JANUAR 2017
5. Als mein Mann heute, müde vom Schneeräumen auf der Arbeit nach Hause kam, meinte er zu mir: "Die Person, welche eine Woche vor Weihnachten prophezeite, es werde am 5. Januar schneien, hat definitiv Recht behalten." Ich konnte ein Schmunzeln nicht verkneifen und meinte: "Es tut mir ja leid, dass sich meine, damals im Scherz geäusserte Prognose vom Schnee, bestätigt hat und du dadurch einen arbeitsintensiven Tag hattest." Ich überlege mir gerade, ob ich mich bei den Muotathalern Wetterschmöckern melden soll.
Ich weiss, dass viele Menschen sehnsüchtig auf diese Schneepracht gewartet haben. Mir gefällt sie ja auch. Ich liebe es, den Schneeflocken bei ihrem Tanz vom Himmel zur Erde zuzuschauen. Zu sehen, wie sich ein weicher Teppich über alles legt. So in weiss gehüllt sieht die Welt so friedlich und heimelig aus. Am liebsten würde ich jetzt nach Draussen gehen und mir einen grossen Schneemann bauen. Vielleicht fahre ich Morgen auch einfach nur nach Draussen und lasse mich von allen Seiten vollschneien und ich bin meine eigene Schneefrau. Sollte ich Morgen beim Dreikönigskuchenessen, auf den König beissen, habe ich mit der Königskrone auch gleich eine passende Kopfbedeckung.
Ich lege jetzt gerade noch einen drauf. Meine Prognose: Am 21. Dezember 2017 wird es schneien und wir werden weisse Weihnachten haben.
10. Das neue Jahr ist wenige Tage alt und wieder müssen wir einen liebgewonnenen Menschen aus der ALS-Familie ziehen lassen. Walter T. besuchte dieselbe Selbsthilfegruppe wie ich. Und im Sommer nahm er ebenfalls an der ALS-Ferienwoche im Tessin teil. Unsere Gruppe hatte allgemein viel Spass, doch keiner konnte mich so zum Lachen bringen wie Walti dies konnte. Ich habe so viele Tränen gelacht, so viele Taschentücher nassgemacht, dass sogar der Vorschlag kam, ich solle mir wegen dem vielen Papierverbrauch, doch gleich eine WC-Rolle am Rollstuhl befestigen lassen.
Lieber Walti, ich wünsche dir eine schöne Reise. Ich werde stets mit einem Lächeln an dich denken.
14. Schön kalt ist es worden draussen. Als es Gestern so gestürmt hat, sass ich in meinem warmen Stübchen und habe durchs Fenster dem Schneetreiben zugeschaut. Es war faszinierend, wie die Schneekügelchen durch die Luft gewirbelt wurden. Statt auf dem Boden, landeten viele auf meinem Fenstersims. Sie sahen wie kleine Styroporkügelchen aus. Wie gerne hätte ich das Fenster geöffnet und einige in die Hand genommen. Aber eben. Wie sagte mal ein ALS - Betroffener so treffend "keine Arme - keine Kekse". Mir gefällt der Schnee ungemein. Die dazugehörende Kälte aber nicht.
17. Endlich scheint sie wieder, meine geliebte Sonne. Als sie vorhin in mein Stübchen gügslet het - schaute, bin ich ans Fenster gefahren und habe mich dort in die Sonne gelegt. Mir tut die Sonne so unheimlich gut. Sie erhellt mein Gemüt und leckt meine Wunden. Die Trauer und die Enttäuschungen werden erträglicher und ich bin wieder bereit zu verzeihen. Die Sonne gibt mir immer wieder Kraft, zu mir selbst zurückzufinden.
Folgendes Lied hätte ich schreiben können. z
20. Wenn ich über meine Tagebucheinträge nachdenke fällt mir auf, dass ich wenig über «meine» ALS berichte. Dabei ist diese Krankheit meine tägliche Begleiterin. Sie ist immer bei mir und verlässt mich nicht für eine Sekunde. Gerne würde ich sie aus meinem Leben verbannen, doch sie lässt sich nicht abschütteln. Sie lässt einfach nicht los. Sie ist so unbarmherzig und grausam. Sie schränkt mich in nahezu allen Lebensbereichen ein. So hat sie mir das Laufen weggenommen, den Armen und Händen die Kraft entzogen, der Stimme die Laute geklaut und den Atemmuskel geschwächt. Viel bleibt nicht mehr übrig, was sie mir wegnehmen kann. Doch eines weiss ich, sie wird Mühe haben, mich ganz in ihren Besitz zu nehmen. Meinen Verstand werde ich ihr nicht überlassen und auch meine Freude, auf diesem Planeten Leben zu dürfen, lasse ich mir von ihr nicht nehmen.
Ich weiss, irgendwann werde ich zu schwach sein, um mich gegen sie wehren zu können. Doch bis es soweit ist werde ich mich, so gut es eben geht, zur Wehr setzen. Auch wenn diese Auseinandersetzung mit ihr nicht zu meinen Gunsten ausfallen wird, so werde ich nicht kampflos aufgeben. Ich werde mich wie anhin, mit Hilfsmitteln eindecken, die mir den Alltag erleichtern und mich mit lieben Menschen umgeben, die mich durch diese Zeit begleiten.
Dieser Kampf dauert nun schon 16 Jahre. Ich habe den Eindruck, dass die Krankheit in den letzten Jahren nicht mehr so schnell fortschreitet wie in den ersten Jahren. Vielleicht ist es aber so, dass es bald nichts mehr zu schwächen gibt und dadurch der Eindruck entsteht, das Fortschreiten der ALS hätte sich verlangsamt.
Ich bin froh, dass meine Kau- und Schluckmuskulatur noch so gut funktionieren. Das Essen und Trinken können mir deswegen immer noch über den Mund verabreicht werden. Da der Transfer auf die Toilette noch gut klappt, benötige ich auch noch keinen Blasenkatheter. Die Atmung funktioniert insoweit gut, dass ich noch keine Atemunterstützung benötige. Meine Arme und Hände kann ich jedoch nur noch sehr eingeschränkt benutzen und Laufen geht gar nicht mehr. Da muss ich eben zu Hilfsmitteln greifen. Rollstuhl, Umfeld Steuerung, Bildschirmtastatur usw. übernehmen die fehlenden Funktionen. Was mich in letzter Zeit sehr belastet, ist meine Sprechbehinderung. Es ist frustrierend, nicht mehr richtig artikulieren zu können. Häufig werde ich falsch oder gar nicht verstanden. Es kommt zu Missverständnissen und oft wird Gesprochenes falsch interpretiert. Keine Chance habe ich bei Diskussionen. Oft werde ich nicht gehört oder man lässt mir keine Zeit mich zu erklären. Für grosse Erklärungen fehlt mir oftmals auch schlicht weg die Puste. Ich habe oft das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Besonders verletzend ist es, wenn dies im näheren Umfeld passiert. Von Menschen, die kein Feingefühl und keine Geduld für sein Gegenüber entwickeln können, ziehe ich mich zurück. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie gut es ihnen eigentlich geht. Ich hingegen schätze mich glücklich, mich zu den Wenigen zählen zu dürfen, welche einen langsamen Krankheitsverlauf haben. Nichts desto trotz leide ich mit meinen Leidensgenossen. Ich bewundere sie, mit welcher Kraft sie sich dieser unheilbaren Krankheit stellen.
23. Am Samstag haben sich wieder einige aus der ALS-Familie zu einem privaten Treffen in Aarau getroffen.
Wegen Erkältung, Grippe und andern ALS bedingten Ursachen mussten einige dem Treffen fernbleiben. Trotz der kleinen Gruppe hatten wir es sehr gut zusammen. Wir haben geredet, gegessen, getrunken 🍸🍺 🍷☕ und gelacht. Diese privatorganisierten Treffen sind eine Ergänzung zu den in verschiedenen Kantonen stattfindenden ALS Selbsthilfe- sprich Paralleltreffen. Bei den privaten ALS-Familie-Treffen kommen ALS Betroffene, Angehörige, Pflegende und ALS Interessierte aus diversen ALS Selbsthilfe-/Parallelgruppen usw. zusammen. So traurig es auch ist, ist es doch eine Bereicherung, mit solch unterschiedlichen Personen ins Gespräch zu kommen.
Ich freue mich schon aufs nächste Treffen, welches voraussichtlich im März stattfinden wird. Ort und Datum werden frühzeitig über den WhatsApp-Chat der ALS-Familie mitgeteilt.
FEBRUAR
4. Ich ha nit vergässä, dass ä niwä Monat agfangä het. Ich ha eifach kei Zyt gha zum Schriebä. Und wenn ich de einisch Zyt gha hät, de hani schlicht wäg kei Luscht gha.
Aber jetzt ein paar Worte von mir.
Ihr könnt euch ja denken, dass ich mich riesig gefreut habe, als der Föhn mithilfe der Sonne, sämtlichen Schnee im Urner Talboden weggeputzt hat. So konnte ich in den Garten fahren und auf meinem Plätzchen bereits wieder die Sonne geniessen. Auch wenn ich jeweils nur kurz Draussen sein konnte, so habe ich es doch sehr genossen. Bereits zeigen sich Gänseblümchen im Rasen und es wird nicht mehr lange dauern und auch die Winterlinge werden ans Tageslicht kommen. Ich freue mich riesig auf den Frühling.
7. Ich sitze vor dem PC und plötzlich wird es hell hinter mir. Ich spüre wie etwas sanft meinen Nacken und Rücken berührt. Wärme erfüllt meinen Körper. Ich drehe mich mit dem Rolli um und schaue in das lachende Gesicht der Sonne. Mein liebster Gast ist gerade bei mir zu Besuch.
Es braucht so wenig. um glücklich zu sein.
Das war wiedermal ein schöner Nachmittag. Volle zwei Stunden hat meine heutige Rollispazierfahrt gedauert. Ich habe es genossen, die frische Luft einzuatmen und die Kälte auf meinem Gesicht zu spüren. Dank meiner Assistentin Hildi, welche mich warm einbackte, blieb meine Körpertemperatur bis zur Heimkunft in angenehmen Bereich. Kalt bekam ich nur an der Steuerhand. Mit einem Punch und einem warmen Hirsekissen konnte dies jedoch schnell behoben werden.
Übrigens, ich war heute mit einem Testrollstuhl unterwegs. Im darf mal wieder einen Rollstuhl testen. Den Schneetauglichkeitstest musste er bereits im Januar absolvieren.
12. Gestern Abend besuchten Piet und ich den Nachtumzug in Einsiedeln. Damit ich nicht kalt bekam, packte mich mein Mann vorgängig in mehrere Schichten von Kleidungsstücken ein. Zudem nahm er eine Thermoskanne mit heissem Wasser und eine Wärmeflasche mit ins Auto. In Einsiedeln angekommen wurde dann das heisse Wasser in die Wärmeflasche umgefüllt und mir unter die Kleider gesteckt. Danach glich ich einer schwangeren Bergente. Der Unterschied; die kann wenigstens laufen. Diese Einpackerei hat sich aber gelohnt. Zusammen mit dem ausgeschenkten Glühwein und dem Kaffeeschnaps wurde mir nie kalt. Der Umzug war eine Augenweide. Die Farben und die Lichter kamen in der Dunkelheit wunderschön zur Geltung. Alte Bräuche und moderne Sitten kamen gleichermassen zum Zug. Geisslechlöpfer, Guggenmusiker, Trychlergruppen, AC/DC Imitatoren usw. machten diesen Umzug zu einem der besten, welche ich bisher besucht habe.
15. Es ist einfach herrlich, wenn die Sonne so strahlend vom Himmel herunterschaut. Mein Herz, meine Seele fängt an zu atmen. Ich freue mich so sehr auf den Frühling. Wieder nach Draussen zu können, ohne frieren zu müssen, ist so schön. Ich würde jetzt am liebsten einen Luftsprung oder einen Rollisalto machen. Leider beherrsche ich keins von Beiden. Muss wohl noch ein bisschen üben.
Gestern war auch schon so schönes Wetter. Da liess ich es mir nicht nehmen, in die Nachbargemeinde zu rollen und dem Schülerfasnachtsumzug beizuwohnen.
Heute Nachmittag rolle ich mal in den Garten und schaue mal, welche Blümchen bereits die Köpfchen zum Boden hinausstrecken. Ich freue mich und bin glücklich.
25. Menschen in Kostümen und Masken stehen in Reih und Glied auf der Strasse. Jeder von ihnen trägt entweder eine Trompete, eine Posaune, eine Trommel oder eine Pauke auf sich. An der Spitze der Gruppe bringt sich ein einzelner Maskerad in Stellung. Er hebt einen langen Stab in die Höhe und sogleich fangen die Bläser an zu spielen. Die Trommler wirbeln ihre Stöcke und die Paukenspieler schlagen auf die Pauke. Langsam setzt sich die Gruppe in Bewegung und zieht, den Katzenmusikmarsch spielend, durchs Dorf. Früher war ich als Mitglied der Katzenmusikgesellschaft ebenfalls als Trommlerin unterwegs. Mit dem "Ytrummlä" wird die Fasnacht offiziell eröffnet.
Am Donnerstag, dem sogenannten SchmuDo, hatte ich die Qual der Wahl, Fasnacht oder Natur. Die Sonne und die angenehme Temperatur machten mir die Entscheidung leichter. Ich sattelte also meinen Testrolli und machte mich auf zum See. Ich habe es so genossen wieder durch die Natur zu streifen. Bald ist der Winter vorbei und ich kann mich wieder vermehrt auf meine Rollitouren begeben.
MÄRZ
1. Die Trommeln, Pauken und Posaunen sind verstummt. Das Fasnachtsgewand im Estrich verstaut. Die fünfte Jahreszeit ins nächste Jahr verbannt.
Bunt soll's trotzdem weiter gehn. In gelb, rot und rosa, in blau, weiss und violett zeigen sich die Frühlingsblumen in voller Pracht. Die Schneeglöckchen, die Winterlinge, die Primeln, die Krokusse und Stiefmütterchen sind erwacht und zeigen uns ihre Farbenpracht.
7. Unser verlängertes Wochenende führte uns wiedermal ins Südtirol. Das Wetter verhiess nichts Gutes. Das zeigte sich schon bei der Hinfahrt. Auf dem Ofenpass lag reichlich Schnee und im Tal war es kühl und nass. Es gab auch noch keine blühenden Blumenrabatten in Meran. Das hielt uns jedoch nicht davon ab durch die Gassen zu streifen und wieder Neues zu enddecken. Am Samstag fuhren wir dann nach Bozen. Wir wollten endlich mal ins Ötzi-Museum. Dort angekommen starteten wir mit einem Rundgang. Die Erklärungen waren sehr interessant und aufschlussreich. Anhand von Zeichnungen und lebensgrosser Figur wurde aufgezeigt, wie Ötzi hätte aussehen können. Irgendwann kam dann der Moment, an die Glasscheibe zu treten. Da lag er nun, der kleine, hagere, über 3000 Jahre alte Mann, der Ötzi. Respekt, er hat sich wirklich gut gehalten.
Wenn wir in Meran sind, gehört natürlich auch das Shoppen dazu. Die Altstadt beherbergt viele kleine Geschäfte und die vielen Restaurants bieten eine gute Tiroler-Küche an. Es war kurz, doch wir kommen wieder.
9. Seit längerem habe ich gesteigerte Reflexe im rechten Innenohr, an der Zunge und im Gaumen. Ein falscher Kontakt und schon wird der Würgereiz ausgelöst. Da ich alle drei Monate einen Termin bei der Dentalhygienikerin habe, bringen wir die Behandlung mit würgen und spucken über die Runden. Wir haben einmal versucht, mit einer Lutschtablette die Zunge und den Gaumen unempfindlich zu machen. Das war dann nicht so gut. Durch die Betäubung konnte ich den abfliessenden Speichel nicht mehr kontrollieren und ich habe mich verschluckt. Stellt euch mal vor, ihr würdet auf dem Zahnarztstuhl liegen. Etwas läuft in die Luftröhre, weil sich die Klappe durch die Lähmung nicht rechtzeitig geschlossen hat. Reflexartig fangt ihr an zu husten, um den Speichel aus der Luftröhre zu befördern. Gar nicht so einfach, wenn das Zwerchfell ebenfalls geschwächt ist. Also was macht ihr? Ihr versucht euch aufzurichten. Was natürlich nicht funktioniert. Die hierfür benötigten Bauchmuskeln habt ihr schon lange verloren. Ihr habt Glück, wenn ihr den Kopf noch auf die Seite legen könnt und somit dem Zahnarzt Zeit verschafft, die Rückenlehne hochzufahren. Wir haben danach auch nie mehr Betäubungsmittel eingesetzt. Letzte Woche war es dann wieder soweit. Ich hatte wieder einen Termin bei der Dentalhygienikerin. Nur diesmal ging es nicht nur um die Zahnreinigung, diesmal musste auch ein Zahn geflickt werden. Und da musste der Zahnarzt ran. Ein schwieriges Unterfangen für den Zahnarzt und sehr unangenehm für mich. Vorsorglich habe ich bei der ALS Klinik St. Gallen, sprich bei Bea Goldmann um Rat nachgefragt. Die Idee, den Speichelfluss vorgängig mit einem Medikament zu reduzieren hat dann auch gut geklappt. Der Zahnarzt hat dann auch noch zusätzlich punktuell einen Betäubungsspray eingesetzt. Dank dem Feingefühl des Zahnarztes habe ich auch diese Prozedur wieder einmal hinter mich gebracht.
14. Die Krankheit ALS ist nicht aufzuhalten. Sie nimmt sich einfach Irgendwen, beraubt ihn all seiner Kräfte und lässt ihm keine Chance auf ein langes Leben. Seit den August Ferien musste ich mich schon von vier Ferienteilnehmern verabschieden. Liebgewonnene Freunde ziehen lassen zu müssen schmerzt nach all meinen eigenen ALS-Jahren nach wie vor.
Lieber Walti, ich werde dein verschmitztes Lachen unter deinem Schnurrbart und deine Sommer-Füsse immer in lieber Erinnerung behalten.
16. Obwohl meine Agenda zurzeit mit Terminen vollgekritzelt ist, lasse ich es mir nicht nehmen, Streifzüge durch die Natur zu machen oder mich einfach im Garten in die Sonne zu legen. Immer mehr Frühlingblumen öffnen ihre Köpfe und die Forsythien-Sträucher fangen an zu blühen. Ich liebe diese Zeit im Garten. Dort hole ich mir die nötige Energie, um mich danach wieder meiner Arbeit widmen zu können. Diese Energie brauche ich unteranderem für den Aufbau- resp. Ausbau der Gruppe von Selbstvertretung Uri voranzutreiben. Die Arbeit nimmt doch einige Zeit in Anspruch. Selbstvertretung Uri will, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung ihrer Rechte und Möglichkeiten bewusstwerden und sich auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbständig oder mit der Gruppe dafür einsetzen. Jede Person mit und ohne Beeinträchtigung soll sein Leben so eigenständig / selbstständig gestalten dürfen wie eben möglich. Als letztes Jahr Jemand gesucht wurde, diese Gruppe aufzubauen und sich ausser mir niemand gemeldet hat, ist es nun an mir diese Gruppe weiter auszubauen. Was mir die Arbeit erleichtert, ich habe mich schon immer selber für meine Belange eingesetzt und das möchte ich nun weitergeben. Ich muss mich noch in vieles einlesen und mich mit dem Thema SelbstvertreterInnen / Selbstvertretung vertraut machen. Es ist eine interessante Aufgabe und solange ich die Kraft dazu habe, werde ich auch weitermachen.
17. Im Dezember wurde ich angefragt, ob ich Lust hätte einen Rollstuhl zu testen. War doch klar, dass ich zusagte. Ich sollte den Rollstuhl auf Herz und Nieren testen und einen Rapport darüberschreiben. Und ich habe den Rolli getestet. Bergauf und Bergab, auf Kieswegen und Schotterpisten, auf Schnee- und Morastwiesen, überfuhr Pflastersteinplätze und Rasensteine und habe auch die Regenpfützen nicht ausgelassen. Eins fehlte mir allerdings noch, eine Walddurchquerung. Am vergangenen Montag wollte ich dies noch erledigen und begab mich Richtung Wald. Eigentlich wollte ich nur ein kleineres Waldstück befahren. Doch ein Autofahrer hat sein Auto am Waldrand so unglücklich abgestellt, dass es mir unmöglich war durchzukommen. Da ich nicht wieder alles retourfahren wollte, bog ich kurzerhand in den Weg des Vita-Parcours ein. Die Idee war gar nicht schlecht. So konnte ich gleich testen wie sich der Rolli verhält, wenn Baumwurzeln oder Steine aus dem Erdboden reichen. Es war herrlich, durch den Wald zu fahren und den Duft des Waldes aufzunehmen. Da dieser Weg schon einiges länger war als angenommen, habe ich dieses Mal auf die aktive Teilnahme an den Übungsposten des Vita-Parcours verzichtet.
Am Dienstagnachmittag war ich wieder mit dem Rolli unterwegs. Dieses Mal ging es nicht primär um den Rollstuhltest. Ich wollte bei einem ausgewählten Restaurant das Rolli-WC testen. Entsprach keineswegs den gesetzlichen Normen. Auf die spätere Kontaktaufnahme wurde mir versichert, dass geplant sei, dass Rolli-WC im Frühjahr 18 nach den gesetzlichen Normen umzubauen.
20. Der Frühlingsanfang zeigt sich von seiner schönsten Seite. Kaum hat die Sonne die ersten Blüten an den Ziersträuchern und Obstbäumen geöffnet, nehmen die Bienen bereits ihre Arbeit als Bestäuber und Nektar-Sammler auf. Unser Aprikosenbäumchen wird von ihnen regelrecht belagert. Bin ja mal gespannt, wie viele Aprikosen es dieses Jahr zu Naschen gibt.
21. Am Samstagnachmittag fand bereits zum 3. Mal unser privat organisierte ALS-Familie-Treffen statt. Das Wetter hat gepasst, um gemütlich zusammen zu sitzen, etwas Kleines zu essen, ein Gläschen zu heben und miteinander zu plaudern und zu lachen. Obwohl wir uns in kurzer Zeit von vieren aus unserer Reihe verabschieden mussten, so nahmen doch 16. Personen am Treffen teil. Uns allen ist bewusst, wie kurz unsere Lebenszeit ist, darum finden diese privaten Treffen auch in kurzen Abständen statt. Wie viele Personen sich jeweils zu den Treffen anmelden ist unterschiedlich und spielt auch überhaupt keine Rolle. Das nächste Treffen findet vorrausichtlich im Mai statt. Das nächste Treffen werde ich organisieren und findet irgendwo im Urnerland statt. Mal schauen, welches Restaurant unsere Bedürfnisse der Barrierefreiheit erfüllen.
22. Letzte Woche hatte ich wieder Besuch von einer Frau, welche ebenfalls von der Krankheit ALS betroffen ist. Solche Besuche, Besuche von Selbsthilfegruppen und Treffen wie letzten Samstag, können so wertvoll sein. Das Gefühl, nicht allein mit der Krankheit fertig werden zu müssen, gibt Kraft und nimmt ein wenig die Angst vor der Hilflosigkeit. Wenn man von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3 - 5 Jahre nach Diagnosestellung ausgeht, sollte man sich rasch ein Netz von Helfern aufbauen. Der Verein ALS Schweiz ist eine gute Anlaufstelle um Informationen, Beratung und Hilfe einzuholen. Hilfe bietet auch ParaHelp Notwil. So wurde auch mein Besuch von Frau Susanna Richli, ALS Care Beraterin von Notwil begleitet. Ich finde der Austausch zwischen den Betroffenen, den Angehörigen, den Betreuenden und Fachpersonen sehr wichtig. Diese Vernetzung findet auch im Kanton Uri (Einwohnern 36'000 +) statt. Der Durchschnittlich von 2 - 3 ALS Betroffenen liegt im weltweiten Vergleich von 2 - 3 auf 100'000 gering höher. Aber eben, Statistiken. Es gib sehr schnelle Verläufe von wenigen Monaten und sehr langsame Verläufe von über 10 Jahre. Aussuchen kann man sich den Verlauf nicht.
27. Endlich sind die zwei unteren Bilder in etwa so, wie ich sie haben wollte. Nicht ganz einfach, wenn man die Finger und Hände kaum noch steuern kann. Mit der PC Maus zu zeichnen erfordert ein wenig Übung, viel Geduld und Zeit. Von Manchem habe ich mehr vom Andern etwas weniger. .... und die Sonne nimmt mich an die Hand, führt mich hinaus und zeigt mir die Schönheit der Natur. (rt17)
APRIL
5. Ich weiss, ich bin momentan eine lausige Schreiberin. Ich habe zurzeit einfach viele Termine. Darunter fällt auch meine Tätigkeit in der Gruppe Selbstvertretung Uri. Da ist aber auch noch unser Garten, den ich immer wieder umgestalte und mit Blumen, Sträuchern ergänze. Weil ich nicht mehr selbst Hand anlegen kann, obliegt mir die Planung. Letzte Woche begleitete mich mein Mann in die Gärtnerei, wo wir gemeinsam Obst-Säulenbäumchen aussuchten. Das Setzen musste natürlich mein Mann danach übernehmen. Ich freue mich schon jetzt darauf, nächstes Jahr von den Zwetschgen, Pflaumen und Kirschen naschen zu können. Diese Woche werden auch die Hochbeete mit Gemüse- und Salatsetzlinge bepflanzt. Auch wenn meine Zeit manchmal knapp bemessen ist, meine Frühlings-Rollitouren lasse ich mir nicht nehmen. Es ist so schön an den Frühlingswiesen mit den bunten Blumen vorbeizufahren.
