vieles immer wieder wiederholen und das ist anstrengend. Aber ich hoffe, dass es täglich besser wird. Also, wieder mal geduldig abwarten.
Geduld ist momentan nicht gerade meine Stärke. Ich bin ungeduldig und unzufrieden. Manchmal himmelhochjauchzend und dann zu Tode betrübt. Ich habe gehört, so erginge es vielen Frauen in meinem Altem. Es könne sich beim Abänderungszyklus nur um Jahre handeln. Proscht Nägäli. Aber da muss ich wohl durch. Solange in meinem Garten, solche herrlichen Blumen blühen, kann ich auch nicht lange niedergeschlagen sein. Ich freue mich immer wieder an der wunderbaren Natur. Sie gibt mir die nötige Kraft und meinen Seelenfrieden.
27. Endlich ist sie wieder da, meine heissgeliebte Sonne. Ist ja wohl klar, dass mich heute nichts Zuhause hielt. Ich wollte eigentlich wieder mal den Hochweg mit dem Weg durch den Felsentunnel nehmen. Aber es sollte wohl nicht sein. Als ich etwa die Hälfte der Steigung zurückgelegt hatte, sah ich vor mir einen kleinen Wasserfall über den Felsen plätschern. Ich freute mich schon, ein paar Wasserspritzer abzubekommen. Leider wurde ich kurz davor durch eine defekte Wasserrinne gestoppt. Wasser, Pferde und Biker haben das Holz der Rinne brechen lassen. Werde Morgen mal nachfragen, wer für den Unterhalt dieses Weges zuständig ist. Wäre sehr schade, wenn ich diesen Weg von meinen Touren streichen müsste. Etwas stört mich trotzdem an dieser Naturstrecke. Zuerst waren es lediglich zwei, drei Marienstatuen, welche in Felsnischen gestellt wurden. Dann viel mir auf, dass von Mal zu Mal mehr Engelfiguren den Felsentunnel schmücken. Und heute sah ich zwei neu angebrachte Eisenkreuze am Anfang des Weges. Ich finde es so schade, dass dieser schöne Weg durch solche Symbole verschandelt wird. Das hat nicht viel mit Glauben zu tun. Wenn wir an Gott glauben, dann müsste uns doch die Schönheit der Natur als Symbol genügen. Auf jeden Fall musste ich wieder umkehren. Das war aber nicht so schlimm. In meiner Umgebung gibt es weitere interessante Wege, die es zu erkunden gilt. Morgen soll es ja noch wärmer werden. Dies könnte mich veranlassen, Morgen eine Schifffahrt zu unternehmen. Mal schauen.
28. Und ich habe mich nicht getäuscht. Mein Gefühl, dass ich mit der neuen Spitex-Mitarbeiterin sehr gut klarkommen werde, hat sich bestätigt. Sie hat mich nun während vier aufeinanderfolgenden Tagen gepflegt und ich kann sagen, wir mein „Waldhexchen“ und ich sind bereits ein eingespieltes Team. Schade einfach, dass sie nur noch nächste Woche vorbeikommt. Aber vielleicht habe ich Glück und sie wird im August wieder zur Spitex zurückkehren. Sie ist wie ich, ein naturverbundener Mensch und darum harmonisieren wir wahrscheinlich auch so gut zusammen. Man versteht sich.
Wie heisst es so schön: Geduld bringt Rosen.
Übrigens war ich heute tatsächlich mit dem Schiff unterwegs. Der Weg bis zum Schiffsgelände war jedoch nicht so toll. Ich hatte schon beim Losfahren bemerkt, dass etwas in der Luft liegt. Auf halber Strecke fingen meine Augen an zu brennen und die Tränen fingen meine Backen herunter zu laufen. Als dann noch Tröpfchen aus meiner Nase liefen, musste ich den Rolli stoppen. Ich sah ja kaum mehr aus den Augen. Da ich weder meine Augen noch meine Nase selbst abtrocknen konnte, blieb mir nichts anderes übrig, als mein Gesicht von der Sonne trocknen zu lassen. Nachdem sich meine Augen wieder etwas beruhigt hatten, setzte ich meine Fahrt fort. Wohlweislich hielt ich aber immer ein Auge abwechslungsweise geschlossen. Ich wollte verhindern, dass meine Augen wieder gleichzeitig durch Staub und Pollen gereizt würden. Ich werde wohl in solchen Zeiten nicht mehr ohne meine Augentropfen durch die Natur fahren können.
Da ich mich wegen dem Malheur sputen musste, um das Schiff zu erreichen und die Trotteurs von Schulreisenden verstopft waren, nahm ich kurzerhand die Strasse. Die Bemerkungen wie, geil, so gemein, welche die müden Kindern äusserten, als ich an ihnen vorbeifuhr, nahm ich lächelnd zur Kenntnis. Jetzt hatte ich mal einen Vorteil. Die Schifffahrt konnte ich dann so richtig geniessen. Auch die Heimreise über einen Teil des "Weg der Schweiz" war wieder wunderschön.
Morgen soll es ja wieder so schön sein. Wahrscheinlich werde ich mit der Seilbahn in die Höhe fahren und durch den Waldweg ins Tal brausen. Mal schauen.
29. Es ist wieder ein traumhaft schöner Tag. Ein leichter Luftzug dringt durch das Kippfenster in mein Zimmer und streicht mir den Duft des Sommers um die Nase. Ich mache einen tiefen Atemzug. Lasse den Sommer tief in mich einströmen. Meine Seele, mein Herz zerspringen fast ab diesem wunderbaren Gefühl.
Ich freue mich auf den Nachmittag. Bei meiner Ausfahrt werde ich mein Augenmerk besonders den Wildblumen und Halmen widmen. Ich will diese Wildblumenwiesen fest in mir verankern. Ab dem 1.Juli ist den Bauern gestattet ihre Ausgleichsflächen mit den Ökowiesen zu mähen. Also, wer die vielfallt der Wildblumenwiesen noch bewundern möchte muss sich sputen, oder höhere Lagen aufsuchen. Ich muss nun gehen/fahren. Der Sommer ruft.
20.00 Uhr - Bei den heutigen heissen Temperaturen die Höhe aufzusuchen, war genau die richtige Entscheidung. Nach dem Mittag fuhr ich mit dem Rolli in die Nachbargemeinde Schattdorf zur Talstation Haldi. Zusammen mit zwei Downhill-Fahrern fuhr ich mit der Luftseilbahn auf 1080 m.ü.M. Oben angekommen nahm ich nochmals ein paar Höhenmeter mehr unter die Räder. Ich wollte unbedingt bei der Kapelle die wunderschöne Rundumsicht geniessen. Danach machte ich mich auf dem Asphaltierten Weg Richtung Tal auf. Ich fuhr an vielen Heimetli (Höfe) vorbei. Die meisten waren gerade dabei, ihre Wiesen in Hanglage zu heuen. Auf einer Wiese standen gleich 12 Personen auf einer Linie, um gemeinsam das Heu nach unten zu rechen. Obwohl viele Wiesen geschnitten waren, hatte es noch genügend Wildblumen zu Bewundern. Auberginefarbene Akelei, blaue Glockenblumen, weisse Margriten und noch viele mehr, von denen ich den Namen nicht kenne, schmückten den Wegesrand. Das Schöne an dieser Strecke ist die Abwechslung von offenem Gelände und dem schatten spendenden Mischwald. Mal riecht es nach frischem Heu, mal nach Baumharz und wie heute, nach reifen Lindenblüten. Ich liebe diesen Duft. Die Luft fühlt sich gesund an. Das genügend Feuchtigkeit im Boden und somit auch in der Luft ist, beweisen die Farne, welche in Vielzahl in der Nähe der vielen Bergbäche wachsen. Beeindruckend ist auch die Stille, die mich jeweils auf diesem Weg begleitet. Mir gefällt diese Rollistrecke sehr. Auch wenn mich plötzlich auftretendes Blätterrauschen, oder der Schrei eines Vogels ganz schön erschrecken können. Da ich die Fahrt geniessen wollte, legte ich den langsameren Modus ein. Bis zum Talboden benötigte ich deshalb etwa 1.30 Std. Es wird sicher nicht lange dauern, bis man mich auf dieser Strecke wieder antrifft.
30. Meine HP weisst mittlerweile ein rechtes Volumen an Texten und Bildern auf. Dies erfordert eine grosse Speicherkapazität. Damit ich nicht plötzlich vor der Wahl stehe, welche Seite ich nun löschen soll, um Kapazitäten zu schaffen, habe ich mich dazu entschlossen, die Talkseite zu schliessen. Es besteht aber jederzeit die Möglichkeit, mit mir über die Kontaktseite zu talken. Ich würde mich sehr darüber freuen. Ich liebe eure Beiträge.
JULI
3. Der Monat ist schon 3 Tage alt und ich habe bisher noch nichts geschrieben. Ja mit was soll ich denn anfangen? Mit den hausbesetzenden Vögeln oder den verfressenen Vögeln. Ich beginne einfach mal.
Als unser Sohn im Frühjahr von Canada retour kam wollte er eigentlich bei sich zu Hause mit dem Umbau des Gäste-WC beginnen. Dies musste er jedoch auf mein Geheiss hin verschieben. Ich beobachtete nämlich eines Tages von unserem Balkon aus, wie Gartenrotschwänzchen durch das ausgediente Tumplerabluftgitter in den besagten Raum flogen. Als Peter nachschaute, fand er tatsächlich im Hohlraum des Mauerwerkes ein Nest mit Jungvögeln. Also muss der Umbau eben im Herbst stattfinden. Für mich war es natürlich sehr Interessent zu beobachten, wie die Vogeleltern fortwährend Nahrung für die Kleinen herbei schafften.
Das mit den gefrässigen Vögeln ist folgendermassen. Wir haben vor Jahren einen Kirschbaum neben dem Haus gesetzt. Seit drei Jahren ist der Ertrag der Früchte so gross, dass es neben dem Mundverzehr auch noch für Wähen und für das Herstellen von Piets feiner Kirschenkonfitüre reichte. Da wir nicht gerne die weissen Maden von der Kirschfruchtfliege in den Kirschen mögen, brachten wir im Frühling extra die Gelbfallen am Baum. Damit hatten wir bisher gute Erfolge. Dieses Wochenende wollten wir eigentlich ernten. Doch ausser einige Kirschen für den Mund ist uns nichts geblieben. Scharen von Vögeln sind über den gehegten und gepflegten Kirschbaum hergefallen und haben unsere Ernte zu Nichte gemacht. Schade um die süssen, dunklen Früchte.
Während ich diesen Tagebuch-Eintrag verfasst habe, erhielt ich ein Mail von einer meiner ALS-Betroffenen Freundin, dass schon wieder eine unserer Freundinnen den Kampf gegen die ALS verloren hat.
Silvia ich wünsche dir eine wunderschöne Reise. Wir werden dich nicht vergessen. Wir sehen uns.
5. Auf vielseitigen Wunsch, auch von passiven Lesern, habe ich den Monats-Talk wiedereröffnet. Irgendwie gehört diese Seite auf meine HP und ich habe eure Beiträge so vermisst. Das mit dem Speicher konnte ich anderweitig lösen. Also haltet euch nicht zurück. Vielleicht werden ja aus passiven Lesern, aktive Schreiber. Wir Talker würden uns freuen.
22.00 Uhr: Momentan muss ich meine Rollitouren auf die nähere Umgebung beschränken. Die Wolken, welche in diesen Tagen am Nachmittag aufziehen und sich urplötzlich mit Starkregen über uns entleeren, lassen keine grossen Touren zu. Aber nichts desto trotz, darf ich wunderschöne Dinge erleben.
Gestern begab ich mich auf einen Besuch zu meinen Eltern und zu meinem Bruder auf den Bauernhof. Als ich dort anrolle werde ich wie immer vom Hofhund Rino stürmisch begrüsst. Doch heute sieht der Berner Sennenhund irgendwie anders aus. Statt dichtem, langem Haar trägt er nun ein Fell wie ein Schaf. Meine Schwägerin ist den Haaren wohl mit der Schere zu Leibe gerückt? Als Rino mich mit seinem treuen Blick anschaut, kommt er mir vor wie mein alter Teddybär und ich würde ihn am liebsten in die Arme schliessen.
Kurz darauf treffe ich auf Ralf, einer meiner Neffen. Er erzählt mir, dass eine Kuh soeben im Freien gekalbt habe und er mit dem Vater zusammen die Kuh und das Kalb nun in den Stall gebracht haben. Das musste ich natürlich sehen. Und was ich sah war wunderschön. Eine Mutter die ihr Kind voller Hingabe, säubert und trocken schleckt. Obwohl es ihr erstes Kalb ist, weiss sie ganz genau was zu tun ist. Als ihr Mädchen versucht aufzustehen und wieder hinfällt, weicht sie mit ihren Beinen geschickt aus um es ja nicht zu verletzen. Das hat sie prima gemacht. Da schmeckte das Urnerkaffee, welches wir danach zu uns nahmen, doppelt so gut. Als wir so beisammen sassen wurden wir von Fliegen belästigt. Auch die Kühe im Stall hatten keine Ruhe vor ihnen. Die Fliegen bringen Unruhe in den Stall. Wir überlegten uns dann, was für einen Nutzen die Fliegen überhaupt haben.
Zuhause wollte ich es dann genau wissen und habe gegoogelt. Dass die Fliegen Aasfresser sind, hatten wir ja noch herausgefunden. Vergessen haben wir, dass sie ein wichtiges Mitglied in der Nahrungskette sind und ihre Maden auch in der Medizin eingesetzt werden. Also hat jedes Lebewesen seine Berechtigung auch wenn uns einige nicht so sympathisch sind.
