JUNI 2021
5. Der Regen ist gerade dabei den Durst der Pflanzen zu löschen. So ist es mir zu nass, um mich im Garten aufzuhalten. Nun ergreife ich die Gelegenheit, wieder mal über meinen Krankheitsverlauf zu berichten.
Im letzten halben Jahr hat sich die Kraft im letzten noch aktiven Finger an der linken Hand verabschiedet. Wenn ich nun mit der Maus auf der Bildschirmtastatur schreibe, so klickt nun der einzig aktive Finger (Mittelfinger) der rechten Hand die linke Maustaste. Manchmal kann ich beim kleinen Finger einen Reflex auslösen und so drückt er ab und an auf die rechte Maustaste. Mit der Aussprache habe ich ja schon länger meine liebe Mühe. Meine Wörter verstehen, oder treffender gesagt entziffern, gelingt nur noch Wenigen. Wenn ich falsch verstanden werde, führt das schon mal zu einer Lachorgie, aber oft ist es nur frustrierend. Was neu dazu gekommen ist, ich habe mehr Mühe mit Schlucken. Bei vielen Lebensmitteln muss ich inzwischen mehrmals schlucken, bis sie sich auf den Weg in die Speiseröhre machen. Ich werde nun mehr auf die Konsistenz der Lebensmittel achten müssen. So benötige ich hoffentlich noch lange keine PEG (Ernährungssonde). Meine Rumpfstabilität und die Oberschenkelmuskulatur lassen die Transfers immer noch übers Stehen zu. Dies lässt u.a. zu, dass ich mit dem Zystofix (Bauchdeckenkatheter) noch zuwarten kann. Die Gallensteine halten sich momentan ruhig und die Hoffnung steigt, auf die OP zur Entfernung der Gallenblase verzichten zu können. Eine OP ist durch die geschwächte Atmung bei einer ALS Erkrankung mit Risiko verbunden. Meine Blutverdünnung darf auch nicht ausser acht gelassen werden.
Wenn ich meinen Krankheitsverlauf mit den durchschnittlichen ALS Verläufen vergleiche, darf ich mit meiner 20 jährigen ALS Erkrankung mehr als Happy sein.
6. Wenn ich den Gedanken zulasse, wie mein Leben in den vergangenen 20 Jahren ohne ALS hätte aussehen können, dann macht dies auch mal traurig. Wurde mir durch meine fortschreitenden Behinderungen doch vieles verwehrt.
Nur, was bringen mir solche Gedanken? Sie lassen ohnehin keine Antworten zu.
13. Schönwettertage bringen mich auf Touren.
5. Der Regen ist gerade dabei den Durst der Pflanzen zu löschen. So ist es mir zu nass, um mich im Garten aufzuhalten. Nun ergreife ich die Gelegenheit, wieder mal über meinen Krankheitsverlauf zu berichten.
Im letzten halben Jahr hat sich die Kraft im letzten noch aktiven Finger an der linken Hand verabschiedet. Wenn ich nun mit der Maus auf der Bildschirmtastatur schreibe, so klickt nun der einzig aktive Finger (Mittelfinger) der rechten Hand die linke Maustaste. Manchmal kann ich beim kleinen Finger einen Reflex auslösen und so drückt er ab und an auf die rechte Maustaste. Mit der Aussprache habe ich ja schon länger meine liebe Mühe. Meine Wörter verstehen, oder treffender gesagt entziffern, gelingt nur noch Wenigen. Wenn ich falsch verstanden werde, führt das schon mal zu einer Lachorgie, aber oft ist es nur frustrierend. Was neu dazu gekommen ist, ich habe mehr Mühe mit Schlucken. Bei vielen Lebensmitteln muss ich inzwischen mehrmals schlucken, bis sie sich auf den Weg in die Speiseröhre machen. Ich werde nun mehr auf die Konsistenz der Lebensmittel achten müssen. So benötige ich hoffentlich noch lange keine PEG (Ernährungssonde). Meine Rumpfstabilität und die Oberschenkelmuskulatur lassen die Transfers immer noch übers Stehen zu. Dies lässt u.a. zu, dass ich mit dem Zystofix (Bauchdeckenkatheter) noch zuwarten kann. Die Gallensteine halten sich momentan ruhig und die Hoffnung steigt, auf die OP zur Entfernung der Gallenblase verzichten zu können. Eine OP ist durch die geschwächte Atmung bei einer ALS Erkrankung mit Risiko verbunden. Meine Blutverdünnung darf auch nicht ausser acht gelassen werden.