All diese Tätigkeiten machen auch ganz schön müde. Wenn ich merke, dass mein Körper und auch mein Kopf Erholung brauchen, lege ich mich einfach in unseren erholsamen Garten oder lege einen Nachmittag vor dem Fernseher ein. Das heutige Regenwetter macht mir die heutige Nachmittagsgestaltung einfach. Also, ich tauche kurz ab.
18. Es hat gerade alles so schön geblüht im Garten. Die Bienen sind von Blüte zu Blüte geflogen. Die Vögel haben angefangen die Nester zu bauen und der Flieder verströmte seinen lieblich-zarten Duft. Am liebsten würde ich alle und alles in die warme Stube verfrachten. Stattdessen kann ich nur abwarten und hoffen, dass meine Pflanzen robust genug sind, um dem erneuten Wintereinbruch standzuhalten.
26. Die Regenwolken bedecken den gesamten Himmel über mir. Sie lassen der Sonne keine Chance, ihre wärmenden Strahlen zu mir zu schicken. Es scheint, als hätte sich der Frühling zu sehr verausgabt und müsste jetzt eine Zwangspause einlegen. Vielleicht sollte ich diese Gelegenheit, im Haus bleiben zu müssen, nutzen, um wieder mal über mein Leben nachzudenken. Ich war schon immer eine aktive und selbständige Person. Das hat sich auch mit der ALS-Erkrankung nicht geändert. Die Aktivitäten haben einfach geändert. So habe ich früher viel Zeit in Sport investiert. Es gab eine Zeit, da war ich an 3 Abenden in der Woche in der Sporthalle. Mal als selber Aktive, mal als Leiterin der Damenriege, mal als J&S Leiterin und als Volleyballtrainerin. Heute bestehen meine sportlichen Aktivitäten aus Physiotherapie und Atem-, Sprechübungen. Denkt aber nicht dies sei weniger anstrengend. Meine Muskeln sind mittlerweile von der Krankheit so geschwächt, dass ich meine Arme nicht mehr selbst hochstrecken kann. Das Töfffahren war früher ein fester Bestandteil bei schönem Wetter. Mit meinem Mann zusammen habe ich viele Töfftouren unternommen. Herrlich dieses Gefühl von Unabhängigkeit und Selbständigkeit. Frei wie der Wind. Bei schönem, warmem Wetter begebe ich mich noch heute auf Touren und lasse mir den Wind um die Nase wehen. Einfach der Untersatz hat sich geändert. Ich bin von Zweirädern auf Vierräder umgestiegen. Ein Rollstuhl ersetzt nun die Harley. Es war schon hart einzugestehen, nicht mehr auf den Sattel der Harley hochzukommen. Ich habe früher auch immer gerne über alles Mögliche diskutiert. Meine Interessen waren breit gefächert. Auch heute bin ich nach wie vor vielseitig interessiert. Doch es ist nicht mehr so einfach mich einzubringen. Meine Sprechbehinderung und meine Atmungsschwäche lassen keine langen Diskussionen mehr zu. Meine Stimme hat an Kraft eingebüsst, meine Worte sind leiser geworden. Manchmal ist das sehr frustrierend, die eigene Meinung, die Argumente nicht hörbar, nicht kraftvoll vorbringen zu können. Dass manche Worte, Sätze beim Gegenüber falsch oder zu hart ankommen verbessert die Situation auch nicht. Leider muss ich oft zu einfach formulierenden Sätzen greifen und kann meine Worte nicht so wählen und umgarnen wie ich es gerne möchte. Das Gefühl falsch verstanden zu werden ist frustrierend und macht mich traurig. Mein Selbstwertgefühl leidet, ich leide. Dass ich die blumige Sprache beherrsche, zeigen meine Beiträge im Tagebuch. Ich kämpfe für meine Eigenständigkeit und für andere, welche sich in derselben Situation befinden. Deshalb engagieren ich mich auch im Gruppenaufbau der Selbstvertretung Uri.
27. Ich hatte jetzt gerade ein Gespräch mit meinem Pflegedienst. Ich hatte darum gebeten, weil ich mit den Neuerungen einfach Mühe habe. Vor kurzem hat der Pflegedienst die Kantonsgebiete neu eingeteilt. Wegen dieser Massnahme wurde ich einem neuen Team zugeteilt. Ich verlor wiedermal alle meine «alten» Pflegerinnen und ich musste mich mit neuen Pflegenden zurechtfinden. Mir ist klar, dass Umstrukturierungen manchmal nötig sind. Trotzdem darf die Flexibilität nicht auf der Strecke bleiben. Ich würde es begrüssen, wenn Klienten und auch die Pflegekräfte, welche ja tagtäglich an der Front arbeiten, vermehrt in solche Prozesse miteinbezogen werden. Im Hinblick auf meinen fortschreitenden Sprechverlust wäre es so wichtig, von einem eingespielten Pflegeteam betreut zu werde. Durch Personalwechsel gehen wertvolle Handhabungen / Kniffe verloren. Bis jetzt benötige ich nur eine Grundpflege. Meine Beeinträchtigungen bestehen aus, nicht mehr laufen zu können, noch die Arme benutzen zu können. Ich werde schneller müde und das Sprechen strengt mich an. Ich muss von Bett zu Rollstuhl usw. transferiert werden. Und diese Transfers muss der Pflegende beherrschen. Im weiteren Verlauf der Krankheit werde ich wohl nicht um eine Peg-Sonde, einem Cystofix, einem Absauggerät, einem Gerät zur Atemunterstützung herumkommen. In Anbetracht dieser Tatsache würde ich es begrüssen, ein eingespieltes Team, um mich zu haben.
Beim Gespräch habe ich ausserdem erwähnt, dass der Pflegedienst nicht dauernd meinen Mann aufbieten könne, wenn sie Personalmangel haben. Mein Mann hat eine 100 % Arbeitsstelle.
Die Aussage des Pflegedienstes, sie wären ja bereits kulant bei mir, indem sie meinem Wunsch entsprechend nur 4 – 5 Pflegerinnen bei mir einsetzen würden. Mir verschlug es die Sprache. Mein Wunsch ist eine Notwendigkeit, wenn man wie ich, von der Krankheit ALS betroffen ist.
Das Gespräch hat mich verletzt und ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Das Gefühl ausgeliefert zu sein, tut nicht gut.
Jetzt warte ich mal ab und überlege mir, wie und mit wem ich meine Pflege für die Zukunft planen will. Ich hoffe sehr, dass es bald möglich sein wird, Angehörige anzustellen und diese ihrem Engagement entsprechend entlohnt werden können. Sei dies durch den Assistenzbeitrag oder aus einer anderen Kasse.
Heute wären eine kräftige Stimme und mehr Atemmuskulatur von Vorteil gewesen.
Aber keine Angst meine lieben Leser. So schnell lasse ich mir die Freude am Leben dann doch nicht nehmen. Schliesslich gibt es auf der Welt viel schlimmere Schicksale. Da sind meine Sorgen nur Peanuts dagegen.
30. Jetzt schaut euch mal die letzten zwei Tage an. Es hat weder geregnet noch fielen Schneeflocken vom Himmel. Schon eigenartig, nach dem erneuten Wintereinbruch. Ich habe ja eine Vermutung. Da hat jemand gewaltig Schiss, von der Jahresliste gestrichen zu werden. Lieber April, lass dir mal eins sagen. Du hast gerade nochmal die Kurve bekommen. Nun geh aber. Und nächstes Mal bitte mit einem freundlicheren Gesicht erscheinen. Aber was schreib ich, du machst ja eh wieder was du willst.
MAI
3. Das frustrierende an der Krankheit ALS ist für mich, dass ich nicht weiss, wie ich sie bekämpfen kann. Will ich einen Kampf gewinnen, muss ich die Schwäche, die Achillesferse des Gegners kennen. Die Krankheit ALS ist immer noch nicht lesbar und somit auch nicht besiegbar. Ich würde vieles unternehmen, um diese Krankheit loszuwerden. Was ich machen kann ist, meine psychische Gesundheit zu pflegen. Es fällt mir nicht immer einfach, mit dieser Krankheit leben zu müssen. Mit dem Wissen, dass sie mir ein verkürztes Leben beschert, macht mich manchmal schon traurig. Für mich als eigenständige Frau ist es oft frustrierend, Dinge nicht mehr selbst erledigen zu können. Sicher kann ich immer noch vieles selbst organisieren und ich kann auch gut delegieren. Doch lieber möchte ich die zu erledigenden Sachen selbst machen. Es ist für mich nicht immer einfach, zu erklären, wie ich Dies oder Jenes haben möchte. Ich bin ein ordnungsliebender Mensch (Natur ausgenommen). Ich habe genaue Vorstellungen wie etwas auszusehen hat und wie bestimmte Dinge gemacht werden sollen. Ich musste jedoch lernen auch mal ein Auge zuzudrücken und öfters mal den Fünfer gerade sein zu lassen. Fällt mir nicht immer gleich leicht. Ich kann mir aber sicher sein, dass mein Umfeld, meine Betreuer stets das Beste für mich wollen. Die Suche nach der Besiegbarkeit der Krankheit geht weiter und ich arbeite mit.
4. Am Dienstag fand die 10. Mitgliederversammlung des Vereins ALS Schweiz statt. Gleichzeitig erschien die Ausgabe mit dem Jahresbericht 2016 und den Eckdaten der 10.-jährigen Vereinsgeschichte. Nebst interessanten Geschichten von Betroffenen und ihrem Umfeld, könnt ihr lesen, wie der Verein ALS-Betroffene und ihre Angehörigen unterstützt.
Liebe Leser meiner HP. Wenn auch ihr den Verein ALS Schweiz bei ihrer wertvollen Arbeit unterstützen wollt, dann könnt ihr gerne dem Verein beitreten oder ihn mit einer Spende unterstützen. Der Weg ist noch weit und es gibt noch vieles zu tun.
10. Heute bin ich wahrlich auf den Hund gekommen. Ich hatte Besuch von Nero, einem super gehorsamen Deutschen Schäfer und von zwei süssen Zwergschnauzer-Geschwistern. Ich könnte mich stundenlang mit ihnen beschäftigen. Schon seit Jahren träume ich von einem "eigenen" Hund. Er würde mich auf meinen Rollitouren begleiten. Leider kann ich weder deutliche Kommandos geben, noch kann ich einen Hund an-, ableinen. Auch die Häufchen zusammenkehren geht nicht. Meinen Assistenten oder meinem Mann kann ich diese Arbeit nicht übergeben. Ein kleiner Trost bleibt. Ich muss nur noch 6.5 Jahre durchhalten, dann geht mein Mann in Pension und ich bekomme "meinen" Hund. Die heutige Rollitour musste demzufolge ohne Hunde stattfinden. Trotzdem war es wieder wunderschön, am See entlang zu fahren.
12. Heute war es sonnig und warm. Was das für mich bedeutet, wissen inzwischen wohl die meisten meiner TG-Leser. Raus aus dem Haus und ab in die Natur. Nur, so schnell geht's dann doch nicht. Zuerst unterziehe ich mich dem allmorgendlich stattfindenden Pflegeritual mit dem Pflegedienst. Danach folgt die Tagesablaufbesprechung mit der Assistenzperson. Dann folgt 1 Stunde Physiotherapie. Und schon ist es Zeit für das Mittagessen. Aber dann hält mich niemand mehr auf. Ich starte meinen Rolli und schon bin ich unterwegs. Wenn ich meinen Touren eine Überschrift geben würde, würde sie heute wie folgt lauten. « Immer schön den Wildblumen nach.»
22. Am Samstagnachmittag fand bereits das 4. Treffen der WhatsApp-Gruppe "ALS-Familie" statt. Nachdem schon Treffen in Aargau und Zürich stattfanden, zog es uns dieses Mal ins Urnerland. Da ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass die Organisation unter meiner Obhut stand. Es war so schön, dass sich wieder so viele zum Treffen angemeldet haben. Ich denke, es war wieder ein gelungenes Treffen und hat allen gut getan. Wir haben gut gegessen und getrunken, rege diskutiert und viel gelacht. Ich finde, wir sind eine tolle ALS-Familie.
Es wird sicher wieder ein nächstes Treffen geben. Ich freue mich jetzt schon darauf.
27. So schön sind momentan die Tage. Von morgenfrüh bis abendspät breitet die Sonne ihre Strahlen über uns aus. Mittlerweile ist es so warm geworden, dass sogar ich als Sonnenliebhaberin, nach Schattenplätzen Ausschau halte. Das ist gar nicht so einfach. Kaum ein Winkel der nicht in den Genuss von Sonne kommt. Die Pflanzen haben Durst, ich habe Durst und beide sind wir angewiesen, dass uns jemand zu trinken gibt. Mein Mann hat in diesen Tagen ganz schön zu tun, damit wir zu genügend Wasser kommen. Dafür wird er aber auch mit einer wunderschönen Blumenpracht und mit Gemüse und Salat aus dem eigenen Garten belohnt. In unserem Garten haben auch Blumen Platz, welche dem Unkraut zugeordnet werden. Gibt es ein schöneres, glänzenderes Gelb als das der Butterblume? Oder gibt es eine widerstandsfähige Blume als das Gänseblümchen? Ich bin überzeugt, wenn diese Blumen nicht den Unkrautstempel tragen würden, könnten die Gärtnereien nicht genügend von diesen Blumen anbieten.
Im Frühling fragte mich eine meiner Assistentinnen, wo ich die Polster mit den saftigen, grünen Blättern und den kleinen, gelben Blüten herhabe. Sie habe sich schon letztes Jahr in diversen Gärtnereien umgeschaut, doch keines gefunden. Ich musste lachen und habe mich gefreut, dass auch andere an Unkraut Gefallen finden. Ich gab ihr dann etwas von meinem gelben Unkrautpolster ab.
Die Liebe zu den Blumen, dem Garten, hat mir meine Mutter mitgegeben. Als ich heute im Garten sass und den Wildbienen zuschaute, wie sie im Rasen von einer weissen Kleeblüte zur andern flogen, kam mir meine Mutter in den Sinn. Sie hatte die Gabe vierblättrige Kleeblätter aufzuspüren. Ja, manchmal vermisse ich sie schon. Ich träume äusserst selten von Menschen, welche für mich nicht mehr greifbar sind. Umso mehr freute mich der Traum vor ca. 3 Wochen, als meine Mutter mit einem kleinen Hochbeet bei mir im Garten erschien und mich fragte, ob sie ihres zu meinen Hochbeeten stellen dürfe. Die Verbundenheit zu meiner Mutter besteht immer noch.
JUNI
15. Obwohl ich schon länger nichts mehr geschrieben habe, war ich nicht ganz untätig. Unteranderem habe ich das nebenstehende Blumenbild kreiert. Im Netz habe ich nach schönen Blumenfotographien gesucht. Diese habe ich dann mit dem Paint-Programm bearbeitet. Die Bearbeitung der 200 Fotographien hat zig Stunden gebraucht. Nun habe ich aber einen Grundstock, um weitere Bilder kreieren zu können. Nun werde ich auch wieder Zeit fürs Schreiben haben.
17. Ein Sonnentag reiht sich an den anderen. Perfekt um die Ferien Zuhause zu verbringen. In den vergangenen zweieinhalbwöchigen Ferien habe ich nicht nur Blumen ausgeschnitten. Sonne geniessen nahm die meiste Zeit in Anspruch. Am Morgen hiess es, rein in die kurze Hose und raus in den Garten. Mein Mann werkelte ebenfalls draussen. Er musste noch ein paar Anpassungen an unseren grossen, neuen Parkplatz vornehmen. Es ist schön geworden und die Blumenkisten mit dem blühenden Lavendel runden das Ganze ab. Nebst diesen Arbeiten machten wir auch Besuche in der Ostschweiz. Dort wohnen die meisten von Piets Geschwistern. Als diese vom neuen Parkplatz erfuhren, liess der Gegenbesuch zu unserer Freude nicht lange auf sich warten. Es ist schön, ein positives Feedback von den Geschwistern zu erhalten. Es ist ihr Elternhaus und wir werden es in Ehren halten, es hegen und pflegen. Es gäbe wahrscheinlich einige Ereignisse aufzuzählen, welche in den über 100-jährigen Mauern stattgefunden haben. Meine Geschichte mit dem Haus begann im Jahre 1985. Damals, drei Monate nach dem Tod meiner Schwiegermutter, zog mein Mann mit mir und unserem Sohn in sein Elternhaus. Ich liebe dieses Haus mit der grosszügigen Umgebung. Hier darf ich schalten und walten und meine Ideen einbringen und verwirklichen. Es ist mein Paradies auf Erden.
20. Am Samstag nahm ich wieder am ALS-Paralleltreffen (Selbsthilfegruppentreffen) in Zürich teil. Paralleltreffen heisst in unserem Fall, dass die Betroffenen und die Angehörigen das Treffen in zwei verschiedenen Räumen abhalten. Unsere Gruppe wurde in letzter Zeit recht durchgerüttelt. Es gibt Lücken in unserem Reigen. Es ist nicht immer einfach, trotzdem an den Treffen teilzunehmen. In meiner 16- jährigen ALS-Laufbahn müsste ich schon so viele ALS-Gspänli ziehen lassen. Mir kommt es vor, kaum lichten sich die Reihen, schon nehmen Neubetroffene Platz. So auch beim letzten Treffen. Wir, die alte Garde (mit langsamen Verläufen) versuchen mit unserer Erfahrung ihnen ein wenig Licht für den ALS-Weg mitzugeben. Wie gerne würde ich ihnen sagen, habt keine Angst, es wird alles wieder gut. Ich würde das auch gerne zu mir, meinem geliebten Mann und meinem geliebten Sohn sagen. Es wäre langsam an der Zeit, der Amyotrophe Lateralsklerose den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Morgen ist der internationale ALS Gedenktag. Jedes Jahr wird am 21. Juni weltweit mit diversen Veranstaltungen auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam gemacht. Meine Gedanken werden Morgen meinen Gspänli gehören, wo immer sie sich Alle aufhalten.
22. Am Montagabend besuchte ich eine Veranstaltung von Procap Uri. In einem zweistündigen Vortrag wurde den Teilnehmern das neue Kinder- und Erwachsenschutzrecht (KESB) nähe erläutert. Das Referat hielt Rechtsanwalt Martin Boltshauser, Leiter Rechtsdienst Procap.
Für uns Alle ist es wichtig, unsere Rechte zu kennen und auch zu verstehen. Damit wir bei Notfällen nicht unnötig in die Mühle von Behörden geraten, ist es sinnvoll, vorausschauend Massnahmen festzulegen. Eine Patientenverfügung und ein Vorsorgeauftrag können eine solche Massnahme sein. Mit diesen Vorkehrungen nehmen wir unsere Selbstbestimmung für Notfallsituationen wahr.
28. Jetzt muss ich mit dem Rollstuhl nicht mehr auf der Strasse in unser Auto einsteigen. Bis auf wenige Arbeiten ist unser neuer Parkplatz fertiggestellt. Jetzt muss ich mich noch entscheiden, ob ich auf der extra dafür freigehaltenen Erdfläche eine Mager- oder eine Fettwiese realisieren werde. Während bei den Fettwiesen an die 40 Pflanzensorten vorkommen, sind es bei Magerwiesen an die 200. Da ich auch ein Wildbienenhäuschen aufstellen will, wäre es gut, wenn es mit der Magerwiese klappen würde. Das werde ich aber erst in 2 - 3 Jahren sehen. Also, vorher abtreten kommt nicht in Frage. Die ALS muss sich also noch gedulden. Ziele zu haben ist sicher nicht schlecht.
29. Im Garten sind die Beeren reif. Also Beeren ablesen und zu Konfitüre, Gelee oder Beerenessig verarbeiten. Ich? Nein. Ich würde ja liebend gerne, doch dafür müsste ich meine Arme einsetzen können. Hier kommen meine guten Helfer zum Einsatz. Ich bin bei dieser Arbeit der Kopf, der die Helfer anleitet und mit Rezepten unterstützt. Gestern waren die Johannesbeeren an der Reihe. Dieses Jahr haben wir die Beeren im Steamer entsaftet. Das hat super funktioniert. Der Saft wurde dann zu Gelee verarbeitet und aus den ausgelaugten Beeren wurde Johannesbeeressig hergestellt. Auch wenn ich solche Dinge nicht mehr selber machen kann, so freue ich mich doch, bei der Herstellung dabei zu sein.
Unser Chriäsibäum ist noch zu klein, um mit den Früchten Konfitüre herstellen zu können. Die drei Kirschen wanderten gleich in den Mund.
JULI
2. Der vergangene Monat hat einiges von mir abverlangt. Ich musste mich wieder mit meinem Pflegedienst auseinandersetzen und mein ruhiges Zuhause wurde durch massiven Lärm aus der Nachbarschaft gestört. Physisch und psychisch hat das Kraft gekostet.
Was die Pflege angeht, so habe ich klare Vorstellungen, wie meine Pflege auszusehen hat. Mit dem zurzeit herrschenden Pflegepersonalwechsel ist das schwierig. Das stresst nicht nur mich, nein auch die Pflegenden stossen an ihre Grenzen. Nun habe ich mich entschlossen, den Pflegedienst nur noch begrenzt einzusetzen. Dafür werde ich meine Assistenzpersonen vermehrt in meine Pflege einbinden. Ich bin überzeugt, dass es so für alle am besten ist. Um dies umsetzen zu können, muss ich jedoch mein Assistenz-Team erweitern. Dafür habe ich Stelleninserate geschaltet und bereits ein Vorstellungsgespräch geführt.
Nachdem sich nun auch der Lärmpegel in der Nachbarschaft normalisiert hat, kann ich auch meinen Garten wieder in Ruhe geniessen. Es kommt gut und ich freue mich auf wunderschöne Sommertage.
11. Was machen, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und nicht wieder einschlafen kann. Ein Buch zur Hand nehmen und zu lesen anfangen? Den Fernseher oder das Radio einschalten? Oder aufstehen und zu putzen anfangen? Da ich ohnehin nicht selbst aufstehen kann, bleibe ich liegen und geniesse einfach die Stille der Nacht. Diese Ruhe wird alle 15 Minuten durch Kirchenglocke unterbrochen. Auch wenn ich nicht so "gottesfürchtig" bin, so vermitteln mir die läutenden Glocken das Gefühl von beschützt sein. Obwohl das Geläute programmiert abläuft und niemand mehr die Seile zieht, habe ich das Gefühl nicht allein zu sein. Je weiter die Nacht dem Morgen zu eilt, desto mehr Geräusche kommen hinzu. Um 4.00 Uhr melden sich die ersten Amseln zu Wort. Ab 5.30 Uhr verkehren die ersten Autos auf der Strasse. Und wenn um 5.45 Uhr der Wecker im Nebenzimmer ertönt, freue ich mich, bald umgelagert zu werden. Danach besteht die Möglichkeit, doch noch eine Mütze Schlaf zu bekommen, bevor um 7.45 Uhr der Pflegedienst eintrifft und mich aus den Federn nimmt.
12. Aus unserer neugewonnenen Erdfläche soll mal eine artenreiche Wildblumenwiese entstehen. Da es für die Frühsaat zu spät ist, muss ich auf die Herbstsaat warten. In der Zwischenzeit wollte ich der Natur die Gelegenheit geben, die Erdfläche selbständig zu erobern. Täglich kann ich beobachten, wie neue Pflanzen aus dem Erdreich an die Oberfläche drängen. Ich versuche zu erkennen, um welche Pflanze es sich jeweils handelt. Einige erkenne ich auf Anhieb, einige ermittle ich über Wildpflanzenseiten im Netz. Da habe ich auch erfahren, dass es sich bei den fünf grossgewachsenen Pflanzen um die giftige Stechapfelpflanze handelt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als in die Natur einzugreifen. Die Pflanzen mussten entfernt werden. Die Hanfpflanze, welche ebenfalls als Bio-Droge gilt, lasse ich jedoch stehen. Könnte mir ja mal gegen die Spastik einen Tee zubereiten. Die einzelne Maispflanze lasse ich vorerst ebenfalls stehe, auch wenn diese nicht unbedingt zu den Wildpflanzen zählt. Bin weiter gespannt, welche Wunder der Natur noch zu Vorschein kommen.
22. Es scheint, dass sich der Textschreiber, während er den Text für den folgenden Song schrieb, sich ebenso wie ich, mit Problemen und Barrieren auseinandersetzen musste.
Er hat einen Weg gefunden damit umzugehen. Auch ich bin der Problemlösung einige Schritte nähergekommen. Meine Pflegeabdeckung ist schon mal auf gutem Wege.
Manchmal muss ich einfach auch mal einen Stein liegen lassen und versuchen, diesen zu umgehen.
23. Ja es ist tatsächlich so, dass auch ich mich mit Problemen herumschlagen muss. Auch bei mir scheint nicht immer die Sonne. Ich lasse es aber nie zu, dass ich zu tief falle. Ich ziehe vorher die Bremse und fange an zu kämpfen. Mein Kampfinstinkt macht sich bemerkbar und ich stelle mich der Herausforderung. Da meine Stimme durch die Krankheit mittlerweile leiser und undeutlicher geworden ist, ist es nicht so einfach, mir Gehör zu verschaffen. Die Dinge, welche ich schriftlich angehen kann, erledige ich via PC selbst. Muss ich hingegen bei Ämtern vorsprechen, werde ich entweder von meinen Assistenzpersonen oder von meinem Mann begleitet. Sie übersetzen mein Gesagtes, wenn mein Gegenüber meine verwaschenen Wörter nicht verstehen. Das bedingt, dass wir gut vorbereitet an ein Gespräch gehen. Das heisst, meine "Übersetzer" müssen mit dem Thema vertraut sein und meine Ansichten und Ziele kennen. Ich muss folglich viel mehr Aufwand betreiben als eine Person ohne Beeinträchtigung. Ohne Beeinträchtigungen blieben mir ohnehin einige Probleme erspart.