13. Das sell Summer si? Äs isch doch zum dävo seklä. Ich mach’s jetzt de wiä dr Schwan und brächä zu anderä Ufer üf.
Diese Woche musste ich zweimal meine Rollitouren abbrechen um nicht Nass zu werden. Einmal habe ich es knapp Zuhause in die Pergola geschafft, bevor es so richtig angefangen hat zu pissen. Ich liebe es eigentlich durch den Regen zu fahren. Doch ich habe niemand der mich danach trocken rubbelt. Und patschnass in der Pergola zu warten bis mein Mann von der Arbeit kommt, ist auch nicht so angenehm. Damit ich in Zukunft selbstständig ins Haus und aus dem Haus fahren kann, ist Piet dabei eine automatische Türöffnung zu installieren. Weiter muss auch die Bedienung des Treppenliftes auf Funksteuerung umgerüstet werden. Auf diese Weise könnte ich dann den Lift über den Joystick des Rollstuhls bedienen. Ob die IV ihr ok dazu gibt, weiss ich noch nicht. Wir müssen erst die Kosten ermitteln. Und ausserdem ist ja noch die Bewilligung meines neuen Rollstuhls bei der IV hängig.
Wie ihr seht, bin ich permanent dabei, meine Hilfsmittel an meine Behinderung anzupassen. Nur so ist es möglich, eine gewisse Selbständigkeit zu erhalten. Dies gibt mir die Möglichkeit Zuhause zu leben und nicht in einem Heim.
Immer am Ball zu bleiben ist Zeitaufwändig und manchmal ganz schön anstrengend. Besonders nervig ist, wenn gewisse Ämter oder Firmen sich ewig Zeit lassen mit einer Antwort oder mit Bewilligungen. Was mich jedoch zur Weissglut treiben kann ist folgendes. Da mein Mann genug um die Ohren hat, versuche ich möglichst vieles selber mit Firmen und der IV abzuklären. Die Korrespondenz führe ich mittels Mail. Ich erwähne auch immer, dass ich nicht telefonieren kann und nur über Mail kommuniziere. Da gibt es jedoch Hilfsmittelanbieter die telefonieren meinem Mann und denken sie können die Sachen mit ihm abhandeln. Da komme ich mir dann so richtig Behindert vor und meiner Selbständigkeit enthoben. Dies bringt mich auf 180.
Mir ist es den Aufwand und den Ärger wert, um wenigstens ein wenig von meiner Selbständigkeit zu behalten. Zwischendurch muss ich mir, wie diese Woche auch, mal eine Auszeit nehmen. Das Wetter war ja sowieso nix. Also kuschele ich mich dann in den Fernsehsessel und lass mich von niemanden stören.
16. Neuer Wie jeden Morgen nach dem Aufwachen ging auch Heute mein erster Blick zum Fenster.um zu sehen, welches Wetter draussen ist. Was ich da sah, lies mich frösteln. Es sah zwar schön aus, die weissen Bergspitzen. Aber he, es ist Mitte Juli. Würde nicht die Spitex vorbei kommen, würde ich gar nicht erst unter der Bettdecke hervor kriechen.
Die Sonne hat sich ja dann doch noch gezeigt. Laut Wetterbericht soll sie nun für länger bleiben. Hoffentlich legen die Temperaturen noch einige Grade zu. Hatte schliesslich schon lange keinen Sonnenbrand mehr.
Da ich den heutigen Tag nicht unnütz verstreichen lassen wollte, habe ich mich kurzerhand entschlossen, meinen mittlerweile silberschimmernden Haaren eine neue Farbe zu verpassen. Die Frisörin hat das wieder gut hin bekommen. Nun kann auch wieder jeder von Oben auf mich herunterschauen ohne dass ich mich unwohl fühlen muss.
Morgen, so hoffe ich, begleitet mich nicht nur die Sonne auf meiner Ausfahrt. Der Duft von frisch gemähtem Gras wird sich ganz sicher zu uns gesellen. Ich freue mich darauf.
21. Ist schon der Herbst ins Land gezogen? Oder wie sonst ist dieses nasskalte Wetter zu erklären. Kaum scheint die Sonne mal ein -zwei Tage, werden wir prompt mit drei Tagen Regen eingedeckt. Unbeständiger geht es kaum noch. Auch jetzt, während ich dies schreibe, hängen x Perlenstränge vom Himmel. Ich kann weder Anfang noch Ende erkennen.
Bei diesem unbeständigen Wetter kann ich bekanntlich nicht nach Draussen. Es musste daher eine Lösung gefunden werden, damit ich trotzdem zu meiner Frischluft komme. Die einfachste Lösung schien uns, unseren Balkon zu überdachen. Das Problem: Unser Balkon ist in die Jahre gekommen und muss daher komplett erneuert werden. Man könnte ihn ja schon so belassen. Nur bestünde dann die Gefahr, dass ich plötzlich einen Stock tiefer unten sitzen würde. Dann hätte ich aber mit bestimmter Gewissheit keine gute Aussicht mehr.
Da ich sehr gerne plane, habe ich mich auch gleich an die Arbeit gemacht. Schlussendlich hatte ich fünf Varianten beisammen, wie unser neuer Balkon aussehen könnte. Zur Entlastung meines Mannes, hat sich unser Junior anerboten, die Offerten einzuholen. Da wir uns ein Kostenlimit gesetzt haben, musste ich mittlerweile bereits drei meiner Varianten verwerfen. Mein Traum-Balkon schrumpft immer mehr. Aber eh, was soll’s. Lieber einen kleineren Balkon als gar keinen. Bin gespannt, ob die beiden anderen Varianten ins Budget passen.
Da so ein Balkon nicht von heute auf Morgen realisierbar ist und die Auftragsbücher in der Baubranche gut gefüllt sind, wird es Frühling werden mit meinem neuen gedeckten Balkon. Ich würde mich riesig freuen, wenn es klappen würde.
Aber erst einmal soll der Sommer seine Arbeit tun und uns mit viel Sonnenschein und Wärme beglücken.
An solch unbeständigen Tagen ist es gut zu wissen, wo man sich bei Regen oder bei zu starker Sonne unterstellen kann. Der neue Aussichtsturm am See tut’s auch. Wenn ich schon nicht rauf kann, so stell ich mich wenigstens darunter.
23. Judihui, die Sonne ist wieder da. Wie habe ich sie vermisst. Ich fühle mich gleich viel besser, wenn die Sonne ihre warmen Strahlen auch zu mir herunterschickt. Endlich könnte ich mal wieder so richtig sonnenbaden. Zwei rote Bäckchen und ein roter Nasenspitz sind das Ergebnis davon. Ich kann nur sagen, weiter so. Das ist Sommer. Die Tiere auf den Alpen sind sicher auch froh, wenn die Temperaturen wieder aufwärts gehen. Auf die täglichen Duscheinlagen könnten sie auch bald verzichten. Also schicken wir doch einen Gruss in die Berge.
26. Momentan kann ich über das Wetter nur in lobenden Worten schreiben. Schon früh am Morgen blinzelt sie keck zwischen den Bergen hervor. Je weiter sie hochsteigt, desto weiter reichen ihre Strahlen. Da mein Bett gegen Osten ausgerichtet ist, leuchtet mir die Sonne direkt auf die Beine. Die Spitex meinte heute, ich müsse ja direkt aufpassen, dass ich mir nicht schon im Bett einen Sonnenbrand einfangen würde. Ob es wohl sinnvoll wäre, die Sonnencreme bereits am Abend aufzutragen? Ich kann nur sagen: Ich liebe dich, du wunderschönes Sommerwetter.
Bei solchen Tagen bin ich natürlich wieder on Tour. Heute absolvierte ich einen Teil der Strecke mit dem Schiff. Ich fuhr zuerst mit dem Rolli über den Reussdamm nach Flüelen zur Schiffsstation. Das Dampfschiff „Stadt Luzern“ brachte mich dann nach Bauen. Von dort fuhr ich auf dem Weg der Schweiz, der am See entlang führt, wieder nach Hause. Und weil es grad so schön zum Tag passte, kehrte ich noch schnell bei der Dorfbäckerei ein und holte für meinen Mann und mich zwei süsse, mit Vanille unterlegte und mit Zuckerguss überzogene Fruchtschnitten. He, nicht sabbern. Die Bäckerei hat noch mehr davon. Zu zweit liessen wir uns dann den Kuchen mit Kaffee schmecken.
Nun muss ich aber bald an den Fernseher und SF1 einschalten. Heute, um 20.05 Uhr im Donnschtig-Jass spielt unsere Gemeinde gegen die Gemeinde Seelisberg. In der Gemeinde, welche als Sieger hervorgeht, findet der nächste Donnschtig-Jass statt. Übrigens, der Telefonjasser ist eben der Bäcker mit den feinen Früchtekuchen.
Also Daumen drücken für Attinghausen. Gäbe sicher ein gelungenes Dorffest.
28. So, nichts mehr mit Sonnenbrand. Seit gestern Abend weint sich der Himmel das ganze Elend aus den Wolken. An mir kann es ja kaum liegen. Eher an der IV. Ich warte leider, nach über einem halben Jahr nach der Einführung des Assistenzbeitrages, noch immer auf mein Stundenbudget. Vielleicht denken die zuständigen Personen, sie bräuchten nur lange genug zu warten, dann bräuchte ich es nicht mehr. Da haben sie die Rechnung aber ohne mich gemacht. So lange ich noch eine Stimme und einen Funken Kraft in mir habe, werde ich nicht aufgeben.
Apropos Rollstuhl: Bisher hatte ich ja zwei Rollstühle. Einen kleinen für Innen wegen den engen Platzverhältnissen und einen grossen und stärkeren für Draussen. Den brauche ich einfach, um unsere Berg- und Talstrassen bewältigen zu können. Da ich nun nach 8 Jahren den Innenrollstuhl ersetzen muss und ich mir im Klaren war, wenn der Aussenrollstuhl (ebenfalls 8 Jahre) mal den Geist aufgibt, die IV diesen nicht auch noch ersetzt wird musste ich einen Kompromiss eingehen. Der neue Rolli braucht im Haus ein wenig mehr Platz zum Manövrieren. Dafür kann ich diesen auch im Freien fahren. Ich kann zwar nicht so gebirgige und weite Touren unternehmen. Aber hierfür habe ich ja noch den alten Aussenrollstuhl. Da hatte ich die Rechnung jedoch ohne die IV gemacht. Diese Woche bekam ich den Bescheid von der IV, dass der neue Rollstuhl bewilligt wird. Gleichzeitig wurde ich aufgefordert, meinen Aussenrollstuhl zurück zu geben. Die Begründung lautete: Ich hätte gar nie das Anrecht auf zwei Rollstühle gehabt. Die IV darf leider keine Rücksicht auf die Gegebenheiten des Umfelds nehmen. Durch die Sparmassnahmen, welche das Volk von der IV verlangt hat, ist es ein stetiger Kampf um jedes Hilfsmittel.
Würden die Strassen, Trottoire und Wege behinderten freundlicher angelegt, bräuchten wir auch nicht solche Rollboliden. Aber es muss eben allen Orten gespart werden. Letzthin konnte ich doch meinen geliebten Hochweg wegen einer defekten Holzregenrinne nicht mehr befahren. Ich habe bei der Gemeinde nachgefragt, wer für den Unterhalt dieses Weges zuständig sei. Nachdem ich mein Anliegen bei der betreffenden Stelle deponiert hatte, wurde mir mitgeteilt, dass die Wegsanierung für 2013 geplant sei. Sie würden jedoch schauen, dass sie im Herbst wenigstens die defekte Rille reparieren könnten. Das zur Verfügung stehende Budget sei eben gering.
Als ich diese Woche einen Teil vom Weg der Schweiz befuhr, fielen mir ebenfalls einige Schadstellen auf die dringend ausgebessert werden müssten. Ich frage mich langsam, ob solche Wege überhaupt kontrolliert werden. Ich finde es schade, diese wunderschönen Wege verlottern zu lassen.
AUGUST
7. Endlich mal wieder ein Tag, an dem ich ohne an Regen denken zu müssen nach Draussen kann. Ich freute mich so, dass ich trotz Bedenken der Spitex, bereits am Morgen kurze Hosen montieren lies. Im Nachhinein muss ich einsehen, dass lange Hosen nicht nur meine Orangenhaut verdeckt hätten, sie hätten mich auch vor einer Hühnerhaut bewahrt.
In den Geschäften, die ich heute zuerst abklappern musste, war es schön warm. Als ich danach noch eine Runde zum See drehte, blies mir ein kühler Wind um die Nase. Ich bemerkte erst zu Hause, dass ich mir an den Beinen mal wieder einen Sonnenbrand eingehandelt habe. Zum Glück gibt es kühlendes Apre Sole.
Ich war froh, endlich mal aus dem Haus zu kommen. Ich war die letzten zwei - drei Wochen sehr beschäftigt. Ich hatte Termine mit dem Lieferanten des Treppenliftes, mit Activcommunication und der IV, betreffs der Infrarotsteuerung des Treppenlifts über den Joystick der Rollstuhlsteuerung.
Dann wurde ich noch von zwei Frauen, welche die Ausbildung zur FAGE machen, um ein Interview gebeten. Für ihre Vertiefungsarbeit haben sie das Thema ALS gewählt. Dabei habe ich sie natürlich gerne unterstützt.
Als mir mein Mann dann noch vor zwei Wochen endlich das definitive Datum seiner Sommerferien mitteilte, musste ich mich so schnell wie möglich an die Planung unseres Sommerurlaubes machen. Ich habe die Reiseroute mit Google-Map geplant, Behindertengerechte Hotels auf der Route gebucht, Packliste erstellt und noch Nötiges organisiert. Wenn es losgeht, braucht Piet nur noch die Koffer zu packen. Ich freue mich sehr auf die Ferien mit meinem Mann. Ich muss nicht mehr lange warten.
8. Ist euch auch schon ähnliches widerfahren wie mir Gestern. Auf dem Bett liegend, warte ich auf die Physiotherapeutin. Plötzlich erfasst mich ein ungeheuerliches Glücksgefühl. Es kommt mir vor, als hätte ein Windstoss all meine Anspannung und all den Stress von den letzten Wochen weggeblasen. Das ganze Zimmer strahlte Ruhe und Leichtigkeit aus und erfüllte mich mit Freude und Gelassenheit. Ein herrliches Gefühl.