Wenn ich meinen Krankheitsverlauf mit den durchschnittlichen ALS Verläufen vergleiche, darf ich mit meiner 20 jährigen ALS Erkrankung mehr als Happy sein.
6. Wenn ich den Gedanken zulasse, wie mein Leben in den vergangenen 20 Jahren ohne ALS hätte aussehen können, dann macht dies auch mal traurig. Wurde mir durch meine fortschreitenden Behinderungen doch vieles verwehrt.
Nur, was bringen mir solche Gedanken? Sie lassen ohnehin keine Antworten zu.
13. Schönwettertage bringen mich auf Touren.
18. 20.00 Uhr. Ich sitze schwitzend auf dem Balkon und will mal wieder einen Beitrag ins Tagebuch schreiben. Dabei fällt mein Blick auf die Wetterangabe auf der Befehlsleiste auf dem PC und ich muss schmunzeln. Da steht doch tatsächlich 27°C und Schneeregen. Eine spezielle Kombi. Ich hoffe nicht, dass mich ein Hagelregen vom Balkon vertreibt. Mal schauen wie lange ich schreiben kann.
Ich habe mich so organisiert, dass ich alle wiederkehrende Termine in den Vormittag verlegt habe. Dazu zählt das Duschen, die Therapien. So sind drei Vormittage schon ausgebucht. Dazu kommt, wie bei jedem andern Haushalt auch, die Essensplanung und der Einkauf. Auch Büroarbeiten werden nach Möglichkeit in den Vormittag gelegt. Am meisten meiner Zeit schenke ich den Anliegen von ALS-Betroffenen, deren Angehörigen und Hinterbliebenen. Es ist nicht immer einfach. So frage ich mich auch schon mal, warum schenke ich soviel meiner Lebenszeit andern Menschen. Ich kann wohl nicht anders. Als selbst ALS-Betroffene kann ich mich in Situationen hineinversetzen und nachfühlen. Da ist ein Band das verbindet.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass ich mich bei schönem Wetter lieber Draussen aufhalte als drinnen. Mal verbringe ich Zeit im Garten oder mache alleine eine Rollitour. Manchmal fahren mein Mann ich mit dem Cabrio über die Pässe oder ich mache in Begleitung einer Assistenzperson einen Ausflug. So war ich gestern im Tierpark Arth-Goldau. Ein sehr schöner, naturnaher Park für Tiere. Ich mag diesen Ort und möchte eigentlich drin bleiben. Die Besucher würden mich sicher auch füttern. Am liebsten wäre ich bei den Wasservögeln. Ich mag Wasser und auch gerne Fisch.
19. Unser wunderschöner und herrlich duftender Lavendelstrauch zieht viele Insekten an. Das Gesumme und Gewimmel in Bild festzuhalten ist gar nicht so einfach. Trotzdem konnte ich heue ein paar gute Fotos mit der #rollstuhlhandycam machen. Geduld zahlt sich eben aus.
23. Letzthin treffe ich auf eine ehemalige Spitexmitarbeiterin, die einige Zeit bei mir zur Morgenpflege eingeteilt war. Den Satz; du siehst immer noch gleich aus, hat mich natürlich gefreut. Den Zusatz; nur deine Haarfarbe hat sich verändert, liess mich schmunzeln. Tatsächlich trage ich inzwischen mehr Silber als Braun. Auch habe ich mich von meinem Zopf verabschiedet. Sie sind aber immer noch lang genug, um Zöpfchen zu flechten. Es ist überhaupt auffällig, wie viele Frauen ihre grauen Haare in letzter Zeit mit stolz tragen.
Ich bin froh, kann ich mich wieder unter die Menschen mischen und mich mit Freunden treffen. Als zugehörige der Corona-Risikogruppe, habe ich lange auf Besuche verzichtet. Ich habe Menschenansammlungen und auch Center nach Möglichkeit gemieden. Doch jetzt will ich den Sommer mit all seinen Facetten geniessen. Ich kehre in den Alltag zurück. So fahre ich auch bald wieder über die Landesgrenze in die Ferien. Das Hotel habe ich gebucht und auch die benötigten Corona-Formulare habe ich am PC ausgefüllt. Ich freue mich so sehr auf Südtirol.