Klar könnte ich mich fügen und zurücklehnen und alles nehmen wie es kommen mag. Das wäre jedoch kein Leben für mich, das wäre nicht mehr ich. Es gibt so viele Menschen auf der Welt, welche lieber die Faust im Sack machen, als an die Öffentlichkeit zu treten. Nein, es ist gewiss nicht immer einfach für eine Sache zu kämpfen und den Kopf hinzuhalten, zumal alles in friedlicher Mission ablaufen soll. Es gibt Menschen, die können oder dürfen sich nicht wehren und genau für diejenigen müssen wir, wir die Kraft besitzen, uns einsetzen. Es darf nicht sein, dass Gesetze, Verordnungen geschrieben werden ohne dass man die genauen Bedürfnisse der betroffenen Menschen kennt. Nur mal ein Beispiel: Wenn ich mit meinem Krankheitsbild in ein Pflegeheim müsste, würden die Kosten sicher Fr. 10'000.- im Monat erreichen. Zudem müsste ich mit meinen 55 Jahren und noch fit im Kopf in ein Altersheim einrollen. Denn, wie in vielen andern Kantonen auch, gibt es in Uri kein Pflegeheim für "junge" Erwachsene. Laut eines kürzlich erschienen Berichts, würde sich ein solches Pflegeheim bei uns nicht lohnen. Komisch, ich weiss nicht, dass ich jemals zu diesem Thema befragt wurde. Also, weiter im Text. Momentan bekomme ich von der IV einen Assistenzbeitrag von Fr. 4600.- im Monat. Das entspricht 141 Assistenzstunden im Monat. Es ist also offensichtlich, dass mein Aufenthalt Zuhause für alle Akteure um einiges günstiger kommt. Dieser Betrag reicht gerade aus, um die Löhne der Assistenzpersonen zu begleichen. Würde mein Mann nicht auch einen grossen Teil meiner Assistenz übernehmen, würde mir in Kürze das Geld ausgehen. Leider ist es vom Gesetz her nicht gestattet, Angehörige als Assistenzpersonen anzustellen. Dabei wäre mein Mann bereit, seinen höher bezahlten Job aufzugeben und sich zu einem tieferen Lohn von mir anstellen zu lassen. Für mich wäre dies natürlich die optimalste Assistenzregelung. Diese Lösung würde die IV keinen Rappen mehr kosten, trotzdem lässt sie es nicht zu. Aus welchen Gründen auch immer. Da wird einfach über den Köpfen von Betroffenen, über meinen und meines Mannes hinweg entschieden.
Es wird in den nächsten Jahren einiges passieren müssen, damit die Pflegesituation nicht unter die Räder kommt. Es müssen neue Wohn- Assistenz- und Betreuungsformen zugelassen werden. Zum Wohle von allen Menschen müssen wir offener und flexibler für Neues werden. Dafür werde ich mich einsetzen und meinen Beitrag leisten.
24. Ich will nochmal auf meinen gestrigen TGB Beitrag eingehen. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass einige von euch über die Höhe meines Assistenzbudgets erstaunt sind. Darum möchte ich das Thema noch ein wenig vertiefen. Zum besseren Verständlich fange ich von vorne an und erzähle euch meine Assistenzbudgetgeschichte.
Im Jahre 2004 war meine Krankheit soweit fortgeschritten, dass ich meine Arbeitsstelle ganz aufgeben musste. Fortan erhielt ich eine 100% IV Rente (Invalidenrente). Mit der Zeit liessen meine Kräfte derart nach, dass ich mich nicht mal selber waschen konnte. Also beantragte ich bei der IV eine Hilflosenentschädigung. Was mir nach einem Jahr Wartefrist auch gewährt wurde. Die Hilflosenentschädigung wird in 3 Hilflosigkeitsstufen eingeteilt. Leichter - Mittlerer - Schwerer Grad. Da ich nur noch wenige Dinge selbst machen kann, erhalte ich die Hilflosenentschädigung schweren Grades. Dies entspricht Fr 1800.- im Monat. Diesen Betrag verwende ich für die ungedeckten Spitex-Kosten und für den Selbstbehalt und die Franchise der Krankenkasse. In meinem Kanton beträgt die Patientenbeteiligung an den Spitex-Kosten 20%. Dies ist der höchste Prozentsatz, der vom Gesetz her erlaubt ist. Abgefedert wird die Patientenbeteiligung im Kt.Uri durch eine Tagesobergrenze von Fr. 15.95. (Die zulässige Obergrenze beträgt Fr.19.95). Das macht im Monat Fr. 485.- für mich.
Seit 2012 beziehe ich einen Assistenzbeitrag der IV. Der ermöglicht mir, Personen anzustellen, welche mich im Alltag unterstützen. Dank diesem Beitrag ist es mir möglich in meinen vier Wänden wohnen zu bleiben und muss nicht in ein Altenpflegeheim.
Wie wird der Assistenzbetrag errechnet: Jede Tätigkeit in meinem alltäglichen Leben wird von der IV penibel genau angeschaut. Es wird geschaut bei welcher Tätigkeit ich Hilfe brauche und wieviel. Dies nennt man Bedarfsabklärung.
Zwei Beispiele: Ich muss angeben wie oft ich am Tag auf die Toilette transferiert werden muss und wie lange dies jeweils dauert. Oder, wie oft brauche ich Begleitung für Spazierfahrten. Jede Tätigkeit wird in Bedarfsstufen von 0 - 4 eingeteilt. Nach diesen mehrseitigen Angaben wird dann das Assistenzbudget errechnet.
Dem Assistenzbudget werden die Stunden der Spitex abgezogen und die Hilflosenentschädigung. Da mein Mann mit mir im gleichen Haushalt lebt, wird logischerweise auch erwartet, dass er einen Teil des Haushaltes erledigt. Dafür erhalte ich nicht ein ganzes Jahr die Assistenzstunden, sondern nur 11 Monate. Dies sind zurzeit eben die Fr. 4600.- sprich die 141 Assistenzstunden im Monat.
Nun zur Rechnung: 141 Std. ergeben im Tag 4.5 Std. Das heisst, ich verbringe trotz meiner starken, körperlichen Einschränkungen einige Stunden am Tag allein. Obwohl ich mich manchmal verschlucke, mich eine Mücke sticht oder ich zwischendurch etwas "Süsses" möchte, so liebe ich auch die Zeit des Alleinseins.
Zurück zur Rechnung. Wenn ich nun die 141 Std. durch die Fr. 4600.- teile, ergibt das ca. Fr. 32.90. Dieser Betrag steht mir für 1 Std. Assistenzarbeit zur Verfügung. Davon bezahle ich den Lohn der Assistenzperson inkl. aller Sozialabgaben und Versicherungen.
Zum Vergleich: Für die Grundpflege werden von der Spitex pro Stunde (nach Abzug des Subventionsbeitrages vom Kanton) Fr.54.60 berechnet. Kommen pflegerische Handlungen, wie Medikamente eingeben dazu, wird dies mit Fr 65.40 berechnet.
Am Ende jedes Monats muss ich die geleisteten Stunden meiner Assistenzpersonen an die IV übermitteln. Anhand dieser Angaben wird mir der Betrag für die Löhne zugeschickt. Ich kann also nicht einfach über die Fr. 4600.- verfügen. Ich muss alles belegen und darin besteht auch die Kontrolle seitens der IV.
Ich hoffe, ich konnte euch Lesern vermitteln, dass der Assistenzbeitrag für uns Betroffene so wichtig ist und wir mit diesem Modell auch Kosten sparen.
Wünschenswert wären solche Modelle auch für Personen im AHV Alter, welche ebenso auf Hilfe angewiesen sind. Viele Personen könnten damit den Heimeintritt hinauszögern. Meinen vorausgegangenen Ausführungen zufolge könnten die Gesundheitskosten zumindest ein wenig gesenkt werden.
Ich wünschte mir viele verschiedene Betreuungs-, Pflege-, Unterstützungsformen. Mehr Offenheit für Neues, Flexibilität und Probierfreudigkeit.
(Die eingesetzten Zahlen können +/- abweichen)
29. Judihui! Ich freu mich so. Soeben hat die Sonne ein Loch in die Wolkendecke gebrannt und nun fallen die ersten Sonnenstrahlen in mein Zimmer. Es wird Zeit aufzustehen, um mit der Sonne zu strahlen. Heute werde ich die warmen Kleider wieder in den Sommerschlaf schicken und die luftig, bunten Kleider in die Sonne entführen.
31. In letzter Zeit muss ich meine Rollitouren gut einteilen, um nicht von Gewittern überrascht zu werden. Damit ich nicht nass werde, muss ich den Blick ab und zu zum Himmel schweifen lassen. So kann ich die aufziehenden Gewitterwolken frühzeitig wahrnehmen und mich in Sicherheit begeben. Trotzdem bleibt mir auf meinen Rollitouren noch genügend Zeit, mich der Umgebung zu widmen. Wenn ich in der Natur unterwegs bin, lebe ich auf. Ich bestaune die wunderschönen Blumen am Wegesrand. Beobachte die Insekten, die von Blüten zu Blüte fliegen, um sich am Nektar zu laben. Wenn mir dann noch der Duft von frischem Heu in die Nase steigt, dann ist die Glückseligkeit nicht mehr weit. Auch wenn ich gelegentlich auf naturbelassenen und abschüssigen Wegen unterwegs bin, so liebe ich es sehr, auch allein Unterwegs zu sein. Ganz allein bin ich ja selten. Ich treffe auf Wandersleute, auf Biker und auf Rollifahrer. Mit denen halte ich dann meistens ein Schwätzchen. Manchmal muss ich auch mal zum Durstlöschen herhalten. Mache ich ja gerne. Wenn nur der Einstich nicht so piksen würde. Aber was soll’s. Es gibt schlimmeres als so ein Brämästich / Bremsenstich.
Am Sonntag war es mal wieder an der Zeit, einen Berg zu erklimmen. Ich fuhr mit dem Rolli in eine Nachbargemeinde und lies mich mit der Seilbahn auf etwas über 1000 m. ü.M. bringen. Bei der Bergstation Haldi angelangt, fuhr ich mit dem Rolli gleich noch ein wenig weiter in die Höhe. Auf dem Haldi habe ich Blick auf viele Urner Berge. Wenn ich dann nach unten schaue, sehe ich einen grossen Teil des Urner Talbodens und den Vierwaldstättersee. Mit dem Rolli fahre ich dann Bergwärts. Die Strasse ist steil und kurvig, aber asphaltiert. Der Weg führt an Gehöften mit steilem Wiesland vorbei. Ich begegne rauschenden Bergbächen und fahre durch wohlriechende Wälder. Die Bergstrasse darf von Motorfahrzeugen nur mit einer Bewilligung befahren werden. Ausser Vogelgezwitscher und mitunter einem rascheln im Unterholz, höre ich nichts. Ich mag diese Stille. Doch manchmal wünschte ich mir einen Hund an meiner Seite. Als Frau, allein in der Abgeschiedenheit, fühle ich mich manchmal dann doch schutzlos. Trotzdem möchte ich nie, auf diese Freiheit verzichten müssen.
Bei der Rollitour am Samstag habe ich die volle Batterieladung aufgebraucht. Mit dem letzten rotblinkenden Strich habe ich es gerade noch Nachhause geschaft. Und am Sonntag habe ich es gerade ins Haus geschaft, bevor der Hagelzug über uns hinweg zog. Anscheinend brauche ich diese Herausforderungen. Sie halten mich lebendig.
AUGUST
1.Das Schicksal hat entschieden und hat mich in der Schweiz das Licht der Welt erblicken lassen. Das ist ein Privileg und ich bin sehr dankbar dafür. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass es bald in allen Ländern wunderschön sein wird, in der Heimat geboren zu werden.
8. Seit geraumer Zeit bestand meine erste Handlung nach dem Aufstehen, am PC mein Postfach zu öffnen. Ich wartete gespannt auf eine ganz bestimmte E-Mail. Am 2. August war es dann soweit. Esther Jenny, Ehrenpräsidentin und Mitbegründerin des Vereins ALS Schweiz, lies uns das Ferienprogramm und die Teilnehmerliste der diesjährigen ALS-Ferienwoche zukommen. Schon nächste Woche geht's ab in den Süden. Dort treffe ich auf meine "ALS-Gspändli", deren Angehörige, auf Pflegefachpersonen und BetreuerInnen. Für mich ist diese Gruppenferienwoche eine der schönsten und wertvollsten Woche des Jahres. Ihr spürt es sicher, ich freue mich riesig.
10. Seit nun mehr drei Wochen übernimmt eine meiner langjährigen Assistentinnen an zwei Tagen in der Woche meine Morgenpflege. Und wie ich es vermutet habe, es funktioniert sehr gut. Ende August beginnt eine weitere Assistentin bei mir zu arbeiten. Auch sie wird an zwei weiteren Tagen meine Morgenpflege übernehmen. Der Pflegedienst selbst übernimmt ebenfalls zweimal in der Woche die Morgenpflege. Im Hinblick auf meine fortschreitende Krankheit, will ich den Pflegedienst nicht ausschliessen. Es wird die Zeit kommen, da ich spezialisierte Pflege benötige. Dann bin ich froh, wenn dies durch Pflegefachpersonen erfolgen wird. Ich denke, mit diesem Pflegemix entspannt sich die Lage um meine Pflege. Ich bin jetzt schon viel entspannter und kann meine Morgenpflege auch wieder gelassener angehen.
Ich bin sehr froh, gibt es Dienstleister, welche sich auf die Pflege Zuhause spezialisiert haben. In der gewohnten Umgebung umsorgt zu werden, trägt zum Wohlbefinden der Pflegeempfänger bei. Bei den Pflegedienstanbietern arbeiten Pflegende mit unterschiedlichen Pflegeausbildungen. Je nach Krankheitsbild der Pflegeempfänger, werden die Pflegekräfte eingesetzt. Manchmal muss die Pflege durch diplomierte Pflegefachpersonen erfolgen und manchmal kann die Pflege durch eine Person mit SRK-Kurs durchgeführt werden. Zwei meiner Assistentinnen haben diesen Kurs absolviert. Für mich ist es wichtig, dass die Chemie zwischen mir und den Pflegepersonen stimmen. Der Assistenzbeitrag der IV gibt mir die Möglichkeit, mein Pflegepersonal selbst auszusuchen und auch anzustellen. So entscheide ich selbst, wer bei mir die Körperpflege machen darf. Diese Möglichkeit gibt es bei den öffentlichen Pflegedienstleistern kaum und die Pflegepersonen wechseln auch immer wieder. Diese Tatsache macht eine kontinuierliche, gute Pflege nicht einfach. Ich hoffe sehr, dass sich in den nächsten Jahren in Sachen Pflege etwas tut und alle Pflegeempfänger, welche Zuhause Wohnen, selbst entscheiden können, wer die Pflege erbringt. Es wird sicher nicht bei allen möglich sein. Wenn aber die Möglichkeit besteht, die Pflege selbst zu organisieren und eventuell Angehörige in die Pflege einzubinden, müsste dieser Weg von staatlicher / kantonaler Seite geöffnet und unterstützt werden. Zumal keine höheren Gesundheitskosten daraus resultieren würden. Eine Kostenanalyse wäre es allemal wert. Verschiedene Pilotprojekte würden ebenfalls Erkenntnisse bringen.
Das Leben ist das wertvollste was wir besitzen. Da darf die Gesundheit auch etwas kosten.
11. Vermisstmeldung: Seit drei Tagen bin ich auf der Suche nach der Sonne. Wer hat sie gesehen oder weiss wo sie sich aufhält?
Signalement
Sie ist kugelrund
Trägt einen Strahlenkranz
Zeigt sich gerne in den Farbnuancen Weiss - Rot
Absorbiert Gase
Sie ist sehr warmherzig
Achtung langsam nähern, Verbrennungsgefahr
Zuletzt habe ich sie vorgestern gesehen, als sie hinterm Berg Gitschen verschwand. Wenn jemand die Sonne sieht, sagt ihr bitte, ich würde Zuhause auf sie warten. Ich vermisse sie.
12. "Auwso, äs wird scho lansam Zyt, dass diä Sunnä wieder üfteucht. Ich sitzä vorum Peeze, hanä chautä Nasäspitz und Pfinger sind wägä der Chewti afig so gstabig, dass ich chüm schrybä cha. Ufs Weeze müäss ich eu ptschändig, obwou ich bereits uf Winterchleider umgstewt ha. Zum Glick gats negscht Wuchä i Südä, wo ich mit minnä ALS Gspändli cha Sunnä und Wärmi dankä. Aber jetzt brüchi ä Müsig wo miär ä chli iheizt und mich uf Türä bringt."
15. Gestern hatte ich einen Termin mit der Invalidenversicherung kurz IV. Ich musste die Assistenzstunden an meine neue Pflegesituation anpassen. Dabei haben wir auch gleich die ganze Abklärung aktualisiert. Solche Abklärungen dauern ihre Zeit und können ermüden. Ich habe mich bei der Abklärung aber wohlgefühlt und meine Stimme hat gut mitgemacht.
Da ich am Mittwoch in die ALS-Gruppe-Ferien fahre, durfte ich mit einer Assistenzperson den Ferienkoffer packen. Wenn man wie ich, eine Krankheit, eine Beeinträchtigung sein Eigen nennen muss, sind die Ferienvorbereitungen aufwendiger. Medikamente, Pflegematerialien, Hilfsmittel usw. müssen zusammengestellt und zum Mitnehmen bereitgelegt werden. Da ist eine gute Vorbereitung von Vorteil.
Jetzt liegt Alles bereit und ich kann den heutigen Feiertag noch Zuhause geniessen.
Sollte ich Zeit finden, werde ich aus den Ferien berichten. Ansonsten schreibe ich nach den Ferien einen Ferienbericht. Piazza Grande mach dich bereit, wir kommen.
16. So meine lieben TG-Leser. In einer Stunde geht's ab in den Süden. Mein Mann ist gerade dabei, alle Reiseutensilien ins Auto zu verfrachten. Das gibt mir kurz Zeit, euch ein paar Zeilen zu hinterlassen. Da sich das Wetter von ihrer Sonnenseite zeigt, werden wir über den Gotthardpass in den Süden fahren. Da besteht weniger Gefahr in einen Stau zu geraten. Jetzt muss ich den PC aber definitiv herunterfahren und mich bereitmachen. Ich melde mich dann vom Tessin.
18. Un caro ciao dal Ticino. Endlich habe ich mal kurz Zeit um euch etwas von den drei vergangen ALS-Gruppe-Ferientage zu berichten.
Wie schon in den vorangegangenen ALS-Ferien, trafen wir uns am Ankunftstag vor der Clinica Santa Chiara zum Ferieninfo-Apero.
Natürlich ging es danach auch noch auf die Piazza Grande.
Am Donnerstag besuchten einige Ferienteilnehmer die Falconeria, wo uns wieder eine tolle Show mit Greifvögeln geboten wurde. Andere zogen die Besichtigung von Locarno vor. Am Abend ging es dann für alle aufs Schiff. Bei dieser wunderschönen Abendrundfahrt wurden wir wieder durch Anna Rossinelli und ihren beiden Bandmitgliedern musikalisch unterhalten. Später, beim Eis-Essen an Land, spielten sie noch weitere Songs für uns.
Heute Freitag machten wir einen Spaziergang am See entlang. In Muralto assen wir dann zu Mittag. Und dann hiess es wieder retour.
Jetzt muss ich für heute Schluss machen. Ich muss auf die Piazza.
24. Hallo, da bin ich wieder. Ihr müsst entschuldigen, ich hätte gerne öfters ins Tagebuch geschrieben und von den ALS-Gruppe-Ferien berichtet. Da ich keine Aktivitäten vom Ferienprogramm auslassen wollte und auch die Abende mit meinen Gspändli auf der Piazza Grande nicht verpassen wollte, kam ich einfach nicht zum Schreiben. Auch hatte ich im Zimmer selbst keine Internetverbindung. Ausserdem musste ich zwischendurch auch mal schlafen. Sobald ich die Fotos beisammenhabe, werde ich euch ausführlich von den ALS-Gruppe-Ferien berichten. Eins kann ich euch schon mal vorab verraten. Sie waren wieder wunderschön.
28. Nun erzähle ich euch von der ALS-Gruppe-Ferienwoche im Tessin.
Pizza Grande auf der Piazza Grande
Ich denke das ist der passende Untertitel zu den diesjährigen ALS-Gruppeferien im Tessin. Nach den Tagesaktivitäten am Tag trafen wir uns am Abend oft wieder alle auf der Piazza. Suchen mussten wir uns gegenseitig nicht. Dort wo gelacht, gegessen und zugeprostet wurde, da waren wir. Tische wurden zu einem Tavolo lungo zusammengestellt. Das Servicepersonal in den besuchten Restaurants und den Pizzerias war steht‘s hilfsbereit und machte es möglich, dass wir alle beisammensitzen konnten. Das ist nicht selbstverständlich, zumal unsere Gruppe 12 Rollstuhlfahrer und 19 Fussgänger umfasste und wir diese Lokale jeweils ohne Vorankündigung aufsuchten. Wir durften auch dieses Jahr wieder auf die «locarnesische» Gastfreundschaft zählen.
Unsere Gruppe ist auch eine Herausforderung für die Schifffahrtsgesellschaft des Lago Maggiore. Damit wir Rollstuhlfahrer sicher aufs Deck rollen können, müssen jeweils zusätzliche Rampen installiert werden. Zudem stehen uns drei Besatzungsmitglieder hilfreich zur Seite. Wenn sie dann der Gesangseinlage von Anna Rossinelli und den Gitarrenklängen der beiden Bandmitglieder auf dem Schiff beiwohnen dürfen, entschädigt sie dies für die Mehrarbeit.
Bei Spazierfahrten am Lago Maggiore ziehen wir stetig die Blicke vieler «Bänklihocker» auf uns. Eventuell sollten wir uns in den nächsten Ferien doch mit einem Symbol zu erkennen geben. So könnten wir im Vorbeifahren das Interesse der Krankheit ALS wecken. Wahrscheinlich würden sich interessante Gespräche mit Passanten ergeben. Die Fussgänger begegnen uns im Allgemeinen immer sehr freundlich und nehmen Rücksicht auf unsere Gruppe.
Der Verein ALS Schweiz optimiert die Aktivitäten der Ferienwoche jedes Jahr aufs Neue. Sie nimmt die Wünsche und Anregungen der Teilnehmer auf und versucht diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten umzusetzen. So wurde dieses Jahr ein Picknick im Grünen verwirklicht. Wenn ihr jetzt denkt, wir hätten uns aus dem Rucksack verpflegt und die Wurst an einem Stock über dem Feuer gebrätelt, dann irrt ihr euch aber gewaltig. Als wir am besagten Tag in eine Parklichtung einschwenken, treffen wir auf festlich eingedeckte Festtische und Bänke. Im Hintergrund lodert ein Feuer aus einem gemauerten Grill und Köche in weisser Montur hantieren mit Lebensmitteln. Das was wir danach vorgesetzt bekamen, grenzt schon fast an ein perfektes Dinner. Vom Fleisch über die Salate bis zum Dessert ein Genuss. Sogar an die Betroffenen mit Magensonde wurde gedacht. Für sie gab es eine feine pürierte Suppe.
Natürlich durften dieses Jahr auch der Besuch der Insel Brissago und die Fahrt auf den Berg Cardada nicht fehlen. Zudem wurde wir von unserer Partnerorganisation ASLASI nach Muralto eingeladen. Und wie jedes Jahr fand die Ferienwoche in der Weinkellerei Delea in Losone ihren Abschluss.
Zwischen den gemeinsamen Aktivitäten traf man sich in kleineren Gruppen. Dabei wurde viel miteinander gesprochen oder auf den Tablets geschrieben. Bei diesen Gesprächen nimmt die Krankheitsbewältigung jedes einzelnen viel Raum ein. In diesem Rahmen finden tiefgehende und intime Gespräche statt. Ich denke, durch das gegenseitige Vertrauen entstehen Freundschaften fürs Leben.
Für uns Betroffene und für unsere Angehörige ist diese Ferienwoche unendlich wertvoll. So mancher Betroffene schöpft wieder Kraft und Willen sich dem ALS Alltag weiterhin zu stellen.
Diese Ferienwoche ist nur dank Sponsoren finanzierbar. Dafür möchte ich mich im Namen aller Ferienteilnehmer von Herzen bedanken. Ihr seid ein Lichtblick in unserem Leben.
SEPTEMBER
3. Ich sitze gezwungenermassen im Haus fest. Nein, ich bin nicht krank. Musste zwar über 3 Tage Antibiotika einnehmen, da meine Lippen und die untere rechte Gesichtshälfte dermassen anschwoll, dass ich nicht mal mehr mit einem Strohhalm richtig trinken konnte. Inzwischen ist alles abgeheilt, sodass ich mich wieder in der Öffentlichkeit zeigen kann. Gestern nahm ich in Winterthur bereits wieder an einer Informationsveranstaltung über Änderungen in den Sozialversicherungen teil. Als Sozialversicherungsempfänger finde ich es sehr wichtig, sich zu informieren. Dieses Wissen kann mir helfen, mich im Rententschungel zurechtzufinden. Aber nein, deswegen sitze ich nicht im Haus fest. Es ist das Wetter. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die weissen Bergspitzen. Sie sehen zwar wunderschön aus, doch der Schnee hat auch kältere Luft gebracht. Und da ich den Sommer noch nicht abschreiben mag, habe ich mir heute demonstrativ kurze Hosen und ein kurzarm Shirt anziehen lassen. Und nun warte ich auf die Sonne, die mir die warmen Temperaturen zurückbringt.