Am Montag musste ich mich wieder der all dreimonatlich stattfindenden Zahnreinigung unterziehen. Den Würgereiz habe ich immer noch nicht im Griff. Sobald ein Instrument meine Zunge im Gaumenbereich berührt, löst das sofort einen Würgereflex aus. Dann heisst es einen Moment warten, bis ich den Würgereflex wieder unter Kontrolle habe. Unangenehm ist es, wenn die körnige Paste, welche zur Reinigung verwendet wird, in den Rachen läuft. Zuerst wird mal ne Runde gehustet. Dann versuche ich, die inzwischen schaumig gewordene Paste irgendwie loszuwerden. Spülen gelingt bei mir nur bedingt. Doch irgendwie schaffen wir es dann doch. Da ich immer die gleiche Dentalhygienikerin habe, weiss sie inzwischen auf was sie bei mir achten muss und so geht es einigermassen. Trotzdem bin ich froh, dass ich nach einer halben Stunde den Zahnarztstuhl gegen den Rollstuhl tauschen darf und mit einem strahlenden Lachen die Praxis verlassen kann.
Gestern Nachmittag war ich noch unterwegs um wichtige Besorgungen zu machen. Doch Heute mache ich einen Rolliausflug nur für mich. Natur ich komme.
9. Ich weiss nicht wie dieser Heugümper genau heisst. Ich habe ihn Grünling getauft. Er hat mich schon mehrmals im Garten besucht. Er bleibt jeweils für zwei- drei Tage und verschwindet dann wieder. Ich denke, er verwechselt meine grüne Wandfarbe mit einem Stück Rasen.
Gestern, kurz nach dem Mittag, habe ich auf den Aussenrolli umgesattelt und bin zu meinem Geniesser-Ausflug gestartet. Ich wollte, dass all meine Sinne etwas mitbekommen. Ich wählte eine Strecke, auf denen ich kaum mit Autos, Velos oder Fussgängern zusammen traf. Ich habe die Stille und die Einsamkeit gesucht. Um dies zu finden, musste ich zuerst ein paar Höhenmeter erklimmen. Dann fing das Geniessen an. Meine Nase wurde mit vielen Düften konfrontiert. Je nach dem, an was ich gerade vorbei fuhr, duftete es unterschiedlich. Manche Düfte konnte ich zuordnen, andere wiederum nicht. Meine Ohren nahmen die Blätter an den Bäumen war, welche von einem Windstoss zum Rascheln veranlasst wurden. Ab und zu wurde die Stille durch ein plätscherndes Bergbächlein unterbrochen. Wie gerne hätte ich dieses kühlende Nass in meinem Mund geschmeckt und es durch meine Kehle runterlaufen lassen. Eidechsen, Schmetterlinge und Vögel haben meinen Weg gekreuzt. Auch meine Augen kamen nicht zu kurz. Die Farbenpracht der Wildblumen, Pflanzen, Bäume und der Berghänge ist eine Augenweide. Mir tun diese Ausflüge so gut. Für mich ist ein Aufenthalt in der Natur die beste Medizin. Glücklich und Frei machte ich mich dann wieder auf den Heimweg.
10. Ich erfreue mich nicht nur an der heimischen Fauna und Flora. Mir gefällt auch das Exotische. Gino und Sissi, die beiden Bartagamen stehen gerade auf meinen Oberschenkeln. Sie wohnen in einem grossen Terrarium bei meiner Physiotherapeutin. Manchmal, wenn neugierige Besucher kommen, dürfen sie um sich gegenseitig kennenzulernen, das Terrarium verlassen. Oder sie legen sich, alle Viere von sich gestreckt, im Wintergarten auf den Boden und gönnen sich ein Sonnenbad. Trotz ihrem stacheligen Aussehen, fühlen sie sich weich und warm an. Diese zwei Echsen würde ich gerne mal auf einen meiner Ausflüge in die Natur mitnehmen.
20.00 Uhr: In meiner Familie scheint das Reisefieber ausgebrochen zu sein. Gleich fünf von unserer Sippe touren momentan irgendwo durch Canada. Und das nicht etwa miteinander. Durch Beiträge im FB bekommt man etwa mit, was sie gerade machen. So hat sich z.B. mein Neffe Heinz mit seinen Reisegefährten zu waschechten Cowboys umstylen lassen. Roman sein Bruder, posiert voller Stolz vor einem riesigen Dodge. Mit diesem Gefährt wird er die nächsten vier Wochen Canada erkunden. Meine Schwester Doris ist mit ihrem Mann ebenfalls drüben. Sicher wird sie auf ihrer Route ihre Gastfamilie besuchen, bei der sie lange Zeit als Nanny gearbeitet hat. Und diese Woche hat mir meine Nichte Andrea einen Gruss von den Niagarafällen geschickt.
Da scheint mir unsere Urlaubsreise, welche uns durch Deutschland, Österreich und Italien führt, ein Klacks auf der Weltkarte zu sein. Und trotzdem freue ich mich umär darauf. Den ersten Halt werden wir am Chiemsee einlegen. Dann geht es weiter nach Linz. Dort haben wir ein Zimmer mit Blick auf den Dom. Die weitere Reise führt uns an die längste Einkaufsmeile von Wien. Die nächste Station ist der Wörthersee und der Fakkersee, wo jeweils im September ein grosses Harley-Treffen stattfindet. Und weil er gerade so schön auf der Strecke liegt, besuchen wir noch den Gardasee mit der wunderschönen Altstadt in Bardolino.
Aber zuerst haben wir Morgen das Treschen-Familientreffen von Seitens meines Mannes. Es wird bestimmt wunderschön sein, die ganze Meute mal wieder beisammen zu sehen. Ich liebe solche ungezwungenen Treffen. Ob ich noch alle mit Namen kenne? Wir werden sehen.
Hätte es fast vergessen. Mein Neffe Sven ist auf einer Töfflitour irgendwo in der Schweiz. Ja, ja, früh übt, wer einmal ein echter Harley-Biker werden will. Das T-Shirt trägt er jedenfalls schon.
12. Jetzt hat‘s mir gewaltig den Schweiss aus den Poren gebracht. Nicht etwa wegen der Sonne. Ich habe soeben das MTB Rennen bei Olympia mitverfolgt. Nino Schurter, der 26 jährige Bündner hatte die Favoritenrolle inne. Ich gratuliere zu diesem fantastischen Rennen und zur Silbermedaille im Mountainbike.
Für das gestrige Familien-Treffen hätte das Wetter nicht schöner sein können. Auch der Grillplatz mit dem Küchenhäuschen, dem Döggelikasten, den WC-Anlagen und dem grossen Kinderspielplatz war ideal. Ich liebe solche Feste, bei denen alle mal wieder zusammen kommen. In Gesprächen untereinander wird man dann wieder auf den aktuellen Familien-Stand gebracht. Das Essen und Trinken kam natürlich auch nicht zu kurz. Unter Anleitung von Grillmeister Sämi wurde Draussen auf dem Grill z.T. dreistöckig gegrillt. Und über dem Feuer, in einem grossen Chessi wurde der allseits beliebte „Walti-Risotto“ gekocht. Wir liessen es uns so richtig gutgehen. Später wurden noch selbstgebackene Kuchen und die heissgeliebten Urner Zigerkrapfen aufgetischt. Natürlich durfte da ein Kaffee mit „Gügs“ nicht fehlen. Es war ein wunderschönes Fest, welches Elias, ein Neffe meines Mannes, mit seiner Familie organisiert hat. Dankeschön euch Dreien. Ich bin dann gespannt, ob alle Anwesenden auf einem einzigen Bild Platz gefunden haben. Vielleicht darf ich dann eines veröffentlichen.
Nun jährt es sich wieder. Im August vor elf Jahren erhielt ich nach einer halbjährigen Untersuchungszeit meine Krankheitsdiagnose ALS. Ich hatte damals sicher nicht erwartet, dass es mir im 2012 immer noch so gut geht. Dass ich mit meinem Mann immer noch zu solch abenteuerlichen Ferien aufbrechen kann. Bald werden die Koffer gepackt und wir können mit Ferien ins zwölfte ALS –Jahr starten. Gibt es was Schöneres?
21.Wir sind retour von den Ferien. Es war traumhaft. Bevor ich euch von unseren Ferien berichten kann, muss ich mich zuerst Zuhause wieder einsortieren.
22. Ich würde ja gerne etwas über die Ferien schreiben. Doch es ist trotz laufendem Ventilator sehr warm vor dem PC. Mir kommt es vor, als hätten sich meine Schweissperlen zu einem Rennen verabredet. Jede Perle versucht so schnell wie möglich aus der Pore zu schlüpfen und so schnell als möglich an einem Körperteil herunter zu kugeln. Sehr witzig! Meine Arme scheinen mit der Mausmatte verklebt zu sein. So macht schreiben keinen Spass. Trotzdem bin ich natürlich glücklich über diese schönen Sommertage.
23. Bei der Planung unserer Ferien legte ich mein Augenmerk auf schöne Landschaften mit schönen Gewässern und sehenswerten Ortschaften. Mehrheitlich sind unsere Erwartungen erfüllt worden. Wir durften durch grüne Landschaften und Wälder fahren. An Steilhängen und in der Ebene gab es Apfel- und Traubenplantaschen. Sogar Olivenbäume zeigten sich manchen Orts. Grosse Felder an Mais, Korn, und Gemüse wuchsen links und rechts der Strassen. Zu erwähnen sind die vielen Blütensträucher und auch die Blumen, welche den Wegesrand oder die Balkone der Häuser zieren. Es war eine Wohltat, bei der vorherrschenden Hitze, in die Berge zu fahren oder an einem Gewässer entlang fahren zu können. Einmal durften wir bei 40° im Stau stehen. Waren wir froh, um die gute Klimaanlage im Auto.
Wenn wir Unterwegs sind, bevorzugen wir ortstypisches Lebensmittel. So assen wir am Chiemsee Käsespätzle, Knödel und Schweinebraten und in Linz die originale Linzer Torte. In Wien sollte es ein Wienerschnitzel sein. Leider wurde es ein Besuch bei MC Donald. Wir haben schlichtweg kein passendes Restaurant gefunden. Man sollte die grösste Einkaufsmeile von Wien eben nicht an einem Feiertag besuchen. Alles geschlossen. Am Wörthersee gab es Salat mit Kürbiskernöl und am Gardasee liessen wir uns Pizza und Pasta schmecken. Ein Gelati zum Abschluss durfte natürlich nicht fehlen.
Da ich alle Hotels vorausgebucht hatte, konnten wir die Tage, welche voller interessanter Eindrücke waren, ohne stressige Hotelsuche ausklingen lassen. Es waren nicht alle Hotels zu 100% rollstuhlgerecht. Da ich dies jedoch zum vornherein wusste und ich sowieso mit dem Handrollstuhl unterwegs war, ging alles sehr gut.
Wenn ich bei diesen Ferien ein positives und negatives Detail herausheben möchte, dann wäre dies zum einen das Hotelzimmer mit dem vorbildlichen, behindertengerechten Badezimmer in Linz. Negativ ist uns Wien mit ihrer schmutzigen Einkaufsmeile aufgefallen.
Es waren erlebnisreiche Ferien mit vielen neuen Eindrücken, welche wir nach Hause nehmen durften.
24. Heute Mittag hat das Telefon geklingelt und Piet hat abgenommen. Ich habe aus dem Gespräch mitbekommen, dass ein Termin abgemacht wurde. Nach dem Telefonat teilte mir mein Mann mit, dass mein neuer Rollstuhl am Montag geliefert wird. Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mich darüber freue. Das heisst aber auch, Abschied von meinem alten treuen Begleiter zu nehmen, welcher über acht Jahre die meisten Funktionen meiner Beine übernommen hat. Ich gönne ihm jedoch den Rolli Ruhestand.
Diese Woche hat mir die IV auch die Anpassung der Treppensteuerung bewilligt. Dies gibt mir die Möglichkeit, den Treppenlift wieder selber zu bedienen. Damit werde ich wieder ein bisschen selbständiger und mobiler.
Nun müsste mir die IV nur noch mein Assistentenbudget bekannt geben, auf welches ich schon seit über acht Monate warte. In der Privatwirtschaft hätte die IV mit ihrer langen Entscheidungsfrist, keine Überlebenschance.
Einige denken vielleicht, ich müsste doch zufrieden sein, bei dieser Menge an Hilfsmitteln, welche von der IV bereits übernommen wurden. Doch es gibt viele krankheitsbedingte Auslagen, welche weder von der IV noch von der Krankenkasse abgedeckt werden. So schneit mir z.B. jeden Monat die Spitex-Rechnung mit einem Selbstbehalt von über Fr. 700.- ins Haus. Diese beinhaltet 5 Std. Pflege und 3 1/2 Std. Putzarbeiten die Woche. Wenn man wie ich keiner Beschäftigung mehr nachgehen kann, hat man auch kein Anrecht auf einen automatischen Türöffner. Wahrscheinlich ist man der Ansicht, wer nicht arbeitet, braucht das Haus auch nicht zu verlassen. Wer dies trotzdem möchte, muss sich diesen Luxus von ca. Fr. 5000.-- selber finanzieren.
Das soll kein Jammern sein. Mir geht es, im Gegensatz zu vielen andern Betroffenen, gut. Darum kann ich mit meinem Mann auch so tolle Ferien unternehmen. Es soll nur aufzeigen, dass dann doch nicht alles übernommen wird und wir unseren Teil schon entrichten.
Jetzt freue ich mich erst mal an dem, was mir Bewilligt wurde. Judihui und Heirassa.
27. Jetzt ist er da, mein nagelneuer Stuhl. Er wurde exakt auf meine behindertenbedingten Bedürfnisse abgestimmt. So sind z.B. in der Kopfstütze Schalter integriert. Diese ermöglichen mir mit dem Kopf den Rolli ein- und auszuschalten und ins Menü zu wechseln, um Änderungen an der Sitzposition vorzunehmen. Ausserdem gewährt mir der bequeme Sitz ein gesundes Sitzen. Dies ist sehr wichtig, sitze ich doch täglich an die 12 Stunden darin. Ich habe sogar einen Bauchgurt verpasst bekommen, damit ich bei meinen rasanten Abfahrten ja nicht aus dem Stuhl purzle.
Was mir an meinem Permobil c350 sehr gut gefällt, ist seine Farbe. Da ich diese selber bestimmen durfte, entschied ich mich für ein tiefgründiges Blau. Ich wurde beim Eruieren des neuen Rollstuhls sehr gut durch Toni von der Firma Gloor Reab und von Erich von der Firma Permobil beraten. Beteiligt war auch Herr Baumann von der Sahb. Er hat den Rollstuhl bei der IV durchgeboxt. Dankeschön euch Dreien. Besonders danken möchte ich auch all denjenigen, welche täglich zur Arbeit gehen und ihren Anteil an unsere Sozialwerke entrichten. Dank euch muss ich nicht auf meine benötigten Hilfsmittel verzichten. Ein herzliches Vergeltsgott.
Ich freue mich, dass ich nun meinen neuen Rollstuhl habe und hoffe, er bleibt mir auch so lange treu wie mein Alter.
Fleetwood Mac - Go Your Own Way
31. Diese Woche sass ich viel am PC und habe unerledigte Sachen abgearbeitet. So musste ich z.B. die Liste unserer Lebensmittelvorräte aktualisieren. Hätte ich immer alle verbrauchten Lebensmittel ausgetragen, wäre mir diese Arbeit erspart geblieben. Man könnte sagen, das System ist gut, doch die Anwendung ist verbesserungswürdig. Dann habe ich nochmals die IV Betreffs Assistenzbudget angeschrieben. Ich hoffe, dass mir nun nächste Woche das Stundenbudget bekannt gegeben wird. Um unsere Ferien abschliessen zu können, habe ich über alle fünf besuchten Hotels eine Hotelbewertung abgegeben. Gleichzeitig habe ich die Hotels persönlich angeschrieben, um meine Verbesserungsvorschläge betreffs der behindertengerechten Zimmer / Bäder anzubringen. Ich hoffe, ich kann damit einen Beitrag leisten, um das Reisen für Menschen mit Behinderung einfacher zu machen.
Durch das lange Sitzen, konnte ich gleich meinen neuen Rolli auf seine Bequemlichkeit testen. Da sich meine Gesäss- und Beinmuskeln zuerst an die neue Sitz-Form gewöhnen müssen, verspüre ich heute doch einen leichten Muskelkater. Dieses ziehen in den Muskel freut mich natürlich. Es lässt mich spüren, dass noch Muskeln vorhanden sind. Da steckt noch einiges an Power drin.
Leider lud das Wetter diese Woche nicht zu Rolli-Ausflügen ein. Doch nach all den vergangenen heissen Tagen, braucht die Natur diesen Regen. Und der Schnee, welcher seit heute Morgen die Bergspitzen ziert, wird nächste Woche durch die Wärme der Sonne rasch schmelzen. Ein Hoch auf das schöne Augustwetter.
SEPTEMBER
6. Ganz langsam und leise bist du aufgetaucht. Trotzdem bemerke ich dich sofort. Ich kann meinen Blick nicht von dir abwenden. Obwohl du leichte Schlagseite hast, siehst du heute besonders schön aus. Dein bernsteinfarbiges Leuchten verleiht dem Nachthimmel einen warmen Ton. Ich liege im Bett und schaue zu, wie du dich langsam vorwärtsbewegst. Irgendwann entziehst du dich meinem Blickfeld und ziehst weiter. Lieber Mond, ich freue mich schon auf deinen nächsten Besuch. Du warst wunderbar. Ich denke, der Herbst entwickelt sich zu einem wunderschönen Indian Summer.
7. Diese Woche sind die Tage nur so zerronnen. Ich bin kaum mehr zum Tagebuchschreiben gekommen. Also hier ein kleiner Wochenrückblick. Am vergangenen Samstag machten wir uns auf den Weg in den Thurgau. Wir waren zu einem Hochzeitfest aus der Familie meines Mannes eingeladen. Piet ist ausserdem der Götti (Pate) der Braut. Als wir beim Festlokal vorfuhren regnete es wie aus Eimern. Damit wir mit dem Rollstuhl nicht patschnass wurden, wurde kurzerhand ein grosser Sonnenschirm als Regenschirm zweckentfremdet. Kurz darauf sassen wir auch schon im trockenen und konnten den Festivitäten beiwohnen. Das Brautpaar erschien im Old-Western-Style Outfit. Die Beiden sahen darin fantastisch gut aus. Paste natürlich hervorragend zum „Bäsäbeiz“ Ambiente. Das Fest war super organisiert und urgemütlich. Die Darbietungen und die durchgeführten Spiele strapazierten unsere Lachmuskeln gewaltig. Eine Ländlerkapelle sorgte für musikalische Unterhaltung und veranlasste einige Personen das Tanzbein zu schwingen.
Durch das Üben am Fest, konnten die Hochzeitsgäste den nachfolgenden Song und den dazugehörigen Tanz fast perfekt nachahmen. Ich muss schon sagen; der Hüftschwung von einigen Tänzern war nicht zu verachten. Irgendwann mussten wir uns dann doch von der Festgemeinde loseisen und die Heimfahrt antreten. Als wir um 2.00 Uhr bei sternenklarer Nacht zu Hause ankamen, war ich dann doch reif fürs Bett.
Am Montag und Dienstag widmete ich mich wieder meinem Assistenzbudget. Mir waren die budgetierten Stunden, welche mir die IV vorige Woche mitteilte, nicht nachvollziehbar. Also habe ich alle von mir benötigten Assistenzstunden nochmals aufgelistet und neu durchgerechnet. Und am Mittwochabend fuhren Piet und ich nach Olten und nahmen nochmals an einer Infoveranstaltung zum Assistenzbudget teil. Ich denke, nun habe ich eine gute Basis, meine Stunden zu begründen. Für die IV ist dieses Modell auch Neuland und es bleibt uns nichts anderes übrig als zusammenzuarbeiten und die noch vorhandenen Baustellen gemeinsam zu lösen.
Diese Woche fingen auch meine Physiostunden wieder an.
Irgendwie hat mich das alles ganz schön gerädert und ich musste zwei- dreimal ein Mittagsschläfchen einlegen.
Aber heute lies ich es mir nicht nehmen und unternahm mit meinem neuen Rolli einen Ausflug zum See. Herrlich, einfach nur herrlich.
09. In den vergangenen Tagen wurde der Sommer nochmals so richtig aktiv. Um zu zeigen, dass er noch nicht vorbei ist, hat der Sommer die Sonne losgeschickt. Mit ihren warmen Strahlen hat sie alles und jeden in ihren Bann gezogen. Es wurde wieder herrlich warm. Und an den Abenden hatte der Mond seinen Auftritt. Er hat all die Nächte am Himmelszelt ausgeharrt, um uns den Nachthimmel zu erhellen. Ich hoffe, es werden noch einige solcher Tage und Nächte folgen, bevor der Herbst definitiv Einzug hält.
Wenn ihr wie ich, an solchen Tagen am liebsten unter einem Baum liegt, um der Natur zu lauschen, dann kann es vorkommen, dass ihr auf dem Baum ein hämmern hört. Es könnte ein Specht sein, der die Würmer aus dem Baum trommelt. Oder es könnte sich, wie auf meinem Baum, um einen Kleiber handeln, welcher die Nüsse mit dem Schnabel auf einen Ast hämmert, um diese zu öffnen. Gestern konnte ich beobachten wie er den Stamm abwärts lief um die Nuss, welche ihm entglitten ist, wieder zu bekommen. Und ob ihrs glaubt oder nicht, der schnelle Läufer hat die Nuss erwischt.
10. Was unternimmt man an einem solch traumhaften Sommertag, wenn man nicht arbeiten muss? Für mich war’s schon am Morgen klar, was ich am Nachmittag unternehmen würde. Ich wollte noch mal die Gelegenheit benützen, um eine Dampfschifffahrt zu unternehmen. Schon bald könnte es dafür wieder zu kalt sein. Nach dem Mittag machte ich mich also mit dem Rolli auf den Weg zur Schiffsstation. Dafür benötige ich jeweils eine halbe Stunde. Der Mann am Schalter kannte mich vom vorderen Mal und wusste, dass er mein Geld für das Billet selber herausnehmen muss. Das Billet klebte er mir wieder vorsorglich am Rolli fest. Als dann der Dampfer anlegte, staunte ich nicht schlecht, wie viele Personen auf so einem Schiff Platz finden. Die Schlange der Personen, welche das Schiff verliess, war endlos. Es waren viele Alte und Betagte Menschen darunter. Viele sassen im Rollstuhl oder schoben einen Rollator vor sich her. Wahrscheinlich waren dies Heimbewohner, welche diesen schönen Tag für einen Ausflug nutzten. Da das Aussteigen schnell vollzogen werden musste, hatte ich den Eindruck, dass es für einige recht stressig war. Ich denke jedoch, dass die Schifffahrt, bei diesem schönen Wetter, in Gedanken überwiegen wird.
Als das Schiff die Fahrt wieder aufgenommen hatte, gab es richtig Dampf. Die verlorene Zeit musste schliesslich wieder aufgeholt werden. Nach nicht ganz einer Stunde konnte ich in Brunnen das Schiff verlassen und machte mich auf der Axenstrasse auf den Heimweg. Auf der rechten Seite hatte ich den Vierwaldstättersee im Blickfeld. Zwischendurch hielt ich den Rolli an um Seglern, Surfern und Schwimmern zuzuschauen. Manchmal kreuzten flinke Eidechsen und nervös flatternde Schmetterlinge meinen Weg. Es war so ein wunderschöner Tag, den musste ich einfach auskosten. Darum habe ich auf der Heimfahrt richtiggehend getrödelt. Als ich dann um halb Sechs zu Hause ankam, war ich dann doch recht durstig. Ich war so fasziniert vom Wetter und der Natur, dass ich gar nicht daran dachte, irgendwo einzukehren. Der Tag war wunderschön.
12. Gestern war ich mit einer meiner Schwestern unterwegs. Wir wollten den sonnig, warmen Tag noch mal ausnützen. So fuhren wir mit dem Velo und dem Rolli der Reuss entlang Richtung See. Als wir dem Seeufer entlangfuhren, konnten wir wieder einige Seevögel beobachten. Einige hielten sich im Wasser auf und einige an Land. Dasselbe taten auch einige sonnen- und wasserhungrige Menschen den Tieren gleich. Später besuchten wir noch die Biotope im Bodenwald. Dort trafen wir auf Enten, Libellen und anderes Gefleug. Die Frösche und Schlangen, die wir eigentlich sehen wollten, hielten sich leider versteckt.
Ich hatte natürlich wieder die Kamera dabei und meine Schwester musste mal wieder als Photographin fungieren. Sie schiesst aber auch tolle Bilder.
Habt ihr auch nichts gesehen. So erging es mir gestern Abend. Als ich meinen Mann bat, die Speicherkarte aus dem Fotoapparat zu nehmen, sagte er mir, dass gar keine Karte im Apparat sei. Die Karte steckte vom Vortag noch im Drucker. Nun wusste ich auch, warum der Apparat beim Knipsen immer einen Piepston abgegeben hat. Ich dachte, es läge am Akku. Damit ihr doch noch zu einem Bild kommt, werde ich euch eine Beschreibung geben.
Von rechts nach links gesehen. Blauer See mit Schwimminseln – Enten - Menschen, steiniger Sandstrand, ein schmaler Rasenstreifen als Liegewiese - Sonnenanbeter, grober Kiesweg – Velo – Rolli, breite Naturwiesenliege – erwachsene weisse Schwäne und zwei junge braune Schwäne beim Gras zupfen. „Wir kommen den Schwänen zu Nahe. Ein weisser Schwan beäugt uns kritisch und hebt seine Flügel. Meine Schwester läuft zum Velo, setzt sich in den Sattel und fängt wie wild zu treten an. Der Schwan hat die Verfolgung aufgenommen. Mit grossen Schritten und ausgebreiteten Flügeln jagt er uns hinterher. Erst als wir ausser Reichweite der Jungschwäne sind, lässt uns der Schwan ziehen. Uff, das war knapp.“ Aber sorry liebe Leser. Dies war eher ein Video als ein Bildbeschrieb. Meine Fantasie ist gerade mit mir durchgegangen. Der Schwan hat uns natürlich nicht verfolgt. Ich hoffe, ihr konntet euch diese Szene ebenfalls bildlich vorstellen und hattet euren Spass dabei. Ein Schmunzeln tut so gut.
18. Die letzten Tage waren nochmals richtig sommerlich. Ich verbrachte viele gemütliche Stunden unter dem Nussbaum. Da die Nüsse nun reif sind und viele Vögel etwas abhaben wollten, fand ein reger Verkehr auf dem Baum statt. Es wurde geklopft, gesungen und gestritten. Ich wusste nie, wann mir eine Nuss auf den Kopf fallen würde. Bis jetzt hatte ich jedoch Glück und ich bin ohne Beule davongekommen. Da sich immer noch blühende Pflanzen im Garten befinden, sind auch noch einige Schmetterlinge und Libellen unterwegs. In unserem Garten sind auch kleinere und grössere Eidechsen anzutreffen. Es macht Spass sie beim Klettern oder beim Sonnenbaden auf den Steinen zu beobachten. Da wir für die Tiere einiges an Laub liegen lassen, hoffe ich, dass mir auch noch ein Igel über den Weg läuft.