9. In drei Stunden findet wieder unser ALS-Familien-Stammtisch statt. Unsere Gruppe wird immer grösser und es wird schwierig, Lokalitäten zu finden, welche genügend Platz für uns bieten. Damit alle mal mit jedem Teilnehmer kommunizieren kann, muss für uns Rollifahrer genügend Platz vorhanden sein, damit wir ohne Hindernisse zirkulieren können. Heute findet der Stammtisch im Kloster Ingenbohl in Brunnen statt. Verköstigt werden wir durch die Klosterschwestern. Wer Lust hat darf auch an einer Klosterführung teilnehmen. Bin mal gespannt, wie sich das Treffen in den frommen Mauern anfühlt. Ich freue mich sehr, meine Gspänli und Freunde wieder zu treffen.
10. Der gestrige ALS-Familie-Stammtisch war mit 17 Teilnehmenden wieder gut besucht. Im Kloster Ingenbohl wurde für dieses Treffen eine Lokalität gefunden, in der die Rollifahrer sich hindernisfrei bewegen konnten. Wir Rollifahrern konnten ungehindert den Platz wechseln und uns mit unterschiedlichen Teilnehmern unterhalten. Die Schwestern vom Kloster haben uns mit Speis und Trank umsorgt und uns auch den einen oder anderen positiven Zuspruch mitgegeben. Ebenfalls wurden die Tische mit liebe arrangiert und dekoriert. Eine 90-jährige Schwester hat dafür extra wunderschöne Blumen gebastelt. Wir durften sogar an einer Bild- und Tonpräsentation über die Entstehungsgeschichte des Klosters beiwohnen. Es war ein gut organisierter Stammtisch und das Zusammensein hat uns Allen wieder Kraft gegeben, uns dem ALS Alltag zu stellen.
27. Da bin ich wieder. Nein, ich war nicht Fort. Ich hatte und habe einfach viel um die Ohren. Kam noch dazu, dass mir der Rücken Probleme bereitete. An manchen Tagen schmerzte das Kreuz so sehr, ich konnte den Oberkörper kaum aufrichten und dies erschwerte die Transfers, Bett - Duschstuhl - Toilette - Rollstuhl. Kaum war der Rücken in Ordnung meldeten sich die altbekannten Schulterblattschmerzen zurück. Dies hielt mich jedoch nicht davon ab, Dinge zu erledigen und zu organisieren.
Ich habe eine weitere Assistenzperson eingestellt. Mein Unterstützungsteam besteht nun aus drei Assistenzpersonen, aus Spitex-MitarbeiterInnen und meinem Mann. An vier Tagen übernehmen meine Assistenzen meine Morgenpflege. An zwei Tagen die Spitex-MitarbeiterInnen. Am Sonntag und an den Abenden übernimmt mein Mann das Zepter. Seine Pflege geniesse ich natürlich am meisten 💏. Mit dieser Aufteilung starte ich viel entspannter in den Tag.
Einige Zeit investierte ich in die Zusammenstellung der ALS-Ferien-Fotos für die Teilnehmer. Es ist eine schöne Arbeit. Ich kann dabei in Erinnerungen schwelgen und manch ein Foto zaubert ein Lächeln in mein Gesicht. Ich hoffe, dass der Fotostick ab und zu, dem Einen oder Andern, den ALS-Alltag aufhellen wird.
Was ich nebst meinem Schaffen nicht vernachlässigen will, ist der persönliche Kontakt mit ALS-Betroffenen und deren Umfeld. Sei dies durch Besuche oder auch aus der Ferne übers Netz. Mir tut es gut, mich so austauschen zu können. Dabei muss nicht mal immer die Krankheit ALS im Vordergrund stehen. Manchmal tut es gut, die ALS einfach mal links liegenlassen zu können.
Unterwegs war ich natürlich auch. Immer wenn es das Wetter erlaubt, bin ich draussen. Und wir hatten ja nach dem Kaltwettereinbruch wieder wunderschöne Spätsommertage. Die Wettervoraussage für heute lautet; ein fröhlicher Mix aus Sonne und Wolken. Also habt einen fröhlichen Tag.
OKTOBER
6. Im April 2004 musste ich das Dasein als Fussgänger aufgeben. Seither übernehmen Räder meine Fortbewegung. Auch nach über 13 Jahren im Rollstuhl, weiss ich noch ganz genau wie sich laufen anfühlt. Ich weiss wie es ist, über steinige Wege zu gehen. Ich weiss wie es ist, auf weichem Rasen zu laufen. Ich weiss wie es ist, die Schuhe auszuziehen und durch Wasser zu waten. Ich weiss wie es ist, in Bergen herum zu kraxeln. Ich weiss wie es ist, die Volleyballschuhe anzuziehen, am Netz hochzuspringen, und einen gegnerischen Smash zu blocken. Es sind so viele Sachen, die ich nicht mehr machen kann und trotzdem nie vergessen werde. Wie gerne möchte ich mich nach der Musik bewegen. Ich möchte aufstehen, möchte meine Arme ausstrecken und durch den Raum wirbeln. Ich drehe die Lautstärke nach oben und spüre, wie die Vibrationen des Subwoofers in meinen Körper übergehen.
NOVEMBER
3. So schön. Gerade beobachte ich vom Bett aus, wie der Mond zügig hinter dem Bergkamm heraufkommt und sich lachend und mit kugelrundem, leuchtendem Gesicht am Abendhimmel platziert. So wie ich die Sonne liebe, so liebe ich auch den Mond. Sie gehören zu meinem Leben wie die Luft und das Wasser auch. Die Sonne gehört zu meinem Tag und ist die Realistin. Der Mond (unverständlich männlich) gehört zu meiner Nacht und ist der Träumer, der Illusionist. Was ich besonders mag, ist die Zeit des Einschlafens und die Zeit des Erwachens. Während ich meine Gedanken im Wachzustand steuern kann, so unkontrollierbar sind sie in der Nacht. Die meisten Träume bleiben nicht im Bewusstsein hängen. Einige jedoch schon. Diejenigen Träume, die bleiben, laufen bei mir immer in etwa gleich vom Band.
Vorgang: Ich arbeite in einer Abteilung in einem Warenhaus. Ich hole für eine Kundin einen Gegenstand aus einer anderen Abteilung. Den Gegenstand in den Händen, will ich zur Kundin zurück. Doch den Weg zurück in die Abteilung finde ich nicht. Ich suche das gesamte Warenhaus ab. Ich laufe Treppen rauf und runter. Ich fahre mit diversen Aufzügen von Etage zu Etage. Ich schaue in die Büros, ich schaue in die Lager. Es geht soweit, dass ich das Warenhaus verlasse und über Berge und Täler laufe und mich dabei immer weiter vom Warenhaus und der Kundin entferne. Zurück gefunden habe ich bis jetzt noch nie. Die Träume laufen immer ähnlich ab und sind sehr intensiv. Angefangen haben diese Träume kurz nachdem ich meine Arbeitsstelle wegen der ALS aufgeben musste. Ich habe meine Arbeit sehr geliebt. Die Träume kommen meistens, wenn ich mich mit einer komplexen Aufgabe beschäftige. Ich habe sogar mal erlebt, dass ich im Traum gewusst habe, dass ich träume, doch den Traum verlassen konnte ich nicht.
Morgen um 06:22:55 Uhr ist Vollmond. Bin ja mal gespannt, was für einen Traum der Mond mir schenken wird.
7. Von der vergangenen Nacht blieb mir kein Traum in Erinnerung. Dafür dachte ich am Morgen, ich befinde mich in einem Tagtraum. Als ich beim Erwachen einen Blick zum Fenster schweifen lasse, traue ich meinen Augen kaum.
Ich habe ja gewusst, dass es in den Bergen Schnee geben wird. Doch, dass es gleich soweit runter schneit, damit habe ich nicht gerechnet. Noch 100 Meter und ich hätte heute kalte Räder bekommen. Sieht aber schon schön aus, der weisse, glitzernde Schnee.
11. Am Donnerstag fand wieder der Zukunftstag für Schüler statt. Betriebe, Organisationen, Fach- und Hochschulen in der ganzen Schweiz öffneten ihre Türen für Schüler der 5. bis 7. Klasse. Obwohl ich schon seit über 14 Jahren nicht mehr in der regulären Arbeitswelt Zuhause bin, so war ich diesmal doch Teil dieses Zukunftstages. Ich hatte am Donnerstag wieder einen meiner vierteljährlichen Zahnreinigungstermine. Und da sich die Zahnarztpraxis ebenfalls an diesem Zukunftstag beteiligte, schaute während meiner Behandlung auch ein interessierter Schüler der Dentalhygienikerin über die Schultern.
Der Donnerstag hatte noch weitere Aktivitäten auf Lager. Bevor ich die Zahnarztpraxis aufsuchte, hatte ich einen Termin beim Optiker. Ich musste mal wieder meine Sehschärfe kontrollieren lassen. In die Weite sehe ich sehr gut. Ich könnte glatt als Adler durchgehen. Doch meine Flügel scheinen an Spannweite eingebüsst zu haben. So kann ich Sachen in unmittelbarer Nähe, weniger klarsehen. Also musste eine neue Brille angepasst werden. Beim Abschreiben der Brillenmodellnummer, konnte der Optiker die Zahlen nicht lesen und musste einen Mitarbeiter um Hilfe bitten. Und so wie ich bin, konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen; Ich würde es mal mit einer Brille probieren. Da der Optiker ebenso humorvoll ist, nahm er diesen Hinweis mit einem Lachen zur Kenntniss.
Vor dem Optiker hatte ich auch noch einen Besichtigungstermin für eine Lokalität, welche für Zusammenkünfte mit Rollstühlen geeignet wäre.
Da ich die wenigsten Aktivitäten selbstständig bewältigen kann, steht mir ein Assistenzteam zur Seite.
Allerdings ist nicht jeden Tag eine Assistenzperson bei mir im Einsatz. Ich muss die Termine jeweils gut vorausplanen und gut bündeln. Ich liebe es, aktiv zu sein. Nach so einem ereignisreichen Tag bin ich dann aber auch froh, wenn ich am Abend alles als erledigt abhäkeln kann.
Auf den ersten Blick scheinen solche Aktivitäten nicht besonders spektakulär und aufwendig zu sein. Doch wenn die Krankheit ALS dein steter Begleiter ist, ist jede Aktivität mit einigem Aufwand verbunden.
Wie organisiere ich z.B. einen Termin, wenn ich weder die Hände noch meine Stimme für ein Telefonat einsetzen kann?
Um zu den Terminen zu gelangen, muss mich eine Assistenzperson einkleiden und begleiten.Jede Aktivität kostet Kraft. Da die Atemmuskulatur geschwächt ist, ist es z.B. anstrengend, der Stimme einen Ton abzuringen. Jede Unternehmung ist mit viel Aufwand verbunden. Ich ermüde schneller als vor der Krankheit ALS und die Erholungsphasen dauern länger.
Ich habe aber immer noch genügend Kraft und Puste und vor allem Lust, solche Aktivitäten und noch einige mehr durchzuziehen. Ich kann und will nicht auf die vielen Abenteuer verzichten. Ich will Leben, ich will bewegen.
12. Noch vor kurzem war es trocken und ab und zu schien sogar die Sonne durch die Wolken. Doch nun ist alles anders. Innerhalb einer Viertelstunde sind dunkle Wolken vom Norden herkommend aufgezogen und haben den Himmel verdunkelt. Es hat angefangen stark zu regnen und der Wind rüttelt kräftig an den Fenstern. Die Berge sind hinter einem dichten grauen Nebel verschwunden und Draussen ist es urplötzlich dunkel geworden. Jetzt ist der Winter nicht mehr aufzuhalten. Er hält heute definitiv Einzug. Bin ja mal gespannt, wie die Landschaft Morgen aussehen wird.
13. Ich hätte euch heute gerne ein Bild mit einer Schneelandschaft präsentiert, doch leider haben die Schneeflocken unseren Talboden nicht erreicht. Anstelle der tänzelnden Flöckchen konnte ich Spatzen und Meisen beobachten, wie sie Körner aus dem Futterhäuschen picken, welches auf dem Sims vor meinem Bürofenster steht. Ein wunderschönes Schauspiel.
20. Nachdem ich 3 Jahre nach der ALS Diagnose, meinen Job an den Nagel hängen musste, hatte ich auf Einmal sehr viel freie Zeit. Diese galt es zu füllen. Im Glauben, nicht mehr lange Leben zu können, fing ich an, meine Habseligkeiten auszumisten. Ich habe alle Schulbücher, Fähigkeitsausweise, Auszeichnungen, Diplome, Sportabzeichen und Medaillen, Bilder und jedweden Krimskrams fortgeworfen. Ich wollte ohne Ballast gehen können. Das Leben ging weiter und ich musste mich irgendwie beschäftigen. Da die Hände, Arme, Füsse und Beine durch die Nervenkrankheit schon sehr geschwächt waren, gab es nicht viele Möglichkeiten für eine Beschäftigung. Auf vier Rädern begann ich die Umgebung zu erkunden. Meine Rollitouren baute ich immer weiter aus und Schifffahrten und Gondelfahrten kamen hinzu. Ich holte mir wieder ein Stück Selbständigkeit zurück. Fortan hielt ich mich viel in der freien Natur auf. In dieser Zeit entdeckte ich meine Sinne neu. Ich betrachte Dinge viel genauer und Düfte nehme ich intensiver wahr. Auch Geräusche, wie plätscherndes Wasser, oder das rascheln der Blätter lässt mich aufhorchen. In der Natur finde ich immer wieder zu mir zurück. Sie gehört zu meinem Leben. Und wenn es Zeit ist, werde ich eins mit ihr werden.
Im Laufe der Jahre habe ich das Schreiben entdeckt. Ich wollte auf die Krankheit ALS aufmerksam machen. Was lag also näher, als meine Geschichte zu erzählen, respektive zu schreiben. Mittlerweile hatte ich gelernt, die Buchstaben im Vogelpicksystem mit der PC-Maus auf der Bildschirmtastatur einzutippen. Es dauert eine Zeit, bis ich einen Text zusammen habe. Fehler schleichen sich natürlich auch ein. Doch fehlerfrei schreiben konnte ich auch vor der Krankheit nicht. In der Schule waren meine Aufsätze inhaltlich immer recht gut. Bei der Rechtschreibung ging dann aber vielfach die Fantasie mit mir durch. Doch sind wir mal ehrlich. Wer will schon blaues Gekritzel auf weissem Papier. Etwas rote Farbe bringt doch Leben zwischen die Zeilen. Seit 2009 schreibe ich nun in meinem öffentlichen Tagebuch.
In der Zeit des Wartens habe ich festgestellt, dass da noch mehr geht. Ich fing an, mich für Menschen zu interessieren, welche sich im Alltag mit ähnlichen Dingen befassen müssen wie ich. Ich fing an, mich für uns einzusetzen. Da ich einen langsamen Krankheitsverlauf habe, ist es für mich auch selbstverständlich, etwas von der geschenkten Zeit, ehrenamtlich einzusetzen. Nicht immer läuft alles rund und ich muss mich geschlagen geben. So musste ich letzte Woche einen Entscheid fällen, aus einem Projekt auszusteigen. Ich vergesse immer wieder, dass meine Aussprache infolge meiner Krankheit immer undeutlicher wird. Da kann ich noch so viele Ideen und Elan haben. Wenn die Stimme versagt, löst sich jedes noch so gute Argument in Luft auf. Was hat man doch so schön gelernt? Man darf solche Dinge nicht persönlich nehmen. Papperlapapp. Insgeheim funktioniert dies bei den Wenigsten. Ich jedenfalls hatte einige Tage daran zu knabbern.
Da ich noch andere Sachen ob habe, werde ich mich denen noch intensiver widmen.
26. Am Samstag fand bereits das 6. ALS-Familie-Treffen statt. 29 Personen nahmen die Strapazen auf sich um mit dem Zug oder mit dem Auto in die Innerschweiz zu reisen. Wer hätte gedacht, dass sich dereinst so viele ALS-Betroffene, Angehörige und Betreuende zu einer grossen Familie zusammenschliessen. Alles begann nach den ALS-Gruppe-Ferien 2016. Der Organisator dieser Ferien ist der Verein ALS Schweiz. Einige dieser Ferienteilnehmer wollten über die Ferien hinaus in Kontakt bleiben. Eine private WhatsApp-Gruppe wurde ins Leben gerufen. Mittlerweile beteiligen sich 33 Personen am Gruppen-Chat. Wir wollten aber nicht nur miteinander chatten, wir wollten uns auch zwischendurch treffen. Also organisierten wir ein 1.Treffen in einem Restaurant. Bei diesem Treffen beteiligten sich ca. 16 Personen. Mittlerweile reicht ein Restaurant nicht mehr. Bei so vielen Rollstuhlfahrenden wird der Platz schnell eng. Die Kommunikation untereinander wird schwierig. Wir mussten uns also auf die Suche nach einer passenden Lokalität machen. Im Kloster Ingenbohl fanden wir den passenden Raum mit perfekter Bewirtung und liebevoller Betreuung durch die Ingenbohler Schwestern. Das gestrige Familie-Treffen war wieder wunderschön. Die Erinnerungen daran, werden dem einen und anderen, sicher die kommenden Wintertage ein wenig erhellen.
DEZEMBER
1. In strahlendem Weiss startet der Dezember in die Winterzeit. Im Laufe des Vormittags hat sich meine geliebte Sonne einen Weg durch die Wolken gebahnt und ihre Strahlen lassen den Schnee nun wunderschön glitzern. Die Vorweihnachtszeit ist angebrochen. Das beutet, in den Wohnungen brennen wieder vermehrt Kerzen und es wird innen und aussen dekoriert. Auch bei uns hängt die eine oder andere Adventdekoration. Seit ich infolge meiner Körperbehinderung meine Kreativität nicht mehr selbst in die Tat umsetzen kann, übernimmt mein Mann dieses Amt. So hat er unserem Haus auch wieder mit einer Aussenweihnachtsdekoration versehen. Und wie jedes Jahr am 1. Dezember wird sie heute Abend eingeschaltet.
3. Eine meiner vier Schwestern hat uns auch für dieses Jahr wieder einen herrlichen Adventskranz kreiert. Er steht nun in unserer Stube auf dem Tisch. Wenn man den Raum betritt, nimmt man sogleich den Duft von frischen Tannennadeln wahr. Und die erste Kerze, die nun brennt, verbreitet Wärme und Geborgenheit in unserm Heim.
Ich wünsche allen meinen Lesern eine friedvolle Adventszeit.
6. Da sitze ich grad am Mittagstisch und hab nur kurz zum Fenster geguckt. Da habe ich mich grad so verchlüpft und mich fast noch verschluckt. Nein nicht Esel, sondern Pferd, nein nicht Mann, sondern Frau. Vor dem Fenster reitet der Samichlaus ganz schön emanzipiert.
13. Ja die liebe Zeit. Manchmal kann sie mir nicht schnell genug voranschreiten und manchmal lässt sie mich kaum verschnaufen und schon folgt wieder der nächste Tag. Ich habe das Gefühl, je älter ich werde umso schneller vergeht die Zeit. Nicht das ich Angst vor dem Alt werden habe. Ich würde sehr gerne sehr alt werden. Natürlich spielt dabei meine gesundheitliche Verfassung eine wesentliche Rolle. Würde nicht die Krankheit ALS meinen Körper schwächen, so würde ich nur so von Gesundheit strotzen. Ich habe einen langsamen Verlauf. Das heisst, ich lebe mehr Jahre mit der Krankheit als die meisten der ALS Betroffenen. Ist das ein Vorteil? In meinem Fall kann ich es bejahen. Ich kann mit Unterstützung immer noch eine halbe Minute stehen und im Liegen meine Beine leicht anziehen. Meine rechte Hand kann mit der Tetragabel den Rollstuhl steuern und mit dem Mittelfinger die PC-Maus bedienen. Das Essen muss mir verabreicht werden, doch kauen und schlucken geht noch gut. Ich atme eigenständig und benutze noch keine Atmungsunterstützung. Beim Sprechen macht sich der Luftmangel und der Kraftverlust im Gaumen dennoch bemerkbar. Meine Stimme hat Kraft und Klarheit eingebüsst und ist leiser geworden. Obwohl ich den ganzen Tag im Rollstuhl sitze, komme ich ohne Blasenkatheter aus. Nach über 16 Jahren seit Diagnose, geht es mir immer noch soweit gut, dass ich die Freude am Leben noch nicht verloren habe. Sollten irgendwann weitere Beeinträchtigungen oder Krankheiten dazukommen und ich so nicht weiterleben möchte, so bin ich froh, dass ich in der Schweiz die Möglichkeit habe, auf humane Art und selbstbestimmend gehen zu dürfen. Doch momentan bin ich des Lebens froh und ich habe noch viel vor.
14. Schnell ein Cap umgehängt und einen Hut auf den Kopf und schon geht es ab durchs Schneegestöber. Kurz beim Dorfladen hineingeschaut und schon geht es wieder ab nach Hause. Gerne wäre ich länger Draussen geblieben. Doch die Güetzlibäckerin wartet Zuhause auf Materialnachschub. Warte ich eben auf den nächsten Schneesturm.
Nun sind die 10 Güetzlisorten gebacken und die Türe zur hauseigenen Weihnachtbäckerei wird geschlossen. Wenn die Güetzli Anklang finden, öffnet sich die Türe in einem Jahr wieder.
21. Obwohl es kalt war, wollte ich heute wieder mal eine Spazierfahrt zum Hof meines Bruders Franz "Fränzu" machen. Es ist immer wieder schön, den Ort zu besuchen, an dem ich aufwachsen durfte. Beim Hof angekommen, musste ich natürlich zuerst nach den Mini Pigs Ausschau halten. Ich habe nicht schlecht gestaunt, wieviel die Jungen seit meinem letzten Besuch zugelegt haben. Was mich immer wieder aufs Neue freut, wenn es kurz vor meinem Besuch, wieder ein Kälblein im Stall gegeben hat. "Gwunderig", es zu sehen, war aber nicht nur ich. Auch die Bauernhofkatzen kamen zur Inspektion in den warmen Stall. Lange durfte ich allerdings nicht verweilen. Ich musste wieder nach Hause in die warme Stube. Das was ich sah, bleibt aber in Bildern im Gedächtnis hängen und der Geruch hängt in den Kleidern.
24. Liebe Freunde, ich wünsche euch eine wunderschöne Weihnachtszeit. Und im neuen Jahr, soll stets ein Freund an eurer Seite sein.
28. Kleine, zarte Schneeflöckchen fallen zu tausenden vom Himmel. Ganz sachte legen sie sich auf den Boden und bilden zusammen eine weisse Decke, welche sich übers ganze Land erstreckt. Ich liebe es, am Fenster zu sitzen und diesem Schauspiel beizuwohnen. Auch im Bewusstsein, wie vergänglich doch all dies ist, bewundere ich es umso mehr. Vergänglich sind auch die Jahre.
So neigt sich auch dieses Jahr mit schnellen Schritten dem Ende zu. Für mich heisst das, ich muss mein Büro auf Vorderfrau bringen. Die Ordner müssen ausgemistet werden und neue fürs 2018 angelegt werden. Durch meine Krankheit habe ich die meisten Handfunktionen eingebüsst. Ich kann demzufolge keine Ordner aus dem Schrank holen, um etwas nachzuschauen. Deshalb werden mir alle wichtigen Dokumente gescannt und ich lege sie dann in die entsprechenden Ordner auf dem PC ab. So kann ich auch etwas nachschlagen, wenn gerade keine Assistentin im Einsatz ist. Als Assistenznehmerin bin ich zur Arbeitgeberin geworden. Das heisst, ich habe Ende Jahr einige Pflichten zu erledigen. Unteranderem muss ich die Jahresabrechnungen, sprich Sozialleistungsabrechnung der Assistentinnen zusammentragen und an die AHV-Behörden übermitteln. Formulare für Lohnabrechnungen und Tabellen müssen ebenfalls neu datiert werden. Da ich alles mit der Maus und einer Bildschirmtastatur auf dem PC erledigen muss, brauche ich einfach mehr Zeit. Die nehme ich mir an verschneiten Tagen, wie es heute einer ist. Aber nicht ohne zwischendurch den Blick zum Fenster und den Schneeflöckchen gleiten zu lassen. Was all diese Vorbereitungen erleichtern würde, wäre eine schnellere Anpassung der Formulare an die Updates der Software-Programme wie Windows. Gestern z.B. musste ich meinen Mann bitten, für mich ein Formular von Hand auszufüllen. Das Formular war nach dem letzten Update nicht mehr kompatibel mit der Software und dadurch auch nicht mehr elektronisch bearbeitbar. Solche Dinge machen mich leicht ungeduldig. Dabei könnte ich mit meinen eingesetzten Hilfsmitteln diese Formulare eigenständig ausfüllen. Da wäre rascheres Handeln von Seiten der Kantonalen Behörden wünschenswert. Also bitte, behindert mich nicht und baut Barrieren ab. Dann kann ich auch tun, was ich noch zu tun vermag.
So, und nun bin ich büromässig gerüstet fürs neue Jahr.
31. Jetzt habe ich es doch noch rechtzeitig nach Hause geschafft, um euch einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen.
Passt aber auf, es könnte rutschig werden.