Am Tag ist es noch immer recht warm. Sobald jedoch die Sonne abtaucht, wird es frisch. Da tut man gut daran, etwas Warmes überzuziehen. Sonst könnte es sein, dass man wie ich gestern Abend, bereits um 19.00 Uhr mit zwei Bettflaschen, einem erwärmten Hirsekissen und einem warmen Frottiertuch auf den Händen im Bett liegt, um einigermassen wieder auf Betriebstemperatur zu kommen. Gestern musste mir mein Mann sogar noch ein Elekroöfeli ins Zimmer stellen. Obwohl ich heute nicht nach Draussen konnte, war ich doch ein bisschen schlauer und habe die kurze Hose gegen lange Jeans getauscht. Was mich heute ans Haus fesselte, schreibe ich beim nächsten Eintrag. Nun bin ich müde. Der Tag war recht stressig.
19. Ollalla, der Herbst ist mit Wind und Regen ins Land gezogen. Der Wind rüttelt an Bäumen und Sträuchern. Manchmal verschafft er sich sogar durch ein geöffnetes Fenster, zutritt ins Haus. Wenn er es schafft, dann geht die Post erst richtig ab. Mit seinem heulenden Lachen fegt er das Treppenhaus rauf und runter. Es scheint ihm einen heiden Spass zu machen, an den Zimmertüren zu rütteln, um sie aufzukriegen. Aber nichts da, lieber Wind. Such dir deinen Spielplatz im Freien und spiel mit dem Laub, welches bereits zu Hauf auf dem Boden liegt. Heute wollte sich der Wind wohl nicht einfach so von mir verabschieden und platschte mir kurzerhand, tausende kleiner Regentropfen ans Fenster. Einige sind immer noch hier. Ich denke, es interessiert sie, was ich gerade am PC schreibe. Ich bin eigentlich nie allein, ich habe immer irgendwelche Besucher.
Manchmal jedoch ist man froh, wenn sich der letzte Besucher endlich verabschiedet und wieder Ruhe ins Haus einkehrt.
Gestern war zum Beispiel so ein Tag. Wir hatten einige Handwerker im Haus. Während ich um 8.00 Uhr noch im Bett liegend auf die Spitex wartete, traf bereits der erste Handwerker ein. Da ich die Bedientasten am Lift nicht mehr selbst drücken konnte, musste die herkömmliche Liftsteuerung auf Infrarotbedienung umgebaut werden. Dafür war der Liftbauer zuständig. Um 10.00 Uhr traf dann der Experte ein, welcher für das Bedienteil am Rollstuhl zuständig ist. Bei der Vorentscheidung hatten wir uns bereits für ein GEWA Umfeldkontrollgerät entschieden. Es ist einfach in der Anwendung und dank der kleineren Form einfacher am Rollstuhl mitzuführen. Dank der Umrüstung am Lift und dem GEWA kann ich nun den Lift selbstständig vom Rollstuhl aus bedienen.
Als Nächstes werden wir uns noch einen automatischen Türöffner und ein Handy beschaffen. Diese Beiden werde ich dann ebenfalls über das GEWA bedienen können. Am Nachmittag hatten wir dann auch noch den Elektriker im Haus. Also, wie ihr lesen könnt, war bei uns Gestern ganz schön Fullhouse. Ich bin zwar sehr froh, wieder ein wenig von meiner Selbstständigkeit zurück gewonnen zu haben. Doch so ein Tag strengt mich doch sehr an. Aber nun habe ich gut geschlafen und bin wieder fit, mich den Anderen noch offenen Projekten zu widmen.
20. Manchmal überkommt mich schon ein schlechtes Gewissen. Mir geht es nämlich, im Gegensatz zu vielen andern Menschen, recht gut. Ich habe etwas, von dem viele Menschen viel zu wenig haben. Ich habe Zeit. Obwohl mir im Jahr 2001 mitgeteilt wurde, dass mir nicht mehr viele Jahre auf dieser Erde verbleiben, darf ich immer noch hier sein. Ich habe gelernt, die Zeit zu schätzen. Ich habe die Zeit, unsere Erde kennenzulernen. Ich habe die Zeit, die Natur zu entdecken. Ich habe die Zeit, mich auf andere Menschen einzulassen. Ich habe die Zeit, mich meinem Leben zu stellen. Ich habe die Zeit, über Sinn und Unsinn des Lebens nachzudenken. Und in letzter Zeit passiert wieder viel Unsinn auf dieser Welt. Viele Länder befinden sich in Aufruhr. Es geht wie immer um Macht, um Geld und Religion. Viele Menschen werden verletzt, getötet oder müssen fliehen und werden zu Flüchtlingen.
Dabei ist jedes Leben doch so kostbar und unser Planet so wunderschön. Ich denke, die Menschen nehmen sich einfach zu wenig Zeit, um über ihr Handeln nachzudecken. Oder sie haben in dieser stressigen Welt, keine Zeit mehr für das Leben. Eigentlich sehr traurig. Mit dem Bewusstsein, dass wir höchstwahrscheinlich nur einmal auf dieser Erde leben dürfen.
26. Trotz des Föhns habe ich mich am späteren Nachmittag nach Draussen gewagt. Ich wollte meinem Mann beim Rasenmähen Gesellschaft leisten. Bevor ich jedoch auf meinem geliebten Nussbaumplätzchen platznehmen konnte, musste mein Mann zuerst die vielen Nüsse, welche der Föhn zuhauf vom Baum gerüttelt hat, aufsammeln. Schliesslich wollte ich mich mit meinem Rollstuhl nicht als Nussknacker betätigen. Ausserdem sind die Nüsse im Innern noch feucht und somit noch ungeniessbar. Zuerst wollte mir mein Mann wegen den Kopfnüssen einen Helm verpassen. Doch wir haben uns dann auf eine Töffbrille geeinigt. Diese hat wenigstens meine Augen vor dem aufwirbelnden Staub geschützt. Die Windböen haben gewaltig an mir herumgezerrt und meine Haare wurden ganz schön zerzaust. Trotzdem habe ich es genossen. Es war angenehm warm. Zwei-, dreimal haben mich herunterfallende Nüsse nur knapp verfehlt. Wie sagt man doch so treffend; Nicht getroffen Schnaps gesoffen. Übrigens, der Nussschnaps soll ja was ganz edles sein. Hmm, fein, fein.
Etwas später hat sich dann noch ein anderer Wind bemerkbar gemacht. Von Nordwesten her tauchte die kältebringende Biese auf und fing an, gegen den von Süden kommende, warme Föhn anzukämpfen. Nun fing das Gezanke und Gezerre erst recht an. Zum Glück war mein Mann mit dem Rasenmähen fertig und so konnten wir uns wieder ins Haus verziehen. Jedoch keiner der beiden Winde ging als Sieger von dannen. Ein Dritter hat sich nämlich klamm heimlich von Oben angeschlichen und hat nun das Zepter fest in seiner Hand. Es ist der Regen. Mal schauen wie lange er bleibt.
OKTOBER
1. Dr Näbel lied wiänä Decku uberem Tau und lad chüm me ä Sunnästrau durä. Temperatürä stieget hegschtenz nu uf Achzä Grad. Z’Läub vo dä Beim und vo dä Striecher verwandlet sich i warmi, herbschtlichi Farbä. Und jedä Tag liegget meh Bletter am Bodä. Langsam aber sicher müess jetzt z’letschti Obscht und z Gmiess im Gartä abgärntet und verschaffet wärdä. Ich freuwä mich scho ufäni feini Chirbissuppä und uf dr frisch prässdi Moscht.
Ozapft is! Aber Moscht und nit Biär.
2. Wie schön sich doch die beginnende Nacht präsentiert. Der Mond ist hinter den Bergen hervorgekommen und schaut nun in mein Zimmer. Vom Bett aus kann ich mitverfolgen, wie der wunderschön leuchtende Mond immer höher steigt und den dunklen Nachthimmel erhellt. Ich schaue ihm fasziniert zu wie er sich langsam in westlicher Richtung fortbewegt. Weil mein Zimmer keine Rundumsicht hat, muss ich die Verfolgung des Mondes nach einiger Zeit abbrechen. Da die Temperaturen diese Nacht etwas milder sind, durfte ich das Ganze bei offenem Fenster geniessen. Nebst dem Mond hat auch die frische Luft dazu beigetragen, dass ich mich nun wunderbar gut fühle. Ich werde heute Nacht sicher gut schlafen und gegen schöne Träume habe ich sowieso nichts.
3. Schöne Träume sind gut. Wenn man aber wie ich die halbe Nacht wachliegt, kann man ja nicht zum Träumen kommen. Ich denke, der Mond wollte nicht alleine durch die Nacht wandern und hat deshalb mein Zimmer hell erleuchten lassen. Heute Nacht werde ich wohl mal das Sandmännchen anrufen müssen.
Wie gerne hätte ich heute Morgen ausnahmsweise mal länger geschlafen. Aber nix da, es muss aufgestanden werden. Ich kann die Spitex schlecht wegschicken und sie bitten, in zwei Stunden wieder zu kommen. Auf solche Wünsche kann die Spitex verständlicherweise keine Rücksicht nehmen. Heute stand meine „Hauptpflegerin“ im Einsatz und so brauchte ich keine Pflegeanweisungen zu geben. Heute ging alles ein wenig leiser von statten.
So ruhig läuft es jedoch nicht immer ab. Wenn Pflegerinnen oder Auszubildende zum ersten Mal bei mir zur Pflege kommen, werden sie meistens von der Hauptpflegerin Instruiert. Trotzdem muss ich bei den nachfolgenden Besuchen ein paarmal noch Anweisungen geben. Das gleiche gilt, wenn eine Pflegerin einige Wochen nicht mehr bei mir im Einsatz war. Da bin ich jeweils froh, dass meine Stimme noch einigermassen verständlich ist. Sollte es mal gar nicht klappen, können sie den von mir geschrieben Pflegeplan zur Hand nehmen. Ich bin froh, dass momentan immer etwa die gleichen Pflegerinnen bei mir im Einsatz sind. Es kann aber auch sehr interessant sein, neue Pflegefachkräfte kennen zu lernen. Manchmal erfährt man im Gespräch ganz interessantes. So geschehen vor ca. 1 Monat, kurz nach dem Familientreffen meines Mannes. Eine neue Pflegerin wurde bei mir instruiert. Da sie den gleichen Nachnamen wie ich hat, wurde sie vorgängig gefragt ob sie mich kenne oder mit mir verwandt sei. Was sie verneinte. Ich hätte das auch verneint. So ging der erste Pflegeinsatz zu Ende und der Zweite begann. Beim Smalltalk erzählte sie mir dann, dass sie in einem Nachbarkanton wohne. Ihre Eltern seien jedoch in meinem Kanton aufgewachsen. Als sie mir dann sagte, sie wolle nächstens ihre Grossmutter besuchen und mir auch noch ihren Namen nannte, wusste ich Bescheid. Ich sagte ihr; hättest du am Familientreffen teilgenommen, wüsstest du, dass du eine Nichte meines Mannes bist. Solche Begegnungen sind doch etwas Wunderbares.
Da ich endlich meinen Schlaf aus den Augen bekommen wollte und das Wetter gut war, machte ich mich heute Nachmittag zu einer Rolliausfahrt auf. Ich kam allerdings nicht gerade weit. Unterwegs traf ich auf meinen Bruder der Landwirt ist. Er war gerade am „Grasen“ für das liebe Vieh. Da es bequemer ist, beim Sitzen zu plaudern, habe ich mich gleich selber zu einem Kaffee unter dem Nussbaum eingeladen. So ist der Nachmittag im Nu vergangen.
8. Doch, doch, mich gibt es noch. Ich bin einfach nicht dazu gekommen, ins Tagebuch zu schreiben. Die vergangene Woche war sehr abwechslungsreich und hat mir viel Schönes gebracht. Zu erwähnen sind Besuche von meinen Geschwistern, welche mit mir einige Nachmittage verbrachten. Dann hatte ich auch noch mal die Firma Active-Communikation im Haus. Sie ist vor allem für diejenigen Hilfsmittel zuständig, welche die Kommunikation betreffen. So haben sie mir diesmal mein Handy so konfiguriert, dass ich es mit meinem Rollstuhljoystick (Tetragabel) bedienen kann. Für mich ist diese Art von Handybedienung wieder ein Mosaiksteinchen, welches dazu beiträgt, mir ein wenig Selbstständigkeit und Sicherheit zu geben. Ich hatte grossen Spass mit den beiden Mitarbeitern von Aktiv-Communiation. Könnt ihr euch das Kuderwelsch vorstellen, wenn sich ein Aargauer, welcher in Bern wohnt und in Zug arbeitet und ein waschechter Berner und eine Urnerin mit mittlerweile verwaschener Aussprache unterhalten. Da fallen Sätze wie; bitte übersetzen, oder wie bitte, oder geht das auch mit Untertitel. Das hat für manchen Lacher gesorgt. Als der Berner dann noch von einem Kurs erzählte, an welchem er seinen Vortrag, aus Rücksicht auf seine Deutschen Kollegen auf Hochdeutsch hielt und er dann später von einem Deutschen gefragt wurde, in welchem Schweizerdialekt er den Vortrag gehalten habe, konnten wir uns kaum mehr halten vor Lachen. So was braucht es einfach im Leben.
Wegen der Handyinstallation musste ich am Donnerstag meine Physiostunde ausfallen lassen. Schade, denn sie tun mir und meinem Körper sehr gut. Ich habe ja selten Schmerzen. Doch seit ca. einem halben Jahr drückt mir von Zeit zu Zeit, irgendein Muskel oder ich weiss nicht was auf den Ischias-Nerv. Am Dienstag versuchte mir die Physiotherapeutin bei der Fussreflexzonenmassage den Ischias- Nerv zu behandeln. Bisher habe ich die Fussreflexzonenmassage immer als sehr angenehm und beruhigend empfunden. Doch als die Therapeutin diesmal auf die Stelle am Fuss drückte, welche dem Ischias-Nerv zugeteilt wird, konnte ich meine Füsse nicht mehr still halten. Das tat aber wirklich weh. Da haben wir wohl noch einiges zu tun, um den Ischias-Schmerz zu vertreiben. Morgen geht’s gleich los.