5. Als mein Mann heute, müde vom Schneeräumen auf der Arbeit nach Hause kam, meinte er zu mir: "Die Person, welche eine Woche vor Weihnachten prophezeite, es werde am 5. Januar schneien, hat definitiv Recht behalten." Ich konnte ein Schmunzeln nicht verkneifen und meinte: "Es tut mir ja leid, dass sich meine, damals im Scherz geäusserte Prognose vom Schnee, bestätigt hat und du dadurch einen arbeitsintensiven Tag hattest." Ich überlege mir gerade, ob ich mich bei den Muotathalern Wetterschmöckern melden soll.
Ich weiss, dass viele Menschen sehnsüchtig auf diese Schneepracht gewartet haben. Mir gefällt sie ja auch. Ich liebe es, den Schneeflocken bei ihrem Tanz vom Himmel zur Erde zuzuschauen. Zu sehen, wie sich ein weicher Teppich über alles legt. So in weiss gehüllt sieht die Welt so friedlich und heimelig aus. Am liebsten würde ich jetzt nach Draussen gehen und mir einen grossen Schneemann bauen. Vielleicht fahre ich Morgen auch einfach nur nach Draussen und lasse mich von allen Seiten vollschneien und ich bin meine eigene Schneefrau. Sollte ich Morgen beim Dreikönigskuchenessen, auf den König beissen, habe ich mit der Königskrone auch gleich eine passende Kopfbedeckung.
Ich lege jetzt gerade noch einen drauf. Meine Prognose: Am 21. Dezember 2017 wird es schneien und wir werden weisse Weihnachten haben.
10. Das neue Jahr ist wenige Tage alt und wieder müssen wir einen liebgewonnenen Menschen aus der ALS-Familie ziehen lassen. Walter T. besuchte dieselbe Selbsthilfegruppe wie ich. Und im Sommer nahm er ebenfalls an der ALS-Ferienwoche im Tessin teil. Unsere Gruppe hatte allgemein viel Spass, doch keiner konnte mich so zum Lachen bringen wie Walti dies konnte. Ich habe so viele Tränen gelacht, so viele Taschentücher nassgemacht, dass sogar der Vorschlag kam, ich solle mir wegen dem vielen Papierverbrauch, doch gleich eine WC-Rolle am Rollstuhl befestigen lassen.
Lieber Walti, ich wünsche dir eine schöne Reise. Ich werde stets mit einem Lächeln an dich denken.
14. Schön kalt ist es worden draussen. Als es Gestern so gestürmt hat, sass ich in meinem warmen Stübchen und habe durchs Fenster dem Schneetreiben zugeschaut. Es war faszinierend, wie die Schneekügelchen durch die Luft gewirbelt wurden. Statt auf dem Boden, landeten viele auf meinem Fenstersims. Sie sahen wie kleine Styroporkügelchen aus. Wie gerne hätte ich das Fenster geöffnet und einige in die Hand genommen. Aber eben. Wie sagte mal ein ALS - Betroffener so treffend "keine Arme - keine Kekse". Mir gefällt der Schnee ungemein. Die dazugehörende Kälte aber nicht.
17. Endlich scheint sie wieder, meine geliebte Sonne. Als sie vorhin in mein Stübchen gügslet het - schaute, bin ich ans Fenster gefahren und habe mich dort in die Sonne gelegt. Mir tut die Sonne so unheimlich gut. Sie erhellt mein Gemüt und leckt meine Wunden. Die Trauer und die Enttäuschungen werden erträglicher und ich bin wieder bereit zu verzeihen. Die Sonne gibt mir immer wieder Kraft, zu mir selbst zurückzufinden.
Folgendes Lied hätte ich schreiben können. z
20. Wenn ich über meine Tagebucheinträge nachdenke fällt mir auf, dass ich wenig über «meine» ALS berichte. Dabei ist diese Krankheit meine tägliche Begleiterin. Sie ist immer bei mir und verlässt mich nicht für eine Sekunde. Gerne würde ich sie aus meinem Leben verbannen, doch sie lässt sich nicht abschütteln. Sie lässt einfach nicht los. Sie ist so unbarmherzig und grausam. Sie schränkt mich in nahezu allen Lebensbereichen ein. So hat sie mir das Laufen weggenommen, den Armen und Händen die Kraft entzogen, der Stimme die Laute geklaut und den Atemmuskel geschwächt. Viel bleibt nicht mehr übrig, was sie mir wegnehmen kann. Doch eines weiss ich, sie wird Mühe haben, mich ganz in ihren Besitz zu nehmen. Meinen Verstand werde ich ihr nicht überlassen und auch meine Freude, auf diesem Planeten Leben zu dürfen, lasse ich mir von ihr nicht nehmen.
Ich weiss, irgendwann werde ich zu schwach sein, um mich gegen sie wehren zu können. Doch bis es soweit ist werde ich mich, so gut es eben geht, zur Wehr setzen. Auch wenn diese Auseinandersetzung mit ihr nicht zu meinen Gunsten ausfallen wird, so werde ich nicht kampflos aufgeben. Ich werde mich wie anhin, mit Hilfsmitteln eindecken, die mir den Alltag erleichtern und mich mit lieben Menschen umgeben, die mich durch diese Zeit begleiten.
Dieser Kampf dauert nun schon 16 Jahre. Ich habe den Eindruck, dass die Krankheit in den letzten Jahren nicht mehr so schnell fortschreitet wie in den ersten Jahren. Vielleicht ist es aber so, dass es bald nichts mehr zu schwächen gibt und dadurch der Eindruck entsteht, das Fortschreiten der ALS hätte sich verlangsamt.
Ich bin froh, dass meine Kau- und Schluckmuskulatur noch so gut funktionieren. Das Essen und Trinken können mir deswegen immer noch über den Mund verabreicht werden. Da der Transfer auf die Toilette noch gut klappt, benötige ich auch noch keinen Blasenkatheter. Die Atmung funktioniert insoweit gut, dass ich noch keine Atemunterstützung benötige. Meine Arme und Hände kann ich jedoch nur noch sehr eingeschränkt benutzen und Laufen geht gar nicht mehr. Da muss ich eben zu Hilfsmitteln greifen. Rollstuhl, Umfeld Steuerung, Bildschirmtastatur usw. übernehmen die fehlenden Funktionen. Was mich in letzter Zeit sehr belastet, ist meine Sprechbehinderung. Es ist frustrierend, nicht mehr richtig artikulieren zu können. Häufig werde ich falsch oder gar nicht verstanden. Es kommt zu Missverständnissen und oft wird Gesprochenes falsch interpretiert. Keine Chance habe ich bei Diskussionen. Oft werde ich nicht gehört oder man lässt mir keine Zeit mich zu erklären. Für grosse Erklärungen fehlt mir oftmals auch schlicht weg die Puste. Ich habe oft das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Besonders verletzend ist es, wenn dies im näheren Umfeld passiert. Von Menschen, die kein Feingefühl und keine Geduld für sein Gegenüber entwickeln können, ziehe ich mich zurück. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, wie gut es ihnen eigentlich geht. Ich hingegen schätze mich glücklich, mich zu den Wenigen zählen zu dürfen, welche einen langsamen Krankheitsverlauf haben. Nichts desto trotz leide ich mit meinen Leidensgenossen. Ich bewundere sie, mit welcher Kraft sie sich dieser unheilbaren Krankheit stellen.
23. Am Samstag haben sich wieder einige aus der ALS-Familie zu einem privaten Treffen in Aarau getroffen.
Wegen Erkältung, Grippe und andern ALS bedingten Ursachen mussten einige dem Treffen fernbleiben. Trotz der kleinen Gruppe hatten wir es sehr gut zusammen. Wir haben geredet, gegessen, getrunken 🍸🍺 🍷☕ und gelacht. Diese privatorganisierten Treffen sind eine Ergänzung zu den in verschiedenen Kantonen stattfindenden ALS Selbsthilfe- sprich Paralleltreffen. Bei den privaten ALS-Familie-Treffen kommen ALS Betroffene, Angehörige, Pflegende und ALS Interessierte aus diversen ALS Selbsthilfe-/Parallelgruppen usw. zusammen. So traurig es auch ist, ist es doch eine Bereicherung, mit solch unterschiedlichen Personen ins Gespräch zu kommen.
Ich freue mich schon aufs nächste Treffen, welches voraussichtlich im März stattfinden wird. Ort und Datum werden frühzeitig über den WhatsApp-Chat der ALS-Familie mitgeteilt.
FEBRUAR
4. Ich ha nit vergässä, dass ä niwä Monat agfangä het. Ich ha eifach kei Zyt gha zum Schriebä. Und wenn ich de einisch Zyt gha hät, de hani schlicht wäg kei Luscht gha.
Aber jetzt ein paar Worte von mir.
Ihr könnt euch ja denken, dass ich mich riesig gefreut habe, als der Föhn mithilfe der Sonne, sämtlichen Schnee im Urner Talboden weggeputzt hat. So konnte ich in den Garten fahren und auf meinem Plätzchen bereits wieder die Sonne geniessen. Auch wenn ich jeweils nur kurz Draussen sein konnte, so habe ich es doch sehr genossen. Bereits zeigen sich Gänseblümchen im Rasen und es wird nicht mehr lange dauern und auch die Winterlinge werden ans Tageslicht kommen. Ich freue mich riesig auf den Frühling.
7. Ich sitze vor dem PC und plötzlich wird es hell hinter mir. Ich spüre wie etwas sanft meinen Nacken und Rücken berührt. Wärme erfüllt meinen Körper. Ich drehe mich mit dem Rolli um und schaue in das lachende Gesicht der Sonne. Mein liebster Gast ist gerade bei mir zu Besuch.
Es braucht so wenig. um glücklich zu sein.
Das war wiedermal ein schöner Nachmittag. Volle zwei Stunden hat meine heutige Rollispazierfahrt gedauert. Ich habe es genossen, die frische Luft einzuatmen und die Kälte auf meinem Gesicht zu spüren. Dank meiner Assistentin Hildi, welche mich warm einbackte, blieb meine Körpertemperatur bis zur Heimkunft in angenehmen Bereich. Kalt bekam ich nur an der Steuerhand. Mit einem Punch und einem warmen Hirsekissen konnte dies jedoch schnell behoben werden.
Übrigens, ich war heute mit einem Testrollstuhl unterwegs. Im darf mal wieder einen Rollstuhl testen. Den Schneetauglichkeitstest musste er bereits im Januar absolvieren.
12. Gestern Abend besuchten Piet und ich den Nachtumzug in Einsiedeln. Damit ich nicht kalt bekam, packte mich mein Mann vorgängig in mehrere Schichten von Kleidungsstücken ein. Zudem nahm er eine Thermoskanne mit heissem Wasser und eine Wärmeflasche mit ins Auto. In Einsiedeln angekommen wurde dann das heisse Wasser in die Wärmeflasche umgefüllt und mir unter die Kleider gesteckt. Danach glich ich einer schwangeren Bergente. Der Unterschied; die kann wenigstens laufen. Diese Einpackerei hat sich aber gelohnt. Zusammen mit dem ausgeschenkten Glühwein und dem Kaffeeschnaps wurde mir nie kalt. Der Umzug war eine Augenweide. Die Farben und die Lichter kamen in der Dunkelheit wunderschön zur Geltung. Alte Bräuche und moderne Sitten kamen gleichermassen zum Zug. Geisslechlöpfer, Guggenmusiker, Trychlergruppen, AC/DC Imitatoren usw. machten diesen Umzug zu einem der besten, welche ich bisher besucht habe.
15. Es ist einfach herrlich, wenn die Sonne so strahlend vom Himmel herunterschaut. Mein Herz, meine Seele fängt an zu atmen. Ich freue mich so sehr auf den Frühling. Wieder nach Draussen zu können, ohne frieren zu müssen, ist so schön. Ich würde jetzt am liebsten einen Luftsprung oder einen Rollisalto machen. Leider beherrsche ich keins von Beiden. Muss wohl noch ein bisschen üben.
Gestern war auch schon so schönes Wetter. Da liess ich es mir nicht nehmen, in die Nachbargemeinde zu rollen und dem Schülerfasnachtsumzug beizuwohnen.
Heute Nachmittag rolle ich mal in den Garten und schaue mal, welche Blümchen bereits die Köpfchen zum Boden hinausstrecken. Ich freue mich und bin glücklich.
25. Menschen in Kostümen und Masken stehen in Reih und Glied auf der Strasse. Jeder von ihnen trägt entweder eine Trompete, eine Posaune, eine Trommel oder eine Pauke auf sich. An der Spitze der Gruppe bringt sich ein einzelner Maskerad in Stellung. Er hebt einen langen Stab in die Höhe und sogleich fangen die Bläser an zu spielen. Die Trommler wirbeln ihre Stöcke und die Paukenspieler schlagen auf die Pauke. Langsam setzt sich die Gruppe in Bewegung und zieht, den Katzenmusikmarsch spielend, durchs Dorf. Früher war ich als Mitglied der Katzenmusikgesellschaft ebenfalls als Trommlerin unterwegs. Mit dem "Ytrummlä" wird die Fasnacht offiziell eröffnet.
Am Donnerstag, dem sogenannten SchmuDo, hatte ich die Qual der Wahl, Fasnacht oder Natur. Die Sonne und die angenehme Temperatur machten mir die Entscheidung leichter. Ich sattelte also meinen Testrolli und machte mich auf zum See. Ich habe es so genossen wieder durch die Natur zu streifen. Bald ist der Winter vorbei und ich kann mich wieder vermehrt auf meine Rollitouren begeben.
MÄRZ
1. Die Trommeln, Pauken und Posaunen sind verstummt. Das Fasnachtsgewand im Estrich verstaut. Die fünfte Jahreszeit ins nächste Jahr verbannt.
Bunt soll's trotzdem weiter gehn. In gelb, rot und rosa, in blau, weiss und violett zeigen sich die Frühlingsblumen in voller Pracht. Die Schneeglöckchen, die Winterlinge, die Primeln, die Krokusse und Stiefmütterchen sind erwacht und zeigen uns ihre Farbenpracht.
7. Unser verlängertes Wochenende führte uns wiedermal ins Südtirol. Das Wetter verhiess nichts Gutes. Das zeigte sich schon bei der Hinfahrt. Auf dem Ofenpass lag reichlich Schnee und im Tal war es kühl und nass. Es gab auch noch keine blühenden Blumenrabatten in Meran. Das hielt uns jedoch nicht davon ab durch die Gassen zu streifen und wieder Neues zu enddecken. Am Samstag fuhren wir dann nach Bozen. Wir wollten endlich mal ins Ötzi-Museum. Dort angekommen starteten wir mit einem Rundgang. Die Erklärungen waren sehr interessant und aufschlussreich. Anhand von Zeichnungen und lebensgrosser Figur wurde aufgezeigt, wie Ötzi hätte aussehen können. Irgendwann kam dann der Moment, an die Glasscheibe zu treten. Da lag er nun, der kleine, hagere, über 3000 Jahre alte Mann, der Ötzi. Respekt, er hat sich wirklich gut gehalten.
Wenn wir in Meran sind, gehört natürlich auch das Shoppen dazu. Die Altstadt beherbergt viele kleine Geschäfte und die vielen Restaurants bieten eine gute Tiroler-Küche an. Es war kurz, doch wir kommen wieder.
9. Seit längerem habe ich gesteigerte Reflexe im rechten Innenohr, an der Zunge und im Gaumen. Ein falscher Kontakt und schon wird der Würgereiz ausgelöst. Da ich alle drei Monate einen Termin bei der Dentalhygienikerin habe, bringen wir die Behandlung mit würgen und spucken über die Runden. Wir haben einmal versucht, mit einer Lutschtablette die Zunge und den Gaumen unempfindlich zu machen. Das war dann nicht so gut. Durch die Betäubung konnte ich den abfliessenden Speichel nicht mehr kontrollieren und ich habe mich verschluckt. Stellt euch mal vor, ihr würdet auf dem Zahnarztstuhl liegen. Etwas läuft in die Luftröhre, weil sich die Klappe durch die Lähmung nicht rechtzeitig geschlossen hat. Reflexartig fangt ihr an zu husten, um den Speichel aus der Luftröhre zu befördern. Gar nicht so einfach, wenn das Zwerchfell ebenfalls geschwächt ist. Also was macht ihr? Ihr versucht euch aufzurichten. Was natürlich nicht funktioniert. Die hierfür benötigten Bauchmuskeln habt ihr schon lange verloren. Ihr habt Glück, wenn ihr den Kopf noch auf die Seite legen könnt und somit dem Zahnarzt Zeit verschafft, die Rückenlehne hochzufahren. Wir haben danach auch nie mehr Betäubungsmittel eingesetzt. Letzte Woche war es dann wieder soweit. Ich hatte wieder einen Termin bei der Dentalhygienikerin. Nur diesmal ging es nicht nur um die Zahnreinigung, diesmal musste auch ein Zahn geflickt werden. Und da musste der Zahnarzt ran. Ein schwieriges Unterfangen für den Zahnarzt und sehr unangenehm für mich. Vorsorglich habe ich bei der ALS Klinik St. Gallen, sprich bei Bea Goldmann um Rat nachgefragt. Die Idee, den Speichelfluss vorgängig mit einem Medikament zu reduzieren hat dann auch gut geklappt. Der Zahnarzt hat dann auch noch zusätzlich punktuell einen Betäubungsspray eingesetzt. Dank dem Feingefühl des Zahnarztes habe ich auch diese Prozedur wieder einmal hinter mich gebracht.
14. Die Krankheit ALS ist nicht aufzuhalten. Sie nimmt sich einfach Irgendwen, beraubt ihn all seiner Kräfte und lässt ihm keine Chance auf ein langes Leben. Seit den August Ferien musste ich mich schon von vier Ferienteilnehmern verabschieden. Liebgewonnene Freunde ziehen lassen zu müssen schmerzt nach all meinen eigenen ALS-Jahren nach wie vor.
Lieber Walti, ich werde dein verschmitztes Lachen unter deinem Schnurrbart und deine Sommer-Füsse immer in lieber Erinnerung behalten.
16. Obwohl meine Agenda zurzeit mit Terminen vollgekritzelt ist, lasse ich es mir nicht nehmen, Streifzüge durch die Natur zu machen oder mich einfach im Garten in die Sonne zu legen. Immer mehr Frühlingblumen öffnen ihre Köpfe und die Forsythien-Sträucher fangen an zu blühen. Ich liebe diese Zeit im Garten. Dort hole ich mir die nötige Energie, um mich danach wieder meiner Arbeit widmen zu können. Diese Energie brauche ich unteranderem für den Aufbau- resp. Ausbau der Gruppe von Selbstvertretung Uri voranzutreiben. Die Arbeit nimmt doch einige Zeit in Anspruch. Selbstvertretung Uri will, dass sich Menschen mit Beeinträchtigung ihrer Rechte und Möglichkeiten bewusstwerden und sich auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbständig oder mit der Gruppe dafür einsetzen. Jede Person mit und ohne Beeinträchtigung soll sein Leben so eigenständig / selbstständig gestalten dürfen wie eben möglich. Als letztes Jahr Jemand gesucht wurde, diese Gruppe aufzubauen und sich ausser mir niemand gemeldet hat, ist es nun an mir diese Gruppe weiter auszubauen. Was mir die Arbeit erleichtert, ich habe mich schon immer selber für meine Belange eingesetzt und das möchte ich nun weitergeben. Ich muss mich noch in vieles einlesen und mich mit dem Thema SelbstvertreterInnen / Selbstvertretung vertraut machen. Es ist eine interessante Aufgabe und solange ich die Kraft dazu habe, werde ich auch weitermachen.
17. Im Dezember wurde ich angefragt, ob ich Lust hätte einen Rollstuhl zu testen. War doch klar, dass ich zusagte. Ich sollte den Rollstuhl auf Herz und Nieren testen und einen Rapport darüberschreiben. Und ich habe den Rolli getestet. Bergauf und Bergab, auf Kieswegen und Schotterpisten, auf Schnee- und Morastwiesen, überfuhr Pflastersteinplätze und Rasensteine und habe auch die Regenpfützen nicht ausgelassen. Eins fehlte mir allerdings noch, eine Walddurchquerung. Am vergangenen Montag wollte ich dies noch erledigen und begab mich Richtung Wald. Eigentlich wollte ich nur ein kleineres Waldstück befahren. Doch ein Autofahrer hat sein Auto am Waldrand so unglücklich abgestellt, dass es mir unmöglich war durchzukommen. Da ich nicht wieder alles retourfahren wollte, bog ich kurzerhand in den Weg des Vita-Parcours ein. Die Idee war gar nicht schlecht. So konnte ich gleich testen wie sich der Rolli verhält, wenn Baumwurzeln oder Steine aus dem Erdboden reichen. Es war herrlich, durch den Wald zu fahren und den Duft des Waldes aufzunehmen. Da dieser Weg schon einiges länger war als angenommen, habe ich dieses Mal auf die aktive Teilnahme an den Übungsposten des Vita-Parcours verzichtet.
Am Dienstagnachmittag war ich wieder mit dem Rolli unterwegs. Dieses Mal ging es nicht primär um den Rollstuhltest. Ich wollte bei einem ausgewählten Restaurant das Rolli-WC testen. Entsprach keineswegs den gesetzlichen Normen. Auf die spätere Kontaktaufnahme wurde mir versichert, dass geplant sei, dass Rolli-WC im Frühjahr 18 nach den gesetzlichen Normen umzubauen.
20. Der Frühlingsanfang zeigt sich von seiner schönsten Seite. Kaum hat die Sonne die ersten Blüten an den Ziersträuchern und Obstbäumen geöffnet, nehmen die Bienen bereits ihre Arbeit als Bestäuber und Nektar-Sammler auf. Unser Aprikosenbäumchen wird von ihnen regelrecht belagert. Bin ja mal gespannt, wie viele Aprikosen es dieses Jahr zu Naschen gibt.
21. Am Samstagnachmittag fand bereits zum 3. Mal unser privat organisierte ALS-Familie-Treffen statt. Das Wetter hat gepasst, um gemütlich zusammen zu sitzen, etwas Kleines zu essen, ein Gläschen zu heben und miteinander zu plaudern und zu lachen. Obwohl wir uns in kurzer Zeit von vieren aus unserer Reihe verabschieden mussten, so nahmen doch 16. Personen am Treffen teil. Uns allen ist bewusst, wie kurz unsere Lebenszeit ist, darum finden diese privaten Treffen auch in kurzen Abständen statt. Wie viele Personen sich jeweils zu den Treffen anmelden ist unterschiedlich und spielt auch überhaupt keine Rolle. Das nächste Treffen findet vorrausichtlich im Mai statt. Das nächste Treffen werde ich organisieren und findet irgendwo im Urnerland statt. Mal schauen, welches Restaurant unsere Bedürfnisse der Barrierefreiheit erfüllen.
22. Letzte Woche hatte ich wieder Besuch von einer Frau, welche ebenfalls von der Krankheit ALS betroffen ist. Solche Besuche, Besuche von Selbsthilfegruppen und Treffen wie letzten Samstag, können so wertvoll sein. Das Gefühl, nicht allein mit der Krankheit fertig werden zu müssen, gibt Kraft und nimmt ein wenig die Angst vor der Hilflosigkeit. Wenn man von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3 - 5 Jahre nach Diagnosestellung ausgeht, sollte man sich rasch ein Netz von Helfern aufbauen. Der Verein ALS Schweiz ist eine gute Anlaufstelle um Informationen, Beratung und Hilfe einzuholen. Hilfe bietet auch ParaHelp Notwil. So wurde auch mein Besuch von Frau Susanna Richli, ALS Care Beraterin von Notwil begleitet. Ich finde der Austausch zwischen den Betroffenen, den Angehörigen, den Betreuenden und Fachpersonen sehr wichtig. Diese Vernetzung findet auch im Kanton Uri (Einwohnern 36'000 +) statt. Der Durchschnittlich von 2 - 3 ALS Betroffenen liegt im weltweiten Vergleich von 2 - 3 auf 100'000 gering höher. Aber eben, Statistiken. Es gib sehr schnelle Verläufe von wenigen Monaten und sehr langsame Verläufe von über 10 Jahre. Aussuchen kann man sich den Verlauf nicht.
27. Endlich sind die zwei unteren Bilder in etwa so, wie ich sie haben wollte. Nicht ganz einfach, wenn man die Finger und Hände kaum noch steuern kann. Mit der PC Maus zu zeichnen erfordert ein wenig Übung, viel Geduld und Zeit. Von Manchem habe ich mehr vom Andern etwas weniger. .... und die Sonne nimmt mich an die Hand, führt mich hinaus und zeigt mir die Schönheit der Natur. (rt17)
APRIL
5. Ich weiss, ich bin momentan eine lausige Schreiberin. Ich habe zurzeit einfach viele Termine. Darunter fällt auch meine Tätigkeit in der Gruppe Selbstvertretung Uri. Da ist aber auch noch unser Garten, den ich immer wieder umgestalte und mit Blumen, Sträuchern ergänze. Weil ich nicht mehr selbst Hand anlegen kann, obliegt mir die Planung. Letzte Woche begleitete mich mein Mann in die Gärtnerei, wo wir gemeinsam Obst-Säulenbäumchen aussuchten. Das Setzen musste natürlich mein Mann danach übernehmen. Ich freue mich schon jetzt darauf, nächstes Jahr von den Zwetschgen, Pflaumen und Kirschen naschen zu können. Diese Woche werden auch die Hochbeete mit Gemüse- und Salatsetzlinge bepflanzt. Auch wenn meine Zeit manchmal knapp bemessen ist, meine Frühlings-Rollitouren lasse ich mir nicht nehmen. Es ist so schön an den Frühlingswiesen mit den bunten Blumen vorbeizufahren.
All diese Tätigkeiten machen auch ganz schön müde. Wenn ich merke, dass mein Körper und auch mein Kopf Erholung brauchen, lege ich mich einfach in unseren erholsamen Garten oder lege einen Nachmittag vor dem Fernseher ein. Das heutige Regenwetter macht mir die heutige Nachmittagsgestaltung einfach. Also, ich tauche kurz ab.
18. Es hat gerade alles so schön geblüht im Garten. Die Bienen sind von Blüte zu Blüte geflogen. Die Vögel haben angefangen die Nester zu bauen und der Flieder verströmte seinen lieblich-zarten Duft. Am liebsten würde ich alle und alles in die warme Stube verfrachten. Stattdessen kann ich nur abwarten und hoffen, dass meine Pflanzen robust genug sind, um dem erneuten Wintereinbruch standzuhalten.
26. Die Regenwolken bedecken den gesamten Himmel über mir. Sie lassen der Sonne keine Chance, ihre wärmenden Strahlen zu mir zu schicken. Es scheint, als hätte sich der Frühling zu sehr verausgabt und müsste jetzt eine Zwangspause einlegen. Vielleicht sollte ich diese Gelegenheit, im Haus bleiben zu müssen, nutzen, um wieder mal über mein Leben nachzudenken. Ich war schon immer eine aktive und selbständige Person. Das hat sich auch mit der ALS-Erkrankung nicht geändert. Die Aktivitäten haben einfach geändert. So habe ich früher viel Zeit in Sport investiert. Es gab eine Zeit, da war ich an 3 Abenden in der Woche in der Sporthalle. Mal als selber Aktive, mal als Leiterin der Damenriege, mal als J&S Leiterin und als Volleyballtrainerin. Heute bestehen meine sportlichen Aktivitäten aus Physiotherapie und Atem-, Sprechübungen. Denkt aber nicht dies sei weniger anstrengend. Meine Muskeln sind mittlerweile von der Krankheit so geschwächt, dass ich meine Arme nicht mehr selbst hochstrecken kann. Das Töfffahren war früher ein fester Bestandteil bei schönem Wetter. Mit meinem Mann zusammen habe ich viele Töfftouren unternommen. Herrlich dieses Gefühl von Unabhängigkeit und Selbständigkeit. Frei wie der Wind. Bei schönem, warmem Wetter begebe ich mich noch heute auf Touren und lasse mir den Wind um die Nase wehen. Einfach der Untersatz hat sich geändert. Ich bin von Zweirädern auf Vierräder umgestiegen. Ein Rollstuhl ersetzt nun die Harley. Es war schon hart einzugestehen, nicht mehr auf den Sattel der Harley hochzukommen. Ich habe früher auch immer gerne über alles Mögliche diskutiert. Meine Interessen waren breit gefächert. Auch heute bin ich nach wie vor vielseitig interessiert. Doch es ist nicht mehr so einfach mich einzubringen. Meine Sprechbehinderung und meine Atmungsschwäche lassen keine langen Diskussionen mehr zu. Meine Stimme hat an Kraft eingebüsst, meine Worte sind leiser geworden. Manchmal ist das sehr frustrierend, die eigene Meinung, die Argumente nicht hörbar, nicht kraftvoll vorbringen zu können. Dass manche Worte, Sätze beim Gegenüber falsch oder zu hart ankommen verbessert die Situation auch nicht. Leider muss ich oft zu einfach formulierenden Sätzen greifen und kann meine Worte nicht so wählen und umgarnen wie ich es gerne möchte. Das Gefühl falsch verstanden zu werden ist frustrierend und macht mich traurig. Mein Selbstwertgefühl leidet, ich leide. Dass ich die blumige Sprache beherrsche, zeigen meine Beiträge im Tagebuch. Ich kämpfe für meine Eigenständigkeit und für andere, welche sich in derselben Situation befinden. Deshalb engagieren ich mich auch im Gruppenaufbau der Selbstvertretung Uri.
27. Ich hatte jetzt gerade ein Gespräch mit meinem Pflegedienst. Ich hatte darum gebeten, weil ich mit den Neuerungen einfach Mühe habe. Vor kurzem hat der Pflegedienst die Kantonsgebiete neu eingeteilt. Wegen dieser Massnahme wurde ich einem neuen Team zugeteilt. Ich verlor wiedermal alle meine «alten» Pflegerinnen und ich musste mich mit neuen Pflegenden zurechtfinden. Mir ist klar, dass Umstrukturierungen manchmal nötig sind. Trotzdem darf die Flexibilität nicht auf der Strecke bleiben. Ich würde es begrüssen, wenn Klienten und auch die Pflegekräfte, welche ja tagtäglich an der Front arbeiten, vermehrt in solche Prozesse miteinbezogen werden. Im Hinblick auf meinen fortschreitenden Sprechverlust wäre es so wichtig, von einem eingespielten Pflegeteam betreut zu werde. Durch Personalwechsel gehen wertvolle Handhabungen / Kniffe verloren. Bis jetzt benötige ich nur eine Grundpflege. Meine Beeinträchtigungen bestehen aus, nicht mehr laufen zu können, noch die Arme benutzen zu können. Ich werde schneller müde und das Sprechen strengt mich an. Ich muss von Bett zu Rollstuhl usw. transferiert werden. Und diese Transfers muss der Pflegende beherrschen. Im weiteren Verlauf der Krankheit werde ich wohl nicht um eine Peg-Sonde, einem Cystofix, einem Absauggerät, einem Gerät zur Atemunterstützung herumkommen. In Anbetracht dieser Tatsache würde ich es begrüssen, ein eingespieltes Team, um mich zu haben.
Beim Gespräch habe ich ausserdem erwähnt, dass der Pflegedienst nicht dauernd meinen Mann aufbieten könne, wenn sie Personalmangel haben. Mein Mann hat eine 100 % Arbeitsstelle.
Die Aussage des Pflegedienstes, sie wären ja bereits kulant bei mir, indem sie meinem Wunsch entsprechend nur 4 – 5 Pflegerinnen bei mir einsetzen würden. Mir verschlug es die Sprache. Mein Wunsch ist eine Notwendigkeit, wenn man wie ich, von der Krankheit ALS betroffen ist.
Das Gespräch hat mich verletzt und ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Das Gefühl ausgeliefert zu sein, tut nicht gut.
Jetzt warte ich mal ab und überlege mir, wie und mit wem ich meine Pflege für die Zukunft planen will. Ich hoffe sehr, dass es bald möglich sein wird, Angehörige anzustellen und diese ihrem Engagement entsprechend entlohnt werden können. Sei dies durch den Assistenzbeitrag oder aus einer anderen Kasse.
Heute wären eine kräftige Stimme und mehr Atemmuskulatur von Vorteil gewesen.
Aber keine Angst meine lieben Leser. So schnell lasse ich mir die Freude am Leben dann doch nicht nehmen. Schliesslich gibt es auf der Welt viel schlimmere Schicksale. Da sind meine Sorgen nur Peanuts dagegen.
30. Jetzt schaut euch mal die letzten zwei Tage an. Es hat weder geregnet noch fielen Schneeflocken vom Himmel. Schon eigenartig, nach dem erneuten Wintereinbruch. Ich habe ja eine Vermutung. Da hat jemand gewaltig Schiss, von der Jahresliste gestrichen zu werden. Lieber April, lass dir mal eins sagen. Du hast gerade nochmal die Kurve bekommen. Nun geh aber. Und nächstes Mal bitte mit einem freundlicheren Gesicht erscheinen. Aber was schreib ich, du machst ja eh wieder was du willst.
MAI
3. Das frustrierende an der Krankheit ALS ist für mich, dass ich nicht weiss, wie ich sie bekämpfen kann. Will ich einen Kampf gewinnen, muss ich die Schwäche, die Achillesferse des Gegners kennen. Die Krankheit ALS ist immer noch nicht lesbar und somit auch nicht besiegbar. Ich würde vieles unternehmen, um diese Krankheit loszuwerden. Was ich machen kann ist, meine psychische Gesundheit zu pflegen. Es fällt mir nicht immer einfach, mit dieser Krankheit leben zu müssen. Mit dem Wissen, dass sie mir ein verkürztes Leben beschert, macht mich manchmal schon traurig. Für mich als eigenständige Frau ist es oft frustrierend, Dinge nicht mehr selbst erledigen zu können. Sicher kann ich immer noch vieles selbst organisieren und ich kann auch gut delegieren. Doch lieber möchte ich die zu erledigenden Sachen selbst machen. Es ist für mich nicht immer einfach, zu erklären, wie ich Dies oder Jenes haben möchte. Ich bin ein ordnungsliebender Mensch (Natur ausgenommen). Ich habe genaue Vorstellungen wie etwas auszusehen hat und wie bestimmte Dinge gemacht werden sollen. Ich musste jedoch lernen auch mal ein Auge zuzudrücken und öfters mal den Fünfer gerade sein zu lassen. Fällt mir nicht immer gleich leicht. Ich kann mir aber sicher sein, dass mein Umfeld, meine Betreuer stets das Beste für mich wollen. Die Suche nach der Besiegbarkeit der Krankheit geht weiter und ich arbeite mit.
4. Am Dienstag fand die 10. Mitgliederversammlung des Vereins ALS Schweiz statt. Gleichzeitig erschien die Ausgabe mit dem Jahresbericht 2016 und den Eckdaten der 10.-jährigen Vereinsgeschichte. Nebst interessanten Geschichten von Betroffenen und ihrem Umfeld, könnt ihr lesen, wie der Verein ALS-Betroffene und ihre Angehörigen unterstützt.
Liebe Leser meiner HP. Wenn auch ihr den Verein ALS Schweiz bei ihrer wertvollen Arbeit unterstützen wollt, dann könnt ihr gerne dem Verein beitreten oder ihn mit einer Spende unterstützen. Der Weg ist noch weit und es gibt noch vieles zu tun.
10. Heute bin ich wahrlich auf den Hund gekommen. Ich hatte Besuch von Nero, einem super gehorsamen Deutschen Schäfer und von zwei süssen Zwergschnauzer-Geschwistern. Ich könnte mich stundenlang mit ihnen beschäftigen. Schon seit Jahren träume ich von einem "eigenen" Hund. Er würde mich auf meinen Rollitouren begleiten. Leider kann ich weder deutliche Kommandos geben, noch kann ich einen Hund an-, ableinen. Auch die Häufchen zusammenkehren geht nicht. Meinen Assistenten oder meinem Mann kann ich diese Arbeit nicht übergeben. Ein kleiner Trost bleibt. Ich muss nur noch 6.5 Jahre durchhalten, dann geht mein Mann in Pension und ich bekomme "meinen" Hund. Die heutige Rollitour musste demzufolge ohne Hunde stattfinden. Trotzdem war es wieder wunderschön, am See entlang zu fahren.
12. Heute war es sonnig und warm. Was das für mich bedeutet, wissen inzwischen wohl die meisten meiner TG-Leser. Raus aus dem Haus und ab in die Natur. Nur, so schnell geht's dann doch nicht. Zuerst unterziehe ich mich dem allmorgendlich stattfindenden Pflegeritual mit dem Pflegedienst. Danach folgt die Tagesablaufbesprechung mit der Assistenzperson. Dann folgt 1 Stunde Physiotherapie. Und schon ist es Zeit für das Mittagessen. Aber dann hält mich niemand mehr auf. Ich starte meinen Rolli und schon bin ich unterwegs. Wenn ich meinen Touren eine Überschrift geben würde, würde sie heute wie folgt lauten. « Immer schön den Wildblumen nach.»
22. Am Samstagnachmittag fand bereits das 4. Treffen der WhatsApp-Gruppe "ALS-Familie" statt. Nachdem schon Treffen in Aargau und Zürich stattfanden, zog es uns dieses Mal ins Urnerland. Da ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass die Organisation unter meiner Obhut stand. Es war so schön, dass sich wieder so viele zum Treffen angemeldet haben. Ich denke, es war wieder ein gelungenes Treffen und hat allen gut getan. Wir haben gut gegessen und getrunken, rege diskutiert und viel gelacht. Ich finde, wir sind eine tolle ALS-Familie.
Es wird sicher wieder ein nächstes Treffen geben. Ich freue mich jetzt schon darauf.
27. So schön sind momentan die Tage. Von morgenfrüh bis abendspät breitet die Sonne ihre Strahlen über uns aus. Mittlerweile ist es so warm geworden, dass sogar ich als Sonnenliebhaberin, nach Schattenplätzen Ausschau halte. Das ist gar nicht so einfach. Kaum ein Winkel der nicht in den Genuss von Sonne kommt. Die Pflanzen haben Durst, ich habe Durst und beide sind wir angewiesen, dass uns jemand zu trinken gibt. Mein Mann hat in diesen Tagen ganz schön zu tun, damit wir zu genügend Wasser kommen. Dafür wird er aber auch mit einer wunderschönen Blumenpracht und mit Gemüse und Salat aus dem eigenen Garten belohnt. In unserem Garten haben auch Blumen Platz, welche dem Unkraut zugeordnet werden. Gibt es ein schöneres, glänzenderes Gelb als das der Butterblume? Oder gibt es eine widerstandsfähige Blume als das Gänseblümchen? Ich bin überzeugt, wenn diese Blumen nicht den Unkrautstempel tragen würden, könnten die Gärtnereien nicht genügend von diesen Blumen anbieten.
Im Frühling fragte mich eine meiner Assistentinnen, wo ich die Polster mit den saftigen, grünen Blättern und den kleinen, gelben Blüten herhabe. Sie habe sich schon letztes Jahr in diversen Gärtnereien umgeschaut, doch keines gefunden. Ich musste lachen und habe mich gefreut, dass auch andere an Unkraut Gefallen finden. Ich gab ihr dann etwas von meinem gelben Unkrautpolster ab.
Die Liebe zu den Blumen, dem Garten, hat mir meine Mutter mitgegeben. Als ich heute im Garten sass und den Wildbienen zuschaute, wie sie im Rasen von einer weissen Kleeblüte zur andern flogen, kam mir meine Mutter in den Sinn. Sie hatte die Gabe vierblättrige Kleeblätter aufzuspüren. Ja, manchmal vermisse ich sie schon. Ich träume äusserst selten von Menschen, welche für mich nicht mehr greifbar sind. Umso mehr freute mich der Traum vor ca. 3 Wochen, als meine Mutter mit einem kleinen Hochbeet bei mir im Garten erschien und mich fragte, ob sie ihres zu meinen Hochbeeten stellen dürfe. Die Verbundenheit zu meiner Mutter besteht immer noch.
JUNI
15. Obwohl ich schon länger nichts mehr geschrieben habe, war ich nicht ganz untätig. Unteranderem habe ich das nebenstehende Blumenbild kreiert. Im Netz habe ich nach schönen Blumenfotographien gesucht. Diese habe ich dann mit dem Paint-Programm bearbeitet. Die Bearbeitung der 200 Fotographien hat zig Stunden gebraucht. Nun habe ich aber einen Grundstock, um weitere Bilder kreieren zu können. Nun werde ich auch wieder Zeit fürs Schreiben haben.
17. Ein Sonnentag reiht sich an den anderen. Perfekt um die Ferien Zuhause zu verbringen. In den vergangenen zweieinhalbwöchigen Ferien habe ich nicht nur Blumen ausgeschnitten. Sonne geniessen nahm die meiste Zeit in Anspruch. Am Morgen hiess es, rein in die kurze Hose und raus in den Garten. Mein Mann werkelte ebenfalls draussen. Er musste noch ein paar Anpassungen an unseren grossen, neuen Parkplatz vornehmen. Es ist schön geworden und die Blumenkisten mit dem blühenden Lavendel runden das Ganze ab. Nebst diesen Arbeiten machten wir auch Besuche in der Ostschweiz. Dort wohnen die meisten von Piets Geschwistern. Als diese vom neuen Parkplatz erfuhren, liess der Gegenbesuch zu unserer Freude nicht lange auf sich warten. Es ist schön, ein positives Feedback von den Geschwistern zu erhalten. Es ist ihr Elternhaus und wir werden es in Ehren halten, es hegen und pflegen. Es gäbe wahrscheinlich einige Ereignisse aufzuzählen, welche in den über 100-jährigen Mauern stattgefunden haben. Meine Geschichte mit dem Haus begann im Jahre 1985. Damals, drei Monate nach dem Tod meiner Schwiegermutter, zog mein Mann mit mir und unserem Sohn in sein Elternhaus. Ich liebe dieses Haus mit der grosszügigen Umgebung. Hier darf ich schalten und walten und meine Ideen einbringen und verwirklichen. Es ist mein Paradies auf Erden.
20. Am Samstag nahm ich wieder am ALS-Paralleltreffen (Selbsthilfegruppentreffen) in Zürich teil. Paralleltreffen heisst in unserem Fall, dass die Betroffenen und die Angehörigen das Treffen in zwei verschiedenen Räumen abhalten. Unsere Gruppe wurde in letzter Zeit recht durchgerüttelt. Es gibt Lücken in unserem Reigen. Es ist nicht immer einfach, trotzdem an den Treffen teilzunehmen. In meiner 16- jährigen ALS-Laufbahn müsste ich schon so viele ALS-Gspänli ziehen lassen. Mir kommt es vor, kaum lichten sich die Reihen, schon nehmen Neubetroffene Platz. So auch beim letzten Treffen. Wir, die alte Garde (mit langsamen Verläufen) versuchen mit unserer Erfahrung ihnen ein wenig Licht für den ALS-Weg mitzugeben. Wie gerne würde ich ihnen sagen, habt keine Angst, es wird alles wieder gut. Ich würde das auch gerne zu mir, meinem geliebten Mann und meinem geliebten Sohn sagen. Es wäre langsam an der Zeit, der Amyotrophe Lateralsklerose den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Morgen ist der internationale ALS Gedenktag. Jedes Jahr wird am 21. Juni weltweit mit diversen Veranstaltungen auf die Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose aufmerksam gemacht. Meine Gedanken werden Morgen meinen Gspänli gehören, wo immer sie sich Alle aufhalten.
22. Am Montagabend besuchte ich eine Veranstaltung von Procap Uri. In einem zweistündigen Vortrag wurde den Teilnehmern das neue Kinder- und Erwachsenschutzrecht (KESB) nähe erläutert. Das Referat hielt Rechtsanwalt Martin Boltshauser, Leiter Rechtsdienst Procap.
Für uns Alle ist es wichtig, unsere Rechte zu kennen und auch zu verstehen. Damit wir bei Notfällen nicht unnötig in die Mühle von Behörden geraten, ist es sinnvoll, vorausschauend Massnahmen festzulegen. Eine Patientenverfügung und ein Vorsorgeauftrag können eine solche Massnahme sein. Mit diesen Vorkehrungen nehmen wir unsere Selbstbestimmung für Notfallsituationen wahr.
28. Jetzt muss ich mit dem Rollstuhl nicht mehr auf der Strasse in unser Auto einsteigen. Bis auf wenige Arbeiten ist unser neuer Parkplatz fertiggestellt. Jetzt muss ich mich noch entscheiden, ob ich auf der extra dafür freigehaltenen Erdfläche eine Mager- oder eine Fettwiese realisieren werde. Während bei den Fettwiesen an die 40 Pflanzensorten vorkommen, sind es bei Magerwiesen an die 200. Da ich auch ein Wildbienenhäuschen aufstellen will, wäre es gut, wenn es mit der Magerwiese klappen würde. Das werde ich aber erst in 2 - 3 Jahren sehen. Also, vorher abtreten kommt nicht in Frage. Die ALS muss sich also noch gedulden. Ziele zu haben ist sicher nicht schlecht.
29. Im Garten sind die Beeren reif. Also Beeren ablesen und zu Konfitüre, Gelee oder Beerenessig verarbeiten. Ich? Nein. Ich würde ja liebend gerne, doch dafür müsste ich meine Arme einsetzen können. Hier kommen meine guten Helfer zum Einsatz. Ich bin bei dieser Arbeit der Kopf, der die Helfer anleitet und mit Rezepten unterstützt. Gestern waren die Johannesbeeren an der Reihe. Dieses Jahr haben wir die Beeren im Steamer entsaftet. Das hat super funktioniert. Der Saft wurde dann zu Gelee verarbeitet und aus den ausgelaugten Beeren wurde Johannesbeeressig hergestellt. Auch wenn ich solche Dinge nicht mehr selber machen kann, so freue ich mich doch, bei der Herstellung dabei zu sein.
Unser Chriäsibäum ist noch zu klein, um mit den Früchten Konfitüre herstellen zu können. Die drei Kirschen wanderten gleich in den Mund.
JULI
2. Der vergangene Monat hat einiges von mir abverlangt. Ich musste mich wieder mit meinem Pflegedienst auseinandersetzen und mein ruhiges Zuhause wurde durch massiven Lärm aus der Nachbarschaft gestört. Physisch und psychisch hat das Kraft gekostet.
Was die Pflege angeht, so habe ich klare Vorstellungen, wie meine Pflege auszusehen hat. Mit dem zurzeit herrschenden Pflegepersonalwechsel ist das schwierig. Das stresst nicht nur mich, nein auch die Pflegenden stossen an ihre Grenzen. Nun habe ich mich entschlossen, den Pflegedienst nur noch begrenzt einzusetzen. Dafür werde ich meine Assistenzpersonen vermehrt in meine Pflege einbinden. Ich bin überzeugt, dass es so für alle am besten ist. Um dies umsetzen zu können, muss ich jedoch mein Assistenz-Team erweitern. Dafür habe ich Stelleninserate geschaltet und bereits ein Vorstellungsgespräch geführt.
Nachdem sich nun auch der Lärmpegel in der Nachbarschaft normalisiert hat, kann ich auch meinen Garten wieder in Ruhe geniessen. Es kommt gut und ich freue mich auf wunderschöne Sommertage.
11. Was machen, wenn man mitten in der Nacht aufwacht und nicht wieder einschlafen kann. Ein Buch zur Hand nehmen und zu lesen anfangen? Den Fernseher oder das Radio einschalten? Oder aufstehen und zu putzen anfangen? Da ich ohnehin nicht selbst aufstehen kann, bleibe ich liegen und geniesse einfach die Stille der Nacht. Diese Ruhe wird alle 15 Minuten durch Kirchenglocke unterbrochen. Auch wenn ich nicht so "gottesfürchtig" bin, so vermitteln mir die läutenden Glocken das Gefühl von beschützt sein. Obwohl das Geläute programmiert abläuft und niemand mehr die Seile zieht, habe ich das Gefühl nicht allein zu sein. Je weiter die Nacht dem Morgen zu eilt, desto mehr Geräusche kommen hinzu. Um 4.00 Uhr melden sich die ersten Amseln zu Wort. Ab 5.30 Uhr verkehren die ersten Autos auf der Strasse. Und wenn um 5.45 Uhr der Wecker im Nebenzimmer ertönt, freue ich mich, bald umgelagert zu werden. Danach besteht die Möglichkeit, doch noch eine Mütze Schlaf zu bekommen, bevor um 7.45 Uhr der Pflegedienst eintrifft und mich aus den Federn nimmt.
12. Aus unserer neugewonnenen Erdfläche soll mal eine artenreiche Wildblumenwiese entstehen. Da es für die Frühsaat zu spät ist, muss ich auf die Herbstsaat warten. In der Zwischenzeit wollte ich der Natur die Gelegenheit geben, die Erdfläche selbständig zu erobern. Täglich kann ich beobachten, wie neue Pflanzen aus dem Erdreich an die Oberfläche drängen. Ich versuche zu erkennen, um welche Pflanze es sich jeweils handelt. Einige erkenne ich auf Anhieb, einige ermittle ich über Wildpflanzenseiten im Netz. Da habe ich auch erfahren, dass es sich bei den fünf grossgewachsenen Pflanzen um die giftige Stechapfelpflanze handelt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als in die Natur einzugreifen. Die Pflanzen mussten entfernt werden. Die Hanfpflanze, welche ebenfalls als Bio-Droge gilt, lasse ich jedoch stehen. Könnte mir ja mal gegen die Spastik einen Tee zubereiten. Die einzelne Maispflanze lasse ich vorerst ebenfalls stehe, auch wenn diese nicht unbedingt zu den Wildpflanzen zählt. Bin weiter gespannt, welche Wunder der Natur noch zu Vorschein kommen.
22. Es scheint, dass sich der Textschreiber, während er den Text für den folgenden Song schrieb, sich ebenso wie ich, mit Problemen und Barrieren auseinandersetzen musste.
Er hat einen Weg gefunden damit umzugehen. Auch ich bin der Problemlösung einige Schritte nähergekommen. Meine Pflegeabdeckung ist schon mal auf gutem Wege.
Manchmal muss ich einfach auch mal einen Stein liegen lassen und versuchen, diesen zu umgehen.
23. Ja es ist tatsächlich so, dass auch ich mich mit Problemen herumschlagen muss. Auch bei mir scheint nicht immer die Sonne. Ich lasse es aber nie zu, dass ich zu tief falle. Ich ziehe vorher die Bremse und fange an zu kämpfen. Mein Kampfinstinkt macht sich bemerkbar und ich stelle mich der Herausforderung. Da meine Stimme durch die Krankheit mittlerweile leiser und undeutlicher geworden ist, ist es nicht so einfach, mir Gehör zu verschaffen. Die Dinge, welche ich schriftlich angehen kann, erledige ich via PC selbst. Muss ich hingegen bei Ämtern vorsprechen, werde ich entweder von meinen Assistenzpersonen oder von meinem Mann begleitet. Sie übersetzen mein Gesagtes, wenn mein Gegenüber meine verwaschenen Wörter nicht verstehen. Das bedingt, dass wir gut vorbereitet an ein Gespräch gehen. Das heisst, meine "Übersetzer" müssen mit dem Thema vertraut sein und meine Ansichten und Ziele kennen. Ich muss folglich viel mehr Aufwand betreiben als eine Person ohne Beeinträchtigung. Ohne Beeinträchtigungen blieben mir ohnehin einige Probleme erspart.