Morgen werde ich euch von weiteren schönen Begegnungen der letzten Woche berichten.
9. Was das wohl sein könnte, das da steht am Waldesrand und keck sein Köpfchen aus dem Grase streckt? Nein die Hagebutte ist es nicht. Von seiner Gattung gibt es viele. Sie werden auch emsig gesammelt. Nur ihn lässt man immer im Walde stehen. Dabei sieht er mit seinem roten Köpfchen mit den weissen Punkten am schönsten von allen aus. Ja es ist der Fliegenpilz.
Ich habe am letzten Freitag zum ersten Mal in meinem Leben einen Fliegenpilz in Natura gesehen. Zuerst sahen wir nur den Einen. Doch dann entdeckten wir weitere, welche sich zwischen Gras und abgestorbenem Laub hervortaten. Es war so schön diese Fliegenpilzkolonie zu betrachten.
Ich bekam richtig Lust auf ein Pilzgericht. Da ich einen guten Koch Zuhause habe, bekam ich am nächsten Tag doch prompt eine perfekt zubereitete Pilzschnitte serviert. Allerdings ohne weissgepunktete Rotköpfe.
In unserem Rasen spriessen momentan ebenfalls Pilzkolonien aus dem Boden. Bis jetzt habe ich vier Sorten gezählt. Aber keine Ahnung wie diese heissen und ob sie essbar sind. Ich kaufe die Pilze ohnehin im Supermarkt. Sicher ist sicher.
Am Sonntag assen wir dann nochmals Pilze und zwar im Tessin. In Lugano fand nämlich das Herbstfest statt. An vielen Ständen wurden einheimische Produkte angeboten. An allen Ecken wurde gesungen und getanzt. Trachtenfrauen trugen die typischen Holzzoggeli an den Füssen. Und in grossen Kupferkesseln wurde der Polenta gerührt. Den mussten wir natürlich probieren. Mit den Steinpilzen obendrauf ergab dies eine vollwertige Mahlzeit. Und was darf im Herbst im Tessin nicht fehlen? Heisse Maroni ganz heiss!
16. So schnell kann sich die Landschaft verändern. Noch eben strahlte sie in bunten Farben und nun ist sie mit unschuldigem weiss überzogen. Diese Bilder boten sich mir heute Morgen vom Zimmerfenster aus. Mit dem Sonnenschein zusammen, sieht's doch recht freundlich aus. Aber kalt ist es geworden.
Ahnend was da kommt, haben wir am Samstag vorsorglich unsere Terrakotta-Töpfe und Figuren ins Gartenhaus versorgt. Dann mussten noch Sträucher zurückgeschnitten werden, damit sie im Winter durch den Schnee nicht auseinandergerissen werden. Da einige Sträucher zu gross geworden sind, mussten diese versetzt werden. Mein Junior war der Ansicht, dass ich die Pflanzen und Sträucher umsetzen würde, wie andere ihre Möbelstücke. Das mag ja stimmen. Ein Garten braucht manchmal Jahre, um so auszusehen, wie es sich der " Besitzer" vorstellt. Da bilde ich keine Ausnahme. Bei mir haben die Pflanzen jedoch viel Freiraum um zu wachsen. Sie werden nicht in eine Form gezwängt. Ich liebe die Wildheit, die Natürlichkeit.
Als mein Mann den Rasen mähte, wurden wir mit Besuchern eingedeckt. Meisen, Finken, Spatzen, Kleiber, Rotkelchen und Spatzen stürzten sich auf die vom Rasenmäher zertrümmerten Baumnüsse. Ein Eichelhäher besuchte uns ebenfalls. Er flog mehrmals unseren Blätterhaufen an und suchte darin nach Nüssen. Als wir dann ein wiederkehrendes Klopfen am Nussbaum vernahmen, wussten wir, auch der Buntspecht ist zu Besuch.
Später am Nachmittag musste mein Mann an der Pergola noch ein morsches Brett auswechseln. Da ist ihm etwas kleines Pelziges vor die Füsse gefallen. Zuerst dachten wir es sei eine Maus. Bei näherem Betrachten stellten wir fest, dass es sich schon um eine Maus handelt und zwar um eine Fledermaus. Schnell wurde sie fotografiert und gleich darauf trugen wir sie wieder an einen dunklen, sicheren Ort. Solche Tierbegegnungen sind doch etwas Wunderbares.
Wir wussten ja, dass es in den nächsten Tagen in höheren Lagen Schnee geben würde. Darum unternahmen wir am Sonntag eine Vierpässe-Fahrt. Die Landschaften mit ihren Wäldern, Sträuchern und Pflanzen präsentierten sich in den unterschiedlichsten Herbstfarben. Als wir unterhalb vom Nufenenpass waren, sahen wir eine Herde Steinböcke unweit der Strasse entfernt. Da mussten wir einfach anhalten und die Tiere beobachten. In der freien Wildbahn bekommt man diese Tiere selten so nah zu Gesicht.
Zum Abschluss der Tagesreise nahmen wir die alte Gotthardpassroute (Tremola) unter die Räder. Zum Glück waren wir mit dem 4 x 4 unterwegs. Denn je näher wir dem Pass kamen, umso weisser und matschiger wurde die Strasse. Wir sind dann doch bis nach Oben gekommen. Eins ist jedoch sicher. Diese Woche werden die Winterreifen montiert.
25. Aufrecht steht sie da und lässt sich von mir bewundern. Ihre Aura sendet Wärme und Ruhe aus. Mit ihrem goldenen Herbstkleid überstrahlt sie alles und zieht alle in ihren Bann. Ganz still steht sie da und ergibt sich dem Herbst. Wahrscheinlich ahnt sie bereits, dass sie am Wochenende ihr wärmendes Kleid verlieren wird und sich mit dem Winter auseinandersetzen muss. Meine schöne Linde, ruh dich aus. Auch die andern Bäume und Sträucher präsentieren sich im Herbstlaub. Unser Nussbaum hat von Tag zu Tag weniger Blätter und steht bald Nackt da. Umso besser kann ich nun die verschiedenen Vögel auf den Ästen ausmachen. Zwischendurch hüpft auch noch ein Eichelhäher über den Rasen und sucht nach heruntergefallenen Baumnüssen.
Geniessen wir also noch die trockenen Tage. Wer weiss, wie es am Wochenende aussehen wird. Vielleicht fahre ich Morgen nochmals aus. Das Haus zu verlassen ist für mich ab heute nämlich einfacher geworden. Heute wurde der automatische Türöffner montiert. Nun kann ich mit der Rollstuhlsteuerung ebenfalls die Türe öffnen und schliessen. Judjhui, wieder mehr Unabhängigkeit. Ich freue mich.
26. Ich wollte bereits vor 1 Stunde mitschreiben beginnen. Meine brennenden und tränenden Augen und die plötzlich laufende Nase, haben mich jedoch daran gehindert. Seit etwa zwei Jahren treten diese Symptome mindestens einmal im Tag spontan auf. Wahrscheinlich reagiere ich auf irgendetwas allergisch. Was es ist, habe ich bis jetzt noch nicht herausgefunden. Wenn ich alleine Zuhause bin, schliesse ich für etliche Minuten die Augen und warte bis es abklingt. Ich kann ja niemanden deswegen vom Arbeitsplatz holen. Weil ich heute unbedingt wieder ein paar Zeilen ins Tagebuch schreiben wollte und es ohnehin nach Feierabend war, mein Mann jedoch für Kommissionen unterwegs war, musste ich meinen Sohn bei seinem „Freitagsbier“ stören. Nachdem mir nun mein Sohn die Augen ausgewischt und die Nase geputzt hat und mich mit Augentropfen versehen hat, sitzt er nun wieder vor seinem „Freitagsbier“ in seiner Stammbeiz und ich vor meinem PC.
Ich weiss, ich habe in letzter Zeit wenig geschrieben. Ich hatte schlicht weg zu wenig Zeit. Ich habe letzte Woche das Assistenzbudget von der IV bekommen. Ich musste mich zuerst mit den Zahlen vertraut machen. Dann kämpfte ich mich durch Formulare und setzte mich mit den Rechten und Pflichten eines Arbeitgebers / Arbeitnehmers auseinander. Musste mich mit den Sozialabgaben und den Versicherungsleistungen befassen. Nur, wenn ich dies alles weiss und auch verstehe, kann ich den Lohn für meine zukünftigen Assistentinnen festlegen. Ich habe Stunden und Tage dafür gebraucht. Aber ich komme dem Ziel, meinen Mann zu entlasten, immer näher. Morgen soll nun meine erste Stellenausschreibung erscheinen. Ich hoffe sehr, dass sich geeignete Personen bewerben. So, nun wisst ihr was mich vom Schreiben abgehalten hat.
Zwischendurch besuchten mich auch mal wieder meine Kopfschmerzen und blieben ein paar Tage. Am Dienstag hat ihnen meine Physiotherapeutin mit der Anwendung von Craniosacral dann die Türe gewiesen. Ich bin sehr froh, dass meine Therapeutin in verschiedenen Therapieformen bewandert ist.
So, für heute müssen diese Zeilen reichen.
28. Am Morgen war ich ein wenig enttäuscht ab dem Schäumchen Schnee. Dann kam auch noch, die ansonsten so geliebte Sonne von mir hervor und hat das weisse Schäumchen kurzerhand weg geschmolzen. Ich weiss, ich kann gut reden, ich muss ja weder nach Draussen, noch muss ich Schneeschippen. Sorry, aber ich liebe die Natur, die sich immer wieder verändert. Immer wieder zeigt sie sich auf eine ganz andere Art. Es ist einfach schön, diese Verwandlungen mitzuerleben. Besonders, wenn man das Ganze im warmen Zimmerlein, hinter der Fensterscheibe versteckt, beobachten kann. Soeben (17.30) hat es auch bei uns, leicht zu schneien angefangen. Laut Zeitungsberichten hat es um uns herum, schon reichlich Schnee gegeben.
NOVEMBER
8. Saluti, Maroni, Spaghetti. Mit etwas Verspätung melde ich mich mal wieder. Ich bin immer noch mit Abklärungen für meine zukünftigen Assistentinnen beschäftigt. Diese Abklärungen sind recht zeitintensiv. Aber es geht langsam vorwärts. Spätestens im neuen Jahr will ich startbereit sein.
Leider plagten mich in letzter Zeit auch immer wieder meine Kopfschmerzen. Deshalb sass ich auch weniger am PC. Ich glaube, langsam dreht die Grippewelle seine Runden.
10. Ich liebe fast alles was kreucht und fleugt. Die wurmartigen Dinger wie Schlangen, Engerlinge, Würmer usw. zählen nicht gerade zu meinen Lieblingen. Das mit den Schlangen hat sich in der Zwischenzeit etwas relativiert. Im Oktober wurde wieder der Ferienpass für Kinder angeboten. Ein Themennachmittag war den Schlangen gewidmet. Da ich die Schlangenbesitzer kenne, durfte ich als Gast der Veranstaltung beiwohnen. Ich wollte eigentlich wollte ich nur kurz bleiben. Die Vorstellung und die Erklärungen zu den einzelnen Schlangen waren so interessant, dass ich den ganzen Nachmittag dort verweilte. Mir wurden viele Schlangen in meine Hände gelegt. Bewundernswert sind die unterschiedlichen Zeichnungen, welche die Schlangen auf der Haut tragen. Damit ich spüren konnte, wie sich so ein gespaltenes Schlangenzünglein anfüllt, wurde mir eine Schlange ganz nah an meine Wange gehalten. Das Zünglein fühlte sich ganz zart an. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Angst. Wisst ihr warum? Ich weiss, dass mich meine Freunde nie einer Gefahr aussetzen würden. Das nennt man Vertrauen.
14. So sah und sieht es seit Wochen in meinem Oberstübli aus. Doch langsam sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Heute habe ich mich intensiv mit der Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung befasst. Am Freitag kommt nämlich ein Versicherungsberater zu uns nach Hause. Und da ich nicht unwissend vor ihm sitzen möchte und die für mich wichtigen Fragen stellen will, musste ich mich darauf vorbereiten. Im Netz bieten uns zwar diversen Organisationen Formulare mit Erklärungen an, um uns den Weg zum Assistenznehmer zu erleichtern. Formulare lesen und das gelesene zu begreifen und umzusetzen sind allerdings zwei verschiedene Paar Schuhe. Durch das intensiven studieren der jeweiligen "Sachlage" begreife ich wie sich z.B. ein Betrag zusammengesetzt ist oder wann z.B. welche Abzüge gemacht werden müssen. Das tut meinen ansonsten unterbelasteten Hirnzellen ganz gut.
Mittlerweile sind auf mein Inserat an die 20 Bewerbungen eingetroffen. Heute kam schon wieder eine. Das heisst, ich darf die Bewerbungen studieren und muss mich dann für ein Vorstellungsgespräch oder für eine Absage entscheiden. Was wiederum heisst, Briefe schreiben. Das Alles ist sehr interessant und macht mir auch Spass. Nur leiden meine Rollitouren darunter. Dabei haben wir so einen wunderschönen Herbst. Doch alles kann ich auch nicht haben.
16. Letzte Woche durften meine Eltern ihren 60. Hochzeitstag feiern.
Um diese Diamantene Hochzeit würdevoll zu begehen, luden uns die Eltern am Sonntag zu einem Familienfest ein. Es ist gar nicht mehr so einfach, ein Restaurant mit angemessenem, grossem Saal zu finden. Heute ist die Zahl der Familienmitglieder viel kleiner und die grossen Säle werden nicht mehr so benötigt. Unsere Eltern haben ihre Familie in der Zeit gegründet, als es noch üblich war, eine grosse Kinderschar um den Esstisch zu versammeln. Sie brachten es auf 5 Töchter und 4 Söhne. Fast alle sind mittlerweile verheiratet und haben auch wieder Kinder. Doch so fleissig wie unsere Eltern waren wir beim Kinder machen und Kinder bekommen dann doch nicht. Wir schenkten unseren Eltern 15 Grosskinder und vor knapp 3Jahren kam das erste Urgrosskind dazu. Am Fest nahmen auch die Geschwister und auch das Nebenbrautpaar meiner Eltern teil. Sie Alle haben wie meine Eltern ein stattliches Alter. Mein Vater zählt stolze 86 Jahre und die Mutter erblickte vor 83 Jahren unsere wunderschöne Welt. Trotz ihres hohen Alters sind sie geistig und körperlich noch recht fit. Sie unternehmen zusammen viele Ausflüge mit dem Auto. Sie lieben schöne Landschaften und picknicken am liebsten auf einem der vielen Pässe. Zwischendurch schwingt sich unser Vater aufs E-Bike und dreht eine Runde. Ich wünsche ihnen sehr, dass sie noch lange fit bleiben und wir noch viele schöne Stunden miteinander erleben dürfen.
Es war ein schönes Fest, mit schönen Menschen mit schönen Kleidern. Besonders bewundert habe ich meine Schwestern in ihren Minikleidern und Röcken, welche momentan so In sind. Sie haben auch die Figur dazu. Ich kann so etwas leider nicht anziehen. Da ich permanent Sitze, würde ich immer die Beine zusammenkneifen müssen, damit man mir nicht unter den Rock schauen könnte. Da mir jedoch die Kleiderkombination Kleid, Leggins und hohe Stiefel so gefällt, bin ich am andern Tag doch in den Kleider-Onlineshops schneuggen gegangen. Schauen kann man ja. Piet hätte jedoch keine Freude, wenn er meine Spitzfüsse in die hohen Stiefel zwängen müsste. Und mir würde bei dem Chrampf, die Freude am neuen Outfit vergehen. Ganz schön variantenreich kamen auch unsere Jungen daher. Sei es mit unterschiedlich gestylten Frisuren, mit Tattoos, mit Baggy Pants (sackartige Hose) frechen Kleiderzusammenstellungen usw. Es ist schön mitzuerleben, wie sich jeder seinen eigenen Stil sucht und mit Freude präsentiert.
Ich bin gespannt, was sich bis zum nächsten Familienfest bei den Einzelnen verändern wird. Graue Haare, Glatze, falsche Zähne oder ein Bierbauch?
21. So schnell können traurige Ereignisse auf freudige Ereignisse folgen. Die ALS hat schon wieder einem Menschen, allzu früh das Leben genommen. Thomas hat für die Aufklärung der ALS sehr viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet und die ALS aus dem Stiefmütterchen Daseins hervor geholt. Thomas, du hast grossartiges geleistet. Ich danke dir von Herzen dafür.
24.Meine Finger haben wieder ihre Beweglichkeit erlangt. Nun kann ich mit dem Schreiben beginnen. Als ich mich vorhin vor den PC gesetzt habe, waren meine Füsse und Hände so richtig gstabig (klam) vor Kälte. Damit ich wieder auf Betriebstemperatur komme, hat mir mein Mann zwei Bettflaschen auf die Rollstuhlfussrasten gelegt und ich konnte ich meine Füsse darauf wärmen. Der ebenfalls von ihm zubereitete, heisse Apfelpunch hat mich dann noch von innen gewärmt. Ich hätte wohl eine halbe Stunde eher ins Haus gehen müssen. Doch ich wollte den wunderschönen Herbsttag so lange wie möglich im Freien geniessen.
Kurz nach dem Mittag machte ich mich auf die Rollirunde. Den ersten Halt legte ich beim Bauernhof meines Bruders ein, dort wo auch meine Eltern wohnen. Bei einem Urnerkaffee haben wir uns eine Zeitlang unterhalten. Dann musste ich aber weiter. Ich habe mir nämlich vorgenommen, nochmal zum See zu fahren. Es waren nicht mehr so viele Leute am Seeufer unterwegs. Die Natur hat so eine Ruhe ausgestrahlt und der See war ganz still. Kein Wellenrauschen war zu hören. Selbst die Seevögel schoben eine ruhige Kugel. Später war dann doch noch ein Motorengeräusch zu hören. Ein Bauer wollte wohl das trockene Wetter nutzen, um noch etwas vom vertrockneten Schilf zu schneiden. Als ich mich dann auf den Heimweg machte, strahlte die Sonne schon nicht mehr so warm. Also musste ich mich beeilen. Da mein Mann Zuhause mit der Aussendekoration für Weihnachten beschäftigt war, wollte ich noch schnell im Dorfladen vorbeischauen, um ihm etwas Leckeres mitzubringen. Zum Glück traf ich vor dem Geschäft auf eine Freundin. Sie hat mir die triefende Nase geputzt und mich von der nicht mehr benötigten Sonnenbrille befreit. Nun konnte ich einkaufen gehen. Als ich dann Zuhause ankam, wurde mein Mann gerade mit der Dekoration fertig. Gemeinsam setzten wir uns nun in die Pergola und genehmigten uns einen feinen Kaffee.
Ich habe den heutigen Tag so richtig von Herzen genossen. Es war aber auch ein wunderschöner Herbsttag. Und dies Ende November.
25. Alle Menschen träumen in der Nacht. Am Morgen, hat man jedoch selten Erinnerungen daran. Ich denke, wenn der Traum eine Bedeutung hat, wird man sich eher an ihn erinnern. Mir kommt da gleich einer meiner Träume in den Sinn. «Ich gehe in einen Dorfladen einkaufen. Ich sammle meine Sachen zusammen und stelle mich brav bei der Kasse an. Da bekomme ich plötzlich Lust auf Paprika-Pommes-Chips. Ich weiss, aus irgendeinem Grund sollte ich keine Chips essen. Doch meine Gelüste sind grösser. Da hinter mir bereits Leute anstehen, kann ich nicht umkehren. Der Gang ist viel zu schmal. Also muss ich zuerst durch die Kasse und dann wieder, wie bei Ikea, zum Anfang zurück. Endlich liegen meine Chips im Einkaufwagen. Nun aber schnell zur Kasse. Die Schlange vor der Kasse ist inzwischen noch weiter angewachsen. Also heisst es warten und warten. Dabei gluschten mich meine Chips immer mehr. Nun sind nur noch zwei Personen vor mir. Bald bin ich dran. Doch was macht die Kassiererin, sie geht von der Kasse weg um Regale aufzufüllen. Wir, die Wartenden, schauen einander ungläubig an und rufen gewaltig aus. Nach einiger Zeit kommt sie dann doch wieder zurück zum Einkassieren. Nun endlich komme ich an die Reihe und ich bezahle. Schnell verlasse ich den Laden und reisse die Chips-Tüte auf. Ich greife mit den Fingern hinein, nehme das erste Chips heraus und führe es zum Mund.» Aber dann, nein, nein, nein, das darf nicht wahr sein. Ich mach die Augen auf und liege hellwach im Bett.
Ich liebe Paprika-Pommes-Chips seit jeher. Seit ich jedoch beim Schlucken aufpassen muss, meide ich die Chips. Nicht mal im Traum lässt einem die Krankheit in Ruhe.
26. Langsam tut sich was im Freien. Bäume und Sträucher kommen in Bewegung. Ein leichter Wind ist aufgekommen. Die übriggebliebenen Blätter an Bäumen und Sträucher bekommen das Zittern. Und urplötzlich ist er da. Unser lieber, alter Föhn ist eingetroffen. Und sogleich zeigt er uns seine Stärke. Er bläht sich auf, um dann mit einem kräftigen Stoss die Blätter von den Ästen zu reissen. Grüne, gelbe, braune Blätter wirbeln nun durch die Luft. Kurze Zeit später suchen sie ihren Platz am Boden. Wie lange sie da wohl liegen bleiben können bevor sie der nächste Windstoss weitertreibt.
Es ist ja ungewöhnlich schönes, trockenes Wetter. Dank dem Föhn werden die Temperaturen bis Mitte Woche auch noch recht angenehm sein. Darum sind auch noch Herbstausflüge möglich. Vor gut einer Woche haben mein Mann und ich so einen unternommen. Zum Picknicken haben wir uns ein gemütliches Plätzchen gesucht. Da es vom Auto bis zum Holzbänkchen nicht allzu weit war, entschloss ich mich, diese Strecke zu Fuss zu bewältigen. Mit der kraftvollen Unterstützung meines Mannes, habe ich die 10 Schritte geschafft. Ich war so stolz und glücklich auf diesem Bänkchen gemeinsam mit meinem Mann sitzen zu können. Da hat der Kaffee und der Landjäger doppelt geschmeckt. Ich bin dann auch wieder zum Auto zurückgelaufen. War dann aber schon froh, wieder im Auto zu sitzen. Viel weiter hätte ich es nicht geschafft. Mal schauen, ob ich diese Woche noch eins, zwei Rollitouren starten kann. Am Wochenende soll es ja Schnee geben.
28. Heute Morgen hat die liebe Sabine Niesse einen Link ins Netz gestellt. Den fand ich so gut. den will ich euch nicht vorenthalten.
Das ,,Rosa Tütchen"...…….....`•♥•´
Als ich eines Tages, wie immer traurig, durch den Park schlenderte und mich auf einer Parkbank niederließ, ...um über alles nachzudenken was in meinem Leben schief läuft, setzt sich ein fröhliches kleines Mädchen zu mir. Sie spürte meine Stimmung und fragte: "Warum bist du traurig?"
"Ach", sagte ich "ich habe keine Freude im Leben. Alle sind gegen mich. Alles läuft schief. Ich habe kein Glück und ich weiß nicht wie es weitergehen soll."
"Hmmm", meinte das Mädchen, "wo hast du dein rosa Tütchen?" Zeig es mir mal. Ich möchte da mal
reinschauen." "Was für ein rosa Tütchen?", fragte ich sie verwundert. "Ich habe nur ein schwarzes Tütchen." Wortlos reichte ich es ihr. Vorsichtig öffnete sie mit ihren zarten kleinen Fingern den Verschluss und sah in mein schwarzes Tütchen hinein. Ich bemerkte wie sie erschrak. "Es ist ja voller Alpträume, voller Unglück und voller schlimmer Erlebnisse!"
"Was soll ich machen? Es ist eben so. Daran kann ich doch nichts ändern." "Hier nimm", meinte das Mädchen und reichte mir ein rosa Tütchen. "Sieh hinein!"
Mit etwas zitternden Händen öffnete ich das rosa Tütchen und konnte sehen, dass es voll war mit Erinnerungen an schöne Momente des Lebens. "Wo ist dein schwarzes Tütchen?" fragte ich neugierig. "Das werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht weiter drum", sagte sie.
"Für mich besteht der Sinn des Lebens darin, mein rosa Tütchen im Laufe des Lebens voll zu bekommen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein. Und immer wenn ich Lust dazu habe oder ich beginne traurig zu werden, dann öffne ich mein rosa Tütchen und schaue hinein.
Dann geht es mir sofort wieder besser.
Wenn ich einmal alt bin und mein Ende droht, dann habe ich immer noch mein rosa Tütchen. Es wird voll sein bis obenhin und ich kann sagen, ja, ich hatte etwas vom Leben. Mein Leben hatte einen Sinn!"
Noch während ich verwundert über ihre Worte nachdachte gab sie mir einen Kuss auf die Wange und war verschwunden. Neben mir auf der Bank lag ein rosa Tütchen. Ich öffnete es zaghaft und warf einen Blick hinein. Es war fast leer, bis auf einen kleinen zärtlichen Kuss, den ich von einem kleinen Mädchen auf einer Parkbank erhalten hatte. Bei dem Gedanken daran musste ich schmunzeln und mir wurde warm ums Herz.
Glücklich machte ich mich auf den Heimweg, nicht vergessend, am nächsten Papierkorb mich meines schwarzen Tütchen zu entledigen.
29. Ich hatte ja gehofft, schon gestern Abend ein Schneeflöckchen zu Gesicht zu bekommen. Ich musste jedoch bis heute Morgen warten, um die weissglitzernden Tänzerinnen zu sehen. Ich habe mich riesig darüber gefreut und entschloss mich sogleich, meine Physiostunde im Rolli abzuhalten. Da ich zum weiblichen Geschlecht gehöre und von daher mehrere Sachen gleichzeitig machen kann, hat es mit dem Turnen und dem Schneeflocken beobachten bestens geklappt. Wie nicht besser passend, bekam ich heute gleich noch die Grippeimpfung. Also Winter, du kannst von mir aus gerne kommen. Ich bin gewappnet. Ausserdem ist heute meine neue Winterjacke eingetroffen. Es ist gar nicht einfach, eine Jacke zu finden, mit der man bequem im Rollstuhl sitzen kann. Entweder ist sie Unten zu eng, weil der Po beim Sitzen in die Breite geht und deshalb spannt. Kauft man sie deswegen grösser, hat man um die Brust herum zu viel Stoff und alles rutscht nach oben. Michelin-Männchen ich grüsse dich. Ich bin zwar mit der neuen Jacke auch nicht ganz zufrieden, doch die perfekte Jacke gibt es momentan einfach noch nicht. Nun warte ich noch auf meine hohen, gefütterten Winterstiefel. Mein Augenmerk beim Stiefelkauf lag an dem weit nach unten zu öffnenden Reissverschluss. Nun hoffe ich, dass wenn er eintrifft, ich mit meinem nach vorne abfallenden linken Fuss und den zur Krümmung neigenden Zehen überhaupt hineinschlüpfen kann. Zehen abschneiden wie beim Aschenputtel wäre eine Alternative, will ich jedoch nicht. Also, wie sagt man so schön; probieren geht über Studieren.