Klar könnte ich mich fügen und zurücklehnen und alles nehmen wie es kommen mag. Das wäre jedoch kein Leben für mich, das wäre nicht mehr ich. Es gibt so viele Menschen auf der Welt, welche lieber die Faust im Sack machen, als an die Öffentlichkeit zu treten. Nein, es ist gewiss nicht immer einfach für eine Sache zu kämpfen und den Kopf hinzuhalten, zumal alles in friedlicher Mission ablaufen soll. Es gibt Menschen, die können oder dürfen sich nicht wehren und genau für diejenigen müssen wir, wir die Kraft besitzen, uns einsetzen. Es darf nicht sein, dass Gesetze, Verordnungen geschrieben werden ohne dass man die genauen Bedürfnisse der betroffenen Menschen kennt. Nur mal ein Beispiel: Wenn ich mit meinem Krankheitsbild in ein Pflegeheim müsste, würden die Kosten sicher Fr. 10'000.- im Monat erreichen. Zudem müsste ich mit meinen 55 Jahren und noch fit im Kopf in ein Altersheim einrollen. Denn, wie in vielen andern Kantonen auch, gibt es in Uri kein Pflegeheim für "junge" Erwachsene. Laut eines kürzlich erschienen Berichts, würde sich ein solches Pflegeheim bei uns nicht lohnen. Komisch, ich weiss nicht, dass ich jemals zu diesem Thema befragt wurde. Also, weiter im Text. Momentan bekomme ich von der IV einen Assistenzbeitrag von Fr. 4600.- im Monat. Das entspricht 141 Assistenzstunden im Monat. Es ist also offensichtlich, dass mein Aufenthalt Zuhause für alle Akteure um einiges günstiger kommt. Dieser Betrag reicht gerade aus, um die Löhne der Assistenzpersonen zu begleichen. Würde mein Mann nicht auch einen grossen Teil meiner Assistenz übernehmen, würde mir in Kürze das Geld ausgehen. Leider ist es vom Gesetz her nicht gestattet, Angehörige als Assistenzpersonen anzustellen. Dabei wäre mein Mann bereit, seinen höher bezahlten Job aufzugeben und sich zu einem tieferen Lohn von mir anstellen zu lassen. Für mich wäre dies natürlich die optimalste Assistenzregelung. Diese Lösung würde die IV keinen Rappen mehr kosten, trotzdem lässt sie es nicht zu. Aus welchen Gründen auch immer. Da wird einfach über den Köpfen von Betroffenen, über meinen und meines Mannes hinweg entschieden.
Es wird in den nächsten Jahren einiges passieren müssen, damit die Pflegesituation nicht unter die Räder kommt. Es müssen neue Wohn- Assistenz- und Betreuungsformen zugelassen werden. Zum Wohle von allen Menschen müssen wir offener und flexibler für Neues werden. Dafür werde ich mich einsetzen und meinen Beitrag leisten.
24. Ich will nochmal auf meinen gestrigen TGB Beitrag eingehen. Ich kann mir nämlich gut vorstellen, dass einige von euch über die Höhe meines Assistenzbudgets erstaunt sind. Darum möchte ich das Thema noch ein wenig vertiefen. Zum besseren Verständlich fange ich von vorne an und erzähle euch meine Assistenzbudgetgeschichte.
Im Jahre 2004 war meine Krankheit soweit fortgeschritten, dass ich meine Arbeitsstelle ganz aufgeben musste. Fortan erhielt ich eine 100% IV Rente (Invalidenrente). Mit der Zeit liessen meine Kräfte derart nach, dass ich mich nicht mal selber waschen konnte. Also beantragte ich bei der IV eine Hilflosenentschädigung. Was mir nach einem Jahr Wartefrist auch gewährt wurde. Die Hilflosenentschädigung wird in 3 Hilflosigkeitsstufen eingeteilt. Leichter - Mittlerer - Schwerer Grad. Da ich nur noch wenige Dinge selbst machen kann, erhalte ich die Hilflosenentschädigung schweren Grades. Dies entspricht Fr 1800.- im Monat. Diesen Betrag verwende ich für die ungedeckten Spitex-Kosten und für den Selbstbehalt und die Franchise der Krankenkasse. In meinem Kanton beträgt die Patientenbeteiligung an den Spitex-Kosten 20%. Dies ist der höchste Prozentsatz, der vom Gesetz her erlaubt ist. Abgefedert wird die Patientenbeteiligung im Kt.Uri durch eine Tagesobergrenze von Fr. 15.95. (Die zulässige Obergrenze beträgt Fr.19.95). Das macht im Monat Fr. 485.- für mich.
Seit 2012 beziehe ich einen Assistenzbeitrag der IV. Der ermöglicht mir, Personen anzustellen, welche mich im Alltag unterstützen. Dank diesem Beitrag ist es mir möglich in meinen vier Wänden wohnen zu bleiben und muss nicht in ein Altenpflegeheim.
Wie wird der Assistenzbetrag errechnet: Jede Tätigkeit in meinem alltäglichen Leben wird von der IV penibel genau angeschaut. Es wird geschaut bei welcher Tätigkeit ich Hilfe brauche und wieviel. Dies nennt man Bedarfsabklärung.
Zwei Beispiele: Ich muss angeben wie oft ich am Tag auf die Toilette transferiert werden muss und wie lange dies jeweils dauert. Oder, wie oft brauche ich Begleitung für Spazierfahrten. Jede Tätigkeit wird in Bedarfsstufen von 0 - 4 eingeteilt. Nach diesen mehrseitigen Angaben wird dann das Assistenzbudget errechnet.
Dem Assistenzbudget werden die Stunden der Spitex abgezogen und die Hilflosenentschädigung. Da mein Mann mit mir im gleichen Haushalt lebt, wird logischerweise auch erwartet, dass er einen Teil des Haushaltes erledigt. Dafür erhalte ich nicht ein ganzes Jahr die Assistenzstunden, sondern nur 11 Monate. Dies sind zurzeit eben die Fr. 4600.- sprich die 141 Assistenzstunden im Monat.
Nun zur Rechnung: 141 Std. ergeben im Tag 4.5 Std. Das heisst, ich verbringe trotz meiner starken, körperlichen Einschränkungen einige Stunden am Tag allein. Obwohl ich mich manchmal verschlucke, mich eine Mücke sticht oder ich zwischendurch etwas "Süsses" möchte, so liebe ich auch die Zeit des Alleinseins.
Zurück zur Rechnung. Wenn ich nun die 141 Std. durch die Fr. 4600.- teile, ergibt das ca. Fr. 32.90. Dieser Betrag steht mir für 1 Std. Assistenzarbeit zur Verfügung. Davon bezahle ich den Lohn der Assistenzperson inkl. aller Sozialabgaben und Versicherungen.
Zum Vergleich: Für die Grundpflege werden von der Spitex pro Stunde (nach Abzug des Subventionsbeitrages vom Kanton) Fr.54.60 berechnet. Kommen pflegerische Handlungen, wie Medikamente eingeben dazu, wird dies mit Fr 65.40 berechnet.
Am Ende jedes Monats muss ich die geleisteten Stunden meiner Assistenzpersonen an die IV übermitteln. Anhand dieser Angaben wird mir der Betrag für die Löhne zugeschickt. Ich kann also nicht einfach über die Fr. 4600.- verfügen. Ich muss alles belegen und darin besteht auch die Kontrolle seitens der IV.
Ich hoffe, ich konnte euch Lesern vermitteln, dass der Assistenzbeitrag für uns Betroffene so wichtig ist und wir mit diesem Modell auch Kosten sparen.
Wünschenswert wären solche Modelle auch für Personen im AHV Alter, welche ebenso auf Hilfe angewiesen sind. Viele Personen könnten damit den Heimeintritt hinauszögern. Meinen vorausgegangenen Ausführungen zufolge könnten die Gesundheitskosten zumindest ein wenig gesenkt werden.
Ich wünschte mir viele verschiedene Betreuungs-, Pflege-, Unterstützungsformen. Mehr Offenheit für Neues, Flexibilität und Probierfreudigkeit.
(Die eingesetzten Zahlen können +/- abweichen)
29. Judihui! Ich freu mich so. Soeben hat die Sonne ein Loch in die Wolkendecke gebrannt und nun fallen die ersten Sonnenstrahlen in mein Zimmer. Es wird Zeit aufzustehen, um mit der Sonne zu strahlen. Heute werde ich die warmen Kleider wieder in den Sommerschlaf schicken und die luftig, bunten Kleider in die Sonne entführen.
31. In letzter Zeit muss ich meine Rollitouren gut einteilen, um nicht von Gewittern überrascht zu werden. Damit ich nicht nass werde, muss ich den Blick ab und zu zum Himmel schweifen lassen. So kann ich die aufziehenden Gewitterwolken frühzeitig wahrnehmen und mich in Sicherheit begeben. Trotzdem bleibt mir auf meinen Rollitouren noch genügend Zeit, mich der Umgebung zu widmen. Wenn ich in der Natur unterwegs bin, lebe ich auf. Ich bestaune die wunderschönen Blumen am Wegesrand. Beobachte die Insekten, die von Blüten zu Blüte fliegen, um sich am Nektar zu laben. Wenn mir dann noch der Duft von frischem Heu in die Nase steigt, dann ist die Glückseligkeit nicht mehr weit. Auch wenn ich gelegentlich auf naturbelassenen und abschüssigen Wegen unterwegs bin, so liebe ich es sehr, auch allein Unterwegs zu sein. Ganz allein bin ich ja selten. Ich treffe auf Wandersleute, auf Biker und auf Rollifahrer. Mit denen halte ich dann meistens ein Schwätzchen. Manchmal muss ich auch mal zum Durstlöschen herhalten. Mache ich ja gerne. Wenn nur der Einstich nicht so piksen würde. Aber was soll’s. Es gibt schlimmeres als so ein Brämästich / Bremsenstich.
Am Sonntag war es mal wieder an der Zeit, einen Berg zu erklimmen. Ich fuhr mit dem Rolli in eine Nachbargemeinde und lies mich mit der Seilbahn auf etwas über 1000 m. ü.M. bringen. Bei der Bergstation Haldi angelangt, fuhr ich mit dem Rolli gleich noch ein wenig weiter in die Höhe. Auf dem Haldi habe ich Blick auf viele Urner Berge. Wenn ich dann nach unten schaue, sehe ich einen grossen Teil des Urner Talbodens und den Vierwaldstättersee. Mit dem Rolli fahre ich dann Bergwärts. Die Strasse ist steil und kurvig, aber asphaltiert. Der Weg führt an Gehöften mit steilem Wiesland vorbei. Ich begegne rauschenden Bergbächen und fahre durch wohlriechende Wälder. Die Bergstrasse darf von Motorfahrzeugen nur mit einer Bewilligung befahren werden. Ausser Vogelgezwitscher und mitunter einem rascheln im Unterholz, höre ich nichts. Ich mag diese Stille. Doch manchmal wünschte ich mir einen Hund an meiner Seite. Als Frau, allein in der Abgeschiedenheit, fühle ich mich manchmal dann doch schutzlos. Trotzdem möchte ich nie, auf diese Freiheit verzichten müssen.
Bei der Rollitour am Samstag habe ich die volle Batterieladung aufgebraucht. Mit dem letzten rotblinkenden Strich habe ich es gerade noch Nachhause geschaft. Und am Sonntag habe ich es gerade ins Haus geschaft, bevor der Hagelzug über uns hinweg zog. Anscheinend brauche ich diese Herausforderungen. Sie halten mich lebendig.
AUGUST
1.Das Schicksal hat entschieden und hat mich in der Schweiz das Licht der Welt erblicken lassen. Das ist ein Privileg und ich bin sehr dankbar dafür. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass es bald in allen Ländern wunderschön sein wird, in der Heimat geboren zu werden.
8. Seit geraumer Zeit bestand meine erste Handlung nach dem Aufstehen, am PC mein Postfach zu öffnen. Ich wartete gespannt auf eine ganz bestimmte E-Mail. Am 2. August war es dann soweit. Esther Jenny, Ehrenpräsidentin und Mitbegründerin des Vereins ALS Schweiz, lies uns das Ferienprogramm und die Teilnehmerliste der diesjährigen ALS-Ferienwoche zukommen. Schon nächste Woche geht's ab in den Süden. Dort treffe ich auf meine "ALS-Gspändli", deren Angehörige, auf Pflegefachpersonen und BetreuerInnen. Für mich ist diese Gruppenferienwoche eine der schönsten und wertvollsten Woche des Jahres. Ihr spürt es sicher, ich freue mich riesig.
10. Seit nun mehr drei Wochen übernimmt eine meiner langjährigen Assistentinnen an zwei Tagen in der Woche meine Morgenpflege. Und wie ich es vermutet habe, es funktioniert sehr gut. Ende August beginnt eine weitere Assistentin bei mir zu arbeiten. Auch sie wird an zwei weiteren Tagen meine Morgenpflege übernehmen. Der Pflegedienst selbst übernimmt ebenfalls zweimal in der Woche die Morgenpflege. Im Hinblick auf meine fortschreitende Krankheit, will ich den Pflegedienst nicht ausschliessen. Es wird die Zeit kommen, da ich spezialisierte Pflege benötige. Dann bin ich froh, wenn dies durch Pflegefachpersonen erfolgen wird. Ich denke, mit diesem Pflegemix entspannt sich die Lage um meine Pflege. Ich bin jetzt schon viel entspannter und kann meine Morgenpflege auch wieder gelassener angehen.
Ich bin sehr froh, gibt es Dienstleister, welche sich auf die Pflege Zuhause spezialisiert haben. In der gewohnten Umgebung umsorgt zu werden, trägt zum Wohlbefinden der Pflegeempfänger bei. Bei den Pflegedienstanbietern arbeiten Pflegende mit unterschiedlichen Pflegeausbildungen. Je nach Krankheitsbild der Pflegeempfänger, werden die Pflegekräfte eingesetzt. Manchmal muss die Pflege durch diplomierte Pflegefachpersonen erfolgen und manchmal kann die Pflege durch eine Person mit SRK-Kurs durchgeführt werden. Zwei meiner Assistentinnen haben diesen Kurs absolviert. Für mich ist es wichtig, dass die Chemie zwischen mir und den Pflegepersonen stimmen. Der Assistenzbeitrag der IV gibt mir die Möglichkeit, mein Pflegepersonal selbst auszusuchen und auch anzustellen. So entscheide ich selbst, wer bei mir die Körperpflege machen darf. Diese Möglichkeit gibt es bei den öffentlichen Pflegedienstleistern kaum und die Pflegepersonen wechseln auch immer wieder. Diese Tatsache macht eine kontinuierliche, gute Pflege nicht einfach. Ich hoffe sehr, dass sich in den nächsten Jahren in Sachen Pflege etwas tut und alle Pflegeempfänger, welche Zuhause Wohnen, selbst entscheiden können, wer die Pflege erbringt. Es wird sicher nicht bei allen möglich sein. Wenn aber die Möglichkeit besteht, die Pflege selbst zu organisieren und eventuell Angehörige in die Pflege einzubinden, müsste dieser Weg von staatlicher / kantonaler Seite geöffnet und unterstützt werden. Zumal keine höheren Gesundheitskosten daraus resultieren würden. Eine Kostenanalyse wäre es allemal wert. Verschiedene Pilotprojekte würden ebenfalls Erkenntnisse bringen.
Das Leben ist das wertvollste was wir besitzen. Da darf die Gesundheit auch etwas kosten.
11. Vermisstmeldung: Seit drei Tagen bin ich auf der Suche nach der Sonne. Wer hat sie gesehen oder weiss wo sie sich aufhält?
Signalement
Sie ist kugelrund
Trägt einen Strahlenkranz
Zeigt sich gerne in den Farbnuancen Weiss - Rot
Absorbiert Gase
Sie ist sehr warmherzig
Achtung langsam nähern, Verbrennungsgefahr
Zuletzt habe ich sie vorgestern gesehen, als sie hinterm Berg Gitschen verschwand. Wenn jemand die Sonne sieht, sagt ihr bitte, ich würde Zuhause auf sie warten. Ich vermisse sie.
12. "Auwso, äs wird scho lansam Zyt, dass diä Sunnä wieder üfteucht. Ich sitzä vorum Peeze, hanä chautä Nasäspitz und Pfinger sind wägä der Chewti afig so gstabig, dass ich chüm schrybä cha. Ufs Weeze müäss ich eu ptschändig, obwou ich bereits uf Winterchleider umgstewt ha. Zum Glick gats negscht Wuchä i Südä, wo ich mit minnä ALS Gspändli cha Sunnä und Wärmi dankä. Aber jetzt brüchi ä Müsig wo miär ä chli iheizt und mich uf Türä bringt."
15. Gestern hatte ich einen Termin mit der Invalidenversicherung kurz IV. Ich musste die Assistenzstunden an meine neue Pflegesituation anpassen. Dabei haben wir auch gleich die ganze Abklärung aktualisiert. Solche Abklärungen dauern ihre Zeit und können ermüden. Ich habe mich bei der Abklärung aber wohlgefühlt und meine Stimme hat gut mitgemacht.
Da ich am Mittwoch in die ALS-Gruppe-Ferien fahre, durfte ich mit einer Assistenzperson den Ferienkoffer packen. Wenn man wie ich, eine Krankheit, eine Beeinträchtigung sein Eigen nennen muss, sind die Ferienvorbereitungen aufwendiger. Medikamente, Pflegematerialien, Hilfsmittel usw. müssen zusammengestellt und zum Mitnehmen bereitgelegt werden. Da ist eine gute Vorbereitung von Vorteil.
Jetzt liegt Alles bereit und ich kann den heutigen Feiertag noch Zuhause geniessen.
Sollte ich Zeit finden, werde ich aus den Ferien berichten. Ansonsten schreibe ich nach den Ferien einen Ferienbericht. Piazza Grande mach dich bereit, wir kommen.
16. So meine lieben TG-Leser. In einer Stunde geht's ab in den Süden. Mein Mann ist gerade dabei, alle Reiseutensilien ins Auto zu verfrachten. Das gibt mir kurz Zeit, euch ein paar Zeilen zu hinterlassen. Da sich das Wetter von ihrer Sonnenseite zeigt, werden wir über den Gotthardpass in den Süden fahren. Da besteht weniger Gefahr in einen Stau zu geraten. Jetzt muss ich den PC aber definitiv herunterfahren und mich bereitmachen. Ich melde mich dann vom Tessin.
18. Un caro ciao dal Ticino. Endlich habe ich mal kurz Zeit um euch etwas von den drei vergangen ALS-Gruppe-Ferientage zu berichten.
Wie schon in den vorangegangenen ALS-Ferien, trafen wir uns am Ankunftstag vor der Clinica Santa Chiara zum Ferieninfo-Apero.
Natürlich ging es danach auch noch auf die Piazza Grande.
Am Donnerstag besuchten einige Ferienteilnehmer die Falconeria, wo uns wieder eine tolle Show mit Greifvögeln geboten wurde. Andere zogen die Besichtigung von Locarno vor. Am Abend ging es dann für alle aufs Schiff. Bei dieser wunderschönen Abendrundfahrt wurden wir wieder durch Anna Rossinelli und ihren beiden Bandmitgliedern musikalisch unterhalten. Später, beim Eis-Essen an Land, spielten sie noch weitere Songs für uns.
Heute Freitag machten wir einen Spaziergang am See entlang. In Muralto assen wir dann zu Mittag. Und dann hiess es wieder retour.
Jetzt muss ich für heute Schluss machen. Ich muss auf die Piazza.
24. Hallo, da bin ich wieder. Ihr müsst entschuldigen, ich hätte gerne öfters ins Tagebuch geschrieben und von den ALS-Gruppe-Ferien berichtet. Da ich keine Aktivitäten vom Ferienprogramm auslassen wollte und auch die Abende mit meinen Gspändli auf der Piazza Grande nicht verpassen wollte, kam ich einfach nicht zum Schreiben. Auch hatte ich im Zimmer selbst keine Internetverbindung. Ausserdem musste ich zwischendurch auch mal schlafen. Sobald ich die Fotos beisammenhabe, werde ich euch ausführlich von den ALS-Gruppe-Ferien berichten. Eins kann ich euch schon mal vorab verraten. Sie waren wieder wunderschön.
28. Nun erzähle ich euch von der ALS-Gruppe-Ferienwoche im Tessin.
Pizza Grande auf der Piazza Grande
Ich denke das ist der passende Untertitel zu den diesjährigen ALS-Gruppeferien im Tessin. Nach den Tagesaktivitäten am Tag trafen wir uns am Abend oft wieder alle auf der Piazza. Suchen mussten wir uns gegenseitig nicht. Dort wo gelacht, gegessen und zugeprostet wurde, da waren wir. Tische wurden zu einem Tavolo lungo zusammengestellt. Das Servicepersonal in den besuchten Restaurants und den Pizzerias war steht‘s hilfsbereit und machte es möglich, dass wir alle beisammensitzen konnten. Das ist nicht selbstverständlich, zumal unsere Gruppe 12 Rollstuhlfahrer und 19 Fussgänger umfasste und wir diese Lokale jeweils ohne Vorankündigung aufsuchten. Wir durften auch dieses Jahr wieder auf die «locarnesische» Gastfreundschaft zählen.
Unsere Gruppe ist auch eine Herausforderung für die Schifffahrtsgesellschaft des Lago Maggiore. Damit wir Rollstuhlfahrer sicher aufs Deck rollen können, müssen jeweils zusätzliche Rampen installiert werden. Zudem stehen uns drei Besatzungsmitglieder hilfreich zur Seite. Wenn sie dann der Gesangseinlage von Anna Rossinelli und den Gitarrenklängen der beiden Bandmitglieder auf dem Schiff beiwohnen dürfen, entschädigt sie dies für die Mehrarbeit.
Bei Spazierfahrten am Lago Maggiore ziehen wir stetig die Blicke vieler «Bänklihocker» auf uns. Eventuell sollten wir uns in den nächsten Ferien doch mit einem Symbol zu erkennen geben. So könnten wir im Vorbeifahren das Interesse der Krankheit ALS wecken. Wahrscheinlich würden sich interessante Gespräche mit Passanten ergeben. Die Fussgänger begegnen uns im Allgemeinen immer sehr freundlich und nehmen Rücksicht auf unsere Gruppe.
Der Verein ALS Schweiz optimiert die Aktivitäten der Ferienwoche jedes Jahr aufs Neue. Sie nimmt die Wünsche und Anregungen der Teilnehmer auf und versucht diese im Rahmen ihrer Möglichkeiten umzusetzen. So wurde dieses Jahr ein Picknick im Grünen verwirklicht. Wenn ihr jetzt denkt, wir hätten uns aus dem Rucksack verpflegt und die Wurst an einem Stock über dem Feuer gebrätelt, dann irrt ihr euch aber gewaltig. Als wir am besagten Tag in eine Parklichtung einschwenken, treffen wir auf festlich eingedeckte Festtische und Bänke. Im Hintergrund lodert ein Feuer aus einem gemauerten Grill und Köche in weisser Montur hantieren mit Lebensmitteln. Das was wir danach vorgesetzt bekamen, grenzt schon fast an ein perfektes Dinner. Vom Fleisch über die Salate bis zum Dessert ein Genuss. Sogar an die Betroffenen mit Magensonde wurde gedacht. Für sie gab es eine feine pürierte Suppe.
Natürlich durften dieses Jahr auch der Besuch der Insel Brissago und die Fahrt auf den Berg Cardada nicht fehlen. Zudem wurde wir von unserer Partnerorganisation ASLASI nach Muralto eingeladen. Und wie jedes Jahr fand die Ferienwoche in der Weinkellerei Delea in Losone ihren Abschluss.
Zwischen den gemeinsamen Aktivitäten traf man sich in kleineren Gruppen. Dabei wurde viel miteinander gesprochen oder auf den Tablets geschrieben. Bei diesen Gesprächen nimmt die Krankheitsbewältigung jedes einzelnen viel Raum ein. In diesem Rahmen finden tiefgehende und intime Gespräche statt. Ich denke, durch das gegenseitige Vertrauen entstehen Freundschaften fürs Leben.
Für uns Betroffene und für unsere Angehörige ist diese Ferienwoche unendlich wertvoll. So mancher Betroffene schöpft wieder Kraft und Willen sich dem ALS Alltag weiterhin zu stellen.
Diese Ferienwoche ist nur dank Sponsoren finanzierbar. Dafür möchte ich mich im Namen aller Ferienteilnehmer von Herzen bedanken. Ihr seid ein Lichtblick in unserem Leben.
SEPTEMBER
3. Ich sitze gezwungenermassen im Haus fest. Nein, ich bin nicht krank. Musste zwar über 3 Tage Antibiotika einnehmen, da meine Lippen und die untere rechte Gesichtshälfte dermassen anschwoll, dass ich nicht mal mehr mit einem Strohhalm richtig trinken konnte. Inzwischen ist alles abgeheilt, sodass ich mich wieder in der Öffentlichkeit zeigen kann. Gestern nahm ich in Winterthur bereits wieder an einer Informationsveranstaltung über Änderungen in den Sozialversicherungen teil. Als Sozialversicherungsempfänger finde ich es sehr wichtig, sich zu informieren. Dieses Wissen kann mir helfen, mich im Rententschungel zurechtzufinden. Aber nein, deswegen sitze ich nicht im Haus fest. Es ist das Wetter. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich die weissen Bergspitzen. Sie sehen zwar wunderschön aus, doch der Schnee hat auch kältere Luft gebracht. Und da ich den Sommer noch nicht abschreiben mag, habe ich mir heute demonstrativ kurze Hosen und ein kurzarm Shirt anziehen lassen. Und nun warte ich auf die Sonne, die mir die warmen Temperaturen zurückbringt.