Bei uns im Flachland hat der Regen im Laufe des Nachmittags den Schnee wieder aufgelöst. Trotzdem kommt nun langsam Adventstimmung auf. Unsere Aussenbeleuchtung wird zwar erst am Samstag eingeschaltet. Trotzdem kann ich bereits die schöne Deko an der Kellertüre bewundern. Sieht aus wie eine Laterne.
DEZEMBER
1. Um 17.00 Uhr ist unsere Weihnachtsaussenbeleuchtung ans Netz gegangen. Die Lämpchen der Lichterketten lassen unser Haus in Wärme erstrahlen. Mir gefällt es jedes Jahr wieder aufs Neue. Es ist doch so schön, wie sich die Leute Mühe geben, ihr Heim auf Weihnachten vorzubereiten. Mir gefallen die mit Liebe dekorierten Wohnungen und die beleuchteten Weihnachtsfenster.
Heute haben mein Mann und ich, meiner Schwestern Marie-Theres, welche etwas weiter weg wohnt, einen Besuch abgestattet. Während des Besuches hat sie eine Adventsdeko für ihren Tisch gemacht. Bei so einer künstlerischen Ader geht das eben flugs von der Hand. Das Ergebnis mit der fliederfarbenen Kerze in der Mitte sieht wunderschön aus. Ich habe mir gedacht, diese Farbe würde mir jetzt auch gefallen. Wie unser Gesteck dieses Jahr aussehen wird, wusste ich bis da noch nicht. Seit ich meine Arme und Hände kaum mehr nutzen kann, überrascht uns meine Schwester Bernadette jedes Jahr mit einem Gesteck. Das sollte auch Heuer nicht anders sein. Als wir nämlich heute nach Hause kamen, lag das Gesteck vor der Türe. Und ihr glaubt es nicht, mit fliederfarbenen Kerzen. (Telepathie?)
Nun steht es auf dem Wohnzimmertisch und die erste fliederfarbene Kerze wartet darauf, Morgen angezündet zu werden. Ein Streichholz liegt bereit.
4. Wunderschön, wie die Flocken vom Himmel schweben und sich auf die Erde legen. Ich liebe es, von meinem Fenster aus zu beobachten, wie sich die Jahreszeiten im Wechsel präsentieren. Mal sind es die Herbstblätter, die vor meinem Fenster herumwirbeln. Ab und an besuchen mich Meisen und Bergdohlen auf der Fensterback um einen Blick in mein Zimmer zu werfen. Mal peitschen Regentropfen eines Sommergewitters an die Scheiben. Und manchmal nimmt mir der Nebel die Sicht nach Draussen. Mir ist selten langweilig. Es gibt immer was zu sehen und zu bestaunen. Es steckt viel Leben und Betriebsamkeit in der Natur. Schau mal hin.
6. He, dass isch aber schonu chaut Frussä. Bi scho froh, müess ich nit jedä Tag Früüsä und cha i miem warmä Stibli hockä. Unterhaltung habe ich ja genug. Seit mein Mann wieder die Meisenknödel vor meinem Fenster aufgehängt hat, finden sich wieder viele Vögel auf dem Fenstersims ein. Am Morgen besuchen mich vielfach die Bergdohlen. Ihr glaubt es nicht, wie die sich um das Futter streiten. Um ihren Platz auf dem Fenstersims zu verteidigen wird mit den Flügeln geschlagen und zugepickt. Eigentlich wären die Knödel für die kleineren Vögel gedacht. Diese trauen sich aber erst am Nachmittag ans Futter, nachdem sich die Bergdohlen wieder in die Berge verzogen haben.
Jetzt läuft gerade der Samichlaus mit vier Schmutzlis (Knecht Ruprecht) an unserem Haus vorbei. Zum Glück war ich heute brav und geduldig. War nämlich vorhin beim Zahnarzt und musste die dreimonatlich stattfindende Zahnreinigung über mich ergehen lassen. Ko... Wü... und trallala. Zum Glück habe ich immer die gleiche Dentalhygienikerin. Sie ist sehr feinfühlig und weiss mittlerweile, was es leiden mag.
8. Winter, so wie ich mir den Winter vorstelle. Über allem liegt eine dicke, weisse Pracht. Alle Bäume und Sträucher haben ihr Winterkleid übergezogen. Die herunterfallenden Schneeflocken glitzern wie Kristalle, wenn sie vom Schein der Strassenlampen erfasst werden. Und jetzt kommen auch die Lichter der Weihnachtsdekorationen so richtig zur Geltung. Ich muss nicht mal nach Draussen in die Kälte um die Weihnachtsstimmung einzufangen. Vor meinem Fenster habe ich ein wunderschönes Weihnachtsambiente. Unsere Burgruine ist beleuchtet und auch das Hotel Burg hat sich mal wieder mit der Weihnachtsbeleuchtung übertroffen.
Ich wünsche Morgen allen einen gemütlichen 2. Advent.
10. Schön, einfach nur schön. Als ich heute durch die Haustüre nach draussen fuhr, wurde ich von vielen kleinen Schneeflöckchen begrüsst. Voller Freude tanzten sie um mich herum. Einige streiften sanft meine Wangen und einige waren so anhänglich, sie blieben gleich in meinem Gesicht hängen. Einige Schneesterne verirrten sich in meinen Haaren. Es machte den Anschein, als hätte ich viele kleine Brillanten im Haar. Um mich herum war alles weiss. Rechts und links vom Eingang türmte sich der Schnee. Mein Mann hat den Weg zum Parkplatz vorgängig freigeschaufelt. Sonst hätte ich meinem Rolli womöglich Schneeketten verpassen müssen. Bevor wir dann zum Wocheneinkaufen aufbrechen konnten, musste mir mein Mann zuerst noch ein paar Schneefotos knipsen. Eines seht ihr auf der Titelseite.
Orangen, Mandarinen, Feigen und Nüsse. Schinkli, Salami, Lachs und Pralinen. Wo man hinschaut, nichts als Leckereien. Zum Glück kaufe ich streng nach Postizettel ein. Sonst hätte wohl heute ein Einkaufswagen nicht gereicht.
Wie meistens im Winter, habe ich auch heute wieder, nachdem ich Draussen war, kalte Füsse. Darum schliesse ich für Heute den Eintrag und fahre meine Füsse wärmen.
12. Es ist höchste Zeit, dass ich euch meine gefiederten Freunde zeige. Zu Hauf suchen sie unser Futterhäuschen heim. Damit ja kein Futter vergeudet wird, picken sie sogar die heruntergefallenen Kerne aus dem Schnee. Bei dieser Kälte und bei so viel Schnee, sind sie um jedes Sämchen froh. Am Montag wollte ich eigentlich neue Meisenknödel kaufen. Die vor meinem Fenster gehen langsam zur Neige. Leider gab es nur die kleinen Kugeln im Angebot. Die reichen natürlich bei weitem nicht. Denn die Bergdohlen fressen so eine Kugel zum Morgenessen und dann bleibt kaum mehr was für die Kleinen. Diese Woche muss ich doch für Nachschub sorgen. Seit heute Mittag hängen vier leere Meisenknödelnetzchen vor meinem Fenster. Das geht natürlich gar nicht.
16. Sniffen, räuspern, husten. Dies ist seit einigen Tagen meine Hauptbeschäftigung. Ich muss meine Erkältung ganz schön Händeln, um sie in den Griff zu bekommen. Immer wieder verabreicht mir mein Mann Medikamente. So muss ich Hustensaft gegen die Schleimbildung einnehmen. Der andere Hustensirup soll den Hustenreiz mildern. Das Nasenspray wird gegen die verstopfte Nase eingesetzt. Und Aussen am Hals trage ich eine Schicht von der Vickssalbe. Um die Luft genügend Feucht zu halten läuft der Luftbefeuchter auf voller Stufe. Zweimal im Tag trinke ich ein Glas vom Grippemittel Neo Citran und das mit einem Röhrchen. Igitt, igitt! Aber zum Glück darf ich zwischendurch Tee trinken so viel ich mag. Einer meiner Lieblingstees ist der Lindenblütentee. Den gab es Früher oft zur Heuerzeit. Dann jedoch in der kalten Variante mit Brustzucker (Kandiszucker) und Zitronenschale. Ich liebe den weichen, zarten Duft der blühenden Lindenblüten. Mit solch schönen Erinnerungen kann ich doch nur gesund werden. Es geht mir heute schon viel besser. Darum kann ich euch auch einen schönen 3. Advent wünschen.
19. Vor einigen Tagen ging eine Gruppe von meinen Schnupper-Viren auf einen Ausflug. Als sie nicht mehr zu mir zurückkamen, wunderte ich mich schon ein wenig. Seit gestern weiss ich nun, wo sie Abgeblieben sind. Sie haben in Piets Nase Quartier bezogen und treiben nun ihr Unwesen dort weiter. Kein Wunder, bei der Pflege die mir mein Mann zukommen liess. Mittlerweile haben die Viren uns beide im Griff. Doch es geht von Tag zu Tag besser und die Erkältung wird früher oder später die Socken klopfen müssen. Es wäre ja schade, die Düfte, welche die Weihnachtszeit hervorbringt, nicht wahrnehmen zu können. Den Tannenduft des Weihnachtsbaumes. Der Wachsgeruch von den brennenden Kerzen. Der verlockende Duft von butterweichen Weihnachtsgüetzlis. Wenn ich daran denke, bekomme ich jetzt schon warme, rote Backen.
Es ist kann von Vorteil sein, Düfte, Geräusche, Farben usw. speichern zu können, um diese bei gegebener Zeit abrufen zu können. Sollte unsere Erde durch irgendetwas Schaden nehmen, so können / werden wir sie gemeinsam wieder aufbauen. Die Schönheit unserer Erde ist in uns eingebrannt.
24. Mein Mann hat uns wieder wie jedes Jahr einen Tannenbaum besorgt. Als er mit ihm in die Stube kam meinte er, der Baum hätte ungleichmässige Astreihen und daher eins, zwei Lücken drin. Als ich dies hörte, habe ich unseren Tannenbaum gleich in mein Herz geschlossen. Wer weiss schon unter welchen Bedingungen er aufgewachsen ist. Vielleicht bekam er mal zu wenig Wasser oder ein anderer Baum stand ihm vor der Sonne. Was will ich mit einem „perfekt“ gewachsenen Baum. Der würde mich weniger inspirieren, über seinen Werdegang nachzudenken. Die interessanten Geschichten erzählen dann doch die etwas anders gewachsenen. Zum Glück haben wir alle unsere „Schönheitsfehler“. Wäre das langweilig, wenn wir Alle gleich aussehen würden. Jeder würde die gleiche Haarfrisur tragen. Auf die gleichen Klamotten stehen. Frauen würden gleichfarbiges Makeup auftragen. Und an Armen, Hälsen und Ohren würden die gleichen Steinchen glitzern. Es lebe das Individuelle Individuum.
Darum schmücken wir unseren Tannenbaum mit vielen unterschiedlichen Figuren und Materialien. Und jedes Jahr kommt ein neuer Gegenstand dazu. Ich finde es spannend, immer wieder etwas Neues am Baum zu entdecken. Dieses Jahr ist es eine cognacfarbene Eule, welche keck auf einem Ästchen sitzt.
Jetzt kann das Christkind kommen. Wir sind bereit. Schöne Weihnachten für Alle.
25. Draussen scheint die Sonne und das Thermometer zeigt Frühlingshafte Temperaturen an. Träume ich etwa noch, oder was ist los. Habe ich etwa einen Winterschlaf eingelegt und bin erst jetzt wieder aufgewacht. Doch halt, haben wir Gestern nicht den Christbaum gestellt und Heilig Abend gefeiert. Wir sind doch gemütlich beisammen gesessen und haben gut gegessen. Ich habe doch noch extra eine neue Sauce zu den Baked-Potateos heraus gesucht, welche von Piet gewissenhaft zusammengemixt wurde. Und die Vorspeisensalatteller sollten dieses Jahr mit Blätterteigsternen verziert werden. Also wurden diese vorgängig ausgestochen und gebacken. Obwohl einige der Sterne statt in die Breite in die Höhe wuchsen und die Form vom Schiefen Turm annahmen, schmeckten sie ausgezeichnet. Und jetzt weiss ich auch, dass ich den Winter gar nicht verschlafen haben kann. Ich habe nämlich immer noch den Geschmack von der zu knoblauchlastigen Baked-Potatoes-Sauce im Mund.
Aber um ganz sicher zu sein, dass immer noch Winter ist, werde ich nun die Stube aufsuchen und den Weihnachtsbaum nach Ostereiern absuchen.
27. Ich habe mich überzeugt, es ist tatsächlich immer noch Winter. Unter dem Christbaum fand ich nämlich Tannenzapfen und Mäuse und keine hoppelnden Hasen. Da die Temperaturen in den vergangenen Tagen Frühlingsgefühle verbreiteten, hat sich der Schnee weit nach Oben in die Berge zurückgezogen. Aber ich denke, es könnte bald anders kommen. Noch vor kurzem schien es, als würde sich die Natur schlafengelegt haben. Draussen ging kein Windchen und kein Ästchen hat sich bewegt. Eine Nebeldecke hielt das Blau des Himmels gefangen. Das fahle Tageslicht verlieh dem Ganzen eine spezielle (weiss grad kein passendes Wort) Atmosphäre.
Nun, zwei Stunden später sieht das Ganze etwas anders aus. Der Föhn hat zwischenzeitlich die Wolkendecke aufgerissen und einigen Sonnenstrahlen den ersehnten Ausblick gewährt. Momentan ist die Wolkendecke jedoch wieder geschlossen und von Norden her ziehen dickere, von Regen und Schnee gefüllte Wolken auf. Der Föhn wird langsam vom Nordwester in die Knie gezwungen. Kleine feine Regentropfen grüssen nun meine Fensterscheiben. Ich denke, es wird nicht mehr lange dauern bis die grossen Tropfen eintreffen und Allem, was sich im Freien befindet, eine gehörige Dusche verpassen. Warten wir mal ab, wie sich das Wetter weiter entwickelt.