9. In drei Stunden findet wieder unser ALS-Familien-Stammtisch statt. Unsere Gruppe wird immer grösser und es wird schwierig, Lokalitäten zu finden, welche genügend Platz für uns bieten. Damit alle mal mit jedem Teilnehmer kommunizieren kann, muss für uns Rollifahrer genügend Platz vorhanden sein, damit wir ohne Hindernisse zirkulieren können. Heute findet der Stammtisch im Kloster Ingenbohl in Brunnen statt. Verköstigt werden wir durch die Klosterschwestern. Wer Lust hat darf auch an einer Klosterführung teilnehmen. Bin mal gespannt, wie sich das Treffen in den frommen Mauern anfühlt. Ich freue mich sehr, meine Gspänli und Freunde wieder zu treffen.
10. Der gestrige ALS-Familie-Stammtisch war mit 17 Teilnehmenden wieder gut besucht. Im Kloster Ingenbohl wurde für dieses Treffen eine Lokalität gefunden, in der die Rollifahrer sich hindernisfrei bewegen konnten. Wir Rollifahrern konnten ungehindert den Platz wechseln und uns mit unterschiedlichen Teilnehmern unterhalten. Die Schwestern vom Kloster haben uns mit Speis und Trank umsorgt und uns auch den einen oder anderen positiven Zuspruch mitgegeben. Ebenfalls wurden die Tische mit liebe arrangiert und dekoriert. Eine 90-jährige Schwester hat dafür extra wunderschöne Blumen gebastelt. Wir durften sogar an einer Bild- und Tonpräsentation über die Entstehungsgeschichte des Klosters beiwohnen. Es war ein gut organisierter Stammtisch und das Zusammensein hat uns Allen wieder Kraft gegeben, uns dem ALS Alltag zu stellen.
27. Da bin ich wieder. Nein, ich war nicht Fort. Ich hatte und habe einfach viel um die Ohren. Kam noch dazu, dass mir der Rücken Probleme bereitete. An manchen Tagen schmerzte das Kreuz so sehr, ich konnte den Oberkörper kaum aufrichten und dies erschwerte die Transfers, Bett - Duschstuhl - Toilette - Rollstuhl. Kaum war der Rücken in Ordnung meldeten sich die altbekannten Schulterblattschmerzen zurück. Dies hielt mich jedoch nicht davon ab, Dinge zu erledigen und zu organisieren.
Ich habe eine weitere Assistenzperson eingestellt. Mein Unterstützungsteam besteht nun aus drei Assistenzpersonen, aus Spitex-MitarbeiterInnen und meinem Mann. An vier Tagen übernehmen meine Assistenzen meine Morgenpflege. An zwei Tagen die Spitex-MitarbeiterInnen. Am Sonntag und an den Abenden übernimmt mein Mann das Zepter. Seine Pflege geniesse ich natürlich am meisten 💏. Mit dieser Aufteilung starte ich viel entspannter in den Tag.
Einige Zeit investierte ich in die Zusammenstellung der ALS-Ferien-Fotos für die Teilnehmer. Es ist eine schöne Arbeit. Ich kann dabei in Erinnerungen schwelgen und manch ein Foto zaubert ein Lächeln in mein Gesicht. Ich hoffe, dass der Fotostick ab und zu, dem Einen oder Andern, den ALS-Alltag aufhellen wird.
Was ich nebst meinem Schaffen nicht vernachlässigen will, ist der persönliche Kontakt mit ALS-Betroffenen und deren Umfeld. Sei dies durch Besuche oder auch aus der Ferne übers Netz. Mir tut es gut, mich so austauschen zu können. Dabei muss nicht mal immer die Krankheit ALS im Vordergrund stehen. Manchmal tut es gut, die ALS einfach mal links liegenlassen zu können.
Unterwegs war ich natürlich auch. Immer wenn es das Wetter erlaubt, bin ich draussen. Und wir hatten ja nach dem Kaltwettereinbruch wieder wunderschöne Spätsommertage. Die Wettervoraussage für heute lautet; ein fröhlicher Mix aus Sonne und Wolken. Also habt einen fröhlichen Tag.
OKTOBER
6. Im April 2004 musste ich das Dasein als Fussgänger aufgeben. Seither übernehmen Räder meine Fortbewegung. Auch nach über 13 Jahren im Rollstuhl, weiss ich noch ganz genau wie sich laufen anfühlt. Ich weiss wie es ist, über steinige Wege zu gehen. Ich weiss wie es ist, auf weichem Rasen zu laufen. Ich weiss wie es ist, die Schuhe auszuziehen und durch Wasser zu waten. Ich weiss wie es ist, in Bergen herum zu kraxeln. Ich weiss wie es ist, die Volleyballschuhe anzuziehen, am Netz hochzuspringen, und einen gegnerischen Smash zu blocken. Es sind so viele Sachen, die ich nicht mehr machen kann und trotzdem nie vergessen werde. Wie gerne möchte ich mich nach der Musik bewegen. Ich möchte aufstehen, möchte meine Arme ausstrecken und durch den Raum wirbeln. Ich drehe die Lautstärke nach oben und spüre, wie die Vibrationen des Subwoofers in meinen Körper übergehen.
NOVEMBER
3. So schön. Gerade beobachte ich vom Bett aus, wie der Mond zügig hinter dem Bergkamm heraufkommt und sich lachend und mit kugelrundem, leuchtendem Gesicht am Abendhimmel platziert. So wie ich die Sonne liebe, so liebe ich auch den Mond. Sie gehören zu meinem Leben wie die Luft und das Wasser auch. Die Sonne gehört zu meinem Tag und ist die Realistin. Der Mond (unverständlich männlich) gehört zu meiner Nacht und ist der Träumer, der Illusionist. Was ich besonders mag, ist die Zeit des Einschlafens und die Zeit des Erwachens. Während ich meine Gedanken im Wachzustand steuern kann, so unkontrollierbar sind sie in der Nacht. Die meisten Träume bleiben nicht im Bewusstsein hängen. Einige jedoch schon. Diejenigen Träume, die bleiben, laufen bei mir immer in etwa gleich vom Band.
Vorgang: Ich arbeite in einer Abteilung in einem Warenhaus. Ich hole für eine Kundin einen Gegenstand aus einer anderen Abteilung. Den Gegenstand in den Händen, will ich zur Kundin zurück. Doch den Weg zurück in die Abteilung finde ich nicht. Ich suche das gesamte Warenhaus ab. Ich laufe Treppen rauf und runter. Ich fahre mit diversen Aufzügen von Etage zu Etage. Ich schaue in die Büros, ich schaue in die Lager. Es geht soweit, dass ich das Warenhaus verlasse und über Berge und Täler laufe und mich dabei immer weiter vom Warenhaus und der Kundin entferne. Zurück gefunden habe ich bis jetzt noch nie. Die Träume laufen immer ähnlich ab und sind sehr intensiv. Angefangen haben diese Träume kurz nachdem ich meine Arbeitsstelle wegen der ALS aufgeben musste. Ich habe meine Arbeit sehr geliebt. Die Träume kommen meistens, wenn ich mich mit einer komplexen Aufgabe beschäftige. Ich habe sogar mal erlebt, dass ich im Traum gewusst habe, dass ich träume, doch den Traum verlassen konnte ich nicht.
Morgen um 06:22:55 Uhr ist Vollmond. Bin ja mal gespannt, was für einen Traum der Mond mir schenken wird.
7. Von der vergangenen Nacht blieb mir kein Traum in Erinnerung. Dafür dachte ich am Morgen, ich befinde mich in einem Tagtraum. Als ich beim Erwachen einen Blick zum Fenster schweifen lasse, traue ich meinen Augen kaum.
Ich habe ja gewusst, dass es in den Bergen Schnee geben wird. Doch, dass es gleich soweit runter schneit, damit habe ich nicht gerechnet. Noch 100 Meter und ich hätte heute kalte Räder bekommen. Sieht aber schon schön aus, der weisse, glitzernde Schnee.
11. Am Donnerstag fand wieder der Zukunftstag für Schüler statt. Betriebe, Organisationen, Fach- und Hochschulen in der ganzen Schweiz öffneten ihre Türen für Schüler der 5. bis 7. Klasse. Obwohl ich schon seit über 14 Jahren nicht mehr in der regulären Arbeitswelt Zuhause bin, so war ich diesmal doch Teil dieses Zukunftstages. Ich hatte am Donnerstag wieder einen meiner vierteljährlichen Zahnreinigungstermine. Und da sich die Zahnarztpraxis ebenfalls an diesem Zukunftstag beteiligte, schaute während meiner Behandlung auch ein interessierter Schüler der Dentalhygienikerin über die Schultern.
Der Donnerstag hatte noch weitere Aktivitäten auf Lager. Bevor ich die Zahnarztpraxis aufsuchte, hatte ich einen Termin beim Optiker. Ich musste mal wieder meine Sehschärfe kontrollieren lassen. In die Weite sehe ich sehr gut. Ich könnte glatt als Adler durchgehen. Doch meine Flügel scheinen an Spannweite eingebüsst zu haben. So kann ich Sachen in unmittelbarer Nähe, weniger klarsehen. Also musste eine neue Brille angepasst werden. Beim Abschreiben der Brillenmodellnummer, konnte der Optiker die Zahlen nicht lesen und musste einen Mitarbeiter um Hilfe bitten. Und so wie ich bin, konnte ich es mir nicht verkneifen zu sagen; Ich würde es mal mit einer Brille probieren. Da der Optiker ebenso humorvoll ist, nahm er diesen Hinweis mit einem Lachen zur Kenntniss.
Vor dem Optiker hatte ich auch noch einen Besichtigungstermin für eine Lokalität, welche für Zusammenkünfte mit Rollstühlen geeignet wäre.
Da ich die wenigsten Aktivitäten selbstständig bewältigen kann, steht mir ein Assistenzteam zur Seite.
Allerdings ist nicht jeden Tag eine Assistenzperson bei mir im Einsatz. Ich muss die Termine jeweils gut vorausplanen und gut bündeln. Ich liebe es, aktiv zu sein. Nach so einem ereignisreichen Tag bin ich dann aber auch froh, wenn ich am Abend alles als erledigt abhäkeln kann.
Auf den ersten Blick scheinen solche Aktivitäten nicht besonders spektakulär und aufwendig zu sein. Doch wenn die Krankheit ALS dein steter Begleiter ist, ist jede Aktivität mit einigem Aufwand verbunden.
Wie organisiere ich z.B. einen Termin, wenn ich weder die Hände noch meine Stimme für ein Telefonat einsetzen kann?
Um zu den Terminen zu gelangen, muss mich eine Assistenzperson einkleiden und begleiten.Jede Aktivität kostet Kraft. Da die Atemmuskulatur geschwächt ist, ist es z.B. anstrengend, der Stimme einen Ton abzuringen. Jede Unternehmung ist mit viel Aufwand verbunden. Ich ermüde schneller als vor der Krankheit ALS und die Erholungsphasen dauern länger.
Ich habe aber immer noch genügend Kraft und Puste und vor allem Lust, solche Aktivitäten und noch einige mehr durchzuziehen. Ich kann und will nicht auf die vielen Abenteuer verzichten. Ich will Leben, ich will bewegen.
12. Noch vor kurzem war es trocken und ab und zu schien sogar die Sonne durch die Wolken. Doch nun ist alles anders. Innerhalb einer Viertelstunde sind dunkle Wolken vom Norden herkommend aufgezogen und haben den Himmel verdunkelt. Es hat angefangen stark zu regnen und der Wind rüttelt kräftig an den Fenstern. Die Berge sind hinter einem dichten grauen Nebel verschwunden und Draussen ist es urplötzlich dunkel geworden. Jetzt ist der Winter nicht mehr aufzuhalten. Er hält heute definitiv Einzug. Bin ja mal gespannt, wie die Landschaft Morgen aussehen wird.
13. Ich hätte euch heute gerne ein Bild mit einer Schneelandschaft präsentiert, doch leider haben die Schneeflocken unseren Talboden nicht erreicht. Anstelle der tänzelnden Flöckchen konnte ich Spatzen und Meisen beobachten, wie sie Körner aus dem Futterhäuschen picken, welches auf dem Sims vor meinem Bürofenster steht. Ein wunderschönes Schauspiel.
20. Nachdem ich 3 Jahre nach der ALS Diagnose, meinen Job an den Nagel hängen musste, hatte ich auf Einmal sehr viel freie Zeit. Diese galt es zu füllen. Im Glauben, nicht mehr lange Leben zu können, fing ich an, meine Habseligkeiten auszumisten. Ich habe alle Schulbücher, Fähigkeitsausweise, Auszeichnungen, Diplome, Sportabzeichen und Medaillen, Bilder und jedweden Krimskrams fortgeworfen. Ich wollte ohne Ballast gehen können. Das Leben ging weiter und ich musste mich irgendwie beschäftigen. Da die Hände, Arme, Füsse und Beine durch die Nervenkrankheit schon sehr geschwächt waren, gab es nicht viele Möglichkeiten für eine Beschäftigung. Auf vier Rädern begann ich die Umgebung zu erkunden. Meine Rollitouren baute ich immer weiter aus und Schifffahrten und Gondelfahrten kamen hinzu. Ich holte mir wieder ein Stück Selbständigkeit zurück. Fortan hielt ich mich viel in der freien Natur auf. In dieser Zeit entdeckte ich meine Sinne neu. Ich betrachte Dinge viel genauer und Düfte nehme ich intensiver wahr. Auch Geräusche, wie plätscherndes Wasser, oder das rascheln der Blätter lässt mich aufhorchen. In der Natur finde ich immer wieder zu mir zurück. Sie gehört zu meinem Leben. Und wenn es Zeit ist, werde ich eins mit ihr werden.
Im Laufe der Jahre habe ich das Schreiben entdeckt. Ich wollte auf die Krankheit ALS aufmerksam machen. Was lag also näher, als meine Geschichte zu erzählen, respektive zu schreiben. Mittlerweile hatte ich gelernt, die Buchstaben im Vogelpicksystem mit der PC-Maus auf der Bildschirmtastatur einzutippen. Es dauert eine Zeit, bis ich einen Text zusammen habe. Fehler schleichen sich natürlich auch ein. Doch fehlerfrei schreiben konnte ich auch vor der Krankheit nicht. In der Schule waren meine Aufsätze inhaltlich immer recht gut. Bei der Rechtschreibung ging dann aber vielfach die Fantasie mit mir durch. Doch sind wir mal ehrlich. Wer will schon blaues Gekritzel auf weissem Papier. Etwas rote Farbe bringt doch Leben zwischen die Zeilen. Seit 2009 schreibe ich nun in meinem öffentlichen Tagebuch.
In der Zeit des Wartens habe ich festgestellt, dass da noch mehr geht. Ich fing an, mich für Menschen zu interessieren, welche sich im Alltag mit ähnlichen Dingen befassen müssen wie ich. Ich fing an, mich für uns einzusetzen. Da ich einen langsamen Krankheitsverlauf habe, ist es für mich auch selbstverständlich, etwas von der geschenkten Zeit, ehrenamtlich einzusetzen. Nicht immer läuft alles rund und ich muss mich geschlagen geben. So musste ich letzte Woche einen Entscheid fällen, aus einem Projekt auszusteigen. Ich vergesse immer wieder, dass meine Aussprache infolge meiner Krankheit immer undeutlicher wird. Da kann ich noch so viele Ideen und Elan haben. Wenn die Stimme versagt, löst sich jedes noch so gute Argument in Luft auf. Was hat man doch so schön gelernt? Man darf solche Dinge nicht persönlich nehmen. Papperlapapp. Insgeheim funktioniert dies bei den Wenigsten. Ich jedenfalls hatte einige Tage daran zu knabbern.
Da ich noch andere Sachen ob habe, werde ich mich denen noch intensiver widmen.
26. Am Samstag fand bereits das 6. ALS-Familie-Treffen statt. 29 Personen nahmen die Strapazen auf sich um mit dem Zug oder mit dem Auto in die Innerschweiz zu reisen. Wer hätte gedacht, dass sich dereinst so viele ALS-Betroffene, Angehörige und Betreuende zu einer grossen Familie zusammenschliessen. Alles begann nach den ALS-Gruppe-Ferien 2016. Der Organisator dieser Ferien ist der Verein ALS Schweiz. Einige dieser Ferienteilnehmer wollten über die Ferien hinaus in Kontakt bleiben. Eine private WhatsApp-Gruppe wurde ins Leben gerufen. Mittlerweile beteiligen sich 33 Personen am Gruppen-Chat. Wir wollten aber nicht nur miteinander chatten, wir wollten uns auch zwischendurch treffen. Also organisierten wir ein 1.Treffen in einem Restaurant. Bei diesem Treffen beteiligten sich ca. 16 Personen. Mittlerweile reicht ein Restaurant nicht mehr. Bei so vielen Rollstuhlfahrenden wird der Platz schnell eng. Die Kommunikation untereinander wird schwierig. Wir mussten uns also auf die Suche nach einer passenden Lokalität machen. Im Kloster Ingenbohl fanden wir den passenden Raum mit perfekter Bewirtung und liebevoller Betreuung durch die Ingenbohler Schwestern. Das gestrige Familie-Treffen war wieder wunderschön. Die Erinnerungen daran, werden dem einen und anderen, sicher die kommenden Wintertage ein wenig erhellen.
DEZEMBER
1. In strahlendem Weiss startet der Dezember in die Winterzeit. Im Laufe des Vormittags hat sich meine geliebte Sonne einen Weg durch die Wolken gebahnt und ihre Strahlen lassen den Schnee nun wunderschön glitzern. Die Vorweihnachtszeit ist angebrochen. Das beutet, in den Wohnungen brennen wieder vermehrt Kerzen und es wird innen und aussen dekoriert. Auch bei uns hängt die eine oder andere Adventdekoration. Seit ich infolge meiner Körperbehinderung meine Kreativität nicht mehr selbst in die Tat umsetzen kann, übernimmt mein Mann dieses Amt. So hat er unserem Haus auch wieder mit einer Aussenweihnachtsdekoration versehen. Und wie jedes Jahr am 1. Dezember wird sie heute Abend eingeschaltet.
3. Eine meiner vier Schwestern hat uns auch für dieses Jahr wieder einen herrlichen Adventskranz kreiert. Er steht nun in unserer Stube auf dem Tisch. Wenn man den Raum betritt, nimmt man sogleich den Duft von frischen Tannennadeln wahr. Und die erste Kerze, die nun brennt, verbreitet Wärme und Geborgenheit in unserm Heim.
Ich wünsche allen meinen Lesern eine friedvolle Adventszeit.
6. Da sitze ich grad am Mittagstisch und hab nur kurz zum Fenster geguckt. Da habe ich mich grad so verchlüpft und mich fast noch verschluckt. Nein nicht Esel, sondern Pferd, nein nicht Mann, sondern Frau. Vor dem Fenster reitet der Samichlaus ganz schön emanzipiert.
13. Ja die liebe Zeit. Manchmal kann sie mir nicht schnell genug voranschreiten und manchmal lässt sie mich kaum verschnaufen und schon folgt wieder der nächste Tag. Ich habe das Gefühl, je älter ich werde umso schneller vergeht die Zeit. Nicht das ich Angst vor dem Alt werden habe. Ich würde sehr gerne sehr alt werden. Natürlich spielt dabei meine gesundheitliche Verfassung eine wesentliche Rolle. Würde nicht die Krankheit ALS meinen Körper schwächen, so würde ich nur so von Gesundheit strotzen. Ich habe einen langsamen Verlauf. Das heisst, ich lebe mehr Jahre mit der Krankheit als die meisten der ALS Betroffenen. Ist das ein Vorteil? In meinem Fall kann ich es bejahen. Ich kann mit Unterstützung immer noch eine halbe Minute stehen und im Liegen meine Beine leicht anziehen. Meine rechte Hand kann mit der Tetragabel den Rollstuhl steuern und mit dem Mittelfinger die PC-Maus bedienen. Das Essen muss mir verabreicht werden, doch kauen und schlucken geht noch gut. Ich atme eigenständig und benutze noch keine Atmungsunterstützung. Beim Sprechen macht sich der Luftmangel und der Kraftverlust im Gaumen dennoch bemerkbar. Meine Stimme hat Kraft und Klarheit eingebüsst und ist leiser geworden. Obwohl ich den ganzen Tag im Rollstuhl sitze, komme ich ohne Blasenkatheter aus. Nach über 16 Jahren seit Diagnose, geht es mir immer noch soweit gut, dass ich die Freude am Leben noch nicht verloren habe. Sollten irgendwann weitere Beeinträchtigungen oder Krankheiten dazukommen und ich so nicht weiterleben möchte, so bin ich froh, dass ich in der Schweiz die Möglichkeit habe, auf humane Art und selbstbestimmend gehen zu dürfen. Doch momentan bin ich des Lebens froh und ich habe noch viel vor.
14. Schnell ein Cap umgehängt und einen Hut auf den Kopf und schon geht es ab durchs Schneegestöber. Kurz beim Dorfladen hineingeschaut und schon geht es wieder ab nach Hause. Gerne wäre ich länger Draussen geblieben. Doch die Güetzlibäckerin wartet Zuhause auf Materialnachschub. Warte ich eben auf den nächsten Schneesturm.
Nun sind die 10 Güetzlisorten gebacken und die Türe zur hauseigenen Weihnachtbäckerei wird geschlossen. Wenn die Güetzli Anklang finden, öffnet sich die Türe in einem Jahr wieder.
21. Obwohl es kalt war, wollte ich heute wieder mal eine Spazierfahrt zum Hof meines Bruders Franz "Fränzu" machen. Es ist immer wieder schön, den Ort zu besuchen, an dem ich aufwachsen durfte. Beim Hof angekommen, musste ich natürlich zuerst nach den Mini Pigs Ausschau halten. Ich habe nicht schlecht gestaunt, wieviel die Jungen seit meinem letzten Besuch zugelegt haben. Was mich immer wieder aufs Neue freut, wenn es kurz vor meinem Besuch, wieder ein Kälblein im Stall gegeben hat. "Gwunderig", es zu sehen, war aber nicht nur ich. Auch die Bauernhofkatzen kamen zur Inspektion in den warmen Stall. Lange durfte ich allerdings nicht verweilen. Ich musste wieder nach Hause in die warme Stube. Das was ich sah, bleibt aber in Bildern im Gedächtnis hängen und der Geruch hängt in den Kleidern.
24. Liebe Freunde, ich wünsche euch eine wunderschöne Weihnachtszeit. Und im neuen Jahr, soll stets ein Freund an eurer Seite sein.
28. Kleine, zarte Schneeflöckchen fallen zu tausenden vom Himmel. Ganz sachte legen sie sich auf den Boden und bilden zusammen eine weisse Decke, welche sich übers ganze Land erstreckt. Ich liebe es, am Fenster zu sitzen und diesem Schauspiel beizuwohnen. Auch im Bewusstsein, wie vergänglich doch all dies ist, bewundere ich es umso mehr. Vergänglich sind auch die Jahre.
So neigt sich auch dieses Jahr mit schnellen Schritten dem Ende zu. Für mich heisst das, ich muss mein Büro auf Vorderfrau bringen. Die Ordner müssen ausgemistet werden und neue fürs 2018 angelegt werden. Durch meine Krankheit habe ich die meisten Handfunktionen eingebüsst. Ich kann demzufolge keine Ordner aus dem Schrank holen, um etwas nachzuschauen. Deshalb werden mir alle wichtigen Dokumente gescannt und ich lege sie dann in die entsprechenden Ordner auf dem PC ab. So kann ich auch etwas nachschlagen, wenn gerade keine Assistentin im Einsatz ist. Als Assistenznehmerin bin ich zur Arbeitgeberin geworden. Das heisst, ich habe Ende Jahr einige Pflichten zu erledigen. Unteranderem muss ich die Jahresabrechnungen, sprich Sozialleistungsabrechnung der Assistentinnen zusammentragen und an die AHV-Behörden übermitteln. Formulare für Lohnabrechnungen und Tabellen müssen ebenfalls neu datiert werden. Da ich alles mit der Maus und einer Bildschirmtastatur auf dem PC erledigen muss, brauche ich einfach mehr Zeit. Die nehme ich mir an verschneiten Tagen, wie es heute einer ist. Aber nicht ohne zwischendurch den Blick zum Fenster und den Schneeflöckchen gleiten zu lassen. Was all diese Vorbereitungen erleichtern würde, wäre eine schnellere Anpassung der Formulare an die Updates der Software-Programme wie Windows. Gestern z.B. musste ich meinen Mann bitten, für mich ein Formular von Hand auszufüllen. Das Formular war nach dem letzten Update nicht mehr kompatibel mit der Software und dadurch auch nicht mehr elektronisch bearbeitbar. Solche Dinge machen mich leicht ungeduldig. Dabei könnte ich mit meinen eingesetzten Hilfsmitteln diese Formulare eigenständig ausfüllen. Da wäre rascheres Handeln von Seiten der Kantonalen Behörden wünschenswert. Also bitte, behindert mich nicht und baut Barrieren ab. Dann kann ich auch tun, was ich noch zu tun vermag.
So, und nun bin ich büromässig gerüstet fürs neue Jahr.
31. Jetzt habe ich es doch noch rechtzeitig nach Hause geschafft, um euch einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen.
Passt aber auf, es könnte rutschig werden.